Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 22.06.2011, Az. 6 C 5/10

6. Senat | REWIS RS 2011, 5569

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Gegenstand

Telekommunikation; Art des Vergabeverfahrens; Beurteilungsspielraum der Bundesnetzagentur; relevanter Markt


Leitsatz

Bei der Bestimmung der Art des Vergabeverfahrens als Versteigerungsverfahren oder als Ausschreibungsverfahren steht der Bundesnetzagentur ein durch den gesetzlichen Vorrang des Versteigerungsverfahrens (§ 61 Abs. 2 Satz 1 TKG ) begrenzter Beurteilungsspielraum zu. Eine dabei erforderliche Abgrenzung des sachlich und räumlich relevanten Marktes (§ 61 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 TKG) ist nach dem Bedarfsmarktkonzept vorzunehmen (im Anschluss an Urteil vom 23. März 2011 - BVerwG 6 C 6.10 -).

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen Entscheidungen der Bundesnetzagentur über die Vergabe von Funkfrequenzen (Allgemeinverfügungen vom 19. Juni 2007, [X.], vom 7. April 2008, [X.] und vom 12. Oktober 2009, [X.]); wegen der näheren Einzelheiten wird auf das Urteil gleichen Rubrums vom heutigen Tag - BVerwG 6 [X.] 3.10 - Bezug genommen. Gegenstand der hier vorliegenden Klage ist die jeweils übereinstimmend getroffene Teilentscheidung, dass das Vergabeverfahren als [X.] durchgeführt wird.

2

Das Verwaltungsgericht hat die dagegen gerichtete Klage abgewiesen: Die Auswahl der Bundesnetzagentur für das [X.] sei im Rahmen des der Behörde insoweit zustehenden [X.] nicht zu beanstanden. Zwar könnte dieses Verfahren zur Erreichung der [X.] ungeeignet sein, wenn auf dem Markt, für den die Funkfrequenzen verwendet werden dürften, bereits Frequenzen auf andere Weise zugeteilt worden seien. Einer abschließenden Festlegung des betreffenden Marktes habe es allerdings nicht bedurft, zumal die Bundesnetzagentur das [X.] auch unter der Prämisse bislang heterogener Marktzutrittsbedingungen in vertretbarer Weise als geeignet beurteilt habe.

3

Die Klägerin hat die - vom Verwaltungsgericht zugelassene - Revision wie folgt begründet: Die Erwägungen des [X.] für die Annahme eines [X.] der Bundesnetzagentur bei der Auswahl des Vergabeverfahrens als Versteigerungs- oder Ausschreibungsverfahren seien fehlerhaft. Hätten auf demselben sachlich und räumlich relevanten Markt bereits Frequenzzuteilungen ohne [X.] stattgefunden, sei die Ungeeignetheit des [X.]s kraft Gesetzes indiziert. Hätten Marktteilnehmer bereits Zugang zu Frequenzen außerhalb von [X.] erhalten, gebiete der Grundsatz chancengleichen und diskriminierungsfreien [X.]s, dass der Zugang für andere Unternehmen ebenso wenig auf einen Erwerb im Wege des [X.] verengt werde. Die wettbewerbliche Benachteiligung beim [X.] werde nicht dadurch beseitigt, dass in bislang getrennten Märkten u.a. auch Versteigerungen stattgefunden hätten. Die Bundesnetzagentur habe sich ferner mit der Frage, inwieweit ein [X.] zur Sicherstellung der [X.] geeignet sei, nur unzureichend auseinandergesetzt. Eine entsprechende Prüfung hätte sich insbesondere aufgrund vorangegangener Frequenzzuteilungen zugunsten der marktmächtigen Mobilfunkunternehmen außerhalb gesetzlicher Vergabeverfahren aufgedrängt.

4

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils

1. Nr. II der Entscheidung der Beklagten vom 19. Juni 2007 in der Fassung vom 7. April 2008 und [X.] der Entscheidung vom 12. Oktober 2009 aufzuheben, soweit diese Entscheidungen den Frequenzbereich 2,6 GHz betreffen,

2. hilfsweise: Nr. II der Entscheidung der Beklagten vom 19. Juni 2007 in der Fassung vom 7. April 2008 und [X.] der Entscheidung vom 12. Oktober 2009 aufzuheben.

5

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

6

Sie verteidigt ihre angegriffenen Entscheidungen sowie das Urteil des [X.].

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der Klägerin ist teilweise begründet.

8

Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht, soweit es die Klage hinsichtlich des [X.] auf Aufhebung der [X.] der Allgemeinverfügung der [X.] vom 12. Oktober 2009 über die Durchführung eines [X.]s für die Frequenzbereiche 2,6 GHz, 2 GHz, 1,8 GHz und 800 MHz abgewiesen hat. In diesem Umfang erweist es sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig. Eine abschließende Entscheidung in der Sache ist dem [X.] nicht möglich, da es an den erforderlichen tatsächlichen Feststellungen fehlt. Dies führt in Bezug auf den Hilfsantrag zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Dagegen bleibt die Revision im Übrigen ohne Erfolg.

9

1. Die Klage ist zulässig, soweit die Klägerin die [X.] der Allgemeinverfügung vom 12. Oktober 2009 anficht. Wie sich aus dem Urteil vom heutigen [X.] BVerwG 6 [X.] 3.10 zu der parallelen Problematik im Hinblick auf die Vergabeanordnung ([X.] [X.]) erschließt, ist die Klage gegen die mittlerweile erledigten Allgemeinverfügungen vom 19. Juni 2007 und 7. April 2008 in Ermangelung eines Rechtsschutzbedürfnisses dagegen unzulässig.

2. Die Klage ist mit dem Hauptantrag unbegründet. Eine Aufhebung der [X.] vom 12. Oktober 2009 über die Versteigerung der dort bezeichneten Funkfrequenzen der Frequenzbereiche 800 MHz, 1,8 GHz, 2 GHz und 2,6 GHz ausschließlich für den Frequenzbereich von 2,6 GHz kommt ebenso wenig in Betracht wie eine isolierte Aufhebung des betreffenden Teils der Vergabeanordnung (s. auch insoweit Urteil BVerwG 6 [X.] 3.10).

3. Die Begründung, mit der das Verwaltungsgericht die Klage hinsichtlich des [X.], die [X.] vom 12. Oktober 2009 insgesamt aufzuheben, abgewiesen hat, hält der Überprüfung nicht stand. Der [X.] kann auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen auch nicht entscheiden, ob das angefochtene Urteil im Ergebnis zutrifft (§ 144 Abs. 4 VwGO).

a) Ein Vergabeverfahren kann gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1 TKG als [X.] oder als Ausschreibungsverfahren durchgeführt werden. Bei der danach vorzunehmenden Verfahrensbestimmung hat die [X.] zwar kein Ermessen, denn nach § 61 Abs. 2 Satz 1 TKG ist grundsätzlich das [X.] durchzuführen, falls dieses Verfahren nicht ausnahmsweise ungeeignet zur Erreichung der [X.] ist. Im Hinblick auf diese Bewertung ist aber - auf der Tatbestandsseite der Norm - ein Beurteilungsspielraum der [X.] anzuerkennen. Er rechtfertigt sich aus der Notwendigkeit, zur Bestimmung der Geeignetheit bzw. Ungeeignetheit des [X.]s in eine komplexe Abwägung der [X.] einzutreten, was die Gewichtung und den Ausgleich gegenläufiger öffentlicher und privater Belange einschließt (s. Urteil vom 23. März 2011 - BVerwG 6 [X.] 6.10 - juris Rn. 27 m.w.[X.]).

Dieser Beurteilungsspielraum ist freilich zum einen dadurch eingeschränkt, dass § 61 Abs. 2 Satz 1 TKG ein [X.] zugunsten des [X.]s vorgibt, also grundsätzlich von der Geeignetheit dieses Verfahrens zur Erreichung der [X.] ausgeht. Der Gesetzgeber unterstellt generalisierend, dass das erfolgreiche Gebot die Bereitschaft und die Fähigkeit belegt, die zuzuteilenden Frequenzen im marktwirtschaftlichen Wettbewerb optimal einzusetzen (BTDrucks 15/2316 [X.]). Eine gegenläufige Einschränkung ergibt sich aus § 61 Abs. 2 Satz 2 TKG. Dort heißt es mit Blick auf die ausnahmsweise fehlende Eignung des [X.]s zur Sicherstellung der [X.], dass dies - insbesondere - unter zwei alternativen Voraussetzungen der Fall sein kann, nämlich wenn entweder auf dem sachlich und räumlich relevanten Markt, für den die Funkfrequenzen unter Beachtung des Frequenznutzungsplanes verwendet werden dürfen, bereits Frequenzen ohne vorherige Durchführung eines [X.]s zugeteilt wurden oder ein Antragsteller für die zuzuteilenden Frequenzen eine gesetzlich begründete Präferenz geltend machen kann.

Die beiden Fallbeispiele, die dadurch gekennzeichnet sind, dass das beispielhaft erläuterte Tatbestandsmerkmal - die Ungeeignetheit des [X.]s - nicht (regelmäßig) vorliegt, sondern eben nur vorliegen "kann", sind weder abschließend noch zwingend. Die gesetzliche Regelung ist als ein qualifizierter Prüfauftrag in dem Sinne zu verstehen, dass die [X.] die Verfahrensart in den angesprochenen Fallkonstellationen mit Blick auf die Sicherstellung der [X.] einer detaillierten Eignungsprüfung zu unterziehen hat. Dabei führt das Vorliegen eines der beiden Regelbeispiele zu einer Aufhebung des in § 61 Abs. 2 Satz 1 TKG angelegten [X.]ses. In dieser Situation ist daher die Frage, ob das [X.], das wie das Ausschreibungsverfahren eine konkrete Ausformung im Gesetz erhalten hat (§ 61 Abs. 5 und 6 TKG), zur Erreichung der in § 2 Abs. 2 TKG normierten [X.] ungeeignet ist, von der Behörde ohne weitergehende gesetzliche Vorsteuerung zu beantworten (Urteil vom 23. März 2011 Rn. 28 m.w.[X.]). Soweit die Klägerin dem Gesetz bei Vorliegen eines der beiden § 61 Abs. 2 Satz 2 TKG genannten [X.] über die Aufhebung des [X.]ses hinaus dessen Umkehrung zugunsten des Ausschreibungsverfahrens entnehmen will, ist dem allerdings nicht zu folgen. Selbst wenn sich den Gesetzesmaterialien (BTDrucks 15/2316 [X.] zu § 59 Abs. 2 [X.]) ein Anhaltspunkt in diesem Sinne entnehmen lassen sollte, hätte dies im Wortlaut des Gesetzes keinen Ausdruck gefunden und stände zu seinem Zweck und seiner Systematik im Widerspruch.

b) Im vorliegenden Fall lässt sich aufgrund der getroffenen Feststellungen nicht beurteilen, ob das Fallbeispiel des § 61 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 TKG vorliegt; von der Beantwortung dieser Frage hängt die Rechtmäßigkeit der von der [X.] getroffenen Entscheidung ab.

aa) Wie vom Verwaltungsgericht in wesentlichen Teilen festgestellt und im Übrigen zwischen den Beteiligten nicht umstritten, wurden Frequenzen des [X.] 2,6 GHz und anderer von der Allgemeinverfügung vom 12. Oktober 2009 betroffener oder ihnen benachbarter Frequenzbereiche in der Vergangenheit (zumindest auch) einzeln zugeteilt bzw. im Wege der Ausschreibung vergeben. Soweit sich die [X.] für ihre hier umstrittene Entscheidung zugunsten eines [X.]s auf das Ziel symmetrischer Marktzutrittsbedingungen berufen hat, ist diese Argumentation insofern defizitär, als der sachlich und räumlich relevante Markt nicht hinreichend abgegrenzt worden ist. Der Begriff des relevanten Marktes in § 61 Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 TKG entspricht dem [X.] des § 10 Abs. 1 TKG und folgt dem sog. Bedarfsmarktkonzept. Während räumlich relevant das Gebiet ist, in dem die in Rede stehenden Produkte nachgefragt und vertrieben werden und die [X.]bedingungen hinreichend homogen sind, kommt es für die Bestimmung des sachlich relevanten Marktes auf die funktionelle Austauschbarkeit der Produkte aus Nachfrager- und Anbietersicht an. Zu dem sachlich relevanten Markt gehören diejenigen Produkte, die wegen ihrer objektiven Merkmale, der [X.]bedingungen und der Struktur von Angebot und Nachfrage hinreichend austauschbar bzw. substituierbar sind; Produkte, die nur in geringem Maß oder nur relativ austauschbar sind, gehören regelmäßig nicht demselben Markt an (Urteil vom 23. März 2011 a.a.[X.] Rn. 30 m.w.[X.]).

Die Vorgehensweise der [X.] genügt diesen Anforderungen nicht. Die Behörde hat den relevanten Markt, für den die zu vergebenden Frequenzen verwendet werden dürfen, in räumlicher Hinsicht als das [X.] und in sachlicher Hinsicht als den Markt für den drahtlosen Netzzugang zum Angebot von [X.] bestimmt (Nr. IV.2 der angefochtenen Allgemeinverfügung zu § 61 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 TKG). Zur Begründung der sachlichen Marktabgrenzung hat sie darauf verwiesen, der weit gefasste Markt entspreche den Widmungen der Frequenzbereiche im Frequenznutzungsplan; aufgrund der Flexibilisierung der Frequenznutzungsrechte bestehe die Möglichkeit, regulatorische Maßnahmen derart aufeinander abzustimmen, dass (sämtliche) Funkanwendungen zur flächendeckenden Versorgung mit schnellen Internetzugängen beitragen könnten (Allgemeinverfügung vom 12. Oktober 2009, a.a.[X.] S. 3677). Damit hat die Behörde den Widmungsbereich der Frequenzen auf der Grundlage des Frequenznutzungsplans mit dem sachlich relevanten Markt gleichgesetzt, ohne das Nachfrager- und Anbieterverhalten empirisch zu ermitteln. Zwar kann die öffentlich-rechtliche Widmung der Frequenzen das Verhalten der Marktteilnehmer beeinflussen; dies ist jedoch auf der Grundlage des [X.] festzustellen.

Diese Feststellungen sind - nach Zurückverweisung der Sache - vom Verwaltungsgericht nachzuholen. Ein etwaiger Beurteilungsspielraum der [X.] bei der Marktabgrenzung steht dem nicht entgegen. Soweit der [X.] dem § 10 Abs. 1 TKG eine Beurteilungsermächtigung (schon) bei der Abgrenzung eines für die Regulierung in Betracht kommenden Marktes entnommen hat, beruht dies auf dem engen systematischen Zusammenhang mit der Prüfung der [X.] dieses Marktes, für die ein Beurteilungsspielraum [X.] Gesetzes besteht (§ 10 Abs. 2 Satz 2 TKG), und zudem auf den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben der Art. 7, 15, 16 [X.] über das durch [X.] geprägte transnationale Kooperationsverfahren zwischen der [X.] und den nationalen Regulierungsbehörden (s. Urteile vom 2. April 2008 - BVerwG 6 [X.] 15.07 - BVerwGE 131, 41 Rn. 15 ff. = [X.] 442.066 § 10 TKG Nr. 1 und vom 29. Oktober 2008 - BVerwG 6 [X.] 38.07 - [X.] 442.066 § 10 TKG Nr. 2 Rn. 16 ff.). Diese Besonderheiten finden bei der Marktabgrenzung nach § 61 Abs. 2 Satz 2 TKG keine Entsprechung.

bb) Ohne die bislang fehlende Marktabgrenzung kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich die von der [X.] vorgenommene Beurteilung der Geeignetheit des [X.]s als unplausibel und damit wegen Überschreitung der Grenzen des [X.] als rechtswidrig erweist. Soweit das Verwaltungsgericht die Entscheidungserheblichkeit der Marktabgrenzung mit der Erwägung verneint hat, die [X.] sei ausdrücklich von der Möglichkeit ausgegangen, dass auf dem sachlich und räumlich relevanten Markt, für den die Frequenzen verwendet werden dürfen, bereits Frequenzen ohne [X.] zugeteilt worden seien, und habe auch für diesen Fall die Auktion als zur Erreichung der [X.] geeignet beurteilt, kann der [X.] dem nicht folgen. Die [X.] hat hierzu ausgeführt, der Schutzzweck des § 61 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 TKG bestehe in der Verhinderung unzumutbarer wettbewerblicher Benachteiligungen durch asymmetrische Marktzutrittsbedingungen; auch wenn diese in der Vergangenheit Unterschiede aufgewiesen hätten, seien symmetrische Zugangsbedingungen um so wichtiger, wenn Frequenzen für denselben sachlich und räumlich relevanten Markt gleichzeitig oder annähernd gleichzeitig vergeben würden (Allgemeinverfügung, a.a.[X.] S. 3668). Unter der Prämisse einer Marktidentität im Sinne von § 61 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 TKG reichen diese Erwägungen für die Auswahl des [X.]s nicht aus. Denn abgesehen davon, dass die Behörde ersichtlich auch insoweit vom Regelvorrang des [X.]s ausgegangen ist, der unter diesen Voraussetzungen gerade entfiele, ist die gleichzeitige oder annähernd gleichzeitige Vergabe der Frequenzen auf "demselben sachlich und räumlich relevanten Markt" Bestandteil der behördlichen Begründungserwägungen, die insoweit zirkulär sind.

Von daher vermögen auch die am Schutzzweck des Gesetzes orientierten Überlegungen der [X.] unter der hier genannten Prämisse nicht zu überzeugen. Zwar dient § 61 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 TKG der Vermeidung asymmetrischer Marktzutrittsbedingungen, soweit mit ihnen unzumutbare wettbewerbliche Benachteiligungen einhergehen (s. auch [X.], in: BeckTKG § 61 Rn. 10; [X.]/[X.], in: [X.]/[X.], § 61 Rn. 11). Dieser Schutzzweck verlangt aber eine individuelle, vom Regelvorrang des [X.]s gelöste Beurteilung nicht nur dann, wenn die Marktzutrittsbedingungen bislang in dem Sinne homogen waren, dass auf dem betreffenden Markt noch niemals Versteigerungen stattgefunden hatten. Er beansprucht auch dann Geltung, wenn die Marktzutrittsbedingungen in der Vergangenheit heterogen waren, d.h. die Frequenzen sowohl auf der Grundlage des Ergebnisses von [X.] als auch auf andere Weise vergeben worden waren. Auch unter solchen Voraussetzungen ist nämlich nach Maßgabe der jeweiligen konkreten Marktgegebenheiten - insbesondere anhand einer quantitativen und qualitativen Gewichtung der bislang praktizierten Vergabearten - zu entscheiden, inwieweit der Grundsatz chancengleichen und diskriminierungsfreien Frequenzzugangs (s. § 2 Abs. 2 Nr. 2, § 55 Abs. 1 Satz 3 TKG; vgl. auch Art. 8 Abs. 2 Buchst. b, Art. 9 Abs. 1 [X.]) gewahrt ist, wenn der Zugang für andere Unternehmen nunmehr auf einen Erwerb im Wege des [X.] verengt wird. Die pauschalen Erwägungen der [X.] werden diesen Anforderungen nicht gerecht.

cc) Unter der Prämisse, dass die Frequenzzuteilungen, die in der Vergangenheit ohne Auktion stattgefunden haben und auf die die Klägerin sich beruft, jeweils anderen Märkten als dem nunmehr bestehenden Markt bzw. den nunmehr bestehenden Märkten für den drahtlosen Netzzugang zum Angebot von [X.] zuzuordnen waren, führt das weitere Vorbringen der Klägerin nicht auf einen Beurteilungsfehler der [X.] bei der Bewertung der Geeignetheit des [X.]s.

(1) Die [X.] hat zur Begründung ihrer Entscheidung für das [X.], die unter dieser Voraussetzung durch § 61 Abs. 2 Satz 1 TKG gesetzlich vorgeprägt ist, auf die [X.] der Wahrung der Verbraucherinteressen (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 TKG), der Sicherstellung chancengleichen [X.] (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 TKG) sowie einer effizienten und störungsfreien Frequenznutzung (§ 2 Abs. 2 [X.]) verwiesen. Dabei hat sie auf die (auch) dem [X.] immanente Möglichkeit einer Feinsteuerung durch geeignete Vergabebedingungen und Auktionsregeln, auf die dem Gesetz zugrunde liegende Erwartung einer im Wege der Auktion zu erzielenden Bestenauslese und auf die praktische Bewährung unter dem Gesichtspunkt eines zügigen und effizienten Verfahrens hingewiesen. Die Einwände, die die Klägerin dagegen erhebt, überzeugen nicht. Soweit sie der von der [X.] unterstellten Zügigkeit des [X.]s entgegenhält, die Behörde habe die bis zum Erlass der Vergabeanordnung verstrichene mehrjährige Vorbereitungszeit unberücksichtigt gelassen, verkennt sie, dass diese im Wesentlichen auch dann hätte anfallen können, wenn die Vergabe im Wege der Ausschreibung durchgeführt worden wäre. Der von der Klägerin vermissten detaillierten Einzelprüfung, inwieweit unter den gegebenen Umständen das in der Versteigerung erzielte Höchstgebot die Bereitschaft und die Fähigkeit zu einer optimalen Frequenznutzung belegt, bedurfte es angesichts der [X.] Gesetzes vermuteten Eignung des [X.]s nicht. Abgesehen davon enthalten die betreffenden Erwägungen der [X.] (a.a.[X.] S. 3669) insofern einen Einzelfallbezug, als auf die flankierende Wirkung der konkreten Vergabebedingungen über die fachlichen Mindestvoraussetzungen für die Zulassung zum [X.] verwiesen wird. Die Kritik der Klägerin, dass sich unter dem Gesichtspunkt chancengleichen [X.] eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Gesichtspunkt einer etwaigen Verstetigung von [X.] aufgedrängt hätte, trifft zwar zu, falls das in § 61 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 TKG genannte Fallbeispiel eingreifen sollte, nicht aber dann, wenn dem [X.] gemäß § 61 Abs. 2 Satz 1 TKG der Vorrang gebührt.

(2) Ohne Erfolg muss das [X.] auch insoweit bleiben, als die Klägerin in diesem Zusammenhang dem Verwaltungsgericht Verfahrensfehler, nämlich eine Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO), der Begründungspflicht (§ 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO) sowie des rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) vorhält. Der Überzeugungsgrundsatz wird verletzt, wenn das Gericht Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung hätte aufdrängen müssen. Was die Begründungspflicht angeht, verlangt sie keine ausdrückliche Auseinandersetzung mit jedem vorgetragenen Gesichtspunkt, sondern nur eine vernünftige, der jeweiligen Sache angemessene Gesamtwürdigung. Erst wenn das Gericht auf [X.] des Vorbringens eines Beteiligten zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht eingeht, verletzt dies regelmäßig die Begründungspflicht und zugleich den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (s. nur Urteil vom 21. Juni 2006 - BVerwG 6 [X.] 19.06 - [X.] 11 Art. 12 GG Nr. 264 Rn. 28 ff.; Beschluss vom 28. Januar 2010 - BVerwG 6 [X.] - [X.] 442.066 § 135 TKG Nr. 1, jeweils m.w.[X.]).

Die Darlegungen der Klägerin führen nicht auf eine Verletzung der genannten Verfahrensvorschriften. Das Verwaltungsgericht hat seinen Ausführungen den materiellen Rechtsstandpunkt zugrunde gelegt, dass das gesetzliche [X.] zugunsten des [X.]s (§ 61 Abs. 2 Satz 1 TKG) im vorliegenden Fall nicht aufgehoben sei. Vor diesem materiell-rechtlichen Hintergrund betreffen die Einzelumstände, zu denen die Klägerin eine (weitergehende) ausdrückliche Auseinandersetzung in den Entscheidungsgründen vermisst, nicht [X.] des [X.] zu einer zentral bedeutsamen Frage, sondern Einzelaspekte in Bezug auf die Sicherstellung der [X.] nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 und [X.], die als solche im Urteil angesprochen und abgehandelt worden sind. Die Entscheidungsgründe des [X.] mögen der Klägerin in der Sache kritikwürdig erscheinen, erweisen sich aber nicht unter den von ihr angeführten Gesichtspunkten als verfahrensfehlerhaft.

4. Tragen nach alledem die vom Verwaltungsgericht bisher getroffenen Feststellungen auch im Ergebnis weder dessen Ausspruch über die Abweisung der Klage gegen die Versteigerungsanordnung für die Frequenzbereiche 2,6 GHz, 2 GHz, 1,8 GHz und 800 MHz noch umgekehrt die Aufhebung dieser Anordnung, kann das angefochtene Urteil hinsichtlich des [X.] keinen Bestand haben.

Meta

6 C 5/10

22.06.2011

Bundesverwaltungsgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend VG Köln, 17. März 2010, Az: 21 K 7172/09, Urteil

§ 55 Abs 9 TKG 2004, § 61 Abs 1 TKG 2004, § 61 Abs 2 S 1 TKG 2004, § 61 Abs 2 S 2 Alt 1 TKG 2004, § 61 Abs 4 S 2 Nr 2 TKG 2004, § 61 Abs 5 TKG 2004, § 61 Abs 6 TKG 2004, § 10 Abs 1 TKG 2004

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 22.06.2011, Az. 6 C 5/10 (REWIS RS 2011, 5569)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 5569

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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