Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 25.04.2014, Az. 6 P 17/13

6. Senat | REWIS RS 2014, 6109

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Gegenstand

Geschäftsbereichübergreifende Mitbestimmung bei der Anwendung der Richtlinien der TdL; Lehrkräfte; Begriff des Verwaltungszweigs


Leitsatz

1. Die Entscheidung über die Anwendung der Richtlinien der TdL über die Eingruppierung der im Arbeitnehmerverhältnis beschäftigten Lehrkräfte erfüllt den Mitbestimmungstatbestand nach § 80 Abs. 1 Nr. 8 RhPPersVG (juris: PersVG RP 1992) (Fragen des Arbeitsentgelts in der Dienststelle einschließlich der Entgeltsysteme, Aufstellung von Entgeltgrundsätzen, Einführung und Anwendung von Entgeltmethoden sowie deren Änderung).

2. Maßnahmen oberster Dienstbehörden, die sich auf Beschäftigte im Geschäftsbereich anderer oberster Dienstbehörden erstrecken, fallen in den Anwendungsbereich des § 53 Abs. 3 RhPPersVG.

Gründe

I.

1

Im Streit ist, ob die Entscheidung über die Anwendung der "Richtlinien der [X.] ([X.]) über die Eingruppierung der im [X.] beschäftigten Lehrkräfte ([X.])" mitbestimmungspflichtig ist.

2

Die [X.] enthalten abstrakte, an Kriterien wie insbesondere der Vorbildung, dem Studienabschluss, der Lehrbefähigung oder dem dienstlichen Einsatz ausgerichtete Regelungen über die Zuordnung von im [X.] beschäftigten Lehrkräften an allgemein bildenden und berufsbildenden Schulen sowie an Musikschulen zu einzelnen Entgeltgruppen des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder ([X.]). Die Höhe von Entgelten ist in den Richtlinien nicht geregelt. Die [X.] sind am 19./20. Dezember 2011 von der Mitgliederversammlung der [X.] in neuer Fassung beschlossen worden, in der sie seit dem 1. Januar 2012 in [X.] sind. Das [X.] ist Mitglied der [X.]. Die Arbeitsverträge der einzelnen im Arbeitnehmerstatus beschäftigten Lehrkräfte im [X.] enthalten dynamische Verweisungen auf die [X.].

3

Mit E-Mails vom 23. Dezember 2011, vom 6. März 2012 und vom 3. April 2012 übersandte der Beteiligte zu 2 die [X.] sowie zwei weitere, korrigierte Fassungen von ihnen unter anderem an die Beteiligte zu 1 sowie an die Zentrale Besoldungs- und [X.] in der [X.] [X.] mit der "Bitte um Beachtung" und mit dem Hinweis, dass die Mitgliederversammlung der [X.] der ab 1. Januar 2012 geltenden Neufassung der Richtlinien zugestimmt habe.

4

Die Beteiligte zu 1 leitete diese E-Mails des Beteiligten zu 2 mit eigenen E-Mails vom 23. Dezember 2011, vom 8. März 2012 und vom 3. April 2012 an die für das Tarifrecht zuständigen Referenten der [X.] ([X.]) sowie des [X.] ([X.]) mit dem Hinweis weiter, die Richtlinien würden "mit nachstehendem Anschreiben zu ihrer Verwendung" zugeleitet.

5

Der Antragsteller forderte die Beteiligte zu 1 auf, das Mitbestimmungsverfahren hinsichtlich der Richtlinien durchzuführen. Dies wurde abgelehnt.

6

Der Antragsteller hat daraufhin das Beschlussverfahren mit dem Antrag eingeleitet, festzustellen, dass ihm bei der Anwendung der seit dem 1. Januar 2012 geltenden Richtlinien der [X.] über die Eingruppierung der im [X.] beschäftigten Lehrkräfte ein Mitbestimmungsrecht zusteht. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag abgelehnt. Das Oberverwaltungsgericht hat die dagegen gerichtete Beschwerde mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Die Einführung der [X.] ab dem 1. Januar 2012 sei keine Maßnahme der Beteiligten zu 1 im Sinne von § 74 RhPPersVG. Diese habe die Anwendung der [X.] weder angeordnet, noch ihrer Anwendung zugestimmt oder sie den Dienststellen ihres Geschäftsbereichs verbindlich vorgegeben. Ihre E-Mails an die [X.] sowie an das [X.] enthielten deklaratorische Hinweise ohne Regelungscharakter auf die Neufassung der [X.]. Erlass, Inhalt und Anwendung der [X.] gehörten ausschließlich zum Geschäftsbereich des Beteiligten zu 2. Dem Antragsteller stehe auch kein Mitbestimmungsrecht gegenüber dem Beteiligten zu 2 zu, der die Einführung der [X.] ab dem 1. Januar 2012 auch für den Geschäftsbereich der Beteiligten zu 1 angeordnet habe. Das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers ende, wie aus § 53 Abs. 1 RhPPersVG ersichtlich werde, an der Grenze des Geschäftsbereichs der Beteiligten zu 1. Eine Personalvertretung sei nicht im Hinblick auf Maßnahmen zu beteiligen, die von einer Behörde eines anderen Geschäftsbereichs getroffen würden. Nichts anderes folge aus § 53 Abs. 3 RhPPersVG. Die Anwendung dieser Vorschrift würde voraussetzen, dass der Beteiligte zu 2 im Verhältnis zur Beteiligten zu 1 einer anderen Körperschaft oder einem anderen [X.] desselben Fachressorts angehöre. Nichts von beidem sei der Fall. Verfassungsrechtliche Bestimmungen würden kein abweichendes Ergebnis gebieten.

7

Mit seiner vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller sein Feststellungsbegehren weiter. Der Senat hat im Rechtsbeschwerdeverfahren dem Beteiligten zu 2 mitgeteilt, er sei im Hinblick auf die Vorschrift des § 53 Abs. 3 RhPPersVG gemäß § 121 Abs. 2 RhPPersVG i.V.m. § 83 Abs. 3 ArbGG beteiligt.

8

Der Antragsteller steht auf dem Standpunkt, die Beteiligte zu 1 habe ausweislich der Formulierungen "zu Ihrer Verwendung" und "mit der Bitte um Beachtung" eine eigenständige Entscheidung getroffen. Jedenfalls ergäbe sich sein Mitbestimmungsrecht aus § 53 Abs. 3 RhPPersVG.

9

Die Beteiligte zu 1 steht wie der Vertreter des [X.] auf dem Standpunkt, die Anwendung der [X.] sei durch den Beteiligten zu 2 entschieden worden. Ihr selbst stehe insoweit kein eigener Entscheidungsspielraum zu. Die Beteiligten zu 1 und 2 sehen § 53 Abs. 3 RhPPersVG als nicht einschlägig an. Eine verwaltungszweigübersteigende Beteiligung im Sinne dieser Vorschrift komme bei geschäftsbereichsübersteigenden Maßnahmen oberster Dienstbehörden nicht in Betracht.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Der angefochtene Beschluss beruht auf der unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 121 Abs. 2 RhPPersVG, § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG), nämlich des § 53 Abs. 3 RhPPersVG. Der angefochtene Beschluss sowie der erstinstanzliche Beschluss des [X.] sind daher aufzuheben (§ 96 Abs. 1 Satz 2 ArbGG, § 562 Abs. 1 ZPO). Da der Sachverhalt geklärt ist, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 96 Abs. 1 Satz 2 ArbGG, § 563 Abs. 2 ZPO). Dies führt zum Ausspruch der aus dem Tenor ersichtlichen Feststellung.

1. Das vom Antragsteller beanspruchte Mitbestimmungsrecht bezieht sich auf die Entscheidung über die Anwendung der mit Wirkung ab dem 1. Januar 2012 neugefassten [X.] gegenüber den im Arbeitnehmerstatus beschäftigten staatlichen Lehrkräften an Grundschulen. Dies war im Tenor klarzustellen.

2. Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht ein Mitbestimmungsrecht des Antragstellers gegenüber der Beteiligten zu 1 verneint.

a. Zwar erfüllt die Entscheidung über die Anwendung der [X.] den Tatbestand des § 80 Abs. 1 Nr. 8 RhPPersVG, wonach der Personalrat bei Fragen der Gestaltung des Arbeitsentgelts in der Dienststelle einschließlich der [X.], Aufstellung von [X.], Einführung und Anwendung von Entgeltmethoden sowie deren Änderung mitzubestimmen hat.

Zweck des Mitbestimmungsrechts nach dieser Vorschrift ist die angemessene und durchsichtige Gestaltung des [X.] und die Wahrung der Lohn- und Verteilungsgerechtigkeit innerhalb der Dienststelle. Gegenstand des Mitbestimmungsrechts ist nicht die konkrete, absolute Höhe des Arbeitsentgelts. Gegenstand sind die Strukturformen des Entgelts einschließlich ihrer näheren Vollzugsformen, d.h. die abstrakt-generellen Grundsätze der Entgeltfindung (stRspr; vgl. etwa zu § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 [X.]: Beschluss vom 20. November 2008 - BVerwG 6 P 17.07 - [X.] 251.2 § 85 [X.] Nr. 15 Rn. 11 m.w.[X.]). Zu den danach mitbestimmungspflichtigen Entgeltfindungsregelungen gehört die Bestimmung von Vergütungsgruppen ebenso wie die Festlegung von Vergütungsgruppenmerkmalen. Solche Bestimmungen bzw. Festlegungen enthalten Entscheidungen über die Wertigkeit der jeweiligen Arbeitnehmertätigkeiten im Verhältnis zueinander. Insofern sind sie für die Wahrung der Lohn- und Verteilungsgerechtigkeit unter den Beschäftigten von hoher Relevanz. Die inhaltliche Ausgestaltung von Vergütungsgruppen und Vergütungsgruppenmerkmalen nach abstrakten Kriterien wird daher vom Mitbestimmungsrecht aus § 80 Abs. 1 Nr. 8 RhPPersVG umfasst (vgl. zu § 87 Abs. 1 Nr. 10 [X.]: [X.], Beschluss vom 30. Oktober 2012 - 1 ABR 61/11 - [X.] Nr. 143 zu § 87 [X.] 1972 Lohngestaltung = juris Rn. 23 f. m.w.[X.]). Um eben solche Ausgestaltungen handelt es sich bei den Regelungen der [X.].

Dass die [X.] dienststellenübergreifend Anwendung finden sollen, hindert die Anwendung von § 80 Abs. 1 Nr. 8 RhPPersVG nicht (vgl. Beschluss vom 20. November 2008 a.a.[X.] Rn. 12).

Der in § 73 Abs. 1 RhPPersVG angeordnete [X.] kommt nicht zum Tragen, da nach Nr. 4 der Vorbemerkungen zu allen Teilen der Entgeltordnung zum [X.] diese Entgeltordnung nicht für Beschäftigte gilt, die als Lehrkräfte beschäftigt sind. Der in § 73 Abs. 1 RhPPersVG weiter angeordnete [X.] kommt gleichfalls nicht zum Tragen. Beschlüssen der [X.] - einer Arbeitgebervereinigung - kommt keine Gesetzeswirkung zu. Aus sich heraus haben die Beschlüsse der [X.] keine arbeitsrechtliche Bedeutung. Es bedarf der Entscheidung des jeweiligen [X.], ob es sie gegenüber seinen Beschäftigten zugrunde legt (vgl. [X.], Urteil vom 15. November 1995 - 4 [X.] - [X.] Nr. 44 zu §§ 22, 23 [X.] Lehrer = juris Rn. 28). Sie sind innerhalb des [X.] einer Abänderung im Einvernehmen mit der Personalvertretung zugänglich (Beschluss vom 20. November 2008 a.a.[X.] Rn. 26).

b. Jedoch erfolgt die Anwendung der [X.] gegenüber den betroffenen Lehrkräften nicht aufgrund einer Maßnahme der Beteiligten zu 1.

Die Mitbestimmung der Personalvertretung knüpft an Maßnahmen einer Dienststelle an (vgl. § 74 Abs. 1 RhPPersVG). Maßnahme in diesem Sinne ist jede Handlung oder Entscheidung, die den Rechtsstand des Beschäftigten berührt. Die Maßnahme muss auf eine Veränderung des bestehenden Zustandes abzielen. Nach Durchführung der Maßnahme müssen das Beschäftigungsverhältnis oder die Arbeitsbedingungen eine Änderung erfahren haben (stRspr; vgl. etwa Beschluss vom 19. September 2012 - BVerwG 6 P 3.11 - [X.] 250 § 86 BPersVG Nr. 8 Rn. 23 m.w.[X.]). Im vorliegenden Fall hat nicht die Beteiligte zu 1 die Entscheidung getroffen, die [X.] in ihrem Geschäftsbereich anzuwenden, d.h. anzuordnen, dass sie der Vergütungsbestimmung von Lehrkräften zugrunde zu legen sind. Sondern eine dahingehende Entscheidung hat - wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend erkannt hat - der Beteiligte zu 2 getroffen, indem er nach Neufassung der Richtlinien durch die Mitgliederversammlung der [X.] die neugefassten Richtlinien den betroffenen Stellen innerhalb der [X.]verwaltung mit der Bitte um Beachtung übermittelt hat. Der Beteiligte zu 2 hat hierbei die Beteiligte zu 1 ebenso wie die übrigen angeschriebenen Stellen als Bote bzw. [X.] eingeschaltet, um seine Entscheidung an die einzelnen für die Sachbearbeitung zuständigen Verwaltungseinheiten weiterzuleiten. Eine solche Weiterleitung hat die Beteiligte zu 1 sodann auch vorgenommen. Dass im Zeitraum vor die Weiterleitung eine Beschlussfassung der Beteiligten zu 1 über die Anwendung der Richtlinien erfolgt wäre, die sich als eigenverantwortliche Durchführung oder Umsetzung qualifizieren ließe (vgl. hierzu Beschluss vom 19. September 2012 a.a.[X.] Rn. 24), wird durch keine greifbaren Anhaltspunkte belegt. Dagegen spricht zunächst, dass die E-Mail der Beteiligten zu 2 vom 23. Dezember 2011 am selben Tag weitergeleitet wurde und somit schon überhaupt keine nennenswerte Zeit für eine eigene Sachbefassung der Beteiligten zu 1 verblieb. Dagegen spricht weiter, dass nach der Anordnung über die Geschäftsverteilung der [X.]regierung [X.] vom 18. Mai 2011 ([X.]) Fragen des [X.] als Bestandteil des "finanziellen öffentlichen Dienstrechts" zur Ressortzuständigkeit des Beteiligten zu 2 zählen und folglich keine Kompetenzgrundlage der Beteiligten zu 1 für eine eigenständige Sachbefassung gegeben war. Der Zuordnung der [X.] zum Tarifrecht als Bestandteil des "finanziellen öffentlichen Dienstrechts" steht, anders als der Antragsteller meint, nicht entgegen, dass es sich bei ihnen um ein Regelwerk handelt, welches einseitig von der Arbeitgeberseite festgelegt worden ist. Der in der Anordnung über die Geschäftsverteilung verwendete Oberbegriff des "finanziellen öffentlichen Dienstrechts" lässt auf den Willen des [X.] schließen, den Umgang mit sämtlichen vergütungsbezogenen Regelwerken ohne Rücksicht auf deren Urheberschaft der Ressortzuständigkeit des Beteiligten zu 2 zuzuweisen. Dem Antragsteller kann auch nicht darin gefolgt werden, dass eine entsprechende Zuweisung auf verfassungsrechtliche Bedenken stoßen müsste, falls sie mitbestimmungsfreie Entscheidungen von Dienststellen im Bereich des [X.] ermöglichte. Ungeachtet der vom [X.] bislang offen gelassenen Frage, ob die Grundrechte oder das Sozialstaatsprinzip den Gesetzgeber überhaupt verpflichten, für den Bereich des öffentlichen Dienstes in gewissem Umfang Beteiligungsrechte eines gewählten Repräsentativorgans der Beschäftigten zu schaffen, ist dem Gesetzgeber jedenfalls verfassungsrechtlich nicht vorgezeichnet, wie er die Beteiligung von ihm eingerichteter Personalvertretungen im Einzelnen ausgestaltet ([X.], Beschluss vom 24. Mai 1995 - 2 [X.] - [X.]E 93, 37 <69>). Eine [X.], keine mitbestimmungsfreien Maßnahmen der Art zuzulassen, wie sie von § 80 Abs. 1 Nr. 8 RhPPersVG erfasst sind, besteht nicht.

3. Dem Antragsteller steht in der vorliegenden Sache ein Mitbestimmungsrecht gegenüber dem Beteiligten zu 2 zu.

Zwar endet im Grundsatz die Reichweite der personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmung nach dem Personalvertretungsgesetz [X.] an den Grenzen des Geschäftsbereichs der jeweiligen obersten Dienstbehörde. Letzterer steht im Grundsatz nur der bei ihr gebildete Hauptpersonalrat partnerschaftlich gegenüber. In Abweichung hiervon bestimmt jedoch § 53 Abs. 3 RhPPersVG:

"In Angelegenheiten, in denen die Entscheidung von einer Stelle getroffen wird, die einem anderen [X.] oder einer anderen Körperschaft angehört als die Dienststelle, auf die oder deren Beschäftigte sich die Maßnahme erstreckt, hat die entscheidungsbefugte Stelle den Personalrat der Dienststelle, auf die oder deren Beschäftigte sich die Maßnahme erstreckt, zu beteiligen und die Dienststelle zu unterrichten."

Ausgehend von dieser Vorschrift hätte der Beteiligte zu 2 den Antragsteller im Rahmen eines Mitbestimmungsverfahrens beteiligen müssen, bevor er die - nach dem oben Gesagten § 80 Abs. 1 Nr. 8 RhPPersVG unterfallende - Entscheidung traf, die [X.] gegenüber den Angehörigen der Personengruppe zur Anwendung zu bringen, die vom Antragsteller repräsentiert wird. Hierfür und gegen die von den Beteiligten zu 1 und 2 geteilte gegenteilige Auffassung des [X.] sprechen folgende Erwägungen:

a. Der gesetzlich nicht definierte Begriff des [X.] wird gemeinhin dahingehend verstanden, dass er diejenigen Verwaltungsbereiche bezeichnet, die typischerweise einem Fachressort als Geschäftsbereich unterstehen, d.h. die großen, übergeordneten Struktureinheiten wie z.B. die Finanz- oder die Innenverwaltung (vgl. Beschluss vom 22. Januar 2013 - BVerwG 2 [X.] - juris Rn. 7). Ausgehend von diesem Verständnis, das auch den §§ 87 ff. RhPPersVG ("Besondere Bestimmungen für einzelne Zweige des öffentlichen Dienstes") zugrunde liegt, bilden die jeweiligen Geschäftsbereiche der Beteiligten zu 1 und 2 - nämlich die Bildungs- und die Finanzverwaltung - unterschiedliche [X.]e. Der Beteiligte zu 2 hat demnach mit der Entscheidung über die Anwendung der [X.] eine Maßnahme getroffen, die sich im Sinne von § 53 Abs. 3 RhPPersVG auf Beschäftigte innerhalb eines anderen [X.] erstreckt. Dagegen spricht nicht, dass § 53 Abs. 3 RhPPersVG seinem Wortlaut nach die Konstellation abdeckt, dass die Entscheidung sich innerhalb des betroffenen anderen [X.] auf Beschäftigte einer einzigen Dienststelle auswirkt. § 53 Abs. 4 RhPPersVG erweitert die Anwendung von Absatz 3 auf die - hier einschlägige - Konstellation, dass innerhalb des anderen [X.] mehrere Dienststellen betroffen sind, und ordnet für diesen Fall die Mitbestimmungszuständigkeit je nach Streubreite der Maßnahme dem Bezirkspersonalrat oder dem Hauptpersonalrat zu. Auch wenn die vom Antragsteller repräsentierten Beschäftigten bereits sämtlich durch den bei der [X.] gebildeten Bezirkspersonalrat repräsentiert sein dürften (vgl. § 97 Abs. 1 Nr. 1 RhPPersVG), ist die Mitbestimmungszuständigkeit im hier vorliegenden Fall einer Maßnahme, die von einer obersten Dienstbehörde getroffen wird, beim Antragsteller als der hierarchisch am höchsten angesiedelten Stufenvertretung im betroffenen anderen [X.] anzusiedeln; dies muss aus dem Rechtsgedanken des § 53 Abs. 1 RhPPersVG gefolgert werden.

b. Entgegen der Auffassung des [X.] sowie der Beteiligten zu 1 und 2 sprechen keine durchgreifenden Gründe dafür, Maßnahmen oberster Dienstbehörden, die sich auf den gesamten Geschäftsbereich einer anderen obersten Dienstbehörde erstrecken, vom Anwendungsbereich des § 53 Abs. 3 RhPPersVG auszunehmen.

aa. Der Umstand, dass § 53 Abs. 3 RhPPersVG das [X.] durchbricht (vgl. hierzu [X.]/4466 S. 16), spricht nicht zwingend für eine enge Auslegung der Vorschrift. Hingegen spricht für eine weite Auslegung der Vorschrift, dass sie sogar Fälle erfasst, in denen Maßnahmen einer Körperschaft sich auf Beschäftigte einer anderen Körperschaft erstrecken. Verglichen hiermit wäre es unverständlich, wenn nicht sogar wertungswidersprüchlich, von § 53 Abs. 3 RhPPersVG Fälle auszunehmen, in denen sich - innerhalb ein- und derselben Körperschaft - Maßnahmen eines ministeriellen Geschäftsbereichs auf Beschäftigte in anderen ministeriellen Geschäftsbereichen erstrecken. Der Gesetzgeber hatte bei § 53 Abs. 3 RhPPersVG ersichtlich im Auge, keine personalratsfreien Räume entstehen zu lassen (vgl. [X.]/Küssner/[X.], Personalvertretungsgesetz für [X.], Stand April 2013, § 53 Rn. 16).

bb. Nichts Gegenteiliges folgt aus dem vom Beteiligten zu 2 erwähnten § 83 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 RhPPersVG. Dass danach ein Einwendungsrecht des Personalrats bei Kündigungen besteht, wenn der zu kündigende Arbeitnehmer "an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben [X.] an demselben Dienstort" weiterbeschäftigt werden kann, besagt ersichtlich nichts für das Verständnis von § 53 Abs. 3 RhPPersVG.

cc. Nichts Gegenteiliges folgt daraus, dass im Personalvertretungsgesetz [X.] anders als in § 85 Abs. 6 Satz 3 BaWüPersVG keine Regelung zur Einrichtung einer gemeinsamen Einigungsstelle bei Maßnahmen, die sich auf Dienststellen mehrerer oberster Dienstbehörden erstrecken, enthalten ist. Der [X.] Gesetzgeber hat bei der genannten Vorschrift offenkundig im Auge gehabt, ein mögliches Auseinanderlaufen verschiedener Beteiligungsverfahren zu verhindern. Für den [X.] Gesetzgeber war dieser Aspekt nicht vorrangig. Andernfalls wäre die Aufnahme der körperschaftsübersteigenden Beteiligung in § 53 Abs. 3 RhPPersVG, bei der - im Falle einer Vielzahl Betroffener - die Gefahr divergierender Beteiligungsergebnisse evident ist, unerklärlich. Schon von daher überzeugt es nicht, dass der Beteiligte zu 2 bei Auslegung von § 53 Abs. 3 RhPPersVG denjenigen [X.] zugrunde gelegt sehen möchte, der den [X.]n Gesetzgeber bei § 85 Abs. 6 Satz 3 BaWüPersVG geleitet hat.

[X.]. Auch aus der Entstehungsgeschichte von § 53 Abs. 3 RhPPersVG, der auf das Personalvertretungsgesetz vom 8. Dezember 1992 (GVBl S. 333) zurückgeht, ergibt sich nichts Gegenteiliges. Soweit der Beteiligte zu 2 aus der früheren Vorschrift des § 86 Abs. 1 RhPPersVG a.[X.] auf einen mit Bedacht normierten Gegensatz zwischen den Begriffen des [X.] und des ministeriellen Geschäftsbereichs schließen möchte, dem auch bei Auslegung von § 53 Abs. 3 RhPPersVG Rechnung zu tragen sei, kann ihm nicht gefolgt werden. Die Verwendung des Begriffs "Geschäftsbereich" in § 86 Abs. 1 RhPPersVG a.[X.] erklärte sich aus dessen Regelungsgegenstand. Vereinbarungen mit gewerkschaftlichen Spitzenorganisationen sollten nach dieser Vorschrift in Bezug auf Maßnahmen einer obersten Dienstbehörde geschlossen werden können, die sich nicht ausschließlich auf die bei ihr Beschäftigten auswirken. Es lag für den Gesetzgeber nahe, diesen Sachverhalt mit der Wendung "über den Geschäftsbereich einer obersten Dienstbehörde hinausgehend" zu umschreiben. Auf einen Willen, die Konstellation einer geschäftsbereichsübersteigenden Personalratsbeteiligung, mit der ein Auseinanderfallen von [X.] und personeller Betroffenheit überbrückt werden soll, von dem Anwendungsbereich des § 53 Abs. 3 RhPPersVG - der eben diesen Zweck verfolgt - auszunehmen, kann hieraus indes nicht geschlossen werden.

ee. Entgegen der Beteiligten zu 1 ergibt sich schließlich aus der Möglichkeit divergierender Positionierungen der verschiedenen bei der Beteiligten zu 1 angesiedelten Stufenvertretungen für Lehrkräfte kein tragfähiges Argument gegen das hier gefundene Ergebnis. Eine solche Möglichkeit besteht auch in Bezug auf Maßnahmen, die die Beteiligte zu 1 selbst einheitlich gegenüber sämtlichen Gruppen von Lehrkräften treffen möchte. Im hier vorliegenden Fall dürften divergierende Positionierungen im Übrigen deshalb nicht überhandnehmen, weil ein erheblicher Teil der Regelungen der [X.] nur jeweils eine Gruppe von Lehrkräften betrifft. Überdies kann der Gefahr einander widersprechender Entscheidungen, soweit auch auf [X.] der Einigungsstellen ein einheitliches Ergebnis nicht zustande kommt, gerade in den besonders wichtigen, die Regierungsgewalt berührenden Angelegenheiten durch die Wahrnehmung des Evokationsrechts seitens der obersten Dienstbehörde nach § 75 Abs. 6 RhPPersVG begegnet werden. Dieser Gesichtspunkt kommt auch zum Tragen, wenn der zu 2 beteiligte Finanzminister zur Entscheidung berufen ist und ihm Personalvertretungen verschiedener Ressorts gegenüberstehen.

Meta

6 P 17/13

25.04.2014

Bundesverwaltungsgericht 6. Senat

Beschluss

Sachgebiet: P

vorgehend Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, 2. Oktober 2013, Az: 5 A 10534/13, Beschluss

§ 53 Abs 3 PersVG RP 1992, § 80 Abs 1 Nr 8 PersVG RP 1992

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 25.04.2014, Az. 6 P 17/13 (REWIS RS 2014, 6109)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6109

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