Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.02.2014, Az. IX ZR 164/13

9. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 7704

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Gegenstand

Insolvenzanfechtung: Freiwerden einer Gesellschaftersicherheit infolge der Darlehensrückführung durch die Gesellschaft


Leitsatz

1. Führt die Gesellschaft einen von ihrem Gesellschafter besicherten Kontokorrentkredit zurück, indem der vorläufige Insolvenzverwalter Einziehungsaufträge und Abbuchungsermächtigungen widerruft, kann die dadurch bedingte Befreiung von der Sicherung gegenüber dem Gesellschafter angefochten werden.

2. Die Begleichung einer nach Verfahrenseröffnung als Insolvenzforderung zu qualifizierenden Verbindlichkeit durch einen vorläufigen Insolvenzverwalter, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist, unterliegt grundsätzlich der Insolvenzanfechtung.

3. Es spricht ein Anscheinsbeweis dafür, dass in dem eröffneten Verfahren die Insolvenzmasse nicht ausreicht, um alle Gläubigeransprüche zu befriedigen.

4. Wer für ein der Gesellschaft gewährtes Darlehen eine Sicherung übernimmt und später Gesellschafter wird, unterliegt der Insolvenzanfechtung nach § 135 Abs. 2 InsO.

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 5. Zivilsenats des [X.] vom 2. Juli 2013 aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 31. Zivilkammer des [X.] vom 15. November 2012 wird zurückgewiesen.

Der Beklagten fallen die Kosten der Rechtsmittelverfahren zur Last.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger ist Verwalter in dem auf den Eigenantrag vom 30. Juni 2009 über das Vermögen der [X.].     [X.] (nachfolgend: [X.]uldnerin) am 1. September 2009 eröffneten Insolvenzverfahren. Unmittelbar nach Antragseingang wurde er von dem Insolvenzgericht durch Beschluss vom 30. Juni 2009 zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt bestellt und ermächtigt, über Konten der [X.]uldnerin zu verfügen.

2

Alleingesellschafter und Geschäftsführer der [X.]uldnerin war der am 30. Dezember 2008 verstorbene H.   [X.].    , in dessen Rechtsstellung die [X.] als seine Ehefrau und Alleinerbin auch hinsichtlich seiner gesellschaftsrechtlichen Funktionen eingerückt ist. Zur Sicherung eines von der [X.]uldnerin bei der [X.](fortan: S.       ) unterhaltenen [X.] hatte H.   [X.].    eine unbeschränkte Bürgschaft übernommen und die [X.] eine Grundschuld über 1,8 Mio. DM bestellt.

3

Der [X.] des bei der S.     geführten [X.] der [X.]uldnerin belief sich am 30. Dezember 2008 auf 764.140,31 € und am 2. Januar 2009 auf 772.758,28 €. Infolge verschiedener Zahlungen der [X.]n ermäßigte er sich bis zum 30. Juni 2009 auf 127.557,37 €. Da der Kläger unmittelbar nach seiner Bestellung zum vorläufigen Verwalter gegenüber der S.       alle Einziehungs- und Abbuchungsaufträge sowie [X.] widerrief und die Zustimmung für alle noch zu genehmigenden Lastschriften im Einziehungsermächtigungsverfahren verweigerte, wurde der [X.] vollumfänglich zurückgeführt und ein Guthaben in Höhe von 176.680,74 € zugunsten der Masse ausgekehrt.

4

Der Kläger nimmt die [X.] im Wege der Insolvenzanfechtung auf Zahlung von 122.928,82 € in Anspruch. Nach Stattgabe durch das [X.] hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Wiederherstellung des Urteils des [X.].

I.

6

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, eine Gläubigerbenachteiligung sei gegeben, weil die vorhandene Masse nicht ausreiche, um die Forderungen aller Gläubiger zu erfüllen. Innerhalb der Jahresfrist des § 135 Abs. 2, Abs. 1 Nr. 2 [X.] sei von dem höchsten [X.] auszugehen, der statt 772.758,28 € infolge von Berichtigungen der [X.] lediglich 764.140,31 € betragen habe. Die Anfechtung greife jedoch nicht durch, weil es an einer Rechtshandlung der Schuldnerin mangele. Rechtshandlungen des vorläufigen Insolvenzverwalters könnten angefochten werden, wenn er im Namen des Schuldners mit entsprechender Vollmacht auftrete. So liege es hier nicht. Zwar sei der Kläger zum schwachen vorläufigen Verwalter bestellt worden, wobei Verfügungen der Schuldnerin seiner Zustimmung bedurft hätten. Die dem Kläger erteilte Ermächtigung, über Konten der Schuldnerin zu verfügen, gehe jedoch über einen Zustimmungsvorbehalt hinaus und verschaffe ihm die Rechtsstellung eines starken vorläufigen Verwalters. Handle ein vorläufiger Verwalter ausschließlich aufgrund einer gerichtlichen Ermächtigung, so könne dieses Handeln dem Schuldner nicht zugerechnet werden.

II.

7

Diese Ausführungen halten im entscheidenden Punkt rechtlicher Prüfung nicht stand. Die Klageforderung findet ihre Grundlage in § 143 Abs. 3 Satz 1, § 135 Abs. 2 [X.]. Anfechtbar ist gemäß § 135 Abs. 2 [X.] eine Rechtshandlung, mit der eine Gesellschaft einem [X.] für eine Forderung auf Rückgewähr eines Darlehens im letzten Jahr vor dem Eröffnungsantrag oder nach diesem Antrag Befriedigung gewährt hat, wenn der Gesellschafter für die Forderung eine Sicherheit gestellt hatte oder als Bürge haftete. Der Gesellschafter hat dann die dem [X.] gewährte Leistung gemäß § 143 Abs. 3 Satz 1 [X.] zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Voraussetzungen der angeführten Vorschriften sind im Streitfall erfüllt.

8

1. Die Tilgung des zugunsten der [X.]von der [X.]n als Gesellschafterin gesicherten Darlehens erfolgte entgegen der Würdigung des Berufungsgerichts auf der Grundlage einer Rechtshandlung der Schuldnerin.

9

a) Die Vorschrift des § 135 Abs. 2 [X.] setzt als Rechtshandlung der Gesellschaft eine Darlehensrückführung voraus, durch die eine Sicherheit des Gesellschafters frei wird. Der Begriff der Rechtshandlung ist weit auszulegen. Rechtshandlung ist jedes von einem Willen getragene Handeln vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens, das eine rechtliche Wirkung auslöst ([X.], Urteil vom 4. Juli 2013 - [X.], [X.]Z 198, 77 Rn. 15). Die Rückführung eines [X.] beruht stets auch auf einer Rechtshandlung des Schuldners, weil etwaige Zahlungen nur nach Maßgabe der zwischen ihm und seinem Kreditinstitut getroffenen [X.] entfalten. Mit Rücksicht auf die [X.] liegt selbst einer von dem Gesellschafter aus Eigenmitteln bewirkten Darlehensrückzahlung - wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils erkannt hat - eine Rechtshandlung der GmbH als Schuldnerin zugrunde ([X.], aaO Rn. 16). Nicht anders verhält es sich, wenn die Darlehensrückführung - wie im Streitfall - auch durch Kontoverfügungen des vorläufigen Verwalters veranlasst wurde, gleich ob er nur mitbestimmend (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 [X.]) tätig oder mit voller Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis ausgestattet (§ 22 Abs. 1 Satz 1, § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 1 [X.]) ist. Auch hier vollzieht sich die Darlehensrückführung ungeachtet der von dem Kläger als vorläufigem Verwalter gegenüber der [X.]abgegebenen Widerrufserklärungen auf dem Boden der von der Schuldnerin mit der S.     geschlossenen Kontokorrentvereinbarung.

b) Selbst wenn man mit dem Berufungsgericht eine Darlehensrückführung allein durch die von dem Kläger als vorläufigem Insolvenzverwalter getroffenen Kontoverfügungen zugrundelegt, wären anfechtbare Rechtshandlungen der Schuldnerin gegeben.

aa) Rechtshandlungen des späteren Insolvenzschuldners, denen der vorläufige Insolvenzverwalter zugestimmt hat, oder des vorläufigen Insolvenzverwalters, der namens und in Vollmacht des en Insolvenzschuldners gehandelt hat, können jedenfalls dann, wenn kein allgemeines Verfügungsverbot angeordnet war, nach den Vorschriften der §§ 129 ff [X.] angefochten werden ([X.], Urteil vom 13. März 2003 - [X.], [X.]Z 154, 190, 194; vom 9. Dezember 2004 - [X.], [X.]Z 161, 315, 318; vom 30. September 2010 - [X.], [X.], 2167 Rn. 10; vom 21. Oktober 2010 - [X.], Z[X.] 2010, 2293 Rn. 11; vom 10. Januar 2013 – [X.], Z[X.] 2013, 551 Rn. 16). Sofern dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt wurde (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 1 [X.]), entspricht die Rechtsstellung des vorläufigen Verwalters wegen der auf ihn übergegangenen allgemeinen Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis (§ 22 Abs. 1 Satz 1 [X.]) der eines endgültigen Insolvenzverwalters. Rechtshandlungen dieses Verwalters sind unanfechtbar, soweit er als Organ der Insolvenzmasse Masseverbindlichkeiten (§ 55 Abs. 2 Satz 1 [X.]) begründet, besichert oder tilgt. Im Interesse des schutzwürdigen Vertrauens des Rechtsverkehrs darf die Begründung von [X.] nicht anfechtungsrechtlich rückabgewickelt werden (MünchKomm-[X.]/[X.], 3. Aufl., § 129 Rn. 44 mwN; HK-[X.]/[X.], 6. Aufl., § 129 Rn. 32; [X.]/[X.], [X.], § 22 Rn. 226). Diese Beurteilung gilt auch für Rechtshandlungen eines vorläufigen Verwalters, der - wie hier - ohne Übertragung der allgemeinen Verfügungsbefugnis kraft Einzelermächtigung (vgl. [X.], Urteil vom 18. Juli 2002 - [X.], [X.]Z 151, 353, 365 ff) wirksam Masseverbindlichkeiten begründen darf (HK-[X.]/[X.], aaO; noch offen gelassen in [X.], Urteil vom 9. Dezember 2004, aaO).

bb) Keinen aus Erwägungen des Vertrauensschutzes hergeleiteten Bedenken unterliegt dagegen die Anfechtbarkeit, wenn der mit einer allgemeinen Verfügungsbefugnis oder einer Einzelermächtigung versehene vorläufige Verwalter Altverbindlichkeiten der künftigen Masse erfüllt oder besichert, die nach Verfahrenseröffnung als Insolvenzforderungen (§ 38 [X.]) zu bewerten wären. Führt seine Mitwirkung an Schuldnerhandlungen nicht zu einer Masseschuld, ist die Stellung des vorläufigen Verwalters der eines endgültigen Verwalters nicht derart angenähert, dass eine Anfechtung seiner Rechtshandlungen von vornherein ausscheidet (vgl. [X.], Urteil vom 9. Dezember 2004, aaO). [X.] oder besichert der voll verfügungsbefugte vorläufige Verwalter [X.] der künftigen Masse, unterliegen diese Rechtshandlungen grundsätzlich der Anfechtung ([X.], Z[X.] 2005, 1221 f; [X.], [X.] 2005, 167 f; [X.]. [X.], [X.] 2005, 392, 393; Kirchhof, Z[X.] 2000, 297, 298 f; [X.]/[X.], [X.], 430, 432; MünchKomm-[X.]/[X.], aaO; FK-[X.]/[X.], 7. Aufl., § 129 Rn. 30; HmbKomm-[X.]/[X.]/[X.], 4. Aufl., § 129 Rn. 21; im Ergebnis ebenfalls HK-[X.]/[X.], 6. Aufl., § 129 Rn. 32; [X.] in [X.]/[X.]/Ringstmeier, [X.], § 129 Rn. 61; a.A. [X.]/[X.], [X.], § 22 Rn. 228 f; Bork, Einführung in das Insolvenzrecht, 6. Aufl., Rn. 208; [X.]/[X.], [X.], 4. Aufl., § 46 Rn. 32). Wie bei Rechtshandlungen eines mitbestimmenden vorläufigen Insolvenzverwalters scheidet eine Anfechtung nur aus, wenn - wofür im Streitfall kein [X.]altspunkt ersichtlich ist - der Leistungsempfänger auf die Rechtsbeständigkeit des Verhaltens des vorläufigen Verwalters tatsächlich vertraut hat und dieses Vertrauen schutzwürdig ist ([X.], Urteil vom 9. Dezember 2004 - [X.], [X.]Z 161, 315, 320; vom 15. Dezember 2005 - [X.], [X.]Z 165, 283, 286; vom 10. Januar 2013 - [X.], Z[X.] 2013, 551 Rn. 16).

2. Gegenstand der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 [X.] ist die Befreiung des Gesellschafters von der von ihm für ein Drittdarlehen übernommenen Sicherung ([X.], Urteil vom 1. Dezember 2011 - [X.], [X.]Z 192, 9 Rn. 7). Infolge der Darlehensbegleichung durch die Schuldnerin wurde die [X.] als [X.] sowohl von der [X.] (§ 765 BGB) als auch der Grundschuldbelastung (§ 1191 BGB) befreit (§ 135 Abs. 2 [X.]).

Die von dem Ehemann zugunsten der [X.]erteilte umfassende Bürgschaft war wirksam, weil er - wie auch die [X.] als seine Rechtsnachfolgerin im Amt des Geschäftsführers - Art und Höhe der Verbindlichkeiten seiner Gesellschaft beeinflussen konnte (vgl. [X.], Urteil vom 16. Dezember 1999 - [X.], [X.], 1179, 1181 f). Die von der [X.]n übernommene Grundschuld unterliegt ebenfalls keinen Gültigkeitsbedenken. Neben der in § 135 Abs. 2 [X.] ausdrücklich erwähnten Bürgschaft werden vom Wortlaut der Vorschrift alle Sicherheiten im weitesten Sinne (vgl. [X.], Urteil vom 12. Dezember 1988 - [X.], NJW 1989, 1733, 1734), mithin auch eine Grundschuld als Sachsicherheit ([X.] in [X.], [X.], 2013, § 135 Rn. 33), erfasst (vgl. [X.], Urteil vom 4. Dezember 1995 - [X.], NJW 1996, 720, wo ebenfalls Bürgschaft und Grundschuld erbracht wurden).

Die Grundschuld hat nicht deshalb als Gesellschaftersicherheit unberücksichtigt zu bleiben, weil sie von der [X.]n bestellt wurde, bevor sie in die Gesellschafterstellung eingerückt ist. Die Anfechtung von Gesellschafterhilfen setzt lediglich voraus, dass ein Gesellschafter innerhalb der jeweiligen Anfechtungsfristen eine Sicherung (§ 135 Abs. 1 Nr. 1 [X.]) oder eine Befriedigung (§ 135 Abs. 1 Nr. 2 [X.]) für ein Darlehen oder - wie hier - eine Befreiung von einer für ein Gesellschaftsdarlehen übernommenen Sicherung (§ 135 Abs. 2 [X.]) erlangt hat. Da es im Unterschied zum Eigenkapitalersatzrecht nicht mehr auf eine innerhalb der Anfechtungsfrist getroffene Finanzierungsentscheidung ankommt, unterliegt nach einhelliger Auffassung auch ein Darlehens- oder Sicherungsgeber als Gesellschafter nach Maßgabe des § 135 [X.] der Anfechtung, wenn er seine Beteiligung erst nach Gewährung der Finanzierungshilfe erworben hat ([X.], NJW 2008, 3601, 3603; [X.], [X.], 846, 850; [X.]/[X.], [X.] 2009, 325, 326; HmbKomm-[X.]/[X.], aaO § 39 Rn. 33; HmbKomm-[X.]/[X.], aaO § 135 Rn. 14; [X.]/[X.], [X.], 13. Aufl., § 39 Rn. 45; [X.]/Uhländer/[X.], [X.], § 135 Rn. 13; Graf-Schlicker/Neußner, [X.], 3. Aufl., § 39 Rn. 24; [X.] in [X.], [X.], § 39 Rn. 64; [X.] in [X.]/[X.]/Ringstmeier, [X.], 2. Aufl., § 39 Rn. 32; [X.]/[X.], [X.], 18. Aufl., § 39 Rn. 38; MünchKomm-[X.]/[X.], 3. Aufl., § 135 Rn. 22; Kirchhof, [X.], 2012, § 6 Rn. 20; [X.]/[X.], [X.], 4. Aufl., § 92 Rn. 371; [X.]/[X.]/[X.], GmbHG, 20. Aufl., § 30 [X.] Rn. 31; [X.]/[X.], GmbHG, 10. Aufl., Nachtrag MoMiG §§ 32a/[X.] Rn. 21; [X.]/Inhester/Kolmann, GmbHG, 2. Aufl., [X.] § 30 Rn. 74).

Die Darlehenstilgung durch die Schuldnerin hat bewirkt, dass die [X.] von beiden Sicherungen frei geworden ist. Die Erfüllung der gesicherten Hauptforderung führt nach Maßgabe des Akzessorietätsgrundsatzes (§ 767 Abs. 1 Satz 1 BGB) zum Erlöschen der Bürgschaft ([X.], Urteil vom 22. Oktober 1975 - [X.], [X.], 1235, 1236) und begründet außerdem einen schuldrechtlichen Anspruch auf Rückgewähr der Grundschuld ([X.], Urteil vom 9. Februar 1989 - [X.], [X.]Z 106, 375, 378).

3. Die Erfüllung des Darlehens der S.      aus eigenen Mitteln der Schuldnerin, die zwischen Antragstellung und Verfahrenseröffnung und mithin innerhalb der Anfechtungsfrist des § 135 Abs. 2, Abs. 1 Nr. 2 [X.] erfolgt ist, hat wegen der damit verbundenen Befreiung der [X.]n von ihren Sicherungen eine Gläubigerbenachteiligung ausgelöst.

a) In der Insolvenz der Schuldnerin wäre die [X.]gemäß § 44a [X.] gehalten gewesen, sich vorrangig aus der von der [X.]n gestellten Sicherung zu befriedigen ([X.], Urteil vom 1. Dezember 2011 - [X.], [X.]Z 192, 9 Rn. 9 f). Vor Verfahrenseröffnung war die [X.] verpflichtet, die Schuldnerin von einer Inanspruchnahme durch die [X.] als Darlehensgeberin freizustellen (vgl. Kirchhof, [X.], 2012, § 6a Rn. 12; [X.], Urteil vom 20. Juli 2009 - [X.], [X.], 1798 Rn. 16 mwN). In diesem Fall hätte ihre Regressforderung im Rang nach den Insolvenzforderungen (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 [X.]) gestanden ([X.], Urteil vom 1. Dezember 2011, aaO Rn. 10). [X.] entgegen diesen Grundsätzen die [X.], unterwirft § 135 Abs. 2 [X.] die damit verbundene Befreiung des Gesellschafters von seiner Sicherung der Anfechtung ([X.], Urteil vom 1. Dezember 2011, aaO Rn. 7). Der Regelung des § 135 Abs. 2 [X.] liegt der [X.] zugrunde, dass es wirtschaftlich einer Darlehensgabe des Gesellschafters an seine Gesellschaft (§ 135 Abs. 1 [X.]) entspricht, wenn er einem [X.] für einen der Gesellschaft überlassenen Kredit eine Sicherung gewährt ([X.] in [X.], [X.], 2013, § 135 Rn. 30 f). Aus dieser Erwägung wird eine Gesellschaftersicherung anfechtungsrechtlich wie Vermögen der Gesellschaft behandelt und die Befreiung des Gesellschafters von seiner Sicherung der Rückführung eines Gesellschafterdarlehens gleichgestellt ([X.], [X.], 18. Aufl., § 135 Rn. 24; [X.], Z[X.] 2012, 853, 855; vgl. [X.], Urteil vom 14. Oktober 1985 - [X.], NJW 1986, 429, 430). Deswegen liegt in der auf Kosten der [X.] des Gesellschafters von seiner Sicherung eine Gläubigerbenachteiligung ([X.], Urteil vom 1. Dezember 2011, aaO Rn. 20).

b) Ohne Erfolg macht die Revisionserwiderung geltend, eine Gläubigerbenachteiligung sei nicht gegeben, weil nach dem Inhalt ihres durch Zeugenbeweis unterlegten, von dem Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft übergangenen Vorbringens sämtliche Inhaber bestrittener Forderungen darauf verzichtet hätten, eine Feststellungsklage zu erheben. Diese Darlegung ist nicht geeignet, den hier eingreifenden Anscheinsbeweis einer unzureichenden Insolvenzmasse zu entkräften.

aa) Ausnahmsweise kommt es nicht zu einer Gläubigerbenachteiligung, wenn die Masse ohne die Anfechtung ausreicht, um alle Gläubiger zu befriedigen. Dies erfordert grundsätzlich auch die Deckung solcher Forderungen, gegen die ein Widerspruch erhoben worden ist, weil jener durch eine Feststellungsklage (§ 179 [X.]) beseitigt werden kann ([X.], Urteil vom 19. September 1988 - [X.], [X.]Z 105, 168, 187 f; MünchKomm-[X.]/[X.], 3. Aufl., § 129 Rn. 107; HK-[X.]/[X.], 6. Aufl., § 129 Rn. 62; [X.]/[X.], [X.], 13. Aufl., § 129 Rn. 91; [X.] in [X.]/[X.]/Ringstmeier, [X.], 2. Aufl., § 129 Rn. 112). Grundsätzlich spricht freilich nach der Lebenserfahrung ein Anscheinsbeweis dafür, dass in dem eröffneten Verfahren die Insolvenzmasse nicht ausreicht, um alle Gläubigeransprüche zu befriedigen ([X.], Urteil vom 13. März 1997 - [X.], [X.], 853, 854; vom 22. März 2001 - [X.], [X.], 1038, 1041; vom 7. Februar 2002 - [X.], [X.], 561, 563; MünchKomm-[X.]/[X.], aaO § 129 Rn. 107; [X.]/[X.], aaO § 129 Rn. 131; HK-[X.]/[X.], aaO § 129 Rn. 64; [X.] in [X.]/[X.]/Ringstmeier, aaO § 129 Rn. 120). Zur Entkräftung des Anscheinsbeweises muss sich der [X.] eingehend mit [X.] zum Vermögen des Schuldners gehörenden Posten befassen und aufzeigen, dass es heute noch ausreicht, um alle zu berücksichtigenden Gläubigerforderungen zu tilgen ([X.], Urteil vom 13. März 1997, aaO S. 854 f).

bb) Diesen Anforderungen hat die [X.] mit dem Vorbringen, dass sämtliche Gläubiger bestrittener Forderungen von der Erhebung einer Feststellungsklage Abstand nähmen, nicht genügt. Unter dieser Voraussetzung würde eine Gläubigerbenachteiligung nur ausscheiden, wenn die Masse zur Befriedigung der übrigen Forderungen tatsächlich ausreichte. Dies kann dem Vortrag der [X.]n jedoch nicht entnommen werden. Es fehlt an einer substantiierten Darlegung, dass die Masse zumindest die festgestellten Forderungen abdeckt. Die [X.] hat in der Berufungsbegründung ausgeführt, es sei eine Quote von 80 bis 90 v.H. zu erwarten. In einem weiteren Schriftsatz hat sie den Standpunkt eingenommen, mangels Erhebung von [X.] sei unter Berücksichtigung der aktuell vorhandenen Insolvenzmasse zu prüfen, ob die Gläubiger unter Einschluss der Verfahrenskosten zu 100 v.H. abgefunden werden könnten. Angesichts ihres Hinweises auf die Notwendigkeit einer Prüfung war die [X.] selbst nicht davon überzeugt, dass ein vollständiger Schuldendeckungsgrad erreicht ist. Darum bildet die Annahme, dass die Masse zur Deckung der zu berücksichtigenden Gläubigerforderungen ausreicht, reine Spekulation. Das kursorische Vorbringen lässt eine eingehende Befassung mit [X.] zu dem Vermögen des Schuldners gehörenden Posten bereits im Ansatz vermissen. Bei dieser Sachlage ist der zum Nachteil der [X.]n ausschlagende Anscheinsbeweis nicht entkräftet.

4. Als Rechtsfolge hat der von seiner Sicherung entbundene Gesellschafter gemäß § 143 Abs. 3 Satz 1 [X.] die von der [X.] gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Danach bemisst sich die Klageforderung auf 122.928,82 €.

a) Der Höchstbetrag des von der Schuldnerin im letzten Jahr vor der Insolvenzeröffnung in Anspruch genommenen [X.] bildet den Ausgangspunkt für die Berechnung des gegen die [X.] gerichteten Erstattungsanspruchs. Soweit dieser Betrag aus Mitteln der Schuldnerin zurückgezahlt wurde, greift der Anfechtungsanspruch aus § 143 Abs. 3 Satz 1, § 135 Abs. 2 [X.] gegen die [X.] als [X.] durch (vgl. [X.], Z[X.] 2000, 617, 619 aE).

b) Zwar hat das [X.] den höchsten [X.] des [X.] der Schuldnerin abweichend von dem [X.] anstelle von 772.758,28 € lediglich mit 764.140,31 € veranschlagt, weil der Kontostand vom 2. Januar 2009  durch Berichtigung reduziert worden war. Gleichwohl hat es festgestellt, dass sich der [X.] am 30. Juni 2009 jedenfalls auf 127.557,37 € belaufen hat. Da dieser [X.] nachfolgend von der Schuldnerin ausgeglichen wurde, ist die Klageforderung in Höhe von 122.928,82 € auch auf der Grundlage der Berechnung des Berufungsgerichts begründet. Für eine Haftungsbeschränkung nach § 143 Abs. 3 Satz 2 [X.] ist kein Raum, weil die [X.] zum einen aus einer unbegrenzten Bürgschaft einzustehen hat und zum anderen der Wert der außerdem gewährten Realsicherheit die gesicherte Forderung übersteigt.

5. Schließlich entlastet es die [X.] nicht, wenn infolge der Rückführung des Darlehens gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 2 [X.] auch ein Anfechtungsanspruch gegen die S.      bestehen sollte. Der Kläger hat die Wahl, welchen von mehreren Leistungsempfängern er in Anspruch nimmt ([X.], Urteil vom 19. Januar 2012 - [X.], [X.]Z 192, 221 Rn. 33).

III.

Das angefochtene Urteil ist, weil sich die Revision als begründet erweist, gemäß § 562 Abs. 1 ZPO aufzuheben. Da die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zu [X.] ist, kann der Senat gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden.

Vill                      [X.]                          [X.]

            Grupp                        [X.]

Meta

IX ZR 164/13

20.02.2014

Bundesgerichtshof 9. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG München, 2. Juli 2013, Az: 5 U 5067/12, Urteil

§ 129 Abs 1 InsO, § 135 Abs 2 InsO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.02.2014, Az. IX ZR 164/13 (REWIS RS 2014, 7704)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7704

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