Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.10.2023, Az. 6 StR 242/23

6. Strafsenat | REWIS RS 2023, 7518

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Gegenstand

Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge: Berechnung der Wirkstoffmenge bei mehreren Betäubungsmitteln


Tenor

1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] vom 12. Januar 2023

a) dahin geändert, dass der Angeklagte des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist,

b) im Strafausspruch aufgehoben.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

- Von Rechts wegen -

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt und eine [X.] getroffen. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Staatsanwaltschaft hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.

I.

2

Nach den Feststellungen erwarb der Angeklagte von seinem Lieferanten insgesamt 459 g Heroin, 14 g Kokain und 45,6 g Cannabis (Wirkstoffmengen: 38,9 g [X.], 4,01 g [X.] sowie mindestens 4 g Tetrahydrocannabinol) und verwahrte die Betäubungsmittel in seiner Wohnung. Während er das Cannabis selbst konsumieren und das Kokain unentgeltlich an eine Freundin weitergeben wollte, war das Heroin für den gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt. Bei einer Durchsuchung der Wohnung fanden Polizeibeamte die Betäubungsmittel sowie einen funktionstüchtigen und mit neun Patronen geladenen Revolver, den der Angeklagte in einer Umhängetasche am Körper trug.

II.

3

Das [X.] hat übersehen, dass der Angeklagte auch den Qualifikationstatbestand des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG durch die Verwahrung des Cannabis und des Kokains verwirklicht hat, weil er Betäubungsmittel „in nicht geringer Menge“ besaß. Zwar wurde vorliegend bei keinem der beiden Betäubungsmittel – für sich betrachtet – der Grenzwert zur nicht geringen Menge erreicht. Maßgeblich ist insoweit aber die Summe der beiden Wirkstoffmengen (vgl. [X.], Beschlüsse vom 16. Januar 2003 – 1 [X.], [X.], 434; vom 9. April 2019 – 4 [X.], NStZ-RR 2019, 314; [X.] in: [X.]/[X.]/[X.], BtMG, 10. Aufl., § 29a Rn. 106). Dazu ist zunächst der Prozentsatz der Einzelwirkstoffmengen vom jeweiligen Grenzwert der nicht geringen Menge zu bestimmen; sodann sind die Prozentsätze zu addieren (vgl. BeckOK-BtMG/[X.], [X.]., Vorbemerkungen zu § 29a BtMG Rn. 13 ff. [X.]). Die Summe der Prozentsätze der beiden im Besitz des Angeklagten aufgefundenen und nicht zum Handel bestimmten Betäubungsmittel betrug 133,53 Prozent der nicht geringen Menge.

4

In entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO ändert der Senat den Schuldspruch. § 265 StPO steht nicht entgegen, weil sich der geständige Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Die Änderung zieht die Aufhebung des Strafausspruchs nach sich. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die [X.] bei zutreffender rechtlicher Einordnung des [X.] begangenen Delikts als Verbrechen einen minder schweren Fall im Sinne des § 30a Abs. 3 BtMG verneint hätte und zu einer höheren Strafe gelangt wäre. Demgegenüber bedarf es bei dem hier allein vorliegenden Wertungsfehler keiner Aufhebung von Feststellungen. Die [X.] hat ebenfalls Bestand. Das neue Tatgericht kann ergänzende Feststellungen treffen, die mit den bisherigen nicht in Widerspruch stehen.

Sander     

  

Feilcke     

  

Tiemann

  

von Schmettau     

  

Arnoldi     

  

Meta

6 StR 242/23

18.10.2023

Bundesgerichtshof 6. Strafsenat

Urteil

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Dessau-Roßlau, 12. Januar 2023, Az: 8 KLs 651 Js 14923/22

§ 29a Abs 1 Nr 2 BtMG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.10.2023, Az. 6 StR 242/23 (REWIS RS 2023, 7518)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 7518

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

2 StR 452/23

Zitiert

4 StR 461/18

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