Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.09.2019, Az. IX ZR 16/18

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2019, 3688

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[X.]:[X.]:[X.]:2019:120919U[X.]16.18.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL

IX ZR 16/18

Verkündet am:

12. September 2019

Preuß

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

Baumarkt
[X.] § 131 Abs. 1
Wenn in einem Konzern in gesunden wirtschaftlichen Verhältnissen ein externes Cash Management-System in einer Weise eingerichtet und über zehn Jahre ohne Beanstandungen durchgeführt worden ist, dass eine Konzerngesellschaft über die ganze [X.] die bei den Konzerngesellschaften eingehenden Gelder gesammelt und die an die Konzerngesellschaften gerichteten Rechnungen vereinbarungsge-mäß auch
dann beglichen hat, wenn die internen Verrechnungskonten der [X.] bei der die Zahlungen [X.] im Soll standen, weicht die Überweisung eines von einer anderen Konzerngesellschaft geschuldeten Geldbetrags durch jene Gesellschaft nur geringfügig von der verein-barten Zahlungsweise ab.
[X.] §§
1, 80 Abs.
1, §
143; BGB §§ 398, 399
Die Abtretung des aus einer Insolvenzanfechtung folgenden Rückgewähran-spruchs ist nicht deswegen insolvenzzweckwidrig und nichtig, weil zwischen den beteiligten Insolvenzverwaltern nicht streitig ist, wem der [X.] zusteht.
[X.], Urteil vom 12. September 2019 -
IX ZR 16/18 -
O[X.]

[X.]

-
2
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
16.
Mai 2019
durch
den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
Kayser, die
Richte-rin [X.], den Richter Prof.
Dr.
Pape, die Richterin [X.] und den Richter Röhl

für Recht erkannt:

Die Revision gegen den
die Berufung zurückweisenden
Beschluss des 2.
Zivilsenats des [X.] vom 18.
Dezember 2017 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die B.

GmbH, die spätere Schuldnerin, war bis September 2009 die Muttergesellschaft
eines Konzerns, der deutschland-weit Baumärkte betrieb. Mindestens seit Mitte des
Jahres
2003 nahm
die späte-re Schuldnerin für die konzernverbundenen
Gesellschaften, so auch für die P.

AG (künftig: [X.]), Zahlungen vor, unabhängig davon, ob die [X.] bei ihr geführten [X.] der Gesellschaften ein Guthaben aufwiesen. Seit September
2009 war
die [X.] Muttergesellschaft des Konzerns; die Zahlungsweise
wurde
nicht umgestellt.
Diese Praxis beruhte nach der Dar-stellung des [X.] auf einer Vereinbarung der Konzerngesellschaften.

1
-
3
-

Unter dem 9.
November 2011
schloss die [X.] mit der beklagten An-waltsgesellschaft einen Vertrag über die arbeitsrechtliche Beratung im Zusam-menhang mit der Restrukturierung der konzernverbundenen Unternehmen. Es
wurde vereinbart, dass sämtliche Honorarrechnungen an die [X.] zu richten seien, unabhängig davon, auf welches konzernverbundene Unternehmen sich die Beratung bezöge. Am 6. und 17.
Mai 2013 stellte die Beklagte der [X.] ins-gesamt 117.730,99

im [X.]raum vom 16.
April bis 15.
Mai 2013 in Rechnung. Die [X.] legte die Rechnungen
der späteren Schuldnerin vor; diese überwies den in Rechnung gestellten Betrag an die Beklagte, wobei das für die [X.] geführte [X.] zu diesem [X.]-punkt kein Guthaben aufwies. Die Valuta wurde der Beklagten auf ihrem Konto am 12.
Juni 2013 gutgeschrieben.

Am 11.
Juli 2013 stellten die Schuldnerin und am 12.
Juli 2013 die [X.] Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Die
für die Schuldnerin und die [X.] zuständigen
Insolvenzgerichte
eröffneten jeweils am 1.
Oktober 2013 die Insolvenzverfahren und bestellten
den Kläger zum Verwal-ter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin
und [X.]

G.

zum Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermö-gen der [X.]
(künftig: Insolvenzverwalter/[X.]). Nach dem bestrittenen Vortrag des [X.] trat der Insolvenzverwalter/[X.]
die sich aus §
131 [X.] gegen die Beklagte ergebenden Anfechtungsansprüche mit Schreiben vom 21.
September 2016 an ihn
ab.

Der Kläger hat die Zahlung über 117.730,99

nach §
131 Abs.
1 Nr.
1 [X.] angefochten. Das [X.] hat die Klage ab-
und das Berufungsgericht 2
3
4
-
4
-
die Berufung des [X.] durch Beschluss zurückgewiesen. Mit seiner vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Aktivlegitimation sei nicht schlüssig aufgezeigt. Die Abtretung sei insolvenzzweckwidrig und damit nichtig. Denn es
sei nicht ersichtlich, dass der [X.] zwischen den bei-den beteiligten Insolvenzverwaltern streitig gewesen sei.
Darüber hinaus fehle es im Streitfall an der [X.] der Zahlung. In die Betrachtung [X.] seien die konzernartige Verflechtung der Vertragspartnerin, also
der [X.], und der zahlenden Gesellschaft, der Schuldnerin, sowie die langjährig geübte Zahlungspraxis, welche nicht [X.] geblieben sei, sondern den jeweili-gen Zahlungsempfängern, auch der Beklagten, aufgrund der Angaben in den [X.] offenbar geworden sein werde. In einem solchen Fall sei
die vertragliche Vereinbarung nicht als dahingehend konkretisiert anzusehen, dass die Zahlung durch das betreffende andere Konzernunternehmen sich als Ab-weichung vom vertraglichen Leistungsprogramm erweise.

5
6
-
5
-
II.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.

1.
Die Ansicht des Berufungsgerichts, der Kläger sei schon wegen einer unwirksamen Abtretung nicht aktivlegitimiert, trifft nicht zu.

a)
Allerdings ist der Kläger
hinsichtlich des [X.]s aus §
143 Abs.
1, §
131 Abs.
1 Nr.
1 [X.] nicht aus eigenem Recht aktivlegitimiert.
Nur
der Insolvenzverwalter/[X.]
kann nach diesen Vorschriften gegen die [X.] einen
Anspruch auf Rückgewähr der erfolgten Honorarzahlungen haben. Gegner einer Deckungsanfechtung nach §§
130, 131 [X.] kann allein ein In-solvenzgläubiger
sein, an den der Insolvenzschuldner geleistet hat ([X.], Urteil vom 19.
Februar 2009 -
IX
ZR 16/08, NZI
2009, 381 Rn.
8; vom 3.
April 2012 -
XI
ZR 39/11, NJW
2012, 2507 Rn.
37). Zu den [X.] gehört [X.], der in der Insolvenz nur eine Forderung im Sinne des §
38 [X.] oder einen nachrangigen Anspruch (§
39 [X.]) gehabt hätte ([X.], Urteil vom 19.
Januar 2012
-
IX
ZR 2/11, [X.]Z
192, 221 Rn.
15). Eine
solche Insolvenzforderung nach §
38 [X.] hätte die Beklagte allein im Insolvenzverfahren über das Ver-mögen der [X.] anmelden, nur in diesem Insolvenzverfahren hätte sie [X.]in sein
können. Denn sie hatte den [X.] mit der [X.] geschlossen, diese allein schuldete die [X.], auch wenn die [X.] den anderen Unternehmen des Konzerns, so auch in großem Umfang der Schuldnerin, zugutegekommen sind. Eine andere Frage ist, ob der Kläger aus eigenem Recht einen [X.] aus §§
143, 134 [X.] gegen die Beklagte
hätte
geltend machen können
(vgl. [X.], Urteil vom 3.
März 2005 -
IX
ZR 441/00, [X.]Z
162, 276, 279
ff; vom 16.
November 2007 -
IX
ZR 194/04, [X.]Z
174, 228 Rn.
8; vom 4.
Februar 2016 -
IX
ZR 42/14, NJW
2016, 7
8
9
-
6
-
1738 Rn.
9). Der Kläger hat jedoch die Voraussetzungen dieses Anfechtungs-tatbestandes nicht dargelegt
und sich auch nicht auf Anfechtungsansprüche aus eigenem Recht berufen.

b)
Doch ist revisionsrechtlich davon auszugehen, dass der [X.][X.] den [X.] aus §§
143, 131 Abs.
1 Nr.
1 [X.] wirk-sam an den Kläger abgetreten hat. Eine solche Abtretung von [X.] durch den Insolvenzverwalter an einen anderen ist gemäß §
398 BGB grundsätzlich möglich (vgl. [X.], Urteil vom 17.
Februar 2011 -
IX
ZR 91/10, NZI
2011, 486 Rn.
8
f). Rechte des [X.] werden durch die Abtretung nicht beeinträchtigt
([X.], Urteil vom 17.
Februar 2011, aaO Rn.
11). Der Abtretungsvertrag ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht insolvenzzweckwidrig und damit nichtig.

aa)
Dem Insolvenzverwalter steht bei der Ausübung seiner Tätigkeit grundsätzlich ein weiter Ermessensspielraum zu. Seine Rechtsmacht ist aller-dings durch den Insolvenzzweck (§
1 [X.]) beschränkt. Deshalb sind solche Rechtshandlungen des Verwalters unwirksam, welche dem Zweck des Insol-venzverfahrens -
der gleichmäßigen Befriedigung aller Insolvenzgläubiger -
klar und eindeutig zuwiderlaufen; sie verpflichten die Masse nicht ([X.], Urteil vom 10.
Januar 2013 -
IX
ZR 172/11, NZI
2013, 347 Rn.
8). Voraussetzung des Un-wirksamkeitsgrundes der [X.] ist der offensichtliche, ohne weiteres erkennbare Verstoß gegen die Aufgaben eines Insolvenzverwalters. Der Schutz des Rechtsverkehrs gebietet es, nicht jede für die Masse nachteilige Rechtshandlung des Verwalters als unwirksam anzusehen. Mit der [X.] können nur solche Maßnahmen belegt werden, die dem Insolvenz-zweck
offensichtlich zuwiderlaufen. Beispiele sind Schenkungen aus der [X.], die Anerkennung nicht bestehender Aus-
und Absonderungsrechte oder die 10
11
-
7
-
entgeltliche Ablösung einer offensichtlich wertlosen Grundschuld. Wirksam sind dagegen Verfügungen des Verwalters, die nur unzweckmäßig oder sogar un-richtig sind ([X.], Urteil vom 10.
Januar 2013, aaO Rn.
9).
Diese Grundsätze gelten auch im Fall der Abtretung des aus einer Insolvenzanfechtung folgenden [X.]s
([X.], Urteil vom 10.
Januar 2013, aaO Rn.
10).

In einem Fall, in welchem sich zwei Verwalter gestritten hatten, welcher Masse ein [X.] zustehe, und der [X.] nicht bereit war, freiwillig zu zahlen, hat der [X.] entschieden, die Ab-tretung des [X.]s durch den einen an den anderen Verwalter unter Vorbehalt einer Erlösbeteiligung entbehre nicht jeglicher tatsächlicher und rechtlichen
Grundlage. Auf mehr komme es nicht an. Seien dem abtretenden Verwalter bei der Einschätzung der Erfolgsaussichten einer streitigen Ausei-nandersetzung mit dem Zessionar oder eines von ihm selbst geführten [X.] gegen den [X.] Fehler unterlaufen, könne dies -
ein Verschulden vorausgesetzt -
zu einer Haftung nach §
60 [X.] führen, nicht jedoch zu einer Unwirksamkeit der Abtretung wegen [X.] ([X.], Urteil vom 10.
Januar 2013, aaO). Aus dieser Entscheidung kann jedoch entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht geschlossen werden, dass die Abtretung eines [X.]s nur dann wirksam sei, wenn der Anspruch zwischen zwei Verwaltern streitig
sei. Ein
Abtretungsvertrag ist auch ohne einen solchen Streit daran zu messen, ob er offensichtlich, also ohne [X.] erkennbar,
gegen Sinn und Zweck des Insolvenzverfahrens verstößt.

bb)
Das ist nach dem dem Revisionsurteil zugrunde
zulegenden Sach-
und Streitstand
nicht der Fall. Zwar stand der [X.] aus §§
143, 131 [X.] allein dem Insolvenzverwalter/[X.]
zu. Doch war der Erfolg der Klage jedenfalls nicht sicher. Auch sollte der abtretende Insolvenzverwalter nach klä-12
13
-
8
-
gerischem Vortrag an den Erlösen aus dem [X.] beteiligt wer-den, wenn auch nur zur Hälfte. Weiter hat der Kläger als Gegenleistung die Aufgabe übernommen, den [X.] gegenüber der Beklagten durchzusetzen. Deswegen gewinnt die Insolvenzmasse im Verfahren über das Vermögen der [X.] durch die erfolgreiche
Durchsetzung des Anfechtungsan-spruchs durch den Kläger
und wird
durch einen [X.] nicht belastet. Ob die Abtretung darüber hinaus wirtschaftlich sinnvoll und zweckmäßig war, ist keine Frage der
offensichtlichen [X.], sondern kann sich allenfalls haftungsrechtlich auswirken.

2.
Dem Kläger steht jedoch, wie das Berufungsgericht im Ergebnis richtig gesehen hat, kein [X.] aus §§
143, 131 Abs.
1 Nr.
1 [X.], §
398 BGB
zu.

a)
[X.] ist davon auszugehen, dass in der Zahlung der Schuldnerin an die Beklagte eine die Gläubiger benachteiligende Rechtshand-lung der [X.] im letzten Monat vor [X.] lag (§§
129, 131 Abs.
1 Nr.
1 [X.]).

aa)
Nach dem klägerischen Vortrag liegt in der Zahlung des [X.] durch die Schuldnerin an die Beklagte eine gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung in Form einer mittelbaren
Zuwendung und kein einfacher -
die anderen Insolvenzgläubiger nicht
benachteiligender -
Gläubigertausch.

Wenn eine Zahlung von dem Konto eines [X.] an den [X.] erfolgt, liegt die Rechtshandlung der Schuldnerin (hier der [X.]) in der an den [X.] (die Schuldnerin) gerichteten Anweisung, zugunsten des
Anfech-tungsgegners (der Beklagten) eine Überweisung auszuführen. Die Gläubiger-14
15
16
17
-
9
-
benachteiligung äußert sich in der Weggabe der Zahlungsmittel an den Anfech-tungsgegner, durch die entweder das auf dem Konto des [X.] befindliche Treugut des Schuldners vermindert und zugleich das für seine Verbindlichkeiten haftende Vermögen verkürzt wird oder der Dritte seine Verbindlichkeiten ge-genüber dem Schuldner tilgt und dieser dadurch unter Verkürzung des haften-den Vermögens seine Forderung gegen den [X.] verliert ([X.], Urteil vom 12.
April
2018 -
IX
ZR 88/17, NZI
2018, 562 Rn.
10). Demgegenüber liegt eine gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung bei einer Überweisung von einem Konto eines [X.] nicht vor, wenn dieser
auf Veranlassung des Schuldners, ohne dazu diesem gegenüber verpflichtet zu sein, dessen Verbindlichkeiten aus eigenen Mitteln begleicht (Anweisung auf Kredit). Schließlich fehlt es an einer die Gläubiger benachteiligenden Rechtshandlung, sofern der Dritte ohne Veran-lassung und nähere Kenntnis des Schuldners im ausschließlichen Interesse der Befriedigung des [X.]s aus eigenem Vermögen die Überwei-sungen vornimmt (vgl. [X.], Urteil vom 12.
April 2018, aaO Rn.
11; vgl. auch [X.], Urteil vom 21.
Juni 2012 -
IX
ZR 59/11, NZI
2012, 805 Rn.
12).

Der Kläger hat vorgetragen, die [X.] habe durch die Überlassung der an sie gerichteten Rechnungen der Beklagten an die Schuldnerin diese angewie-sen, den Rechnungsbetrag an die Beklagte zu überweisen, wodurch ihre Schulden gegenüber der Beklagten für diese ersichtlich getilgt worden seien. Zur Zahlung sei die Schuldnerin aufgrund der [X.]en Vereinbarungen gegenüber der [X.] auch dann verpflichtet gewesen, wenn das bei der Schuld-nerin für die [X.] geführte Verrechnungskonto keine Guthaben mehr aufgewie-sen habe. In diesem Fall sei die Schuldnerin verpflichtet gewesen, der [X.] ein Darlehen zu gewähren. Wenn das Konto der [X.] bei der Schuldnerin ein Gut-haben aufwies, führte die Schuldnerin mithin durch die Tilgung der Schulden der [X.] den ihr durch die [X.] gewährten Kredit zurück. Wenn das Konto der 18
-
10
-
[X.] kein Guthaben aufwies, gewährte die Schuldnerin der [X.] durch die [X.] der Schulden, wie zwischen ihnen vereinbart, einen (weiteren) Kredit. In beiden Fällen verringerte sich durch die Zahlung der Schuldnerin an die [X.] das haftende Vermögen der [X.].

bb)
Die Einhaltung der Monatsfrist vor [X.] nach §
131 Abs.
1 Nr.
1, §
139 Abs.
1 [X.] ist nach dem bestrittenen und unter [X.] gestellten Vortrag des [X.] revisionsrechtlich zu unterstellen. Die [X.] hat den Insolvenzantrag am 12.
Juli 2013 gestellt. Die nach §
131 Abs.
1 Nr.
1 [X.] anfechtbare Rechtshandlung soll nach klägerischem Vortrag am 12.
Juni 2013 vorgenommen
sein, mithin ist die Monatsfrist gewahrt (zur Berechnung der Frist nach §
139 Abs.
1 [X.] vgl. HK-[X.]/Thole, 9.
Aufl., §
139 Rn.
7; [X.] in [X.], [X.], 2018, §
139 Rn.
15).

b)
Doch fallen die durch die Schuldnerin als Leistungsmittlerin für die [X.] an die Beklagte erbrachten Zahlungen vorliegend ausnahmsweise nicht unter §
131 [X.].

aa)
Nach dieser Regelung ist eine Rechtshandlung, die einem [X.] eine inkongruente Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, an-fechtbar. Gemäß
§
131 Abs.
1 [X.] ist eine Rechtshandlung inkongruent, die einem Insolvenzgläubiger eine Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der [X.] zu beanspruchen hatte. Die [X.] ist zu dem [X.]punkt zu beurteilen, in dem die Rechtshandlung vor-genommen wurde. Dabei unterscheidet gerade das Recht des Gläubigers, die Leistung zu fordern, kongruente und inkongruente Rechtshandlungen ([X.], Urteil vom 6.
Dezember 2018

IX
ZR 143/17, ZIP
2019, 679
Rn.
18
[X.] in [X.]Z).
Was ein Gläubiger beanspruchen kann und wozu der Schuldner ver-19
20
21
-
11
-
pflichtet ist, ist keine spezifisch insolvenzrechtliche, sondern zuvörderst eine materiell-rechtliche Frage. Folgt der Anspruch wie vorliegend aus einer vertrag-lichen Vereinbarung ([X.]), kommt es darauf an, was vertraglich ver-einbart worden ist. Haben die Vertragsparteien nicht alle Fragen rechtsge-schäftlich geregelt, ist auf die entsprechenden gesetzlichen Regeln zurückzu-greifen. Soweit rechtsgeschäftliche Regelungen möglich sind, ist immer nur maßgeblich, was die Vertragsparteien tatsächlich -
ausdrücklich oder konklu-dent -
vereinbart haben, nicht
was sie hätten vereinbaren können ([X.]E
146, 323
Rn.
15; vgl. [X.] in Kübler/
[X.], [X.], 2014, §
131 Rn.
32). Maßstab ist allein die objektive Rechtslage. Es kommt
nicht darauf an, welche Vorstellungen die Parteien hat-ten, insbesondere müssen sie die [X.] weder erkannt noch fahrlässig nicht erkannt haben.
Daher spielt auch der gute Glaube beider Parteien, dass die Deckung in vollem Umfang dem Schuldverhältnis
entspreche, keine Rolle (vgl. [X.], aaO Rn.
33).
Nicht in der Art geschuldet sind sämtliche [X.], die mit dem geschuldeten Leistungsprogramm nicht im Einklang stehen, also nach dem Inhalt des Schuldverhältnisses von der tatsächlich ge-schuldeten Leistung abweichen (vgl. [X.], aaO Rn.
54).

Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] sind Insolvenz-gläubiger benachteiligende nicht geschuldete Direktzahlungen, die ein Dritter auf Anweisung des Schuldners erbringt, dem Empfänger gegenüber als inkon-gruente Deckung anfechtbar ([X.], Urteil vom 8.
Dezember 2005 -
IX
ZR 182/01, NJW
2006, 1348 Rn.
9; vom 20.
Januar 2011 -
IX
ZR 58/10, NZI
2011, 141 Rn.
17; vom 6.
Dezember 2012 -
IX
ZR 3/12, NJW
2013, 940 Rn.
46; vom 17.
Dezember 2015 -
IX
ZR 287/14, [X.]Z
208, 243 Rn.
16; vom 9.
November 2017 -
IX
ZR 319/16, NZI
2018, 267 Rn.
8; vgl. auch [X.]E
146, 323 Rn.
13; [X.]E
153, 163 Rn.
13).
Deswegen stellen Direktzahlungen
durch den [X.]
-
12
-
geber an den Subunternehmer oder Lieferanten seines Auftragnehmers inkon-gruente Leistungen
im Sinne von §
131 Abs.
1 [X.]
dar, weil
Subunternehmer und Lieferanten
aufgrund ihres Werk-
oder Werklieferungsvertrages regelmäßig keinen Anspruch gegen den Auftragnehmer auf Zahlung des [X.] oder des Kaufpreises durch den Auftraggeber
haben ([X.], Urteil vom 16.
Oktober 2008
-
IX
ZR 2/05, NZI
2009, 55 Rn.
13; vom 17.
Dezember 2015, aaO).
Dies gilt auch für Mietzahlungen, die der [X.] auf Anweisung des Zwischen-mieters an den Vermieter entgegen der vertraglichen Vereinbarung leistet. Denn der Vermieter hat keinen Anspruch darauf, seine Forderung gegen den Zwischenmieter in dieser Art -
aufgrund einer Zahlungsanweisung an den [X.] -
durch diesen als [X.] erfüllt zu bekommen ([X.], Urteil vom
20.
Januar 2011, aaO).
Entsprechendes gilt, wenn der Schuldner über einen Leistungsmittler eine Geldstrafe an die [X.] zahlt ([X.], Urteil vom 14.
Oktober 2010 -
IX
ZR 16/10, NZI
2011, 189 Rn.
8).

bb)
Hier weicht die [X.] jedoch nur so geringfügig
von der ver-traglich vereinbarten Leistung ab, dass keine inkongruente Deckung angenom-men werden kann. Denn die Zahlung der [X.] an die Beklagte über die Schuldnerin als Leistungsmittlerin ist als gleichwertig mit der geschuldeten [X.] anzusehen (vgl. [X.] in [X.], [X.], 2014, §
131 Rn.
40).

(1)
Die Kongruenz zwischen Anspruch und Deckungsleistung ist im [X.] nach strengen Maßstäben zu beurteilen. Doch schaden lediglich geringfügige Abweichungen von der nach dem Inhalt des Anspruchs typischen und gesetzmäßigen Erfüllung, die der Verkehrssitte (§§
157, 242 BGB) oder Handelsbräuchen (§
346 HGB) entsprechen, nicht. So sind Leistungen durch bargeldlose Überweisung und eigene Schecks kongru-23
24
-
13
-
ent. Das gilt auch für Abbuchungen im Lastschriftverfahren aufgrund einer Ein-ziehungsermächtigung des Schuldners ([X.], Urteil vom 9.
Januar 2003 -
IX
ZR 85/02, NZI
2003, 197, 198; vom 10.
Juni 2008 -
XI
ZR 283/07, [X.]Z
177, 69 Rn.
45; vgl. [X.], Urteil vom 22.
Oktober 2015 -
6
ARS 758/14, juris Rn.
18; [X.], aaO §
131 Rn.
39 ff, 61).

(2)
Eine entsprechende Verkehrssitte oder einen entsprechenden Han-delsbrauch hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Dennoch ist in dem [X.] im

Konzern über zehn Jahre gehandhabten [X.] eine solche geringfügige Abweichung zwischen Vereinbarung und Deckung zu sehen.

(a)
Dass die [X.] die Schuldnerin im Rahmen einer [X.]-Vereinbarung die Zahlungen an die Beklagte hat vornehmen lassen, begründet eine geringfügige Abweichung zwischen Anspruch und Deckung und einen Handelsbrauch oder eine Verkehrssitte noch nicht. Dafür bestehen in der Praxis zu unterschiedliche [X.]-Verfahren. So ist zwischen den typischen und atypischen Verfahren zu unterscheiden. Bei den typischen [X.]-Verfahren fungiert die zuständige Gesellschaft als Konzernbank, auf deren Konto ([X.]) am Ende eines jeden Bankarbeitstages alle Guthaben der angeschlossenen Gesellschaften ([X.]) überwiesen werden. Umgekehrt werden Sollsal-den der teilnehmenden Gesellschaften täglich "glattgestellt". Die Bezahlung der Gläubiger erfolgt danach von den Konten ihrer jeweiligen Vertragspartner. Bei der virtuellen Variante findet der Ausgleich zwischen den Konten der beteiligten Konzerngesellschaften nur rechnerisch statt, es kommt also nicht zu realen Überweisungen zwischen [X.] und [X.] (vgl. [X.] in Küb-ler/[X.], [X.], 2017, Anhang zu § 135 Anfechtung im Konzern Rn. 34). Bei den atypischen [X.] werden die Verbindlichkeiten 25
26
-
14
-
des dem [X.] angeschlossenen Vertragspartners (unter Umständen nur im Fall der fehlenden Liquidität) nicht von ihm selbst, sondern von dem Konto einer anderen Gesellschaft getilgt (externes Cash Management-System; [X.], aaO Rn.
45; vgl. [X.], Urteil vom 3.
März 2005 -
IX
ZR 441/00, [X.]Z
162, 276, 277).

Die vom [X.] bislang entschiedenen [X.]-Fälle zeichnen sich dadurch aus, dass fällige Verbindlichkeiten jeweils von dem
Un-ternehmen beglichen wurden, das gerade über die erforderliche Liquidität ver-fügte ([X.], Urteil vom 3.
März 2005 -
IX
ZR 441/00, [X.]Z
162, 276, 277; vom 16.
November 2007 -
IX
ZR 194/04, [X.]Z
174, 228 Rn. 13). Diese Zahlung nach Kassenlage durch einen [X.] belegt gerade die fehlende Liquidität des Vertragsschuldners. Es bleibt deswegen auch bei atypischen [X.] bei dem Grundsatz, dass [X.]en inkongruent sind (vgl. [X.], [X.], 1030, 1033 f; [X.], [X.] 18/2018 [X.]. 4 unter C).

(b)
Das vom

Konzern vor Jahren etablierte, jahrelang praktizierte und ohne Beanstandungen bis zur Stellung der Insolvenzanträge funktionieren-de [X.]-Verfahren führt aber dazu, in der [X.] der Schuldnerin auf Weisung der [X.] an die Beklagte eine nur geringe Abweichung zwischen der Vereinbarung zwischen [X.] und der Beklagten und der tatsächlich erfolgten Deckung zu sehen. Der

Konzern hatte das Zahlungssystem schon lan-ge vor der Krise eingerichtet.
Die Schuldnerin handelte
nach klägerischer Dar-stellung seit über zehn Jahren im Konzern als Poolführerin. Sie sammelte die Einnahmen der am [X.] beteiligten Gesellschaften auf ihren Konten und überwies im Gegenzug auf Anweisung der am Pool beteiligten Gesellschaften die an diese gerichteten Rechnungen, und zwar unabhängig davon, ob die in-27
28
-
15
-
ternen Verrechnungskonten im Soll standen oder ein Guthaben aufwiesen. Zah-lungsverzögerungen infolge dieses Zahlungssystems traten -
soweit ersichtlich -
nicht auf. Danach trat die Schuldnerin, auch wenn sie keine Zahlungsdienstleis-terin im Sinne von §
675o Abs.
2 BGB war
(vgl. [X.], Urteil vom 25.
April 2013 -
IX
ZR 235/12, NZI
2013, 583 Rn.
30
f), ähnlich einer Konzernbank auf.

Dabei wirtschafteten die am [X.]-Verfahren beteiligten [X.] nicht aus "einem Topf", vielmehr wurden die Vermögen der [X.] voneinander abgegrenzt und musste
die Liquidität der betei-ligten Gesellschaften und des Konzerns grundsätzlich gegeben sein. So hatte die Schuldnerin als Poolführerin die Kapitalerhaltungsvorschriften (§
30 GmbHG, §
57 AktG) im Blick zu halten. Soweit sie als Tochtergesellschaft der [X.] als ihrer Muttergesellschaft ein Darlehen gewährte, musste sie sich [X.], dass ihre Rückzahlungsforderung vollwertig und damit die Darle-hensgewährung für sie als abhängige Gesellschaft nicht nachteilig war (vgl. [X.], Urteil vom 1.
Dezember 2008 -
II
ZR 102/07, [X.]Z
179, 71 Rn.
13). In-soweit hatte die Schuldnerin eine gewisse Beobachtungspflicht im Hinblick auf die Bonität der Muttergesellschaft (vgl. [X.] in [X.]/v.[X.], [X.] und Insolvenz im GmbH-Recht, Rn.
274). Soweit die Schuldnerin als Mut-tergesellschaft vor dem 1.
November 2008 der [X.] als ihrer Tochtergesell-schaft ein Darlehen gewährt hatte, musste sie sich der andauernden Bonität der Tochtergesellschaft vergewissern, wenn sie nicht wollte, dass ihr Gesellschaf-terdarlehen in der Krise der Tochtergesellschaft wie haftendes Eigenkapital be-handelt würde (vgl. [X.], Urteil vom 14.
Februar 2019 -
IX
ZR 149/16, NJW
2019, 1289 Rn.
31, 69
f, 72, 74, [X.] in [X.]Z). Ab dem 1.
November 2008 musste sie den grundsätzlichen Nachrang des Gesellschaf-ter(Konzern)darlehens in der Insolvenz der Tochter nach §
39 Abs.
1 Nr.
5 [X.] und die Anfechtbarkeit nach §
135 [X.] bedenken.
29
-
16
-

Danach musste die [X.] der Schuldnerin aufgrund der jahrelang geübten
Praxis objektiv nicht in jedermann den Verdacht wachrufen, dass die am [X.] beteiligten Konzerngesellschaften sich in schlechter [X.] befänden. Zwar sind nach allgemeiner Erfahrung im Geschäftsverkehr Schuldner regelmäßig nicht bereit, anderes oder gar mehr zu leisten als sie schulden. Tun sie das dennoch, so müssen dafür im allgemeinen besondere Beweggründe vorliegen ([X.], Urteil vom 8.
Oktober 1998 -
IX
ZR 337/97, NZI
1998, 118, 120). Doch liegen die besonderen Beweggründe für die vorlie-gende [X.] in der anfechtungsrechtlich unverdächtigen [X.]-Vereinbarung. Durch das angewandte [X.] ist der Eintritt der endgültigen Insolvenz des

Konzerns nicht beschleunigt worden. Umgekehrt wurde durch den jah-relang praktizierten [X.] die Liquidität im Konzern bei der Schuldnerin gebündelt, welche aus handelsrechtlichen und anfechtungsrechtlichen Gründen bei jeder vorgenommenen Zahlung sich der Solvenz der beteiligten [X.] wenigstens
im Ansatz vergewissern musste.

30
-
17
-

3.
Das Vorliegen anderer Anfechtungstatbestände
hat der Kläger nicht geltend gemacht, aus seinem Vortrag sind solche
auch nicht ersichtlich.

Kayser
[X.]
Pape

[X.]
Röhl

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 26.07.2017 -
2 O 402/16 -

O[X.], Entscheidung vom 18.12.2017 -
2 U 25/17 -

31

Meta

IX ZR 16/18

12.09.2019

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.09.2019, Az. IX ZR 16/18 (REWIS RS 2019, 3688)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 3688

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