Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.04.2001, Az. AnwZ (B) 37/00

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2001, 2993

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[X.] ([X.]) 37/00vom2. April 2001in dem [X.]:ja[X.]GHZ:nein[X.]GHR: ja[X.]RAO § 43c Abs. 4 Satz 2; [X.] § 15, [X.] Rechtsanwaltskammer macht von ihrem Ermessen gemäß § 15 [X.] einenfehlerhaften Gebrauch, wenn sie den Widerruf der Fachanwaltserlaubnis lediglichdarauf stützt, daß der Rechtsanwalt den Fortbildungsnachweis mit den in § 15[X.] bestimmten Inhalten nicht vorgelegt hat, und solche Umstände des [X.] außer [X.]etracht läßt, die, ähnlich wie dieser formalisierte [X.], eine Qualitätssicherung gewährleisten.[X.]GH, [X.]eschluß vom 2. April 2001 - [X.]([X.]) 37/00 - AGH des Landes Nordrhein-Westfalenwegen Widerrufs der Erlaubnis zur Führungeiner Fachanwaltsbezeichnung- 2 -Der [X.]undesgerichtshof, [X.], hat durch den Präsidentendes [X.]undesgerichtshofs Prof. Dr. Hirsch, [X.] [X.], [X.]asdorf undDr. [X.], die Rechtsanwälte [X.], [X.] und die Rechtsan-wältin Dr. Haugeram 2. April 2001beschlossen:Die Hauptsache ist erledigt.Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen unddie dem Antragsteller entstandenen notwendigen außergerichtli-chen Auslagen zu erstatten.Der Gegenstandswert für das [X.]eschwerdeverfahren wird [X.] [X.]:[X.] - heute 79 Jahre alte - Antragsteller ist (emeritierter) ordentlicherProfessor im Steuerrecht und seit über 30 Jahren Fachanwalt für dieses [X.]. Die [X.]erechtigung zum Führen der Fachanwaltsbezeichnung widerrief [X.] mit [X.]escheid vom 11. Juni 1999, nachdem der [X.] gemäß § 14 (jetzt § 15) [X.] für 1998 nicht [X.] hatte. Den Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der [X.]durch [X.]eschluß vom 17. März 2000 zurückgewiesen. Dagegen wendet sich [X.] mit seiner - zugelassenen - sofortigen [X.]eschwerde. Während des[X.]eschwerdeverfahrens hat die Antragsgegnerin den angefochtenen [X.]escheidzurückgenommen. Ihrer Erledigungserklärung hat der Antragsteller unter [X.] darauf widersprochen, daß die Antragsgegnerin inzwischen von ihm Fort-bildungsnachweise für 2000 verlangt habe.[X.] zulässige (§ 223 Abs. 3 Satz 1 [X.]RAO) Rechtsmittel ist in der [X.] erledigt. Nachdem die Antragsgegnerin den zunächst angefochtenen[X.]escheid zurückgenommen hat, ist eine Rechtsverletzung des [X.]. In einem solchen Falle ist in der Regel nur noch über die Verfahrens-kosten und die Auslagen der [X.]eteiligten entsprechend § 91a ZPO, § 13a [X.] befinden. Dies gilt nicht, wenn der Antragsteller ausdrücklich eine Erledi-gungserklärung ablehnt und die Entscheidung über einen von ihm gestelltenSachantrag begehrt (Senatsbeschluß v. 1. März 1993 - [X.] ([X.]) 29/92, [X.]RAK-- 4 -Mitt. 1993, 105; v. 24. November 1997 - [X.] ([X.]) 38/97, [X.]RAK-Mitt. 1998, 40).Einen zulässigen Sachantrag gibt es im vorliegenden Falle nicht. Zwar hat [X.] zuletzt einen Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit deszurückgenommenen [X.]escheids in Erwägung gezogen. Der Senat sieht [X.] keinen ausdrücklich gestellten Antrag, zumal ein solcher unzulässigwäre.[X.] entspricht billigem Ermessen, die Kosten des Verfahrens der An-tragsgegnerin aufzuerlegen, weil sie ohne die Erledigung der Hauptsache [X.] wäre. Der Widerruf der Erlaubnis zur Führung der Fachanwaltsbe-zeichnung litt unter Ermessensfehlern.1. Wenn der Rechtsanwalt die vorgeschriebene Fortbildung nicht nach-gewiesen hat, entscheidet der Vorstand der Rechtsanwaltskammer nachpflichtgemäßem Ermessen, ob die Erlaubnis zum Führen der Fachanwaltsbe-zeichnung zu widerrufen ist ([X.]GH, [X.]eschl. v. 6. November 2000 - [X.] ([X.])78/99, aaO; Feuerich/[X.], [X.]RAO 5. Aufl. § 43c Rn. 36).a) Die Auffassung, in einem solchen Falle sei die Erlaubnis zwingend zuwiderrufen (Henssler, in: [X.], [X.]RAO § 43c Rn. 16; [X.], in: [X.]/[X.], Anwaltliche [X.]erufsordnung § 25 [X.] Rn. 4; [X.] MDR 2000,300), ist mit dem Wortlaut des § 43c Abs. 4 Satz 2 [X.]RAO ("kann") nicht verein-bar.- 5 -b) Daß § 14 (jetzt: § 15) [X.] für alle Fachanwälte zwingend eine forma-lisierte Art der Fortbildung und einen jährlichen Nachweis vorschreibt, hat [X.] denknotwendig zur Folge, daß bei der einmaligen Versäumung diesesNachweises die Erlaubnis zum Führen der Fachanwaltsbezeichnung widerru-fen werden muß.Zwar ist die Satzungsversammlung möglicherweise davon ausgegangen,daß schon nach der einmaligen Nichterfüllung der [X.] ein Widerruf stattzufinden habe; denn ein Antrag, den Widerruf [X.] erst für den Fall vorzusehen, daß die [X.] zwei aufeinanderfolgenden Jahren nicht erfüllt wird, wurde einstimmig ab-gelehnt ([X.], in: [X.]/[X.], § 25 [X.] Rn. 1 m.w.[X.] ist jedoch anerkannt, daß z.[X.]. die zeitweilige unverschuldete Unmög-lichkeit der Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen, etwa wegen Krankheitoder eines unzureichenden Angebots an Fortbildungsveranstaltungen, nichtzum Widerruf führen darf (Feuerich/[X.], § 25 [X.] Rn. 2; [X.], in: [X.]/[X.], § 25 [X.] Rn. 5). Damit ist das Gebot zur "ständigen" Fortbildungbereits eingeschränkt. Zum anderen ergibt sich weder aus der [X.]undesrechts-anwaltsordnung noch der Fachanwaltsordnung eine "Sperrwirkung" des [X.]. Der Rechtsanwalt, dem die Erlaubnis zum Führen der Fachanwaltsbe-zeichnung wegen fehlender Fortbildungsnachweise widerrufen wurde, ist nichtgehindert, sofort einen neuen Antrag gemäß §§ 1, 22 [X.] zu stellen. [X.] er nunmehr unter anderem besondere theoretische Kenntnisse nachwei-sen (§ 2 Abs. 1 [X.]uchst. a, § 4 [X.]). Da dieser Nachweis aber - im [X.] dem Fortbildungsnachweis gemäß § 15 [X.] - nicht formalisiert ist (§ 4Abs. 3 [X.]; vgl. hierzu [X.]GH, [X.]eschl. v. 19. Juni 2000 - [X.] ([X.]) 59/99,- 6 -[X.]RAK-Mitt. 2000, 256), erscheint es nicht als ausgeschlossen, daß er auch voneinem Rechtsanwalt geführt werden kann, der früher die durch § 15 [X.] ge-botene Fortbildung nicht nachgewiesen hat. In einem solchen Fall wäre [X.] untunlich.c) Durchgreifende Argumente dafür, daß bereits die einmalige Nichter-füllung der Fortbildungs- und Nachweispflicht den Widerruf der [X.] nach sich ziehen muß, lassen sich auch der Vorschrift des § 25Abs. 2 [X.] nicht entnehmen. Nach der genannten [X.]estimmung, welche dieRegelung der §§ 48 Abs. 4, 49 Abs. 2 Satz 2 des [X.] übernimmt, ist der Widerruf nur innerhalb eines Jahres seit Kenntnis [X.] der Rechtsanwaltskammer von den den Widerruf rechtfertigendenTatsachen zulässig. Dies scheint, weil die Erfüllung der Fortbildungspflicht injährlichen Abständen nachzuweisen ist, auf den ersten [X.]lick allerdings dafür zusprechen, daß die Rechtsanwaltskammer bereits nach dem ersten Ausbleibendes Nachweises die Fachanwaltserlaubnis widerrufen muß, um die [X.] nicht zu verlieren. Indes kann die Rechtsanwaltskammer wegen [X.] nur eine Widerrufsbefugnis verlieren, die von Rechts wegen gege-ben ist. Wäre ein Widerruf bereits nach dem [X.] rechtlich nicht haltbar,etwa ermessensfehlerhaft, steht die Rechtsanwaltskammer unter keinem Fri-stendruck. Außerdem kann bei einer späteren Widerrufsentscheidung, die in-nerhalb eines Jahres nach Kenntnis der für den Widerruf maßgeblichen [X.] erfolgt, eine frühere Tatsache, die für sich allein den Widerruf nicht ge-rechtfertigt hätte, bekräftigend mitberücksichtigt werden. Zwar dient die Jah-resfrist des § 25 Abs. 2 [X.] auch dem Interesse des Rechtsanwalts anRechtsklarheit ([X.], in: [X.]/[X.], § 25 [X.] Rn. 16; vgl. auch[X.]/[X.], VwVfG 7. Aufl. § 48 Rn. 130, § 49 Rn. 59). Die [X.] 7 -waltskammer kann indes verhindern, daß das Unterbleiben des Widerrufs nachder ersten Zuwiderhandlung gegen die Fortbildungs- und Nachweispflicht be-reits als Verzicht auf das Widerrufsrecht gedeutet wird, indem sie den Rechts-anwalt deswegen "verwarnt" und sich für den (ersten, zweiten, dritten ...) [X.] den Widerruf vorbehält.d) Eine Auslegung von § 15 [X.] als "[X.]" verstieße gegenArt. 12 Abs. 1 Satz 2 GG. Die Ermächtigung zum Widerruf der Fachanwaltser-laubnis ist eine Regelung über die [X.]erufsausübung. Solche Regelungen habennur [X.]estand, wenn sich für sie ausreichende Gründe des Gemeinwohls anfüh-ren lassen und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügt ist (vgl. z.[X.].[X.]VerfGE 71, 183, 196 f; 87, 287, 316). Als "[X.]" wäre § 14 (jetzt:§ 15) [X.] unverhältnismäßig. Es ist schon zweifelhaft, ob der Widerruf alszwingende Folge einer (einmaligen) Verletzung des Fortbildungsgebots eingeeignetes Mittel ist, um die Leistungsfähigkeit der Fachanwaltschaften zu ge-währleisten. Das hätte zur Voraussetzung, daß die berufsrechtliche Sanktionie-rung der unterlassenen Fortbildung geeignet ist, diesem Ziel zu dienen. [X.] Rechtsanwälte angehalten werden, mindestens zehn Stunden im Jahr hö-rend oder dozierend an einer Fortbildungsveranstaltung teilzunehmen, ist dieseMaßnahme zwar geeignet zur Erreichung des angestrebten Ziels. Es ist jedochnicht näher bestimmt, was als Fortbildungsveranstaltung gelten kann, und esfindet - über die bloße Teilnahme hinaus - keine Erfolgskontrolle statt ([X.]MDR 2000, 300 spricht davon, daß die Rechtsanwälte die zehnstündige Fort-bildung "über sich ergehen" lassen müssen). Ein einheitlicher Qualitätsstan-dard der Fachanwälte kann auch dann erreicht werden, wenn der Widerrufnicht automatisch beim einmaligen Nichterbringen der Fortbildungsnachweiseerfolgt. Ein derartiger Automatismus wäre mit einer pflichtgemäßen [X.] 8 -sensausübung nicht vereinbar. Auch wenn der formalisierte Nachweis gemäߧ 15 [X.] fehlt, kann es im Einzelfall zulässig und geboten sein, weitere Um-stände zu berücksichtigen und abzuwägen, die nach dem Zweck der Ermächti-gung für die Widerrufsentscheidung relevant sein können (vgl.[X.]/[X.], § 40 VwVfG Rn. 53). Relevant sind solche Umstände, dieähnlich wie die Teilnahme an einer zehnstündigen [X.] Qualitätssicherung gewährleisten. In [X.]etracht kommt insbesondere einezeitnahe wissenschaftliche [X.]etätigung.3. Der Antragsteller ist ordentlicher Professor für das Steuerrecht. Er hatab 1967 ein wissenschaftliches Institut für Wirtschafts- und Steuerrecht gelei-tet. Ob er vor diesem Hintergrund eine zeitnahe wissenschaftliche [X.]etätigungvorzuweisen hat, wie sie nach den obigen Ausführungen als Fortbildungs-nachweis genügen kann, hat der [X.] nicht geprüft.Hirsch[X.][X.]asdorf[X.]Kieserling [X.]

Meta

AnwZ (B) 37/00

02.04.2001

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.04.2001, Az. AnwZ (B) 37/00 (REWIS RS 2001, 2993)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 2993

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