Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29.01.2019, Az. 4 StR 593/18

4. Strafsenat | REWIS RS 2019, 10959

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Urkundsqualität von ausländischen Kennzeichen


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 4. Juli 2018 mit den Feststellungen aufgehoben.

2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit versuchter Hehlerei, Urkundenfälschung und Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

2

1. [X.] hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

3

a) Bereits die Verurteilung wegen - tateinheitlich begangener - Urkundenfälschung hat keinen Bestand, da unklar bleibt, ob die an dem vom Angeklagten geführten Pkw angebrachten [X.] Kennzeichen zusammen mit dem Fahrzeug [X.] besaßen. Das angefochtene Urteil verhält sich zur konkreten Beschaffenheit dieser Kennzeichen nicht. Diesbezüglich hätte es indes näherer Feststellungen im Urteil bedurft, da sich die Eigenschaft von an Fahrzeugen angebrachten Kennzeichen als (zusammengesetzte) Urkunde im Sinne des § 267 StGB, zumal bei ausländischen Kennzeichen, nicht von selbst versteht (vgl. [X.], Urteil vom 7. September 1962 - 4 StR 266/62, [X.]St 18, 66, 70 [zu ungestempelten oder entstempelten Kennzeichen]; Beschlüsse vom 16. Mai 1989 - 1 StR 227/89, [X.]R StGB § 267 Abs. 1 Urkunde 3 [zu ausländischen Kennzeichen]; vom 23. August 2017 - 1 [X.], [X.], 344 [zu [X.]]; [X.] in [X.], 3. Aufl., § 267 Rn. 80 mit [X.]. 185; [X.] in [X.], 12. Aufl., § 267 Rn. 148).

4

b) Es kommt daher nicht mehr entscheidungserheblich darauf an, dass auch der Schuldspruch wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet. Unbeschadet des Umstands, dass sich das angefochtene Urteil nicht zu der Höhe des an dem zivilen Polizeifahrzeug entstandenen Sachschadens verhält (vgl. zu der insoweit maßgeblichen Wertgrenze von 750 Euro [X.], Beschlüsse vom 28. September 2010 - 4 StR 245/10, [X.], 215; vom 4. Dezember 2012 - 4 [X.], [X.], 167; vom 21. Mai 2015 - 4 StR 164/15, [X.], 702, 703), ist - zumal vor dem Hintergrund, dass der genaue Unfallhergang unklar geblieben ist und die Strafkammer von einem „misslungenen Manöver“ des Angeklagten ausgegangen ist ([X.]) - der von ihr angenommene [X.] des Angeklagten nicht hinreichend belegt (vgl. zu den Anforderungen an die Feststellung des [X.]es bei § 315c StGB [X.], Beschlüsse vom 22. August 1995 - 4 StR 456/95, [X.]R StGB § 315c Abs. 1 Nr. 1a Vorsatz 2; vom 13. Januar 2016 - 4 StR 532/15, [X.], 216, 217; [X.] in [X.]/[X.]/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 45. Aufl., § 315c StGB Rn. 48).

5

2. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass das neue Tatgericht Gelegenheit haben wird, die konkreten Umstände des Unfallgeschehens - etwa die Abstände der Fahrzeuge zueinander sowie zu der Leitplanke - eingehender, als dies bislang erfolgt ist, darzulegen.

6

Bei der Strafzumessung wird das neue Tatgericht Gelegenheit haben zu verdeutlichen, welchen Strafrahmen es für anwendbar erachtet. Zudem wird es zu beachten haben, dass eine strafschärfende Berücksichtigung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 315c Abs. 1 StGB - etwa das „bewusste Hinwegsetzen über elementare Verkehrsregeln“ ([X.]), die „bewusste“ Inkaufnahme einer Kollision oder auch ein (rücksichtsloses) Handeln aus eigennützigen Motiven ([X.]) - gegen § 46 Abs. 3 StGB verstößt. Auch die dem Angeklagten angelastete vielfache Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ist bislang weder festgestellt noch belegt.

Sost-Scheible     

        

Cierniak     

        

Bender

        

Feilcke     

        

[X.]     

        

Meta

4 StR 593/18

29.01.2019

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Neuruppin, 4. Juli 2018, Az: 11 KLs 15/18

§ 267 Abs 1 StGB, § 315b StGB, § 315c Abs 1 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29.01.2019, Az. 4 StR 593/18 (REWIS RS 2019, 10959)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 10959

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

4 StR 377/21 (Bundesgerichtshof)

Verbotenes Kraftfahrzeugrennen mit Todesfolge: Anforderungen an einen bedingten Gefährdungsvorsatz


4 StR 164/15 (Bundesgerichtshof)

Vorsätzliche Straßenverkehrsgefährdung durch Vorfahrtverletzung und falsches Fahren am Fußgängerüberweg: Anforderungen an die Urteilsfeststellungen


4 StR 597/16 (Bundesgerichtshof)

Straßenverkehrsgefährdung: Drogentransport unter Drogeneinfluss nebst Polizeiflucht


4 StR 164/15 (Bundesgerichtshof)


4 StR 146/19 (Bundesgerichtshof)

Revision in Strafsachen: Auslegung einer widersprüchlichen Revisionsbegründung; Gefährdung des Straßenverkehrs: Panikstörung als Grundlage einer Fahrunsicherheit …


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.