Bundesfinanzhof, Urteil vom 12.05.2016, Az. IV R 27/13

4. Senat | REWIS RS 2016, 11446

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Steuerrechtliche Anerkennung einer atypisch stillen Gesellschaft mit einem minderjährigen Familienangehörigen - Notwendige Beiladung im finanzgerichtlichen Verfahren betreffend die Gewinnfeststellung bei atypisch stiller Gesellschaft


Leitsatz

NV: Der Gesellschaftsvertrag über die Errichtung einer atypisch stillen Gesellschaft mit einem minderjährigen Familienangehörigen bedarf der Mitwirkung eines Ergänzungspflegers, wenn der Gesellschaftsvertrag zu Lasten des Minderjährigen ein Wettbewerbsverbot und eine Vertragsstrafe enthält .

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts des [X.] vom 23. Mai 2013 1 K 1568/07 aufgehoben.

Die Sache wird an das Finanzgericht des [X.] zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

1

I. [X.]er Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) zu 3. ([X.]) ist Einzelunternehmer und erzielte 2003 bis 2005 (Streitjahre) gewerbliche Einkünfte. Mit gleichlautenden [X.] vereinbarte [X.] mit seinen beiden Kindern, dem 1987 geborenen Kläger zu 1. ([X.]) und der 1990 geborenen Klägerin zu 2. ([X.]), zum 1. Januar 2003 mit ihm eine stille Gesellschaft zu gründen. [X.] und [X.] sollten sich als stille Gesellschafter mit jeweils einer Einlage in Höhe von 17.500 € beteiligen und eine Gewinnbeteiligung in Höhe von jeweils 12,5 % erhalten. Sie sollten am Verlust der Gesellschaft teilnehmen. Eine Haftung der stillen Gesellschafter gegenüber [X.] sollte ausgeschlossen und im Innenverhältnis auf die Höhe der [X.]eteiligung beschränkt sein. [X.]ei [X.]usscheiden eines stillen Gesellschafters sollte eine [X.]useinandersetzung erfolgen, bei der die stillen Reserven aufzulösen wären.

2

[X.]ie Verträge enthielten auch ein Wettbewerbsverbot folgenden Inhalts:

     "§ 17 Wettbewerbsverbot

  (1)

[X.]em stillen Gesellschafter ist es untersagt, sich während der [X.]auer des Gesellschaftsverhältnisses an einem Unternehmen zu beteiligen, noch ein Konkurrenzunternehmen zu gründen oder zu erwerben, das zu der Firma in einem Wettbewerbsverhältnis steht. [X.]ies gilt sowohl für eine unternehmerische [X.]eteiligung als auch für Kapitalbeteiligungen jeglicher [X.]rt.

  (2)

[X.]er [X.]bschluß eines [X.]rbeitsvertrages oder eines ähnlichen Vertragsverhältnisses mit dem Konkurrenzunternehmen muss der Firma angezeigt werden. Ein solches Vertragsverhältnis berechtigt die Firma zur fristlosen Kündigung des Gesellschaftsvertrages (...)

  (3)

Für jeden Fall der Zuwiderhandlung ist der stille Gesellschafter zur unverzüglichen Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von [X.] 10.000,00 verpflichtet. [X.]ie Geltendmachung eines weitergehenden Schaden bleibt unberührt.

(4)

§ 17 [X.]bs. 1-3 gelten sinngemäß für die Firma."

3

Unterschrieben waren die Verträge von [X.], [X.] und [X.] sowie jeweils durch [X.], neben dessen Unterschrift vermerkt war "Vertrag und Unterschrift genehmigt durch den Ergänzungspfleger". [X.] war jedoch nicht zum Ergänzungspfleger i.S. des [X.]ürgerlichen Gesetzbuchs ([X.]G[X.]) bestellt worden.

4

[X.]m 30. [X.]ezember 2003 sollten die Einlagen der stillen Gesellschafter durch Schenkung des [X.] geleistet werden, indem er eine Einlage aus der [X.]uszahlung eines [X.]ausparvertrags zwecks Sondertilgung eines betrieblichen [X.]arlehens auf die Einlagen von [X.] und [X.] umbuchte.

5

[X.] gab für den Streitzeitraum Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung für das ...-Unternehmen und (atypisch) Still bei dem [X.]eklagten und Revisionskläger (Finanzamt --F[X.]--) ab. [X.]ls Empfangsbevollmächtigter war sein steuerlicher Vertreter, der Prozessbevollmächtigte, angegeben.

6

Im Rahmen einer [X.]ußenprüfung gelangte der Prüfer zu der [X.]uffassung, die Verträge über die Gründung der (atypisch) stillen Gesellschaft mit [X.] und [X.] seien aufgrund einer zivilrechtlichen Unwirksamkeit auch steuerrechtlich unbeachtlich. [X.]ie [X.] habe deshalb zu unterbleiben. [X.]ie im Jahr 2003 als [X.]etriebsausgaben gebuchten Gewinnanteile der stillen Gesellschafter seien bei [X.] als Privatentnahme zu berücksichtigen.

7

[X.]em folgte das F[X.] und hob den am 23. Juni 2005 erklärungsgemäß erlassenen [X.]escheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von [X.]esteuerungsgrundlagen ([X.]) für 2003 mit [X.]escheid vom 25. Januar 2006 auf. [X.]en [X.]ntrag zur [X.] für 2004 lehnte das F[X.] mit [X.]escheid vom 26. Juni 2006 ab, denjenigen für 2005 mit [X.]escheid vom 5. Juli 2007.

8

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhoben die Kläger gegen die vorgenannten [X.]escheide in Gestalt der [X.] vom 18. Oktober 2007 Klage vor dem [X.] ([X.]). [X.]as [X.] gab der Klage mit Urteil vom 23. Mai 2013  1 K 1568/07 statt. Zwischen den Klägern sei eine atypisch stille Gesellschaft begründet worden, da [X.] und [X.] sowohl am Gewinn als auch am Verlust und an den stillen Reserven des Unternehmens beteiligt seien. [X.]ie Gesellschaftsverträge seien auch nicht rechtsunwirksam. Insbesondere sei weder die Mitwirkung eines gerichtlich bestellten Ergänzungspflegers noch die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung erforderlich gewesen, da die im [X.] gewährten [X.]eteiligungen an der (atypisch) stillen Gesellschaft nebst Einlage für [X.] und [X.] lediglich rechtlich vorteilhaft seien.

9

[X.]agegen richtet sich die Revision des F[X.], die auf die Verletzung des § 180 [X.]bs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.]uchst. a der [X.]bgabenordnung ([X.]) gestützt wird. Es sei keine Mitunternehmerschaft begründet worden. [X.]ie Gesellschaftsverträge seien zivilrechtlich unwirksam und steuerrechtlich nicht anzuerkennen.

[X.]as F[X.] beantragt,
das [X.]-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

[X.]ie Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

Einer familiengerichtlichen Genehmigung oder der Einschaltung eines Ergänzungspflegers habe es im Streitfall nicht bedurft. [X.]er Gesellschaftsvertrag sei von den minderjährigen Kindern selbst unterzeichnet worden. [X.]er Onkel mütterlicherseits habe als [X.]eistand fungiert. [X.]ie minderjährigen Kinder hätten wegen des lediglich rechtlich vorteilhaften Rechtsgeschäfts nicht der Einwilligung ihrer gesetzlichen Vertreter bedurft. Es liege deshalb auch kein Fall eines unwirksamen Insichgeschäfts nach § 181 [X.]G[X.] vor.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision des [X.] ist begründet. Sie führt zur [X.]ufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 [X.]bs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat die notwendige [X.]eiladung des Empfangsbevollmächtigten unterlassen (II.1.). Der Senat holt die unterbliebene [X.]eiladung nicht gemäß § 123 [X.]bs. 1 Satz 2 [X.]O nach, da das angefochtene Urteil schon aus anderen Gründen aufzuheben und die Sache an das [X.] zurückzuverweisen ist. Das [X.] hat zu Unrecht die zivilrechtliche Wirksamkeit der vorliegenden Gesellschaftsverträge bejaht. Es erhält daher Gelegenheit, im zweiten Rechtsgang unter [X.]erücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats im Rahmen einer erneuten Gesamtwürdigung das Vorliegen eines steuerrechtlich anzuerkennenden [X.] zwischen den Klägern zu prüfen (II.2.).

1. Das [X.] hat den Empfangsbevollmächtigten der von ihm angenommenen atypisch stillen Gesellschaft nicht zu dem Klageverfahren beigeladen, obwohl ein Fall der notwendigen [X.]eiladung vorliegt (§ 60 [X.]bs. 3 [X.]O). Eine Nachholung der [X.]eiladung im Revisionsverfahren nach § 123 [X.]bs. 1 Satz 2 [X.]O kommt nach den hier gegebenen Umständen nicht in [X.]etracht.

a) Der Empfangsbevollmächtigte einer atypisch stillen Gesellschaft bzw. einer ähnlichen [X.] ist in dem finanzgerichtlichen Verfahren betreffend die [X.] nach § 48 [X.]bs. 2 [X.]O klagebefugt und muss zu diesem Verfahren notwendig beigeladen werden.

Eine [X.] kann als solche nicht [X.]eteiligte eines finanzgerichtlichen Verfahrens sein, das die gesonderte und einheitliche [X.] betrifft. Denn bei der [X.] kommt eine Vertretung, d.h. ein rechtsgeschäftliches Handeln für die [X.], nicht in [X.]etracht. Die [X.] hat keine Organe und keine [X.]evollmächtigten. Die Rolle des nicht vorhandenen Geschäftsführers übernimmt bei der atypisch (mitunternehmerischen) stillen Gesellschaft oder einer ähnlichen [X.] gemäß § 48 [X.]bs. 1 Nr. 1 [X.]lternative 2, [X.]bs. 2 [X.]O der Empfangsbevollmächtigte. Diesem stehen deshalb dieselben prozessualen [X.]efugnisse zu wie einem vertretungsberechtigten Geschäftsführer nach dem Regeltatbestand des § 48 [X.]bs. 1 Nr. 1 [X.]lternative 1 [X.]O; er handelt im eigenen Namen im Interesse der Feststellungsbeteiligten und damit für diese als gesetzlicher Prozessstandschafter (vgl. Urteil des [X.] --[X.]-- vom 22. September 2011 IV R 8/09, [X.], 287, [X.], 183, und [X.] vom 21. Dezember 2011 IV [X.] 101/10).

b) Eine unterbliebene notwendige [X.]eiladung stellt einen Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens dar. Die Vorschriften über die notwendige [X.]eiladung regeln eine unverzichtbare Sachentscheidungsvoraussetzung, die vom Revisionsgericht von [X.]mts wegen zu prüfen ist ([X.]-Urteil vom 11. Oktober 2007 IV R 52/04, [X.], 129, [X.], 705). § 123 [X.]bs. 1 Satz 2 [X.]O eröffnet dem [X.] lediglich die Möglichkeit, eine notwendige [X.]eiladung im Revisionsverfahren nachzuholen (ständige Rechtsprechung, z.[X.]. [X.]-Urteil vom 4. September 2014 IV R 44/13).

c) Im Streitfall ergibt sich aus den vorgelegten [X.]kten, dass der Prozessbevollmächtigte ausweislich der bei dem [X.] eingereichten Feststellungserklärungen von den Klägern zum Empfangsbevollmächtigten bestellt worden ist und die Kläger auch den [X.]nforderungen des § 48 [X.]bs. 2 Satz 3 [X.]O entsprechend über die Klagebefugnis des Empfangsbevollmächtigten belehrt worden sind.

d) Das ihm von § 123 [X.]bs. 1 Satz 2 [X.]O eröffnete Ermessen, eine notwendige [X.]eiladung des Empfangsbevollmächtigten im Revisionsverfahren nachzuholen, übt der Senat dahin aus, die unterbliebene [X.]eiladung des Empfangsbevollmächtigten nicht nachzuholen, sondern die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen. Dies ist im Streitfall zweckmäßig und ermessensgerecht. Das [X.] erhält hiermit die Gelegenheit, im zweiten Rechtsgang die Frage rechtsfehlerfrei zu würdigen, ob die Gesellschaftsverträge steuerrechtlich anzuerkennen sind (dazu nachstehend unter II.2.).

2. Das [X.] ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die streitgegenständlichen Gesellschaftsverträge für die damals minderjährigen [X.] und [X.] lediglich rechtlich vorteilhaft waren und es deshalb der gerichtlichen [X.]estellung eines Ergänzungspflegers nicht bedurft hätte. Die darauf beruhende steuerrechtliche [X.]nerkennung der zwischen den Klägern abgeschlossenen Gesellschaftsverträge hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Das [X.] hat daher im zweiten Rechtsgang, ausgehend von der (schwebenden) Unwirksamkeit der Gesellschaftsverträge, im Rahmen der ihm dann obliegenden Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls erneut darüber zu entscheiden, ob die Gesellschaftsverträge steuerrechtlich anzuerkennen sind.

a) Gemäß § 179 [X.]bs. 1 i.V.m. § 180 [X.]bs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.]uchst. [X.] werden einkommen- und körperschaftsteuerpflichtige Einkünfte gesondert und einheitlich festgestellt, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt und die Einkünfte diesen Personen steuerlich zuzurechnen sind. [X.]ei einem Gewerbebetrieb ist diese Voraussetzung erfüllt, wenn mehrere Personen den [X.]etrieb als Unternehmer (Mitunternehmer) führen (§ 15 [X.]bs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes --EStG--). Mitunternehmer in diesem Sinne ist nach ständiger Rechtsprechung des [X.] auch, wer sich am [X.]etrieb eines anderen als atypisch stiller Gesellschafter bzw. diesem ähnlicher [X.]er beteiligt (vgl. [X.]-Urteile vom 27. Mai 1993 IV R 1/92, [X.]E 171, 510, [X.] 1994, 700; vom 10. Mai 2007 IV R 2/05, [X.]E 218, 152, [X.] 2007, 927; vom 17. Juli 2014 IV R 52/11, [X.]E 246, 349).

b) Vereinbarungen unter nahen [X.]ngehörigen, insbesondere zwischen Eltern und Kindern, werden aufgrund des zwischen solchen Personen in der Regel fehlenden natürlichen Interessengegensatzes steuerrechtlich nur anerkannt, wenn sie zivilrechtlich wirksam, klar, eindeutig und leicht nachprüfbar sind und dem entsprechen, was unter sonst gleichen Umständen auch zwischen fremden Personen hätte vereinbart werden können. Zudem muss die tatsächliche Durchführung des Vertrags wie unter fremden [X.] erfolgt sein ([X.]-Urteile vom 14. [X.]pril 1983 IV R 198/80, [X.]E 138, 359, [X.] 1983, 555, und in [X.]E 246, 349). Gesellschaftsverträge zwischen nahen [X.]ngehörigen können zwar auch dann anerkannt werden, wenn die [X.]eteiligung oder die zum Erwerb der [X.]eteiligung aufzuwendenden Mittel dem in die Gesellschaft aufgenommenen [X.]ngehörigen unentgeltlich zugewendet worden sind. Dies gilt aber nur unter der Voraussetzung, dass die vorgenannten [X.]edingungen für die [X.]nerkennung erfüllt sind (vgl. [X.]-Urteile vom 21. Februar 1991 IV R 35/89, [X.]E 164, 238, [X.] 1995, 449; vom 27. Januar 1994 IV R 114/91, [X.]E 174, 219, [X.] 1994, 635, und in [X.]E 246, 349).

Maßgebend für die [X.]eurteilung, ob Verträge zwischen nahen [X.]ngehörigen steuerrechtlich anerkannt werden können, ist nach der neueren Rechtsprechung des [X.] die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten. Zwar ist sonach weiterhin Voraussetzung, dass die vertraglichen Hauptpflichten klar und eindeutig vereinbart und anschließend auch entsprechend dem Vereinbarten durchgeführt werden. Jedoch schließt nicht jede geringfügige [X.]bweichung einzelner Sachverhaltsmerkmale vom Üblichen die steuerrechtliche [X.]nerkennung des Vertragsverhältnisses aus. Vielmehr sind einzelne Kriterien des Fremdvergleichs im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung unter dem Gesichtspunkt zu würdigen, ob sie den Rückschluss auf eine privat veranlasste Vereinbarung zulassen (vgl. [X.]-Urteil in [X.]E 246, 349, m.w.N.).

[X.]llgemeines Erfordernis der steuerrechtlichen [X.]erücksichtigung von Vereinbarungen zwischen Familienangehörigen ist es, dass die Vereinbarungen, die Grundlage der [X.]esteuerung werden sollen, ernsthaft gemeint sind und damit die Gewähr ihrer tatsächlichen Durchführung für die Zeitdauer ihrer Gültigkeit bieten. Die Ernsthaftigkeit der Vereinbarung, beispielsweise der [X.]bschluss eines Gesellschaftsvertrags zwischen Familienangehörigen, wird damit zum Element des auf einer solchen Vereinbarung aufbauenden steuerrechtlichen Tatbestandes. Der [X.]bschluss der Vereinbarung in einer Form, die keine Zweifel an ihrer zivilrechtlichen Wirksamkeit aufkommen lässt, ist insoweit ein maßgebliches [X.]eweisanzeichen für die Ernsthaftigkeit der Vereinbarung (vgl. [X.]-Urteile vom 19. September 1974 IV R 95/73, [X.]E 113, 558, [X.]St[X.]l II 1975, 141, und in [X.]E 246, 349). Die Nichtbeachtung zivilrechtlicher Formerfordernisse bei [X.]bschluss einer solchen Vereinbarung stellt demgegenüber ein Indiz dafür dar, dass die Vereinbarung nicht ernsthaft gemeint und nicht dem steuerrechtlich relevanten [X.]ereich zuzuordnen ist. Dies gilt im verstärkten Maße dort, wo die Nichtbeachtung der Formerfordernisse den Vertragspartnern angelastet werden kann. Ein Versäumnis dieser [X.]rt ist insbesondere dort anzunehmen, wo sich das nicht beachtete Formerfordernis aus der klaren Lage des Zivilrechts ergibt (vgl. [X.]-Urteile vom 13. Juli 1999 VIII R 29/97, [X.]E 191, 250, [X.] 2000, 386; vom 22. Februar 2007 IX R 45/06, [X.]E 217, 409, [X.]St[X.]l II 2011, 20; vom 23. [X.]pril 2009 IV R 24/08, [X.]/NV 2009, 1427, und vom 11. Mai 2010 IX R 19/09, [X.]E 229, 301, [X.] 2010, 823).

c) Das [X.] hat bei der gebotenen Gesamtabwägung betreffend die steuerrechtliche [X.]nerkennung der Gesellschaftsverträge rechtsfehlerhaft angenommen, dass diese zivilrechtlich wirksam sind.

aa) Vereinbarungen, die ein Elternteil mit seinen beschränkt geschäftsfähigen (vgl. § 106 [X.]G[X.]) Kindern schließt, bedürfen nach §§ 107, 108 [X.]bs. 1 [X.]G[X.] der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters. Die Vertretungsbefugnis der Eltern durch ihr elterliches Sorgerecht nach § 1629 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.]G[X.] schließt Geschäfte aus, für die auch ein Vormund keine Vertretungsmacht für sein Mündel hätte, insbesondere also ein Insichgeschäft nach § 1795 [X.]bs. 2, § 181 [X.]G[X.]. In diesem Fall kann die notwendige Einwilligung nur durch einen vom Gericht bestellten Ergänzungspfleger erteilt werden (§ 1909 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.]G[X.]).

Diese rechtlichen Mechanismen zum Schutz des Minderjährigen finden jedoch nur dann [X.]nwendung, wenn der Minderjährige durch das Geschäft nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt (§ 107 [X.]G[X.]). Was als ein in diesem Sinn rechtlich vorteilhaftes Geschäft zu beurteilen ist, muss unter [X.]erücksichtigung des Schutzzwecks der Norm bestimmt werden. § 107 [X.]G[X.] dient in erster Linie dazu, den Minderjährigen vor einer Gefährdung seines Vermögens zu schützen. Da die [X.]eurteilung der wirtschaftlichen Folgen eines Rechtsgeschäfts allerdings mit erheblichen praktischen Schwierigkeiten verbunden sein kann, knüpft die Vorschrift die Genehmigungsbedürftigkeit im Interesse der Rechtssicherheit an das formale Kriterium des rechtlichen Nachteils an, das im Regelfall eine Vermögensgefährdung indiziert. Diese Entscheidung des Gesetzgebers schließt es zwar aus, den von § 107 [X.]G[X.] vorausgesetzten rechtlichen Vorteil durch den wirtschaftlichen Vorteil zu ersetzen. Möglich ist es jedoch, bestimmte Rechtsnachteile wegen eines typischerweise ganz unerheblichen Gefährdungspotentials als von dem [X.]nwendungsbereich der Vorschrift nicht erfasst anzusehen (vgl. [X.]eschluss des [X.] --[X.]GH-- vom 25. November 2004 V Z[X.] 13/04, [X.], 170, für die mit der Übertragung von Grundstückseigentum einhergehenden öffentlichen Lasten als begrenzte und wirtschaftlich unbedeutende persönliche Verpflichtungen; vgl. auch [X.] vom 27. September 1972 IV ZR 225/69, [X.], 236).

bb) Entgegen seiner Rechtsansicht waren die vom [X.] festgestellten Vereinbarungen in den mit [X.] und [X.] geschlossenen Gesellschaftsverträgen zivilrechtlich schwebend unwirksam.

(1) Die [X.]uslegung von Willenserklärungen --und damit auch von daraus resultierenden Gesellschaftsverträgen (vgl. [X.]-Urteil vom 24. September 2015 IV R 9/13, [X.]E 251, 227, [X.]St[X.]l II 2016, 154)-- gehört zwar grundsätzlich zu der dem [X.] obliegenden Feststellung der Tatsachen. Der [X.] ist als Revisionsinstanz aber nicht gehindert, die [X.]uslegung des [X.] daraufhin zu überprüfen, ob die gesetzlichen [X.]uslegungsregeln (§§ 133, 157 [X.]G[X.]), die Denkgesetze und die gesetzlichen Erfahrungssätze zutreffend angewandt worden sind (vgl. [X.]-Urteile vom 29. November 2007 IV R 62/05, [X.]E 220, 85, [X.] 2008, 557, und in [X.]E 251, 227, [X.] 2016, 154).

(2) Das [X.] hat bei seiner rechtlichen Würdigung darauf abgestellt, dass [X.] und [X.] nach den Gesellschaftsverträgen "Gewinnchancen" erhalten hätten und "[X.]nhaltspunkte für besondere [X.]indungen und [X.]eschränkungen, denen [sie] innerhalb dieser [atypisch stillen Gesellschaft] unterworfen sind und die die [X.]eteiligung als insgesamt rechtlich nachteilig erscheinen lassen", nicht zu erkennen seien.

Dieser Schluss verstößt gegen die Denkgesetze, denn das [X.] hat außer [X.] gelassen, dass [X.] und [X.] mit den Gesellschaftsverträgen unabhängig von der durch das [X.] erörterten Frage der Verlusttragung bzw. Haftung auch erhebliche rechtlich nachteilige Verpflichtungen auferlegt worden sind.

So sind die Gesellschafter [X.] und [X.] nach § 17 [X.]bs. 1 der Gesellschaftsverträge während der Dauer des [X.] einem Wettbewerbsverbot unterworfen, das es ihnen untersagt, sich an einem Unternehmen zu beteiligen oder ein Konkurrenzunternehmen zu gründen oder ein solches zu erwerben, das zum Einzelunternehmen des [X.] in einem Wettbewerbsverhältnis steht. Das Wettbewerbsverbot gilt dabei nicht nur für unternehmerische [X.]eteiligungen, sondern sogar für reine Kapitalbeteiligungen. Es unterliegt schon insoweit keinem Zweifel, dass [X.] und [X.] durch das vorgenannte Wettbewerbsverbot erheblich in ihren Freiheiten eingeschränkt werden. Die Wirkung dieses Wettbewerbsverbots wird zudem (faktisch) noch dadurch verstärkt, dass [X.] zur fristlosen Kündigung der Gesellschaftsverträge berechtigt ist, wenn [X.] und [X.] ein [X.]rbeitsverhältnis bei einem Konkurrenzunternehmen aufnehmen (§ 17 [X.]bs. 2 der Gesellschaftsverträge). Ein besonderes Gewicht kommt diesen rechtlichen [X.]eschränkungen auch dadurch zu, dass jeder Verstoß nach § 17 [X.]bs. 3 der Gesellschaftsverträge mit einer empfindlichen Vertragsstrafe von 10.000 € für jeden Fall der Zuwiderhandlung belegt ist.

[X.]n der deshalb bestehenden zivilrechtlichen schwebenden Unwirksamkeit der Gesellschaftsverträge im Streitzeitraum würde eine von [X.] und [X.] nach dem Erreichen ihrer Volljährigkeit erteilte --von dem [X.] allerdings nicht festgestellte-- nachträgliche Genehmigung nichts ändern (vgl. [X.] vom 5. März 1981 IV R 150/76, [X.]E 132, 563, [X.] 1981, 435, und [X.]-Urteil vom 8. Oktober 1981 IV R 222/79, nicht veröffentlicht).

cc) Da das [X.] von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, war sein Urteil aufzuheben. Im zweiten Rechtsgang wird das [X.] unter [X.]erücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats im Rahmen einer erneuten Gesamtwürdigung aller Umstände des vorliegenden Einzelfalls darüber zu entscheiden haben, ob die Gesellschaftsverträge ungeachtet der zivilrechtlichen (schwebenden) Unwirksamkeit steuerrechtlich anzuerkennen sind. Dabei wird es zu beachten haben, dass sich das Erfordernis zur [X.]estellung eines Ergänzungspflegers im Streitfall klar aus der [X.] ergab. Das [X.]bsehen der Kläger von der [X.]eiziehung eines durch das Gericht zu bestellenden Ergänzungspflegers stellt daher ein sehr starkes Indiz dafür dar, dass die Gesellschaftsverträge nicht ernsthaft gewollt und sie vielmehr dem steuerrechtlich nicht relevanten Privatbereich zuzuordnen waren. Die Indizwirkung wird noch dadurch verstärkt, dass die Verträge durch einen Verwandten in der behaupteten Eigenschaft als Ergänzungspfleger für [X.] und [X.] mitunterzeichnet worden sind. Die [X.]eteiligten gingen also ersichtlich selbst davon aus, dass der [X.]bschluss der Gesellschaftsverträge der Mitwirkung eines Ergänzungspflegers bedurft hätte.

[X.]uf die weitere Rechtsfrage, ob die Gesellschaftsverträge zusätzlich auch noch der Genehmigung durch das Familiengericht nach § 1643 [X.]bs. 1, § 1822 Nr. 3 [X.]G[X.] bedurft hätten, kommt es im Streitfall daher nicht mehr an.

3. Die Kostenentscheidung wird dem [X.] übertragen (§ 143 [X.]bs. 2 [X.]O).

4. Der Senat entscheidet im Einverständnis der [X.]eteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 121 Satz 1 i.V.m. § 90 [X.]bs. 2 [X.]O).

Meta

IV R 27/13

12.05.2016

Bundesfinanzhof 4. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt, 23. Mai 2013, Az: 1 K 1568/07, Urteil

§ 179 Abs 1 AO, § 180 Abs 1 S 1 Nr 2 Buchst a AO, § 2 BGB, § 106 BGB, § 107 BGB, § 108 Abs 1 BGB, § 181 BGB, § 1629 Abs 1 S 1 BGB, § 1795 Abs 2 BGB, § 1909 BGB, § 15 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG 2002, § 48 Abs 1 Nr 1 Alt 1 FGO, § 48 Abs 2 FGO, § 123 Abs 1 S 2 FGO, § 60 Abs 3 FGO, EStG VZ 2005

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 12.05.2016, Az. IV R 27/13 (REWIS RS 2016, 11446)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 11446

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IV B 101/10 (Bundesfinanzhof)

Notwendige Beiladung bei Streit um Gewinnfeststellung bei atypisch stiller Gesellschaft


IV R 10/17 (Bundesfinanzhof)

Mitunternehmerinitiative eines atypisch still Beteiligten


IV R 44/14 (Bundesfinanzhof)

Korrespondierende Bilanzierung in Höhe der Rückstellung für die Erstellung des Jahresabschlusses - Klagebefugnis des Empfangsbevollmächtigten …


IV R 8/20 (IV R 7/17), IV R 8/20, IV R 7/17 (Bundesfinanzhof)

Beiladung einer prozessunfähigen GmbH, korrespondierende Bilanzierung bei einer atypisch stillen Gesellschaft


IV R 52/11 (Bundesfinanzhof)

Vollzug einer Schenkung bei unentgeltlicher Zuwendung einer atypisch stillen Beteiligung - atypisch still Beteiligter als …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.