Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29.07.2015, Az. IV ZR 45/15

4. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 7365

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Streitwertbemessung: Verbandsklage auf Unterlassung der Verwendung einzelner AGB-Klauseln


Tenor

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 20. Zivilsenats des [X.] vom 12. Dezember 2014 wird auf Kosten des Klägers verworfen.

Streitwert: bis 7.000 €

Gründe

1

I. Der in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 [X.] eingetragene Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung der Verwendung verschiedener Klauseln in Verträgen über kapitalbildende und fondsgebundene Lebens- und Rentenversicherungen in Anspruch. Auf ein Abmahnschreiben des [X.] gab die Beklagte am 13. November 2012 eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung. Der Kläger hält diese Erklärung für unzulänglich. Das [X.] hat seiner Klage bis auf einen Teil der vorgerichtlichen Anwaltskosten stattgegeben. Das [X.] hat den Streitwert auf 52.500 € festgesetzt. Mit dem angefochtenen Urteil hat es der Berufung der Beklagten nur teilweise stattgegeben und sie im Übrigen zurückgewiesen sowie dem Kläger 12% und der Beklagten 88% der Kosten des Rechtsstreits auferlegt.

2

II. Die hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde des [X.], der eine Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt, ist unzulässig, weil die gemäß § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO erforderliche Mindestbeschwer von mehr als 20.000 € nicht erreicht ist.

3

1. Nach bisheriger Rechtsprechung des Senats richten sich Streitwert und Beschwer in Verfahren nach dem Unterlassungsklagengesetz ([X.]) allein nach dem Interesse der Allgemeinheit an der Beseitigung der gesetzwidrigen [X.], nicht hingegen nach der wirtschaftlichen Bedeutung eines [X.]. Auf diese Weise sollen Verbraucherschutzverbände vor Kostenrisiken bei der Wahrnehmung der ihnen im Allgemeininteresse eingeräumten Befugnisse zur Befreiung des Rechtsverkehrs von unwirksamen [X.] geschützt werden. Den Wert setzt der Senat in ständiger Rechtsprechung mit 2.500 € je angegriffener [X.] an (vgl. Senatsbeschluss vom 6. März 2013 - [X.], juris Rn. 3; ferner [X.], Beschluss vom 28. September 2006 - [X.], NJW-RR 2007, 497 Rn. 2 f.).

4

Auf dieser Grundlage hat das Berufungsgericht bei insgesamt 21 angegriffenen Klauseln einen Streitwert von 52.500 € errechnet. Die Berufung der Beklagten hatte insoweit Erfolg, als sie sich gegen die Verurteilung zur Abgabe der mit dem Klagantrag zu I 1 § 15 [X.] zu den kapitalbildenden Lebens- und Rentenversicherungen und [X.] § 20 [X.] zu den fondsgebundenen Lebensversicherungen begehrten Unterlassungserklärungen gewandt hat, soweit diese die Verwendung der betreffenden Klauseln bei Abschluss der Verträge betreffen. Hierbei handelt es sich insgesamt um fünf Klauseln. Da es bezüglich der Abwicklung der Verträge ausweislich des Berufungsurteils bei der vom [X.] ausgesprochenen Verurteilung blieb, hat das Berufungsgericht nur die Hälfte der genannten Klauseln (1/2 von 5 = 2,5) in Verhältnis zu der Gesamtzahl der Klauseln (21) gesetzt, woraus sich die Kostenquote Kläger 12% und Beklagte 88% ergibt. Auf dieser Grundlage beträgt die Beschwer des [X.] lediglich 6.250 € (2,5 x 2.500 €).

5

2. Die gemäß § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO erforderliche Mindestbeschwer ergibt sich ferner nicht aus der mit Wirkung zum 9. Oktober 2013 in [X.] getretenen Neuregelung des § 12 Abs. 4 UWG, die gemäß § 5 [X.] auch hier Anwendung findet. Durch sie wurde die bisherige Bestimmung des § 12 Abs. 4 UWG a.F. abgelöst, der bestimmte, dass bei der Bemessung des Streitwerts wertmindernd zu berücksichtigen war, wenn die Belastung einer der [X.]en mit den Prozesskosten nach dem vollen Streitwert angesichts ihrer Vermögens- und Einkommensverhältnisse nicht tragbar erschien. § 12 Abs. 4 UWG sieht demgegenüber nunmehr eine differenzierte Regelung vor. Macht eine [X.] in Rechtsstreitigkeiten, in denen durch Klage ein Anspruch aus einem der in diesem Gesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird, glaubhaft, dass die Belastung mit den Prozesskosten nach dem vollen Streitwert ihre wirtschaftliche Lage erheblich gefährden würde, so kann das Gericht auf ihren Antrag anordnen, dass die Verpflichtung dieser [X.] zur Zahlung von Gerichtskosten sich nach einem ihrer Wirtschaftslage angepassten Teil des Streitwerts bemisst. Die Anordnung hat zur Folge, dass die [X.] die Gerichtskosten, die Gebühren ihres Rechtsanwalts sowie die Kosten der Gegenseite nur in der Höhe zu erstatten hat, wie sie bei dem niedrigeren Streitwert entstanden wären. Im Fall des Obsie- gens der begünstigten [X.] kann deren Anwalt demgegenüber von der Gegenseite weiterhin die Erstattung der ungekürzten Gebühren verlangen (vgl. hierzu BT-Drucks. 17/13057 S. 12 f., 25 f.). Gemäß § 51 Abs. 5 GKG sind die Vorschriften über die Anordnung der Streitwertbegünstigung in § 12 Abs. 4 UWG auch für die Erhebung der Gerichtskosten anzuwenden.

6

Hier hat der Kläger den vollen Streitwert mit 1 Mio. DM beziffert sowie einen [X.] gemäß § 12 Abs. 4 UWG auf einen Streitwert von 100.000 € gestellt. Das Berufungsgericht hat hierbei rechtsfehlerfrei den Streitwert entsprechend der wirtschaftlichen Bedeutung des Unterlassungsbegehrens insgesamt mit lediglich 52.500 € bemessen. Maßgebend hierfür ist, dass die [X.]en nicht mehr um die Wirksamkeit der beanstandeten Klauseln streiten, sondern nur noch über die Wiederholungsgefahr. Der Senat hat die Unwirksamkeit der hier verwendeten Klauseln bereits in mehreren vergleichbaren Verfahren gegen andere Versicherer festgestellt (vgl. Senatsurteile vom 25. Juli 2012 - [X.], [X.], 1149; vom 17. Oktober 2012 - [X.], [X.], 213; vom 14. November 2012 - [X.], [X.], [X.] 19. Dezember 2012 - [X.], [X.], 565). Auch unter diesem Gesichtspunkt ist der Streitwert daher nur noch auf bis zu 7.000 € festzusetzen (12% von 52.500 €).

Mayen                            [X.]                                        Dr. Karczewski

                 [X.]                                        Dr. [X.]

Meta

IV ZR 45/15

29.07.2015

Bundesgerichtshof 4. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Köln, 12. Dezember 2014, Az: I-20 U 136/14

§ 4 UKlaG, § 5 UKlaG, § 12 Abs 4 UWG, § 3 ZPO, § 26 Nr 8 S 1 ZPOEG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29.07.2015, Az. IV ZR 45/15 (REWIS RS 2015, 7365)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 7365

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IV ZR 45/15 (Bundesgerichtshof)


3 U 169/17 (OLG Nürnberg)

Unwirksamkeit von Teilklauseln in Allgemeinen Versicherungsbedingungen zu so genannten Riester-Rentenversicherungsverträgen


IV ZR 436/22 (Bundesgerichtshof)


7 O 9287/15 (LG Nürnberg-Fürth)

Unwirksamkeit von Klauseln in Allgemeinen Versicherungsbedingungen wegen Intransparenz


20 U 211/13 (Oberlandesgericht Köln)


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.