Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.03.2022, Az. 6 AZR 255/21

6. Senat | REWIS RS 2022, 2499

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Gegenstand

Deutsche Post AG - Stufenzuordnung


Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 20. April 2021 - 2 [X.]/20 - aufgehoben und wie folgt neu gefasst:

Die Berufung des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 14. Juli 2020 - 3 [X.]/20 - wird zurückgewiesen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die tarifliche [X.] des [X.] und sich daraus ergebende Vergütungsdifferenzen.

2

Die Beklagte bietet bundesweit logistische Dienstleistungen an. Der Kläger war bei ihr im Zeitraum vom 21. Dezember 2009 bis zum 31. Dezember 2014 im Rahmen befristeter Arbeitsverhältnisse mit Unterbrechungen insgesamt vier Jahre und 145 Tage als Paketzusteller tätig.

3

Ab dem 1. April 2015 war er als Paketzusteller bei der [X.] beschäftigt. Bei dieser handelte es sich um eine Tochtergesellschaft einer Beteiligungsgesellschaft der [X.]. Sie war neben bundesweit weiteren 48 [X.] Regionalgesellschaften im Jan[X.]r 2015 gegründet worden. Alle [X.] Regionalgesellschaften stellten sowohl Arbeitnehmer ohne als auch mit Vorbeschäftigungszeiten bei der [X.] ein. Der Arbeitsvertrag zwischen dem Kläger und der [X.] sah zuletzt die Geltung der Tarifverträge für das private Verkehrsgewerbe [X.] vor.

4

Unter dem 22. März 2019 schlossen die Beklagte und die [X.] [X.] anlässlich einer ab Juli 2019 beabsichtigten Integration der [X.] Regionalgesellschaften mehrere Tarifverträge. Dies betrifft [X.]. den Tarifvertrag Nr. 200 bezüglich der Änderung des [X.] ([X.]) für bei der [X.] ab dem 1. Juli 2019 neu begründete Arbeitsverhältnisse (im Folgenden TV Änderung [X.]) sowie den Tarifvertrag Nr. 202 zur Überleitung der tariflichen Arbeits- und Ausbildungsverhältnisse der [X.] Regionalgesellschaften in die [X.] ([X.] [X.] - im Folgenden [X.]).

5

Der TV Änderung [X.] lautet auszugsweise wie folgt:

        

§ 1   

        

Änderung des § 4 Zuordnung zu [X.] innerhalb der [X.]

        

§ 4 [X.]-DP AG erhält folgende Fassung:

        

(1) Die Zuordnung des Arbeitnehmers zu [X.] innerhalb der [X.] erfolgt nach den in dieser [X.] seit dem Eingruppierungsanspruch erbrachten Tätigkeitsjahren.

        

a) Der Arbeitnehmer, der am 30. Juni 2019 bereits und am 01. Juli 2019 noch in einem Arbeitsverhältnis zur Deutsche Post AG stand, wird folgenden [X.] in der jeweiligen [X.] zugeordnet:

        

im    

1. und 2. Jahr

Gruppenstufe 0

        
        

ab dem

3. Jahr

Gruppenstufe 1

        
        

ab dem

5. Jahr

Gruppenstufe 2

        
        

ab dem

7. Jahr

Gruppenstufe 3

        
        

ab dem

9. Jahr

Gruppenstufe 4

        
        

ab dem

11. Jahr

Gruppenstufe 5

([X.] 2 und höher)

        

ab dem

13. Jahr

Gruppenstufe 6

([X.] 2 und höher)

        

ab dem

15. Jahr

Gruppenstufe 7

([X.] 3 und höher)

        

ab dem

17. Jahr

Gruppenstufe 8

(nur [X.] 9).

        

…       

        

b) Der Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis nach dem 30. Juni 2019 neu begründet wird, wird folgenden [X.] in der jeweiligen [X.] zugeordnet:

        

im    

1. bis 4. Jahr

Gruppenstufe 0

        
        

ab dem

5. Jahr

Gruppenstufe 1

        
        

ab dem

9. Jahr

Gruppenstufe 2

        
        

ab dem

13. Jahr

Gruppenstufe 3

        
        

ab dem

17. Jahr

Gruppenstufe 4

        
        

ab dem

20. Jahr

Gruppenstufe 5

([X.] 2 und höher)

        

ab dem

23. Jahr

Gruppenstufe 6

([X.] 2 und höher)

        

ab dem

26. Jahr

Gruppenstufe 7

([X.] 3 und höher)

        

ab dem

29. Jahr

Gruppenstufe 8

(nur [X.] 9).

        

Der Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis nach dem 30. Juni 2019 neu begründet wurde und der am 30. Juni 2019 bereits in einem Arbeitsverhältnis zur Deutschen Post AG stand, bleibt mit Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses bei Eingruppierung in der gleichen [X.] in der Gruppenstufe des bisherigen Arbeitsverhältnisses zugeordnet, wenn sich das neue Arbeitsverhältnis innerhalb von 24 Monaten nach Ende des am 30. Juni 2019 bestehenden Arbeitsverhältnisses anschließt. War der Arbeitnehmer bereits am 30.06.2019 in der Gruppenstufe 1 oder höher, erfolgt die Zuordnung im neu begründeten Arbeitsverhältnis in die gleiche Gruppenstufe; die für diese Gruppenstufe erforderlichen Tätigkeitsjahre gelten als erbracht.

        

…       

        

Protokollnotiz zu Abs. 1:

        

Auf die Tätigkeitsjahre in der [X.] sind die nachfolgenden Zeiten anzurechnen:

        

…       

        

Als Tätigkeitsjahre, die für die Einstufung in [X.] maßgeblich sind, werden nach Prüfung durch die zuständige Personalabteilung auch vom Arbeitnehmer nachgewiesene Zeiten einer vergleichbaren Tätigkeit bei einer Beteiligungsgesellschaft (mit Ausnahme Tätigkeiten bei einer [X.] Delivery Gesellschaft) im [X.] der Deutschen Post AG anerkannt.“

6

Der [X.] sieht auszugsweise folgende Regelungen vor:

        

Erster Teil:

Allgemeines

        

§ 1     

        

Geltungsbereich

        

Dieser Tarifvertrag gilt für tarifliche Arbeitnehmer und Auszubildende, deren Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis bei einer [X.] Delivery Regionalgesellschaft, soweit sie Mitglied der [X.] - [X.] sind, mit Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister (im Folgenden: ‚Tag der Überleitung‘; voraussichtliches Datum 01.07.2019) gemäß § 324 Umwandlungsgesetz i. V. m. § 613a BGB auf die Deutsche Post AG übergeleitet worden ist.

        

§ 2     

        

Anwendung künftiger Regelungen

        

(1)     

Für die Arbeitnehmer und Auszubildenden, die unter den Geltungsbereich dieses Tarifvertrages fallen, finden ab dem Tag der Überleitung ausschließlich die Tarifverträge der Deutsche Post AG Anwendung.

        

…       

        

Zweiter Teil:

Überleitung und Entgeltsicherung der tariflichen Arbeitnehmer

        

§ 8     

        

Eingruppierung der Arbeitnehmer in das Entgeltsystem der Deutsche Post AG

        

(1)     

Die Eingruppierung nach [X.]-DP AG erfolgt nach der vom Arbeitnehmer bei den [X.] Delivery Regionalgesellschaft dauerhaft ausgeübten Tätigkeit gem. Anlage 1, 1. Teil zum [X.]-DP AG.

        

…       

        

§ 9     

        

Zuordnung zur Gruppenstufe

        

(1)     

Die Zuordnung zur Gruppenstufe innerhalb der [X.] gemäß § 4 Absatz 1 Buchstabe b) des [X.]-DP AG erfolgt anhand des bisherigen [X.] (alt) wie folgt:

                          
                 

a)    

Liegt das [X.] (alt) unter dem [X.] (neu) der Gruppenstufe 0 der jeweiligen [X.] gemäß [X.]-DP AG, erfolgt die Zuordnung in die Gruppenstufe 0.

                 

b)    

Liegt das [X.] (alt) unter dem [X.] (neu) der Gruppenstufe 0 der jeweiligen [X.] gemäß [X.]-DP AG und liegt das/der bisherige Monatsentgelt / Monatslohn / Monatsgehalt über dem Monatsgrundentgelt der Gruppenstufe 1 gemäß [X.]-DP AG, erfolgt die Zuordnung in die Gruppenstufe 1.

                 

c)    

Liegt das [X.] (alt) über dem [X.] (neu) der Gruppenstufe 0 der jeweiligen [X.] gemäß [X.]-DP AG, erfolgt die Zuordnung in die Gruppenstufe, bei der das Monatsgrundentgelt (neu) gemäß § 2 [X.]-DP AG am nächsten unter dem bisherigen Monatsentgelt / Monatslohn / Monatsgehalt gem. § 4 Absatz 2 liegt.

                 

Die für die erstmalige Zuordnung zur Gruppenstufe erforderlichen Tätigkeitsjahre in der [X.] gelten als erbracht. Die bei einer [X.] Delivery Regionalgesellschaft erbrachten Tätigkeitsjahre bleiben unberücksichtigt.

        

…       

        

§ 10   

        

Ermittlung des Sicherungsbetrages

        

(1)     

Ein Arbeitnehmer, dessen [X.] (alt) - ermittelt auf Basis Monat Juni 2019 - höher war als das [X.] (neu) bei der [X.], erhält für Zeiten mit Anspruch auf ein Monatsgrundentgelt gemäß § 2 [X.]-DP AG eine persönliche Ausgleichszulage gemäß § 11.

        

(2)     

Ein Arbeitnehmer, dessen bisheriges/r Monatsentgelt / Monatslohn / Monatsgehalt - ermittelt auf Basis Monat Juni 2019 - höher war als das Monatsgrundentgelt (neu) gemäß § 2 [X.]-DP AG i. V. m. § 9 Absatz 1 dieses Tarifvertrages bei der [X.], erhält für Zeiten mit Anspruch auf ein Monatsgrundentgelt gemäß § 2 [X.]-DP AG eine persönliche Ausgleichszulage gemäß § 12.

        

(3)     

Die persönlichen Ausgleichszulagen gemäß der Absätze 1 und 2 werden einmalig festgesetzt. …

        

§ 11   

        

Entgeltsicherung Jahresgesamtentgelt

        

(persönliche Ausgleichszulage ohne Anrechnung auf das 13. Monatsentgelt)

        

(1)     

Ein Arbeitnehmer, dessen [X.] (alt) höher war als das [X.] (neu) bei der [X.], erhält für Zeiten mit Anspruch auf ein Monatsgrundentgelt gemäß § 2 [X.]-DP AG eine monatliche persönliche Ausgleichszulage in Höhe von 1/12 der Differenz zwischen [X.] (alt) und dem [X.] (neu).

        

(2)     

Die persönliche Ausgleichszulage gemäß Absatz 1 unterliegt in vollem Umfang der Aufzehrung, soweit sich das Monatsgrundentgelt (neu) gemäß § 2 [X.]-DP AG i. V. m. § 9 Absatz 1 dieses Tarifvertrages durch Aufstieg in den [X.] einer [X.] gemäß § 4 [X.]-DP AG oder durch die Eingruppierung in eine höhere [X.] gemäß § 3 [X.]-DP AG erhöht. Allgemeine Entgelterhöhungen werden nicht auf die persönliche Ausgleichszulage angerechnet. …

        

§ 12   

        

Entgeltsicherung bisheriges Monatsentgelt/Monatslohn/Monatsgehalt

        

(persönliche Ausgleichszulage mit Anrechnung auf das 13. Monatsentgelt)

        

(1)     

Ein Arbeitnehmer, der im Juni 2019 ein/einen höheres/höheren bisherigen Monatsentgelt / Monatslohn / Monatsgehalt als das Monatsgrundentgelt (neu) gemäß § 2 [X.]-DP AG i. V. m. § 9 Absatz 1 dieses Tarifvertrages bezieht, erhält für Zeiten mit Anspruch auf ein Monatsgrundentgelt gemäß § 2 [X.]-DP AG eine monatliche persönliche Ausgleichszulage in Höhe der Differenz zwischen dem bisherigen Monatsentgelt / Monatslohn / Monatsgehalt und dem Monatsgrundentgelt (neu) gemäß § 2 [X.]-DP AG i. V. m. § 9 Absatz 1 dieses Tarifvertrages.

        

(2)     

Die persönliche Ausgleichszulage gemäß Absatz 1 unterliegt in vollem Umfang der Aufzehrung, soweit sich das Monatsgrundentgelt (neu) gemäß § 2 [X.]-DP AG i. V. m. § 9 Absatz 1 dieses Tarifvertrages durch Aufstieg in den [X.] einer [X.] gemäß § 4 [X.]-DP AG oder durch die Eingruppierung in eine höhere [X.] gemäß § 3 [X.]-DP AG erhöht. Allgemeine Entgelterhöhungen werden nicht auf die persönliche Ausgleichszulage angerechnet. …

        

(4)     

Sofern einem Arbeitnehmer eine monatliche persönliche Ausgleichszulage gemäß § 11 gewährt wird, reduziert sich die monatliche persönliche Ausgleichszulage gemäß § 12 um den Betrag der monatlichen Ausgleichszulage nach § 11.

        

…       

        

§ 13   

        

Entgeltzahlung bei einem vom 01.07.2019 abweichenden Überleitungszeitpunkt

        

Das Monatsgrundentgelt (neu) gemäß § 2 [X.]-DP AG i. V. m. § 9 Absatz 1 dieses Tarifvertrages sowie ein etwaiger Entgeltsicherungsanspruch gemäß §§ 10 bis 12 und 14 steht dem übergeleiteten Arbeitnehmer ab dem 01.07.2019 zu, auch wenn die Überleitung seines Arbeitsverhältnisses erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt.

        

…“    

7

Zum 8. Juli 2019 wurde die [X.] mit der [X.] verschmolzen. Seitdem ist der Kläger (wieder) bei der [X.] beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit nach den Tarifverträgen für die Arbeitnehmer der [X.], dh. nach den bei der [X.] geltenden Haustarifverträgen. Die Beklagte vergütet den Kläger - gemäß § 13 Satz 1 [X.] - seit dem 1. Juli 2019 nach [X.] 3 Gruppenstufe 0 [X.]. Die [X.] folge aus § 9 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a [X.]. Der Kläger verlangte zunächst außergerichtlich erfolglos eine Vergütung nach [X.] der [X.] 3 [X.] ab dem 1. Juli 2019.

8

Mit seiner Klage hat der Kläger die Auffassung vertreten, er sei seit dem 1. Juli 2019 der [X.] zugeordnet, weil die im Zeitraum vom 21. Dezember 2009 bis zum 31. Dezember 2014 bei der [X.] bereits zurückgelegten Tätigkeitsjahre bei der [X.] zu berücksichtigen seien. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 [X.]-DP AG idF des TV Änderung [X.] zählten alle Tätigkeitsjahre bei der [X.], Unterbrechungen seien unschädlich. § 9 Abs. 1 [X.] lasse diesen Grundsatz unberührt und regle bezogen auf drei unterschiedliche Fallgruppen nur die „erstmalige“ Zuordnung zu einer Gruppenstufe nach dem Wechsel anhand des bisherigen [X.]. Dies sichere den bei einer [X.] Regionalgesellschaft erworbenen Besitzstand und umfasse ausweislich § 9 Abs. 1 Satz 2 [X.] eine Fiktion der Tätigkeitsjahre in der sich ergebenden [X.]. Zudem sollten bei der [X.] im Rahmen einer Vorbeschäftigung tatsächlich geleistete Tätigkeitsjahre bei der [X.] nach der Rückkehr entsprechend § 4 Abs. 1 Satz 1 [X.]-DP AG Berücksichtigung finden. Solche Tätigkeitsjahre könnten - gleichsam nach der „erstmaligen“ Zuordnung - eine höhere [X.] als nach § 9 Abs. 1 Satz 1 [X.] begründen. Der [X.] schließe die Regelungen des [X.]-DP AG nicht aus, sondern ergänze diese. Eine Nichtberücksichtigung von Vorbeschäftigungszeiten bei der [X.] sehe der [X.] nicht vor. Anderenfalls würden die vom Geltungsbereich des [X.] erfassten Arbeitnehmer unzulässigerweise schlechtergestellt als ab dem 1. Juli 2019 neu eingestellte Arbeitnehmer, deren etwaige Vorbeschäftigungszeiten bei einer Wiedereinstellung innerhalb von 24 Monaten nach § 4 Abs. 1 Buchst. b Satz 2 [X.]-DP AG Anrechnung finden können.

9

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 257,76 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von jeweils 85,92 Euro seit 16. Juli 2019, 16. August 2019 und 16. September 2019 zu zahlen;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 1.140,36 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von jeweils 87,72 Euro seit 16. Oktober 2019, 16. November 2019, 16. Dezember 2019, 16. Jan[X.]r 2020, 16. Febr[X.]r 2020, 16. März 2020, 16. April 2020, 16. Mai 2020, 16. Juni 2020, 16. Juli 2020, 16. August 2020, 16. September 2020 und 16. Oktober 2020 zu zahlen;

        

3.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab dem 1. Juli 2019 nach [X.] 3 Gruppenstufe 1 [X.]-DP AG zu vergüten und die monatlichen Differenzbeträge zwischen der Vergütung nach [X.] 3 Gruppenstufe 1 [X.]-DP AG und der gezahlten Vergütung nach [X.] 3 Gruppenstufe 0 [X.]-DP AG nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jeweils ab dem 16. eines jeden Monats für den laufenden Monat beginnend ab dem 16. November 2020 zu zahlen;

        

4.    

festzustellen, dass bei der [X.] innerhalb der Gruppenstufe 1 der [X.] 3 [X.]-DP AG für den Aufstieg in die Gruppenstufe 2 bei dem Kläger zum 1. Juli 2019 145 Tätigkeitstage anzurechnen sind;

                 

hilfsweise zum Antrag zu 4.

        

5.    

festzustellen, dass die ab dem 21. Dezember 2009 bis zum 31. Dezember 2014 bei der [X.] zurückgelegten Tätigkeitszeiten bei seiner Zuordnung zu den [X.] innerhalb der [X.] 3 [X.]-DP AG anzurechnen sind.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Kläger werde [X.] vergütet. Für seine erstmalige [X.] nach der Überleitung sei allein die Spezialregelung des § 9 Abs. 1 [X.] und damit der [X.] maßgeblich. Vormalig geleistete Tätigkeitsjahre seien unbeachtlich.

Das Arbeitsgericht hat die im erstinstanzlichen Verfahren gestellten Klageanträge abgewiesen. Das [X.] hat das Urteil des Arbeitsgerichts auf die Berufung des [X.] abgeändert und den im Berufungsverfahren erweiterten Klageanträgen stattgegeben. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision begehrt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Entgegen der Auffassung des [X.] ist die Berufung zurückzuweisen und die weitergehende Klage abzuweisen.

A. Die im Berufungsverfahren zuletzt gestellten [X.] sind teilweise unzulässig, im Übrigen unbegründet.

I. Die Feststellungsklage ist teilweise unzulässig. Dem zu Ziffer 3 gestellten Feststellungsantrag fehlt das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse, soweit er sich für die [X.] vom 1. Juli 2019 bis zum 31. Oktober 2020 mit der zu Ziffer 1 und 2 erhobenen Leistungsklage überschneidet. Der Kläger hat nicht vorgetragen, welches über die mit der Leistungsklage verfolgte Zahlung hinausgehende Interesse für diesen [X.]raum an der begehrten Feststellung besteht. Deshalb ist die Klage auch nicht als Zwischenfeststellungsklage nach § 256 Abs. 2 ZPO zulässig (vgl. [X.] 25. März 2021 - 6 [X.] - Rn. 17).

II. Im Übrigen sind die [X.] unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung nach [X.] 3 [X.] [X.] AG seit dem 1. Juli 2019 und Anrechnung von 145 Tätigkeitstagen aus seiner Vorbeschäftigung bei der [X.] im Rahmen der Stufenlaufzeit. Die bei der [X.] vor dem 1. Juli 2019 verbrachte [X.] bleibt nach dem allein maßgeblichen § 9 Abs. 1 [X.] bei der [X.] ab dem 1. Juli 2019 unberücksichtigt. Das verletzt Art. 3 Abs. 1 GG nicht.

1. Das Arbeitsverhältnis der Parteien richtet sich seit dem 8. Juli 2019 unstreitig aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit nach den bei der [X.] geltenden Haustarifverträgen. Der Kläger unterfällt als Beschäftigter, dessen Arbeitsverhältnis von einer [X.] gemäß § 324 UmwG iVm. § 613a BGB auf die Beklagte übergegangen ist, nach § 1 [X.] dem Geltungsbereich dieses Tarifvertrags. § 2 Abs. 1 [X.] stellt die Anwendbarkeit der Haustarifverträge klar.

2. Bezogen auf die erstmalige Zuordnung zu einer Gruppenstufe nach der Überleitung zum 1. Juli 2019 sind allein und abschließend die Vorgaben des § 9 [X.] maßgeblich. Dies ergibt sich aus dessen Wortlaut und seinem systematischen Zusammenhang mit anderen Vorschriften des Überleitungsrechts und den allgemeinen [X.]sregeln des § 4 [X.] AG idF des TV Änderung [X.] (vgl. zur Tarifauslegung [X.] 7. Februar 2019 - 6 [X.] - Rn. 27 mwN).

a) Hinsichtlich der Überleitung und Entgeltsicherung der von dem Übergang betroffenen Arbeitnehmer enthält der Zweite Teil des [X.], welche in inhaltlichem Bezug zum Vergütungssystem des [X.] AG stehen und dieses zwar nicht vollständig ersetzen, aber punktuell ergänzen. § 9 Abs. 1 Satz 1 [X.] regelt „die Zuordnung zur Gruppenstufe innerhalb der [X.] gemäß § 4 Absatz 1 Buchstabe b) des [X.] AG“. Durch den Verweis auf § 4 Abs. 1 Buchst. b [X.] AG wird klargestellt, dass die übergeleiteten Arbeitnehmer hinsichtlich der Stufenlaufzeiten wie nach dem 30. Juni 2019 neu eingestellte Arbeitnehmer behandelt werden, obwohl ihre Arbeitsverhältnisse von Gesetzes wegen auf die Beklagte übergegangen sind (§ 324 UmwG iVm. § 613a Abs. 1 BGB). Dementsprechend gibt § 9 Abs. 1 [X.] selbst keine Stufenlaufzeiten vor, sondern bestimmt - wie sich aus § 9 Abs. 1 Satz 2 [X.] ergibt - nur die „erstmalige“ Zuordnung zur Gruppenstufe nach der Überleitung. Bereits diese Regelungssystematik bedingt, dass anschließend die Stufenlaufzeit nach § 4 Abs. 1 Buchst. b [X.] AG bei Null beginnt.

b) Zudem kommt es nach § 9 Abs. 1 Satz 1 [X.] für die erstmalige [X.] nicht auf die bei der [X.] ggf. im Rahmen eines früheren Arbeitsverhältnisses bereits zurückgelegten Tätigkeitsjahre an, sondern allein auf den Vergleich des bisherigen [X.] mit dem neuen Bruttojahresbezugsentgelt. § 9 Abs. 1 Satz 1 [X.] nimmt nicht auf § 4 Abs. 1 Satz 1 [X.] AG Bezug, sondern begründet entgegen der Auffassung des [X.] mit der Maßgeblichkeit des [X.]s ein eigenständiges, abgeschlossenes Zuordnungssystem. Dies korrespondiert mit § 9 Abs. 1 Satz 2 [X.], welcher nicht auf tatsächlich bei der [X.] erbrachte Tätigkeitsjahre abstellt, sondern für den Fall einer aufgrund § 9 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b oder c [X.] erfolgenden erstmaligen Zuordnung in die [X.] oder höher die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 [X.] AG eigentlich erforderlichen Tätigkeitsjahre fingiert. Damit wird einerseits klargestellt, dass eine Zuordnung zur [X.] oder höher sogar ohne jedwede Vorbeschäftigung bei der [X.] erfolgen kann. Andererseits folgt daraus, dass im Rahmen von [X.] bei der [X.] bereits erbrachte Tätigkeitsjahre für die erstmalige Zuordnung nicht zu berücksichtigen sind, weil sie für den bloßen [X.] ohne Bedeutung sind. § 9 Abs. 1 Satz 2 [X.] bringt zum Ausdruck, dass für die [X.] nach der Überleitung weder ein „Nachholen“ nicht erbrachter Tätigkeitszeiten noch eine Übernahme von Restlaufzeiten aus früheren Tätigkeiten vorgesehen ist. Letztlich etabliert § 9 Abs. 1 [X.] für die von der Überleitung betroffenen Arbeitnehmer eine ausschließlich anhand des [X.]s determinierte Besitzstandssicherung. Da es hierfür auch nicht auf die bei der jeweiligen [X.] erbrachten Tätigkeitsjahre ankommen kann, haben die Tarifvertragsparteien mit § 9 Abs. 1 Satz 3 [X.] eine diesbezügliche weitere Klarstellung vorgenommen.

c) Bestätigt wird dieses Tarifverständnis durch die mit §§ 10 bis 12 [X.] vorgenommene weitere Entgeltsicherung. Auch der damit ermöglichte Erhalt persönlicher Ausgleichszulagen gründet sich auf einen [X.]. Dieser bezieht sich hinsichtlich des [X.] auf das neue Monatsgrundentgelt „gemäß § 2 [X.] [X.] m. § 9 Absatz 1 dieses Tarifvertrages“ (vgl. § 10 Abs. 2, § 11 Abs. 2, § 12 Abs. 1 [X.]). Die Aufzehrung einer persönlichen Zulage stellt auf dieses Monatsgrundentgelt und den „Aufstieg in den [X.] einer [X.] gemäß § 4 [X.] AG“ ab (vgl. § 11 Abs. 2 Satz 1, § 12 Abs. 2 Satz 1 [X.]). Auch dies belegt, dass sich die erstmalige [X.] zum 1. Juli 2019 nur nach § 9 Abs. 1 [X.] richtet und daran anknüpfend für den weiteren Stufenaufstieg die in § 4 Abs. 1 Buchst. b [X.] AG festgelegte Stufenlaufzeit durchmessen werden muss. Die vom Kläger angenommene, sich gleichsam unmittelbar nach der erstmaligen [X.] vollziehende Anrechnung früher erbrachter Tätigkeitsjahre auf die Stufenlaufzeit würde hingegen zu einer mit dieser Systematik nicht in Einklang zu bringenden Verkürzung der ab dem 1. Juli 2019 beginnenden Stufenlaufzeit führen.

d) Dem [X.] ist auch im Übrigen nicht zu entnehmen, dass eine Berücksichtigung vormals erbrachter Tätigkeitsjahre bei der [X.] zum 1. Juli 2019 nach § 4 Abs. 1 Satz 1 [X.] AG iVm. der hierzu verfassten Protokollnotiz erfolgen soll. Angesichts des unmissverständlichen Willens der Tarifvertragsparteien, mit dem [X.] eine umfassende Überleitungsregelung mit eigenständiger Besitzstandssicherung für die [X.]zuordnung zu schaffen, wäre für die vom Kläger begehrte Anrechnung seiner früheren Tätigkeitszeiten vielmehr erforderlich gewesen, dass die Tarifvertragsparteien eine Durchbrechung dieses Regelsystems ausdrücklich vereinbaren.

3. Die tariflich bestimmte Nichtberücksichtigung von bei der [X.] vor einer Beschäftigung bei einer [X.] verbrachten Tätigkeitszeiten verstößt entgegen der Ansicht des [X.] nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Tarifvertragsparteien haben den ihnen zustehenden Gestaltungsspielraum (vgl. hierzu [X.] 15. Oktober 2021 - 6 [X.] - Rn. 38 mwN; 19. Dezember 2019 - 6 [X.] - Rn. 19 ff., [X.]E 169, 163) bezüglich der ab dem 1. Juli 2019 geltenden [X.]sregelungen nicht überschritten. Sie haben mit § 4 [X.] AG idF des TV Änderung [X.] iVm. § 9 [X.] ein abschließendes [X.]ssystem für verschiedene Beschäftigtengruppen geschaffen und damit deren spezifischer Situation sowie den gruppenbezogenen Arbeitgeberinteressen in nicht zu beanstandender Weise Rechnung getragen.

a) § 4 Abs. 1 Buchst. a [X.] AG sichert den Besitzstand der zum Stichtag bereits Beschäftigen, während § 4 Abs. 1 Buchst. b Satz 1 [X.] AG für ab dem 1. Juli 2019 neu eingestellte Arbeitnehmer Verlängerungen der Stufenlaufzeiten vorsieht und damit dem Interesse der Arbeitgeberseite an einer Kostenreduzierung Rechnung trägt. Eine Sonderregelung wurde mit § 4 Abs. 1 Buchst. b Satz 2 und Satz 3 [X.] AG für die Arbeitnehmer vereinbart, welche innerhalb von 24 Monaten nach Ende eines am 30. Juni 2019 bestehenden Arbeitsverhältnisses erneut eingestellt wurden. Damit sollte offensichtlich durch eine erweiterte Besitzstandssicherung eine zeitnahe Rückkehr für ehemalige Arbeitnehmer attraktiver gemacht werden.

b) Die von § 9 [X.] erfassten Beschäftigten der ehemaligen [X.]en unterfallen bezüglich der erstmaligen [X.] demgegenüber - wie dargelegt - einer entgeltbezogenen Besitzstandssicherung und werden ausweislich § 9 Abs. 1 Satz 1 [X.] hinsichtlich der Stufenlaufzeit wie nach dem 30. Juni 2019 neu eingestellte Arbeitnehmer behandelt. Dieser Gleichlauf ist nachvollziehbar, weil beide Gruppen bis dahin in einem Arbeitsverhältnis zu einem anderen Arbeitgeber standen. Gemeinsam ist beiden Gruppen auch, dass sie Arbeitnehmer beinhalten können, die vor dem vorangegangenen Arbeitsverhältnis bereits bei der [X.] beschäftigt waren und deshalb dort Tätigkeitsjahre erbracht haben. Vor diesem Hintergrund sieht sich der Kläger in unzulässiger Weise gegenüber den von § 4 Abs. 1 Buchst. b Satz 2 und Satz 3 [X.] AG erfassten, dh. innerhalb von 24 Monaten erneut eingestellten Arbeitnehmern benachteiligt. Hierbei lässt er jedoch außer Betracht, dass diese Wiedereinstellungen auf einer freien Entscheidung der [X.] beruhen. Mit der Regelung des § 4 Abs. 1 Buchst. b Satz 2 und Satz 3 [X.] AG haben die Tarifvertragsparteien es der [X.] ermöglicht, gezielt bewährte frühere Mitarbeiter zurückzugewinnen. Anders verhält es sich mit den durch die Verschmelzung von Gesetzes wegen (§ 324 UmwG iVm. § 613a BGB) übergegangenen Arbeitnehmern der vormaligen [X.]en. Bezüglich deren Übernahme hatte die Beklagte keine Wahl, es bestand kein Anlass für die Schaffung eines Anreizes zum Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags. Dies durften die Tarifvertragsparteien bei ihrer Gruppenbildung berücksichtigen.

4. Die [X.] sind folglich allesamt unbegründet.

a) Der Kläger kann die begehrte Berücksichtigung der vom 21. Dezember 2009 bis zum 31. Dezember 2014 bei der [X.] verbrachten Tätigkeitszeit wie dargelegt nicht auf § 4 Abs. 1 Satz 1 [X.] AG stützen. Die Voraussetzungen für eine Zuordnung zur Gruppenstufe 1 nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b oder c [X.] erfüllt der Kläger nicht. Vielmehr führt der [X.] nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a [X.] unstreitig zu einer Zuordnung in die Gruppenstufe 0 zum 1. Juli 2019.

b) Aus § 324 UmwG iVm. § 613a Abs. 1 BGB kann der Kläger die streitgegenständlichen Ansprüche nicht ableiten. Er begründet die geforderte Anrechnung der Vorbeschäftigungszeiten nicht mit einer Rechtsgrundlage, welche bereits bei der [X.] bestanden hat und deshalb von § 613a BGB geschützt wäre (vgl. [X.] 12. September 2013 - 6 [X.] - Rn. 42). Der Kläger geht vielmehr selbst davon aus, dass allein die seit dem 1. Juli 2019 geltenden Haustarifverträge der [X.] für die [X.] maßgeblich sind.

B. Der zu Ziffer 5 gestellte Hilfsantrag fiel dem Senat wegen des Unterliegens des [X.] mit dem zu Ziffer 4 gestellten Hauptantrag zur Entscheidung an. Er ist aus den genannten Gründen ebenfalls unbegründet.

C. Der Kläger hat gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

        

    Spelge    

        

    Heinkel    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    Kohout    

        

    Niklas Benrath    

                 

Meta

6 AZR 255/21

24.03.2022

Bundesarbeitsgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Rostock, 14. Juli 2020, Az: 3 Ca 463/20, Urteil

§ 1 TVG, Art 3 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.03.2022, Az. 6 AZR 255/21 (REWIS RS 2022, 2499)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 2499

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