Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.11.2015, Az. XII ZB 289/15

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 2871

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.] 289/15

vom

4. November 2015

in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
ZPO § 233 Hc
Der verfahrenskostenhilfebedürftige Rechtsmittelführer ist auch dann an der rechtzei-tigen Einlegung des Rechtsmittels gehindert, wenn er ein wegen bestehenden An-waltszwangs unzulässiges persönliches Rechtsmittel eingelegt und dafür Verfah-renskostenhilfe beantragt hat. Das Rechtsmittelgericht hat auch in diesem Fall [X.] über die beantragte Verfahrenskostenhilfe zu entscheiden, bevor es das Rechtsmittel als unzulässig verwirft (im [X.] an Senatsbeschlüsse vom 23.
März 2011
XII
[X.]
51/11
FamRZ 2011, 881 und vom 20.
Juli 2005

XII
[X.]
31/05
mRZ 2005, 1537).
BGH, Beschluss vom 4. November 2015 -
XII [X.] 289/15 -
OLG [X.]
AG Mönchengladbach-
Rheydt

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 4.
November 2015
durch
den
Vorsitzenden
Richter
Dose, die Richterin [X.] und [X.]
Klinkhammer, Dr.
Günter und Dr.
Botur
beschlossen:
Dem Antragsgegner wird gegen die Versäumung der Fristen zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde gegen den Be-schluss
des 5.
Senats für Familiensachen des [X.] vom 25.
August 2014 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
gewährt.
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners wird der vorge-nannte Beschluss im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beschwerde des Antragstellers verworfen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das [X.]
zurückverwiesen.
Wert: 10.524

Gründe:
I.
Das Amtsgericht hat durch Beschluss vom 12.
Juni
2014 die am 21.
De-zember 2006 geschlossene Ehe der Antragstellerin und des Antragsgegners geschieden,
den Versorgungsausgleich geregelt
und den Antragsgegner zu nachehelichem Unterhalt in Höhe von monatlich
254

. Der [X.]
-
3
-
schluss ist dem damaligen Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners am 26.
Juni
2014 zugestellt worden. Mit am 3.
Juli 2014 beim [X.] eingegangenem Schreiben vom 1.
Juli 2014 hat der Antragsgegner gegen den Beschluss persönlich Beschwerde eingelegt. Das [X.] hat die Übersendung des Schreibens an das Amtsgericht veranlasst, wo dieses am 22.
Juli 2014 eingegangen ist. Mit am 9.
Juli 2014 beim [X.] ein-gegangenem
Schreiben vom 3.
Juli 2014 hat der Antragsgegner die [X.] wiederum persönlich begründet und Verfahrenskostenhilfe
beantragt.
Das [X.] hat die Beschwerde als unzulässig verworfen
und zugleich das Verfahrenskostenhilfegesuch des Antragsgegners zurückgewie-sen. Mit der Rechtsbeschwerde wendet sich der Antragsgegner gegen die Ver-werfung
der Beschwerde.

II.
Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen [X.] und, soweit die Beschwerde verworfen worden ist,
zur Zurückverwei-sung der Sache an das [X.].
1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §
117 Abs.
1 Satz
4 FamFG, §
522 Abs.
1 Satz
4 ZPO statthaft und auch im
Übrigen gemäß §
574 Abs.
2 ZPO zu-lässig. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Ent-scheidung des [X.]. Das Beschwerdegericht hat durch seine Entscheidung das Verfahrensgrundrecht des Antragstellers auf Gewäh-rung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art.
2 Abs.
1 GG iVm dem Rechtsstaats-prinzip) verletzt, welches es den Gerichten verbietet, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus 2
3
4
-
4
-
Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren (Senatsbeschluss vom 2.
April 2008

XII
[X.]
189/07
mRZ 2008, 1338 Rn.
8 mwN).
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Das Beschwerdegericht hätte die Beschwerde nicht mit der Begründung als unzulässig verwerfen [X.], dass keine den Anforderungen der §§
64 Abs.
2 Satz
4, 114 FamFG genü-gende Beschwerdeschrift bei Gericht eingegangen sei. Denn der Antragsgeg-ner hat mit Schreiben vom 3.
Juli 2014 innerhalb der Beschwerdefrist Verfah-renskostenhilfe beantragt.
a) Ein Rechtsmittelführer, der innerhalb der Rechtsmittelfrist oder Rechtsmittelbegründungsfrist Prozesskostenhilfe (oder Verfahrenskostenhilfe) beantragt hat, ist bis zur Entscheidung über seinen Antrag als unverschuldet verhindert anzusehen, das Rechtsmittel wirksam
einzulegen oder rechtzeitig zu begründen, wenn er nach den gegebenen Umständen vernünftigerweise nicht mit der Ablehnung seines Antrags wegen fehlender Bedürftigkeit rechnen musste
(Senatsbeschlüsse
vom 25.
März 2015

XII
[X.]
96/14

FamRZ 2015, 1103
Rn.
5
und vom 17.
Juli 2013

XII
[X.]
174/10
FamRZ 2013, 1720 Rn.
16 mwN). Das gilt auch dann, wenn neben dem Verfahrenskostenhilfegesuch ein unzulässiges Rechtsmittel eingelegt worden ist
(vgl. Senatsbeschluss vom 20.
Juli
2005

XII
[X.]
31/05

FamRZ 2005, 1537). Da der [X.] beantragende Beteiligte wegen seiner Verfahrenskostenhilfebedürftigkeit ge-hindert ist, einen Rechtsanwalt mit seiner Vertretung zu beauftragen, ist ihm, wenn er nach den gegebenen Umständen vernünftigerweise nicht mit der
Ab-lehnung seines Antrags wegen fehlender Bedürftigkeit rechnen musste,
nach Entscheidung über die Verfahrenskostenhilfe Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Beschwerdegericht hat dementsprechend zunächst über das Verfahrenskostenhilfegesuch zu entscheiden (vgl. Senatsbeschluss vom 23.
März 2011

XII
[X.]
51/11

FamRZ 2011, 881 Rn.
10 mwN).

5
6
-
5
-
b) Nach diesen Grundsätzen durfte das [X.] die Be-schwerde nicht gleichzeitig mit der Entscheidung über das [X.]gesuch des Antragsgegners verwerfen.
Ob das Gesuch nach §
64 Abs.
1 Satz
2 FamFG beim Amtsgericht
oder wegen der bereits persönlich eingelegten Beschwerde beim [X.] einzureichen war, kann hier offenbleiben. Denn jedenfalls wäre im or-dentlichen Geschäftsgang eine rechtzeitige Weiterleitung des [X.] an das Amtsgericht noch möglich
gewesen, nachdem das Ge-such am 9.
Juli 2014 und somit mehr als zwei Wochen vor Ablauf der Rechts-mittelfrist
bei ihm eingegangen war (vgl. Senatsbeschluss vom 14.
Mai
2014

XII
[X.]
689/13

NJW-RR 2014, 1347 Rn.
28 mwN). Nachdem der Antrags-gegner sich in zulässiger Weise auf die Bewilligung ratenfreier [X.] in der ersten Instanz bezogen hatte, musste er nach den gegebenen Umständen nicht mit der Ablehnung seines Antrags wegen fehlender Bedürftig-keit rechnen.
Das [X.] hätte demnach in jedem Fall zunächst über die Verfahrenskostenhilfe entscheiden müssen, weil dem Antragsgegner

bei rechtzeitiger Nachholung der Beschwerdeeinlegung und begründung

Wiedereinsetzung
in den vorigen Stand zu gewähren war.
7
8
-
6
-
c) Die angefochtene Entscheidung kann demnach keinen Bestand ha-ben. Nach der Zurückverweisung an das [X.] hat der Antrags-gegner Gelegenheit, ein erneutes Verfahrenskostenhilfegesuch zu stellen oder die Beschwerde

verbunden mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

auf eigene Kosten einzulegen
und zu begründen.

Dose

[X.]

Klinkhammer

Günter

Botur
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 12.06.2014 -
24 [X.]/13 -

OLG [X.], Entscheidung vom 25.08.2014 -
II-5 [X.]/14 -

9

Meta

XII ZB 289/15

04.11.2015

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.11.2015, Az. XII ZB 289/15 (REWIS RS 2015, 2871)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 2871

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