Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 17.09.2018, Az. 7 B 7/18

7. Senat | REWIS RS 2018, 3753

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Gegenstand

Informationsfreiheit; Auskunftsanspruch und Einsichtnahme in Steuerakten


Gründe

I

1

Die Kläger klagen unter [X.]erufung auf das Informationsfreiheitsgesetz [X.] ([X.]) auf Verpflichtung des [X.]eklagten zur Gewährung von Akteneinsicht in ihre Steuerakten (Einkommensteuer und Umsatzsteuer) für die Steuerjahre 1999 bis 2005 zu [X.]eweiszwecken in einem finanzgerichtlichen Verfahren.

2

Das Verwaltungsgericht hat auf die Rüge des [X.]eklagten mit [X.]eschluss vom 22. Januar 2018 den Verwaltungsrechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das [X.] verwiesen. Die [X.]eschwerde der Kläger hat das [X.] mit [X.]eschluss vom 8. März 2018 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom [X.] zugelassene weitere [X.]eschwerde der Kläger.

II

3

Die nach § 17a Abs. 4 Satz 4 [X.] i.V.m. § 173 Satz 1 VwGO statthafte und im Übrigen auch zulässige weitere [X.]eschwerde der Kläger ist unbegründet. Für die auf Einsichtnahme in die eigenen Steuerakten gerichtete Klage ist nach zutreffender Ansicht der Vorinstanzen nicht der Verwaltungsrechtsweg, sondern der Rechtsweg zu den Finanzgerichten eröffnet.

4

Der von den Klägern geltend gemachte Anspruch liegt in ihrem [X.] begründet, so dass die Sonderzuweisung von öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten an die Finanzgerichte nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO verdrängt.

5

Nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO ist der [X.] gegeben in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten, soweit die Abgaben der Gesetzgebung des [X.] unterliegen und durch [X.]finanzbehörden oder [X.] verwaltet werden. Abgabenangelegenheiten im Sinne dieses Gesetzes sind nach § 33 Abs. 2 FGO - soweit hier von [X.]edeutung - "alle mit der Verwaltung der Abgaben einschließlich der Abgabenvergütungen oder sonst mit der Anwendung der abgabenrechtlichen Vorschriften durch die Finanzbehörden zusammenhängenden Angelegenheiten". Damit wird keine umfassende behördenbezogene Zuständigkeit der Finanzgerichtsbarkeit für die gesamte öffentlich-rechtliche Tätigkeit der Finanzbehörden begründet. Vielmehr muss die Angelegenheit gerade mit der Anwendung abgabenrechtlicher Vorschriften verknüpft und dadurch geprägt sein. Die Gewährung von Einsicht in Steuerakten und die Auskunft über steuerliche Daten ist eine Abgabenangelegenheit im Sinne von § 33 Abs. 2 FGO, wenn über sie auf der Grundlage steuerverfahrensrechtlicher Regelungen zu entscheiden ist oder wenn die betreffenden [X.]egehren im [X.] wurzeln und insoweit mit der Anwendung abgabenrechtlicher Vorschriften im Zusammenhang stehen (vgl. [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 15. Oktober 2012 - 7 [X.] - [X.] 310 § 40 VwGO Nr. 307 Rn. 13 f.). Das ist hier der Fall. Über den Auskunftsanspruch ist zwar nicht nach steuerverfahrensrechtlichen Vorschriften zu entscheiden. Das [X.]egehren der Kläger wurzelt aber in einem [X.].

6

Der geltend gemachte Einsichtsanspruch nach § 4 Abs. 1 IFG NRW steht als bereichsübergreifend ausgestalteter außensteuerrechtlicher Anspruch grundsätzlich eigenständig neben verwaltungsverfahrensrechtlichen Akteneinsichtsansprüchen und somit auch neben einem derartigen Anspruch auf der Grundlage der Abgabenordnung. Insoweit fehlt es ihm an einem [X.]ezug auf das Abgabenverhältnis. Dies bedeutet entgegen der Auffassung der [X.]eschwerde allerdings nicht, dass "stets nur das Verwaltungsgericht für einen Streit über dessen Durchsetzung zuständig (ist)". Die Gewährung von Einsicht in Steuerakten und die Auskunft über steuerliche Daten ist - wie dargelegt - vielmehr dann eine Abgabenangelegenheit im Sinne des § 33 Abs. 2 Abgabenordnung ([X.]), wenn das [X.]egehren im [X.] wurzelt und insoweit mit der Anwendung abgabenrechtlicher Vorschriften im Zusammenhang steht ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 15. Oktober 2012 - 7 [X.] - [X.] 310 § 40 VwGO Nr. 307 Rn. 14). Der [X.]ezug des Informationsbegehrens der Kläger zum Abgabenrecht ist hier - wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben - deswegen gegeben, wie die Kläger den informationsrechtlichen Anspruch als unmittelbar am Steuerverwaltungsverfahren [X.]eteiligte (§§ 78, 359 A[X.]) und Kläger in einem finanzgerichtlichen Verfahren gegen einen ihnen gegenüber ergangenen Steuerbescheid geltend machen. Anders als in dem dem [X.]eschluss vom 15. Oktober 2012 - 7 [X.] - ([X.] 310 § 40 VwGO Nr. 307) zugrunde liegenden Verfahren, in dem der Auskunftsanspruch eines Insolvenzverwalters wegen eines Anfechtungsverfahrens nach § 129 Abs. 1 Insolvenzordnung ([X.]) geltend gemacht wurde, wehren sich die Kläger vor dem Finanzgericht gegen [X.] nach § 218 Abs. 2 [X.]. [X.] sind ein Instrument der Finanzbehörden, mit dem sie über Streitigkeiten, die die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerverhältnis betreffen, entscheidet. Sie sind dem Steuererhebungsverfahren zuzuordnen. Insoweit wurzelt der geltend gemachte Anspruch in einem [X.] und stellt ein Annexverfahren zu diesem dar. Angesichts dessen vermag auch der Einwand der [X.]eschwerde, der Gesichtspunkt der [X.] streite auch im vorliegenden Fall für die Zuständigkeit der (allgemeinen) Verwaltungsgerichtsbarkeit, nicht zu überzeugen.

7

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2 VwGO. Sie ist nicht gemäß § 17b Abs. 2 [X.] entbehrlich, weil die Kosten im "Verfahren vor dem angegangenen Gericht" nur die Kosten des erstinstanzlichen Gerichts sind (stRspr; vgl. [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 12. April 2013 - 9 [X.] 37.12 - [X.] 310 § 40 VwGO Nr. 308 m.w.N.). Der Festsetzung eines Streitwerts für das [X.]eschwerdeverfahren bedarf es nicht, da für [X.]eschwerden der vorliegenden Art nach Nr. 5502 der Anlage 1 zum GKG eine Festgebühr von 60 € erhoben wird.

Meta

7 B 7/18

17.09.2018

Bundesverwaltungsgericht 7. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 8. März 2018, Az: 15 E 101/18, Beschluss

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 17.09.2018, Az. 7 B 7/18 (REWIS RS 2018, 3753)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 3753

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