Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 09.12.2022, Az. 10 B 2/22

10. Senat | REWIS RS 2022, 9386

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Gegenstand

Auskunftsansprüche gegen das Bundeszentralamt für Steuern


Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des [X.] für das [X.] vom 8. März 2022 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I

1

Der Kläger begehrt vom [X.] Auskünfte über sämtliche Konten, Sparguthaben, Depots und Schließfächer seines verstorbenen Onkels sowie über die jeweils verfügungsberechtigten Personen.

2

Das Verwaltungsgericht hat den Rechtsstreit an das Finanzgericht verwiesen. Auf die [X.]eschwerde des [X.] hat das [X.] den [X.]eschluss geändert und den Verwaltungsrechtsweg für zulässig erklärt. Hiergegen richtet sich die vom [X.] zugelassene weitere [X.]eschwerde der [X.]eklagten.

II

3

Die gemäß § 17a Abs. 4 Satz 4 [X.], § 152 Abs. 1 und § 173 Satz 1 VwGO statthafte und auch im Übrigen zulässige weitere [X.]eschwerde ist unbegründet. Für Rechtsstreitigkeiten, die auf das [X.] gestützte Auskunftsansprüche gegen das [X.] ohne steuerlichen [X.]ezug betreffen, ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet.

4

Gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch [X.] einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Eine solche Sonderzuweisung besteht für Streitigkeiten der hier gegebenen Art nicht. Entgegen der weiteren [X.]eschwerde ist der Weg zu den Finanzgerichten nicht eröffnet. Dies hat das [X.] zu Recht festgestellt.

5

1. Der [X.] ist zunächst nicht aufgrund der Vorschrift des § 33 Abs. 1 Nr. 4 FGO gegeben, weil dieser Rechtsweg - soweit hier von [X.]edeutung - nicht durch [X.] eröffnet ist. Die Regelung des § 32i Abs. 2 Satz 2 [X.] ist vorliegend nicht einschlägig.

6

Nach § 32i Abs. 2 Satz 2 [X.] ist der [X.] auch gegeben für Auskunfts- und Informationsansprüche deren Umfang nach § 32e [X.] begrenzt wird. Gemäß § 32e Satz 1 [X.] gelten die Artikel 12 bis 15 der Verordnung ([X.]) 20216/679 - Datenschutz-Grundverordnung ([X.]) - in Verbindung mit den §§ 32a bis 32d [X.] entsprechend, soweit die betroffene Person oder ein Dritter nach dem [X.] vom 5. September 2005 ([X.] I S. 2722) in der jeweils geltenden Fassung oder nach entsprechenden Gesetzen der Länder gegenüber der Finanzbehörde einen Anspruch auf Informationszugang hat. Satz 2 der Vorschrift besagt, dass weitergehende Informationsansprüche über steuerliche Daten insoweit ausgeschlossen sind.

7

Der Umfang des Auskunftsbegehrens des [X.] wird durch § 32e [X.] nicht begrenzt, weil er einen entsprechenden [X.] nicht geltend macht. Durch § 32e [X.] werden die in den §§ 32a bis 32d [X.] vorgesehenen [X.]eschränkungen des Auskunftsanspruchs aus Art. 15 [X.] sowohl für die betroffene Person als auch für Dritte mittels Rechtsfolgenverweisung auf Auskunftsansprüche erstreckt, die sich aus den [X.]en des [X.] oder der Länder ergeben ([X.], Urteil vom 25. Februar 2022 - 10 C 4.20 - NVwZ 2022, 1049 Rn. 17). § 32e [X.] ist allerdings deswegen in der vorliegenden Fallgestaltung nicht einschlägig, weil sich das Auskunftsbegehren nicht - wie dort vorausgesetzt - auf "steuerliche Daten" bezieht. Dass der Auskunftsanspruch auf derartige Daten beschränkt ist, ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus Satz 1 der Vorschrift, folgt aber aus Satz 2 des § 32e [X.], der ausdrücklich weitergehende Informationsansprüche gegen Finanzbehörden über "steuerliche Daten" ausschließt. Ein solches Verständnis steht auch in Übereinstimmung mit der gesetzgeberischen Regelungsabsicht. Mit der Einfügung des § 32i Abs. 2 Satz 2 [X.] durch das Gesetz vom 21. Dezember 2020 ([X.] I S. 3096) wollte der Gesetzgeber erreichen, dass alle Rechtsstreitigkeiten, bei denen es sich um Abgabenangelegenheiten handelt oder bei denen es um die Auslegung derselben steuerverfahrensrechtlichen Vorschriften wie bei den übrigen finanzgerichtlichen Verfahren in [X.] geht, dem [X.] zugewiesen werden ([X.]. 19/22850 [X.]). Daran fehlt es hier. Der Kläger begehrt keine Auskunft über steuerliche Daten, sondern er verlangt unter [X.]erufung auf seine Erbenstellung Auskunft über sämtliche Konten, Sparguthaben, Depots und Schließfächer seines am 30. August 2019 verstorbenen Onkels durch zur Verfügungstellung der bei dem [X.]amt vorhandenen Kontenstammdateien oder durch einen durchzuführenden Kontenabruf.

8

2. Entgegen der Auffassung der [X.]eklagten ist der [X.] für den Rechtsstreit auch nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO nicht eröffnet. Danach sind öffentlich-rechtliche Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten, soweit die Abgaben der Gesetzgebung des [X.] unterliegen und durch [X.]finanzbehörden oder [X.] verwaltet werden, den Finanzgerichten zugewiesen. Abgabenangelegenheiten sind u. a. alle mit der Verwaltung der Abgaben einschließlich der Abgabenvergütungen oder sonst mit der Anwendung der abgabenrechtlichen Vorschriften durch die Finanzbehörden zusammenhängenden Angelegenheiten (§ 33 Abs. 2 FGO).

9

Nach der Rechtsprechung des [X.]verwaltungsgerichts kann ein [X.] nur dann eine Abgabenangelegenheit in diesem Sinne sein, wenn das [X.]egehren im [X.] wurzelt und insoweit mit der Anwendung abgabenrechtlicher Vorschriften im Zusammenhang steht (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 28. Oktober 2019 - 10 [X.] 21.19 - [X.] 404 IFG Nr. 35 Rn. 5). Ein Kontenabruf nach § 93 Abs. 8, § 93b [X.], der auf Ersuchen einer Stelle außerhalb der Finanzverwaltung bei einem Kreditinstitut durch das [X.] durchgeführt wird, wurzelt nicht im [X.].

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Anfechtung der Entscheidung über den Rechtsweg löst ein selbständiges Rechtsmittelverfahren aus, in dem nach den allgemeinen Vorschriften über die Kosten zu befinden ist ([X.], [X.]eschluss vom 28. Oktober 2019 - 10 [X.] 21.19 - juris Rn. 13, insoweit in [X.] 404 IFG Nr. 35 nicht veröffentlicht).

Der Festsetzung eines Streitwerts für das [X.]eschwerdeverfahren bedarf es wegen der Erhebung einer Festgebühr nicht (vgl. [X.] Nr. 5502 Anlage 1 zum GKG).

Meta

10 B 2/22

09.12.2022

Bundesverwaltungsgericht 10. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 8. März 2022, Az: 15 E 606/21, Beschluss

§ 17a Abs 4 S 4 GVG, § 40 Abs 1 S 1 VwGO, § 152 Abs 1 VwGO, § 33 Abs 1 Nr 1 FGO, § 33 Abs 1 Nr 4 FGO, § 33 Abs 2 FGO, § 1 Abs 1 S 1 AO, § 2a Abs 1 S 1 AO, § 32a AO, § 32b AO, § 32c AO, § 32d AO, § 32e AO, § 32i Abs 2 S 2 AO, § 93 Abs 8 S 2 AO, § 93 Abs 8 S 3 AO, § 93b Abs 3 AO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 09.12.2022, Az. 10 B 2/22 (REWIS RS 2022, 9386)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 9386

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