Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 14.01.2015, Az. 7 ABR 95/12

7. Senat | REWIS RS 2015, 17194

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Gegenstand

Betriebsrat - Schulung - Mobbingseminar - Erforderlichkeit


Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des [X.] vom 30. Oktober 2012 - 6 [X.] - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die [X.]eteiligten streiten um Freistellung von Schulungskosten, die durch die Teilnahme des stellvertretenden [X.]etriebsratsvorsitzenden an einem Seminar zum Thema [X.]obbing entstanden sind.

2

Antragsteller ist der elfköpfige [X.]etriebsrat im [X.]etrieb der Arbeitgeberin in [X.], in dem ca. 600 Arbeitnehmer beschäftigt sind. Zum [X.]punkt der Seminarteilnahme waren der damalige [X.]etriebsratsvorsitzende [X.] und dessen damaliger Stellvertreter [X.] freigestellt. In dem [X.]etrieb besteht eine Sozialberatung.

3

Der [X.]etriebsratsvorsitzende hatte im Jahr 2004 ein viertägiges Seminar des Anbieters [X.] zum Thema „So erkennen und verstehen Sie als [X.]etriebsrat [X.]obbing (Diskriminierung) am Arbeitsplatz“ besucht. Der [X.]etriebsrat beschloss im Juli 2010, den stellvertretenden [X.]etriebsratsvorsitzenden [X.] zu einem Seminar der [X.] zum Thema „[X.]obbing“ zu entsenden. Nach verweigerter Kostenübernahmeerklärung durch die Arbeitgeberin nahm [X.]err [X.] vom [X.]esuch dieser Schulungsveranstaltung Abstand. Im April 2011 beschloss der [X.]etriebsrat erneut die Teilnahme seines stellvertretenden Vorsitzenden an einem ähnlichen Seminar eines anderen Anbieters. Auch dieses Seminar besuchte [X.]err [X.] letztlich nicht, nachdem die Arbeitgeberin eine Freistellung von den dadurch entstehenden Kosten abgelehnt hatte. Der [X.]etriebsrat fasste in seiner Sitzung vom 24. November 2011 daraufhin den [X.]eschluss, ihn nunmehr zu der Veranstaltung der [X.] vom 19. [X.]ärz bis 22. [X.]ärz 2012 in [X.] zum Thema „[X.]obbing Teil 1, So erkennen und verhindern Sie Diskriminierung am Arbeitsplatz“ (im Folgenden: „[X.]obbing Teil 1“) zu entsenden. Das Seminar beschäftigte sich mit Fragen des [X.]egriffs, der Ursachen, des Verlaufs und rechtlicher Aspekte des [X.]obbings sowie mit [X.]andlungsmöglichkeiten für den [X.]etriebsrat und für betroffene Arbeitnehmer. Trotz erneuter [X.]eigerung der Arbeitgeberin, die Kosten zu übernehmen, besuchte der stellvertretende [X.]etriebsratsvorsitzende das Seminar. Der Seminarveranstalter stellte dafür 1.188,00 [X.] an Seminargebühren sowie 485,52 [X.] für Übernachtung und Verpflegung in Rechnung. Der [X.]etriebsrat unterbreitete der Arbeitgeberin am 18. August 2012 den Entwurf einer [X.]obbing-Präventionsvereinbarung.

4

Der [X.]etriebsrat hat von der Arbeitgeberin die Freistellung von den entstandenen Kosten verlangt und die Auffassung vertreten, die Teilnahme an der Schulung sei erforderlich gewesen, weil es in der Vergangenheit Konfliktfälle im Unternehmen gegeben habe, die Anlass geboten hätten, sich mit dem Thema [X.]obbing vertieft auseinanderzusetzen. Anlass sei unter anderem der Fall des [X.]itarbeiters [X.] gewesen, eines „ausgeheilten“ Alkoholikers. Als dieser im Juni 2010 nach krankheitsbedingter Abwesenheit wieder zur Arbeit erschienen sei, habe ein Kollege ihn wiederholt angerempelt, abschätzig behandelt und geäußert: „[X.]ir kennen ja dein Problemchen“. [X.]egenüber anderen [X.]eschäftigten habe dieser Kollege [X.]errn [X.] verunglimpft. Die Existenz der Sozialberatung mache eigene Kenntnisse des [X.]etriebsrats zum Thema [X.]obbing nicht überflüssig.

5

Der [X.]etriebsrat hat zuletzt beantragt,

        

die Arbeitgeberin zu verpflichten, die Kosten i[X.]v. 1.188,00 [X.] für den [X.]esuch des Seminars „[X.]obbing Teil 1, So erkennen und verhindern Sie Diskriminierung am Arbeitsplatz“ in [X.], [X.] beim [X.] in der [X.] vom 19. [X.]ärz 2012 bis 22. [X.]ärz 2012 sowie Verpflegungs- und Übernachtungskosten i[X.]v. 485,52 [X.] zu übernehmen und den [X.]etriebsrat von diesen Kosten freizustellen.

6

Die Arbeitgeberin hat die Abweisung des Antrags beantragt und die Ansicht vertreten, die in dem [X.]obbingseminar vermittelten Spezialkenntnisse seien für eine sach- und fachgerechte [X.]etriebsratsarbeit nicht erforderlich gewesen. Der [X.]etriebsrat habe einen aktuellen [X.] Anlass darlegen müssen. Daran fehle es. Allein der Präventionsaspekt reiche hierfür nicht aus. Es habe auch deshalb kein [X.]edarf für die Schulung des stellvertretenden [X.]etriebsratsvorsitzenden bestanden, weil der [X.]etriebsratsvorsitzende im Jahr 2004 bereits an einer vergleichbaren Schulung teilgenommen habe. Zudem seien die angefallenen Kosten unverhältnismäßig hoch. Zur sachgerechten Aufgabenwahrnehmung hätte der [X.]esuch einer kostenlosen Veranstaltung des [X.] ausgereicht.

7

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag des [X.]etriebsrats stattgegeben. Die dagegen gerichtete [X.]eschwerde der Arbeitgeberin hatte keinen Erfolg. [X.]it der Rechtsbeschwerde verfolgt die Arbeitgeberin ihren Abweisungsantrag weiter. Der [X.]etriebsrat beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

8

[X.]. Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist unbegründet. Das [X.]andesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei entschieden, dass der [X.]etriebsrat nach § 40 Abs. 1 iVm. § 37 Abs. 6 Satz 1 [X.]etrV[X.] Anspruch auf Freistellung von den Seminargebühren und Übernachtungs- sowie Verpflegungskosten hat, die durch die Teilnahme des stellvertretenden Vorsitzenden des [X.]etriebsrats an dem streitigen Seminar zum Thema „[X.]obbing Teil 1“ entstanden sind. Der [X.]etriebsrat durfte die Schulungsteilnahme im Rahmen des ihm zustehenden [X.]eurteilungsspielraums für erforderlich halten.

9

1. Nach § 40 Abs. 1 [X.]etrV[X.] hat der Arbeitgeber die Kosten zu tragen, die anlässlich der Teilnahme eines [X.]etriebsratsmitglieds an einer Schulungsveranstaltung nach § 37 Abs. 6 [X.]etrV[X.] entstanden sind, sofern das bei der Schulung vermittelte [X.]issen für die [X.]etriebsratsarbeit erforderlich ist (vgl. [X.]A[X.] 20. August 2014 - 7 A[X.]R 64/12 - Rn. 14). Zu den vom Arbeitgeber zu tragenden Kosten gehören neben den eigentlichen Seminargebühren die notwendigen Reise-, Übernachtungs- und Verpflegungskosten des [X.]etriebsratsmitglieds ([X.]A[X.] 19. [X.]ärz 2008 - 7 A[X.]R 2/07 - Rn. 12 mwN).

a) Nach § 37 Abs. 6 Satz 1 [X.]etrV[X.] ist die Vermittlung von Kenntnissen erforderlich, wenn sie unter [X.]erücksichtigung der konkreten Verhältnisse in [X.]etrieb und [X.]etriebsrat notwendig sind, damit der [X.]etriebsrat seine gegenwärtigen oder in naher Zukunft anstehenden Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen kann. [X.]ei erstmals gewählten [X.]etriebsratsmitgliedern braucht die Schulungsbedürftigkeit nicht näher dargelegt zu werden, wenn [X.]rundkenntnisse im [X.]etriebsverfassungsrecht, im allgemeinen Arbeitsrecht oder im [X.]ereich der Arbeitssicherheit und Unfallverhütung vermittelt werden. Der Senat unterscheidet zwischen der Vermittlung sog. [X.]rundkenntnisse und anderen Schulungsveranstaltungen. Durch die Vermittlung von [X.]rundwissen soll das [X.]etriebsratsmitglied erst in die [X.]age versetzt werden, seine sich aus der Amtsstellung ergebenden Rechte und Pflichten ordnungsgemäß wahrzunehmen. Für andere Schulungsveranstaltungen muss ein aktueller, [X.] Anlass für die Annahme bestehen, dass die in der Schulungsveranstaltung zu erwerbenden besonderen Kenntnisse derzeit oder in naher Zukunft von dem zu schulenden [X.]etriebsratsmitglied benötigt werden, damit der [X.]etriebsrat seine [X.]eteiligungsrechte sach- und fachgerecht ausüben kann (st. Rspr., vgl. [X.]A[X.] 12. Jan[X.]r 2011 -  7 A[X.]R 94/09  - Rn. 19 mwN; 18. Jan[X.]r 2012 - 7 A[X.]R 73/10  - Rn. 25 , [X.]A[X.]E 140, 277 ; 20. August 2014 - 7 A[X.]R 64/12 - Rn. 15 mwN).

[X.]ei der Entscheidung über die Erforderlichkeit der Schulungsteilnahme steht dem [X.]etriebsrat ein [X.]eurteilungsspielraum zu. Dieser entbindet ihn jedoch nicht von der Obliegenheit, im Streitfall darzulegen, weshalb das zu der Schulung entsandte [X.]etriebsratsmitglied die dort vermittelten Kenntnisse benötigt, damit das [X.]remium des [X.]etriebsrats seine gesetzlichen Aufgaben sach- und fachgerecht wahrnehmen kann (vgl. [X.]A[X.] 18. Jan[X.]r 2012 - 7 A[X.]R 73/10 - Rn. 27, [X.]A[X.]E 140, 277).

b) Die Schulung des entsandten [X.]etriebsratsmitglieds ist nicht notwendig, wenn die auf der Schulungsveranstaltung vermittelten Kenntnisse im [X.]etriebsrat bereits vorhanden sind. Allerdings ist der [X.]etriebsrat weder verpflichtet, die anstehenden Aufgaben auf wenige kenntnisreiche [X.]itglieder zu konzentrieren, noch muss er sich bei der Aufgabenerfüllung auf die Information eines einzelnen [X.]etriebsratsmitglieds verlassen. Auch wenn ein [X.]itglied die erforderlichen Kenntnisse bereits besitzt, kann die sinnvolle Organisation der [X.]etriebsratsarbeit es gebieten, auch andere [X.]itglieder mit der Aufgabenwahrnehmung zu betrauen (vgl. [X.] in [X.] [X.]etrV[X.] 14. Aufl. § 37 Rn. 94). Es hängt dabei maßgeblich von der [X.]röße und personellen Zusammensetzung sowie von der [X.]eschäftsverteilung des [X.]etriebsrats ab, ob und inwieweit eines oder mehrere [X.]itglieder über Spezialkenntnisse verfügen müssen ([X.] 10. Aufl. § 37 Rn. 204).

c) [X.]ei der Prüfung der Erforderlichkeit hat der [X.]etriebsrat die betriebliche Sit[X.]tion und die mit dem [X.]esuch der Schulungsveranstaltung verbundenen finanziellen [X.]elastungen des Arbeitgebers zu berücksichtigen. Er hat darauf zu achten, dass der [X.] in einem angemessenen Verhältnis zu den hierfür aufzuwendenden [X.]itteln steht. Die Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung ist nicht erforderlich, wenn sich der [X.]etriebsrat vergleichbare Kenntnisse zumutbar und kostengünstiger auf andere [X.]eise verschaffen kann (vgl. [X.]A[X.] 18. Jan[X.]r 2012 - 7 A[X.]R 73/10 - Rn. 27 mwN, [X.]A[X.]E 140, 277; 20. August 2014 - 7 A[X.]R 64/12 - Rn. 16 mwN ). Der [X.]etriebsrat ist deshalb allerdings nicht gehalten, anhand einer umfassenden [X.]arktanalyse den günstigsten Anbieter zu ermitteln und ohne Rücksicht auf andere Erwägungen auszuwählen ([X.]A[X.] 19. [X.]ärz 2008 - 7 A[X.]R 2/07 - Rn. 15). Er muss nicht die kostengünstigste Schulungsveranstaltung auswählen, wenn er eine andere Schulung für q[X.]litativ besser hält ([X.]A[X.] 19. [X.]ärz 2008 - 7 A[X.]R 2/07 - Rn. 24). Der [X.]eurteilungsspielraum des [X.]etriebsrats bezieht sich auch auf den Inhalt der Schulungsveranstaltung. Nur wenn mehrere gleichzeitig angebotene Veranstaltungen auch nach Ansicht des [X.]etriebsrats im Rahmen des ihm zustehenden [X.]eurteilungsspielraums als q[X.]litativ gleichwertig anzusehen sind, kann eine [X.]eschränkung der Kostentragungspflicht des Arbeitgebers auf die Kosten der preiswerteren in [X.]etracht kommen ([X.] 27. Aufl. § 40 Rn. 74 mwN). [X.]ei der Prüfung der Angemessenheit der Kosten können auch die Dauer der Veranstaltung im [X.]inblick auf die behandelten Themen, die örtliche [X.]age der Schulungsveranstaltung und die Anzahl der zu entsendenden [X.]etriebsratsmitglieder von [X.]edeutung sein ([X.]A[X.] 8. Febr[X.]r 1977 - 1 A[X.]R 124/74 - zu [X.] der [X.]ründe mwN).

d) [X.]ei dem [X.]egriff der Erforderlichkeit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Die [X.]ürdigung des [X.]eschwerdegerichts, ob der [X.]etriebsrat die Teilnahme eines [X.]etriebsratsmitglieds an einer Schulungsveranstaltung iSv. § 37 Abs. 6 Satz 1 [X.]etrV[X.] für erforderlich halten durfte, kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob der Rechtsbegriff selbst verkannt wurde und ob die [X.]esonderheiten des Einzelfalls vollständig und frei von Verstößen gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze abgewogen wurden (st. Rspr., vgl. [X.]A[X.] 19. [X.]ärz 2008 - 7 A[X.]R 2/07 - Rn. 17 mwN; 20. August 2014 - 7 A[X.]R 64/12 - Rn. 17 ).

2. Die [X.]ürdigung des [X.]andesarbeitsgerichts, der [X.]etriebsrat habe die Teilnahme des stellvertretenden [X.]etriebsratsvorsitzenden an der besuchten Schulungsveranstaltung zum Thema [X.]obbing iSv. § 37 Abs. 6 Satz 1 [X.]etrV[X.] für erforderlich halten dürfen, ist danach [X.] nicht zu beanstanden.

a) Kenntnisse zum Thema [X.]obbing können für die Arbeit des [X.]etriebsrats iSd. § 37 Abs. 6 [X.]etrV[X.] erforderlich sein, wenn sich der [X.]etriebsrat aufgrund der konkreten Verhältnisse im [X.]etrieb veranlasst sehen darf, sich mit diesem Thema zu befassen. Dies hat der [X.]etriebsrat darzulegen.

aa) Der [X.]etriebsrat hat im Zusammenhang mit [X.]obbing im [X.]etrieb betriebsverfassungsrechtliche Aufgaben wahrzunehmen.

(1) Unter [X.]obbing ist das systematische Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte zu verstehen. Es wird begünstigt durch Stresssit[X.]tionen am Arbeitsplatz, deren Ursachen [X.]. in einer Über- oder Unterforderung einzelner Arbeitnehmer oder Arbeitnehmergruppen, in der [X.] oder im Verhalten von Vorgesetzten liegen können. Schwierigkeiten bereitet vor allem das Erkennen von [X.]obbing, die [X.]eurteilung der [X.]laubwürdigkeit der [X.]etroffenen sowie die Abgrenzung gegenüber sozial anerkannten Verhaltensweisen am Arbeitsplatz (vgl. [X.]A[X.] 15. Jan[X.]r 1997 - 7 A[X.]R 14/96 - zu [X.] 1 a der [X.]ründe mwN, [X.]A[X.]E 85, 56).

(2) [X.]it Fragen systematischen Anfeindens, Schikanierens oder [X.] hat sich der [X.]etriebsrat im Rahmen seiner gesetzlichen Aufgabenstellung auseinanderzusetzen, wenn hierfür ein betrieblicher Anlass besteht. Arbeitgeber und [X.]etriebsrat haben nach § 75 [X.]etrV[X.] darüber zu wachen, dass die im [X.]etrieb tätigen Arbeitnehmer nach den [X.]rundsätzen von Recht und [X.]illigkeit behandelt werden und die freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit geschützt und gefördert wird. Je nach Fallgestaltung haben die [X.]etriebsparteien entsprechend dieser Norm die gesetzliche Pflicht, [X.]obbinghandlungen im [X.]etrieb zu unterbinden. Der [X.]etriebsrat hat nach § 85 [X.]etrV[X.] [X.]eschwerden betroffener Arbeitnehmer entgegenzunehmen, deren [X.]erechtigung zu prüfen und auf eine [X.]eseitigung der Konfliktlage hinzuwirken. § 104 [X.]etrV[X.] gibt ihm das Recht, vom Arbeitgeber die Entlassung oder Versetzung diskriminierender Arbeitnehmer zu verlangen. Dem [X.]etriebsrat stehen außerdem auch [X.]itbestimmungsrechte aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 7 [X.]etrV[X.] zu, die ihn berechtigen können, mit dem Arbeitgeber eine [X.]etriebsvereinbarung zur Prävention vor und zur Vorgehensweise bei eventuell auftretenden [X.]obbingsachverhalten im [X.]etrieb abzuschließen. Eine sachgerechte [X.]ahrnehmung dieser Aufgaben (vgl. auch § 17 Abs. 1 A[X.][X.]) verlangt Kenntnisse über Ursachen und Verläufe von [X.]obbinggeschehen und das [X.]issen um konkrete Abhilfemöglichkeiten (vgl. zur [X.]ehandlung von [X.]eschwerden nach § 85 [X.]etrV[X.]: [X.]A[X.] 15. Jan[X.]r 1997 - 7 A[X.]R 14/96 - zu [X.] 1 b der [X.]ründe, [X.]A[X.]E 85, 56).

bb) Der [X.]etriebsrat darf daher eine Schulung zum Thema [X.]obbing für erforderlich halten, wenn im [X.]etrieb Konfliktlagen bestehen, aus denen sich [X.]obbing entwickeln kann. Das erfordert nicht die Darlegung, dass es in der Vergangenheit bereits zu [X.]obbingsit[X.]tionen im [X.]etrieb gekommen ist oder dass gegenwärtig [X.]obbinghandlungen vorgenommen werden. Vielmehr kann dazu schon die Darlegung von Konflikten ausreichen, die als Vorstufen eines etwaigen [X.]obbingverhaltens anzusehen sind. [X.] vergangenheitsbezogene abgeschlossene Sachverhalte genügen allerdings ebenso wenig wie die rein theoretische [X.]öglichkeit, dass diese Frage einmal im [X.]etrieb auftreten könnte (vgl. etwa [X.] 27. Aufl. § 37 Rn. 146). Der erforderliche konkrete betriebsbezogene Anlass ist nicht im Sinne eines akuten Ereignisses, sondern im Sinne eines gegenwärtigen [X.]edürfnisses zu verstehen ([X.] 10. Aufl. § 37 Rn. 173 mwN). Er kann gegeben sein, wenn der [X.]etriebsrat aufgrund ihm [X.] Konflikte initiativ werden will, um etwa durch Verhandlungen mit dem Arbeitgeber über den Abschluss einer [X.]etriebsvereinbarung der Entstehung von [X.]obbing oder weiteren [X.]obbingfällen entgegenzuwirken.

b) Die [X.]ürdigung des [X.]eschwerdegerichts, der [X.]etriebsrat habe ausreichende Anhaltspunkte vorgetragen, die den [X.]esuch der streitgegenständlichen Veranstaltung durch den stellvertretenden [X.]etriebsratsvorsitzenden rechtfertigen, ist danach [X.] nicht zu beanstanden. Der [X.]etriebsrat hat mit dem Verhalten eines [X.]itarbeiters gegenüber dem Arbeitnehmer [X.] eine Konfliktlage beschrieben, die ihn im [X.]punkt seines [X.]eschlusses vom 24. November 2011 veranlassen durfte, den Abschluss einer [X.]etriebsvereinbarung zur [X.]obbingprävention in [X.]etracht zu ziehen und aus diesem Anlass die Teilnahme des stellvertretenden Vorsitzenden an der Schulungsveranstaltung zu beschließen.

aa) Der [X.]etriebsrat hat eine konkrete Konfliktsit[X.]tion dargelegt, die sich bei unkontrolliertem Fortgang zu einer [X.]obbingsit[X.]tion hätte entwickeln können. Er hat vorgetragen, der [X.]itarbeiter [X.] habe sich nach einer „ausgeheilten“ Suchterkrankung erstmals im Juni 2010 an [X.]errn [X.] gewandt und geschildert, dass er von einem anderen [X.]itarbeiter wiederholt angerempelt, abschätzig behandelt („wir kennen ja dein Problemchen“) und gegenüber anderen [X.]itarbeitern verunglimpft worden sei. [X.]err [X.] habe daraufhin die Sozialberatung eingeschaltet, mit deren [X.]ilfe aber keine zufriedenstellende [X.]ösung gefunden worden sei. Der [X.]etriebsrat durfte davon ausgehen, dass tatsächliche Anhaltspunkte für den an ihn herangetragenen Sachverhalt bestanden. Dies hat auch die Arbeitgeberin nicht in Abrede gestellt. Sie hat vorgetragen, dass es zum [X.]punkt der Aufarbeitung der Alkoholerkrankung [X.]errn [X.]s mit der Sozialberatung „anscheinend“ zu einem „Zusammenstoß“ zwischen [X.]errn [X.] und einem Kollegen gekommen sei. Die von der Rechtsbeschwerde erhobene Verfahrensrüge, das [X.]andesarbeitsgericht habe mit seiner Feststellung, der [X.]etriebsrat habe hinreichende Anhaltspunkte für eine von dem [X.]itarbeiter [X.] empfundene [X.]obbingsit[X.]tion dargelegt, gegen § 286 ZPO verstoßen, vermag der Rechtsbeschwerde deshalb nicht zum Erfolg zu verhelfen.

bb) Diesen konkreten Vorgang durfte der [X.]etriebsrat zum Anlass nehmen, sich weitere Kenntnisse zum Thema [X.]obbing zu verschaffen, um danach zu entscheiden, ob er der Arbeitgeberin im Rahmen seines [X.] zur [X.]ahrnehmung von [X.]itbestimmungsrechten nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 7 [X.]etrV[X.] den Abschluss einer [X.]etriebsvereinbarung zur Verhinderung und [X.]ekämpfung von [X.]obbing vorschlägt. Dies genügt für den erforderlichen [X.]ezug der Schulung zur aktuellen [X.]etriebsratsarbeit.

c) Das [X.]andesarbeitsgericht hat auch ohne Rechtsfehler entschieden, dass der [X.]etriebsrat die Seminarteilnahme des stellvertretenden [X.]etriebsratsvorsitzenden trotz der vorhandenen Kenntnisse und der mit dem [X.]esuch der Schulungsveranstaltung verbundenen finanziellen [X.]elastungen des Arbeitgebers für erforderlich halten durfte.

aa) Der [X.]eschluss des [X.]etriebsrats, zusätzlich zu dem im Jahr 2004 geschulten Vorsitzenden den Stellvertreter zu einer ähnlichen Schulung zu entsenden, hält sich in dessen [X.]eurteilungsspielraum. Die [X.]röße des [X.]etriebs mit ca. 600 [X.]itarbeitern spricht für einen entsprechenden Schulungsbedarf des elfköpfigen [X.]etriebsrats, der für die [X.]ahrnehmung seiner Aufgaben bei konkreten Konfliktlagen nicht nur rechtliche, sondern auch [X.] und psychologische Problemstellungen beurteilen muss. [X.]ei derartigen komplexen Fragestellungen kann sich der [X.]etriebsrat entschließen, ein zweites [X.]itglied zu einer Fortbildungsveranstaltung zum Thema „[X.]obbing Teil 1“ zu entsenden. Da der stellvertretende [X.]etriebsratsvorsitzende [X.] im [X.]etriebsrat nach der internen Aufgabenverteilung als Ansprechpartner der [X.]eschäftigten in personellen Angelegenheiten fungiert, ist die Entscheidung des [X.]etriebsrats, ihn zu der Schulung zu entsenden, nicht zu beanstanden.

bb) Das [X.]estehen einer betrieblichen Sozialberatung hat auf die [X.]eteiligungsrechte des [X.]etriebsrats keine Auswirkungen und steht der Erforderlichkeit des Seminarbesuchs deshalb nicht entgegen. Sozialberatung und [X.]etriebsrat haben unterschiedliche Funktionen. Es ist einerseits nicht Aufgabe des [X.]etriebsrats, betroffenen [X.]itarbeitern psychologische bzw. psycho[X.] Fachberatung anzubieten. Andererseits weist ihm das [X.]etriebsverfassungsgesetz [X.]. nach § 87 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 7, §§ 75, 85, 104 [X.]etrV[X.] unterschiedliche [X.]eteiligungsrechte zur [X.]eilegung und Prävention von Konflikten zu, die nicht [X.]egenstand einer betrieblichen Sozialberatung sind.

cc) Der [X.]etriebsrat musste sich nicht auf ein eintägiges Seminar des [X.] verweisen lassen, das inhaltlich mit der von dem stellvertretenden [X.]etriebsratsvorsitzenden besuchten dreitägigen Veranstaltung nicht vergleichbar ist. Das ergibt sich nicht nur aus dem unterschiedlichen zeitlichen Umfang der Veranstaltungen. Das Angebot des [X.] richtet sich zwar [X.]. auch an [X.]etriebsräte. Es ist aber inhaltlich stärker auf allgemeine Verhaltensempfehlungen ausgerichtet, über die [X.] und Diplom-Psychologen referieren. [X.]egenstand der vom stellvertretenden Vorsitzenden des [X.]etriebsrats besuchten Schulung sind dagegen nicht nur Ursachen und Verläufe von [X.]obbinggeschehen, sondern besonders auch die rechtlichen [X.]andlungsmöglichkeiten des [X.]etriebsrats sowie der betroffenen Arbeitnehmer, über die [X.]. Fachanwälte für Arbeitsrecht referiert haben.

dd) Die Dauer der vom [X.]etriebsrat ausgewählten Schulungsveranstaltung von drei Tagen stellt sich im [X.]inblick auf die behandelten Themen nicht als unangemessen dar. Auch unter Einbeziehung der Entfernung zum Schulungsort und der Reise- und Übernachtungskosten bewegt sich der wirtschaftliche Aufwand nicht in unangemessenem Rahmen zur [X.]röße des [X.]etriebsrats und der [X.]eistungsfähigkeit der Arbeitgeberin.

        

    [X.]räfl    

        

    [X.]. Rennpferdt    

        

    [X.]    

        

        

        

    R. Steude    

        

    Strippelmann    

                 

Meta

7 ABR 95/12

14.01.2015

Bundesarbeitsgericht 7. Senat

Beschluss

Sachgebiet: ABR

vorgehend ArbG München, 15. März 2012, Az: 8 BV 249/11, Beschluss

§ 37 Abs 6 S 1 BetrVG, § 40 Abs 1 BetrVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 14.01.2015, Az. 7 ABR 95/12 (REWIS RS 2015, 17194)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 17194

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Wird zitiert von

10 BV 126/21

5 TaBV 21/15

3 TaBV 118/19

14 BV 85/17

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