Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 25.06.2010, Az. 20 F 1/10

Fachsenat für Entscheidungen nach § 99 Abs 2 VwGO | REWIS RS 2010, 5426

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Gegenstand

Anforderungen an Zwischenverfahren bei prozeduralen Geheimhaltungsgründen


Leitsatz

Werden prozedurale Geheimhaltungsgründe geltend gemacht, muss das Hauptsachegericht zunächst die ihm nach dem Amtsermittlungsgrundsatz zur Verfügung stehenden Mittel ausschöpfen, um den Sachverhalt aufzuklären. Je nach Fallkonstellation wird das Hauptsachegericht vor Erlass eines Beweisbeschlusses die aktenverweigernde Stelle gegebenenfalls auffordern müssen, weitere Angaben mit abstrakter Umschreibung zur Kategorisierung der einzelnen in den zurückgehaltenen Akten befindlichen Schriftstücke etwa in Form eines spezifizierten Inhaltsverzeichnisses zu machen.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller ist ein eingetragener Verein, der na[X.]h seiner Satzung die Interessen der re[X.]htli[X.]h ni[X.]ht verfassten Glaubensgemeins[X.]haft "U." vertritt. Mit dem diesem Zwis[X.]henverfahren zugrundeliegenden Verfahren begehrt er auf der Grundlage des [X.] ([X.]) unter Anfe[X.]htung des ablehnenden [X.]es[X.]heids vom 30. März 2007 Auskunft im Wege der Akteneinsi[X.]ht über die beim [X.] vorliegenden Informationen über die Glaubensgemeins[X.]haft. Dem [X.] sind mit Erlass des [X.] vom 12. November 1993 die Aufgaben einer Informationsstelle "Sogenannte Jugendsekten und [X.]" übertragen worden. In dieser Eigens[X.]haft sammelt das [X.] als Dokumentationsstelle u.a. Material, das in Zusammenhang steht mit der Glaubensgemeins[X.]haft "U.".

2

Auf geri[X.]htli[X.]he Verfügung der [X.]eri[X.]hterstatterin legte die Antragsgegnerin dem Hauptsa[X.]hegeri[X.]ht mit S[X.]hriftsatz vom 13. Mai 2008 eine nummerierte Liste der beim [X.] über die Glaubensgemeins[X.]haft gesammelten Unterlagen vor, auf deren Grundlage der Antragsteller sein Auskunftsbegehren eingrenzte. Das Hauptsa[X.]hegeri[X.]ht führte am 10. Juni 2009 eine mündli[X.]he Verhandlung dur[X.]h, in der die Sa[X.]h- und Re[X.]htslage erörtert wurde. Mit in der mündli[X.]hen Verhandlung verkündetem [X.]es[X.]hluss gab es der Antragsgegnerin auf, Auskunft darüber zu geben, wel[X.]he Informationen über die Glaubensgemeins[X.]haft beim [X.] vorhanden sind, sowie die in der Liste aufgeführten - jeweils mit Nummer gekennzei[X.]hneten - Materialsammlungen vorzulegen, soweit der Antragsteller ni[X.]ht auf eine Vorlage verzi[X.]htet habe. Die Antragsgegnerin legte daraufhin eine neun Seiten umfassende "Spezifikation" vor und erklärte zuglei[X.]h, sie sei mit einer Kenntnisgabe dieser Liste an den Antragsteller ebenso wenig einverstanden wie mit einer Einsi[X.]ht in die na[X.]h [X.]es[X.]hluss vom 10. Juni 2009 vorzulegenden Materialien. Na[X.]h mehrfa[X.]hem geri[X.]htli[X.]hen Hinweis auf § 100 VwGO und das Verfahren na[X.]h § 99 VwGO bat die Antragsgegnerin um Rü[X.]ksendung der "Spezifikation" sowie bestimmter Teile der Materialsammlung und legte unter dem 1. Oktober 2009 eine nunmehr sieben Seiten umfassende Liste vor. Mit S[X.]hriftsatz vom 16. November 2009 erklärte die Antragsgegnerin, die oberste Aufsi[X.]htsbehörde werde keine Sperrerklärung gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO abgeben und verweigerte die Vorlage der in der Liste vom 13. Mai 2008 unter [X.], 12, 17, 22, 23 und 26 geführten Materialsammlungen "in Gänze" sowie Teile der unter [X.] und 19 geführten Materialien.

3

Na[X.]h erneutem geri[X.]htli[X.]hen Hinweis gab die [X.]eigeladene unter dem 5. November 2009 eine Sperrerklärung ab und verweigerte die Vorlage im selben Umfang wie zuvor die Antragsgegnerin. Zur [X.]egründung wird im Wesentli[X.]hen ausgeführt: Die "in Gänze" ni[X.]ht vorgelegten Positionen [X.] und 12 sowie die zurü[X.]kgehaltenen Teile aus den Sammlungen [X.] und 19 seien aus Gründen des S[X.]hutzes von behördli[X.]hen Ents[X.]heidungsprozessen vertrauli[X.]h. Es handele si[X.]h um interne Arbeitsunterlagen, deren Offenlegung dem Wohl des [X.] oder eines [X.] Na[X.]hteile bereiten würde, da der S[X.]hutz von behördli[X.]hen Ents[X.]heidungsprozessen ni[X.]ht mehr gewahrt und der informelle Austaus[X.]h zwis[X.]hen [X.] und Ländern und damit das Regierungshandeln beeinträ[X.]htigt werden könne. Eine Offenlegung der [X.]-Länder-Protokolle (Nr. 12) führe zu Erkenntnissen über Arbeitsweise und Erkenntnisstand des [X.]-Länder-Gesprä[X.]hskreises und gebe Hinweise auf dessen Interessen- und Arbeitss[X.]hwerpunkte. Die Positionen Nr. 17, 22, 23 und 26 enthielten personenbezogene Daten Dritter, die si[X.]h im bere[X.]htigten Vertrauen auf Wahrung der Vertrauli[X.]hkeit an staatli[X.]he Stellen gewandt und ihnen Material überlassen hätten. Eine Teils[X.]hwärzung der Namen sei als milderes Mittel erwogen, jedo[X.]h verworfen worden, weil si[X.]h der Antragsteller die Identität der Personen aus anderen Umständen und Angaben angesi[X.]hts des engen [X.] der in [X.]etra[X.]ht kommenden Personen ers[X.]hließen könnte. [X.]ei Offenlegung wären Quellen gefährdet; die Gewinnung weiterer Quellen, insbesondere von Aussteigern werde ers[X.]hwert, wenn ni[X.]ht unmögli[X.]h gema[X.]ht. Im Fall der Vorlage wäre die Aufgabe der Informationsbes[X.]haffung seitens der Dokumentationsstelle beeinträ[X.]htigt. Im Übrigen ziehe das Informationsfreiheitsgesetz dem geltend gema[X.]hten Informationsanspru[X.]h Grenzen, die ni[X.]ht dur[X.]h eine geri[X.]htli[X.]h unanfe[X.]htbare Vorlageverfügung mit der Folge eines [X.] na[X.]h § 100 VwGO obsolet gema[X.]ht werden dürften.

4

Der Antragsteller hat unter dem 23. Dezember 2009 einen Antrag na[X.]h § 99 Abs. 2 VwGO auf Feststellung der Re[X.]htswidrigkeit der Sperrerklärung vom 5. November 2009 gestellt. Na[X.]h [X.]es[X.]hluss des Senats vom 21. Januar 2010 hat der [X.]eigeladene für die Positionen [X.], 12 und 23 jeweils einen Ordner ([X.]eiakte 80, 81 und 85), für die Position Nr. 22 zwei Ordner ([X.]eiakten 83 und 84) sowie einen Ordner, in dem si[X.]h Materialen zu [X.], 17, 19 und 26 befinden ([X.]eiakte 82), vorgelegt.

II.

5

Der Antrag, über den gemäß § 99 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 i.V.m. § 189 VwGO der Fa[X.]hsenat des [X.]verwaltungsgeri[X.]hts bes[X.]hließt, ist im tenorierten Umfang begründet. Im Übrigen ist der Antrag abzulehnen. Insoweit ist die Sperrerklärung re[X.]htmäßig.

6

1. Der für eine Sa[X.]hents[X.]heidung des [X.] erforderli[X.]hen [X.]ejahung der Ents[X.]heidungserhebli[X.]hkeit der zurü[X.]kgehaltenen Akten dur[X.]h das Geri[X.]ht der Hauptsa[X.]he ist mit dem in der mündli[X.]hen Verhandlung na[X.]h Erörterung der Sa[X.]h- und Re[X.]htslage ergangenen [X.]eweisbes[X.]hluss vom 10. Juni 2009 Genüge getan.

7

Vor Einleitung des Zwis[X.]henverfahrens na[X.]h § 99 Abs. 2 VwGO bedarf es zur Klarstellung seines Gegenstandes in der Regel einer förmli[X.]hen Verlautbarung des Geri[X.]hts der Hauptsa[X.]he, dass es die von der [X.]ehörde als geheimhaltungsbedürftig zurü[X.]kgehaltenen Akten, Unterlagen oder Dokumente für die Aufklärung des ents[X.]heidungserhebli[X.]hen Sa[X.]hverhalts benötigt. Ein formelhafter [X.]es[X.]hluss, in dem s[X.]hli[X.]ht darauf hingewiesen wird, dass die Vorlage der streitigen Verwaltungsvorgänge als ents[X.]heidungserhebli[X.]h angesehen wird, genügt dafür grundsätzli[X.]h ni[X.]ht ([X.]es[X.]hluss vom 17. März 2008 - [X.]VerwG 20 F 42.07 - juris Rn. 5). Das Geri[X.]ht der Hauptsa[X.]he muss vielmehr dur[X.]h Angabe des [X.] deutli[X.]h ma[X.]hen, dass es die zurü[X.]kgehaltenen Unterlagen oder Dokumente als erhebli[X.]h ansieht. Je na[X.]h Fallkonstellation wird das Hauptsa[X.]hegeri[X.]ht si[X.]h ni[X.]ht allein auf die Angabe des [X.] und der als ents[X.]heidungserhebli[X.]h era[X.]hteten Aktenteile ([X.]eweismittel) bes[X.]hränken können, sondern Anlass haben, in den Gründen des [X.]es[X.]hlusses zur Ents[X.]heidungserhebli[X.]hkeit im konkreten Fall - sei es mit [X.]li[X.]k auf die Zulässigkeit des [X.], sei es unter Darlegung der materiellre[X.]htli[X.]hen Voraussetzungen des geltend gema[X.]hten Anspru[X.]hs sowie der fa[X.]hgesetzli[X.]hen Ablehnungsgründe - Stellung zu nehmen ([X.]es[X.]hlüsse vom 31. August 2009 - [X.]VerwG 20 F 10.08 - [X.] 310 § 99 VwGO Nr. 55 Rn. 3 und vom 22. Januar 2009 - [X.]VerwG 20 F 5.08 - juris Rn. 2; vgl. au[X.]h [X.], [X.]eweisbes[X.]hluss vom 28. April 2010 - 6 A 1767/08 - juris Rn. 5). Ein grundsätzli[X.]h erforderli[X.]her [X.]eweisbes[X.]hluss oder eine verglei[X.]hbare förmli[X.]he Äußerung des Hauptsa[X.]hegeri[X.]hts zur Klärung der re[X.]htli[X.]hen Erhebli[X.]hkeit des Akteninhalts für die Ents[X.]heidung des Re[X.]htsstreits ist nur ausnahmsweise dann entbehrli[X.]h, wenn die zurü[X.]kgehaltenen Unterlagen zweifelsfrei re[X.]htserhebli[X.]h sind. Das ist dann der Fall, wenn die Pfli[X.]ht zur Vorlage der [X.] bereits Streitgegenstand des Verfahrens zur Hauptsa[X.]he ist und die dortige Ents[X.]heidung von der allein anhand des Inhalts der umstrittenen Akten zu beantwortenden Frage abhängt, ob die Akten, wie von der [X.]ehörde geltend gema[X.]ht, geheimhaltungsbedürftig sind (stRspr, vgl. nur [X.]es[X.]hluss vom 19. April 2010 - [X.]VerwG 20 F 13.09 - juris Rn. 4 ). Allein aus dem Umstand, dass Streitgegenstand des Verfahrens zur Hauptsa[X.]he die Pfli[X.]ht zur Vorlage der [X.] ist, folgt jedo[X.]h ni[X.]ht, dass es zwingend der Einsi[X.]ht in die zurü[X.]kgehaltenen Akten bedarf. Streitigkeiten um Informationszugangsre[X.]hte führen ni[X.]ht glei[X.]hsam automatis[X.]h zur Verlagerung in das "in-[X.]amera"-Verfahren. Vielmehr ist zu differenzieren. Werden materiellre[X.]htli[X.]he [X.] geltend gema[X.]ht, also Gründe, die si[X.]h unmittelbar aus dem Inhalt der Akte ergeben, liegt es regelmäßig auf der Hand, dass si[X.]h im Streitfall nur dur[X.]h Einsi[X.]htnahme in die Akten verlässli[X.]h klären lässt, ob der Geheimhaltungsgrund vorliegt. Handelt es si[X.]h dagegen um prozedurale [X.], die si[X.]h aus dem jeweiligen den Informationszugang regelnden [X.] ergeben und die - unabhängig vom Inhalt der Akten - darauf zielen, die Art und Weise des Zustandekommens behördli[X.]her Akten und Unterlagen zu s[X.]hützen, mithin dem S[X.]hutz des behördli[X.]hen Ents[X.]heidungsprozesses dienen, muss das Hauptsa[X.]hegeri[X.]ht prüfen, ob die tatbestandli[X.]hen Voraussetzungen der geltend gema[X.]hten fa[X.]hgesetzli[X.]hen Ausnahmegründe vorliegen ([X.]es[X.]hluss vom 31. August 2009 a.a.[X.] Rn. 4). Das Hauptsa[X.]hegeri[X.]ht muss daher zunä[X.]hst die ihm na[X.]h dem Amtsermittlungsgrundsatz zur Verfügung stehenden Mittel auss[X.]höpfen, um den Sa[X.]hverhalt aufzuklären. Je na[X.]h Fallkonstellation wird das Hauptsa[X.]hegeri[X.]ht vor Erlass eines [X.] die aktenverweigernde Stelle gegebenenfalls auffordern müssen, weitere Angaben mit abstrakter Ums[X.]hreibung zur Kategorisierung der einzelnen in den zurü[X.]kgehaltenen Akten befindli[X.]hen S[X.]hriftstü[X.]ke eins[X.]hließli[X.]h der Anlagen etwa in Form eines mit (paginierten) [X.]lattzahlen spezifizierten Inhaltsverzei[X.]hnisses zu ma[X.]hen. Au[X.]h die Dur[X.]hführung einer mündli[X.]hen Verhandlung kann hinrei[X.]hende Grundlage sein für die Feststellung, dass eine Einsi[X.]ht in die zurü[X.]kgehaltenen Unterlagen ents[X.]heidungserhebli[X.]h ist, weil die Angaben der [X.]ehörde - unter [X.]erü[X.]ksi[X.]htigung des Ergebnisses der Erörterung der Sa[X.]h- und Re[X.]htslage - ni[X.]ht ausrei[X.]hen, um zu prüfen, ob die tatbestandli[X.]hen Voraussetzungen der geltend gema[X.]hten fa[X.]hgesetzli[X.]hen Ausnahmegründe vorliegen. Hat das Hauptsa[X.]hegeri[X.]ht einen [X.]eweisbes[X.]hluss erlassen, der diesen Anforderungen genügt, entfaltet die mit dem [X.]es[X.]hluss dokumentierte Auffassung des Geri[X.]hts über die Ents[X.]heidungserhebli[X.]hkeit der angeforderten Akten [X.]indungswirkung für den Fa[X.]hsenat.

8

Diesen Maßstäben genügt der [X.]eweisbes[X.]hluss vom 10. Juni 2009. Er enthält zwar keine [X.]egründung. Das Hauptsa[X.]hegeri[X.]ht hat si[X.]h vielmehr darauf bes[X.]hränkt, neben der allgemeinen Auskunftsaufforderung zum Gesamtbestand der beim [X.] vorhandenen Unterlagen ledigli[X.]h die Vorlage bestimmter - na[X.]h der Liste vom 13. Mai 2008 mit Nummern gekennzei[X.]hneter - Materialsammlungen anzuordnen. Das ist jedo[X.]h im vorliegenden Fall ni[X.]ht zu beanstanden.

9

1.1 In re[X.]htli[X.]her Hinsi[X.]ht hat das Hauptsa[X.]hegeri[X.]ht mit dem Erlass des [X.]es[X.]hlusses vom 10. Juni 2009 hinrei[X.]hend deutli[X.]h zum Ausdru[X.]k gebra[X.]ht, dass es die Vorlageverweigerung jedenfalls ni[X.]ht s[X.]hon deswegen für gere[X.]htfertigt era[X.]htet, weil - wie die Antragsgegnerin in dem ablehnenden [X.]es[X.]heid andeutet - die Materialsammlungen der Willensbildung der Regierung dienten und als Kernberei[X.]h exekutiver Eigenverantwortung einer Offenlegung ni[X.]ht zugängli[X.]h seien (vgl. zum [X.] als Aufgabe der Staatsleitung [X.]es[X.]hlüsse vom 4. Mai 1993 - [X.]VerwG 7 [X.] 149.92 - [X.] 11 Art. 4 GG Nr. 54 - juris Rn. 5 und vom 8. November 2004 - [X.]VerwG 7 [X.] 19.04 - juris Rn. 16; [X.]VerfG, [X.]es[X.]hluss vom 26. Juni 2002 - 1 [X.]vR 670/91 - [X.]VerfGE 105, 279 <301, 306>).

1.2 In tatsä[X.]hli[X.]her Hinsi[X.]ht bedurfte es hinsi[X.]htli[X.]h der Materialsammlung Nr. 22 ([X.]eiakten 83 und 84) und 23 ([X.]eiakte 85) sowie der in der [X.]eiakte 82 abgehefteten Teile der Materialsammlungen Nr. 17 und 26 weder weiterer Sa[X.]hverhaltsaufklärung no[X.]h einer förmli[X.]h verkündeten [X.]egründung zur Ents[X.]heidungserhebli[X.]hkeit seitens des Hauptsa[X.]hegeri[X.]hts, da insoweit der Geheimhaltungsgrund des S[X.]hutzes personenbezogener Daten und des Quellens[X.]hutzes geltend gema[X.]ht wird. Die zurü[X.]kgehaltenen Unterlagen sind zweifelsfrei re[X.]htserhebli[X.]h, denn es lässt si[X.]h nur dur[X.]h Einsi[X.]htnahme in die Akten verlässli[X.]h klären, ob der geltend gema[X.]hte Geheimhaltungsgrund vorliegt. [X.]ei den Materialsammlungen Nr. 17 und 26, die laut Liste vom 13. Mai 2008 vier bzw. zwei Ordner umfassen, geht der Senat davon aus, dass der ihm ni[X.]ht - mit der [X.]eiakte 82 - vorgelegte [X.]estand im Hauptsa[X.]heverfahren zugängli[X.]h ist.

1.3 Die Vorlage der Materialsammlungen [X.] und 12 ([X.]eiakten 80 und 81) sowie der in der [X.]eiakte 82 abgehefteten Teile der Materialsammlungen [X.] und 19 wird zwar aus Gründen verweigert, die die Art und Weise des Zustandekommens der Akten betreffen. Es ist jedo[X.]h ausnahmsweise uns[X.]hädli[X.]h und daher im vorliegenden Fall ni[X.]ht zu beanstanden, dass si[X.]h das Hauptsa[X.]hegeri[X.]ht in dem [X.]eweisbes[X.]hluss vom 10. Juni 2009 ni[X.]ht zu den von der Antragsgegnerin und dem [X.]eigeladenen geltend gema[X.]hten prozeduralen [X.] verhalten hat. Das ergibt si[X.]h aus Folgendem:

Weder auf der Grundlage des [X.]es[X.]heids vom 30. März 2007 no[X.]h mit Hilfe der Liste vom 13. Mai 2008 konnte das Hauptsa[X.]hegeri[X.]ht erkennen, wel[X.]her Geheimhaltungsgrund für wel[X.]he Teile der Materialsammlungen (Ordner) gelten soll. Dass die Ordner na[X.]h der Liste [X.]ezei[X.]hnungen tragen, aus denen si[X.]h ergibt, dass es si[X.]h um behördli[X.]h zusammengestellte Unterlagen handelt, genügt ni[X.]ht. Es ist ni[X.]ht Aufgabe des Geri[X.]hts, aus abstrakten [X.]ezei[X.]hnungen Rü[X.]ks[X.]hlüsse auf mögli[X.]he fa[X.]hgesetzli[X.]he [X.] zu ziehen. Vielmehr muss zunä[X.]hst die aktenverweigernde Stelle na[X.]hvollziehbar und differenziert mit [X.]li[X.]k auf die konkreten Unterlagen darlegen, auf wel[X.]hen fa[X.]hgesetzli[X.]hen Geheimhaltungsgrund sie si[X.]h stützt. Erst auf dieser Grundlage ist das Geri[X.]ht der Hauptsa[X.]he überhaupt in der Lage, zu erkennen, ob es in tatsä[X.]hli[X.]her Hinsi[X.]ht über hinrei[X.]hende Angaben verfügt, und daher in Anlegung seines Re[X.]htsmaßstabs den Einzelfall - ohne Vorlage der Akten - ents[X.]heiden kann. Das Geri[X.]ht der Hauptsa[X.]he kann si[X.]h (zunä[X.]hst) nur an den Angaben orientieren, die die aktenverweigernde Stelle bei Ablehnung des Antrags gema[X.]ht hat.

Im ablehnenden [X.]es[X.]heid vom 30. März 2007 finden si[X.]h zwar Ausführungen zu § 3 Nr. 3 [X.]u[X.]hst. b [X.] - [X.]eeinträ[X.]htigung der [X.]eratungen von [X.]ehörden - und § 4 Abs. 1 [X.] - S[X.]hutz des behördli[X.]hen Ents[X.]heidungsprozesses -; es fehlt indes an der Darlegung, wel[X.]he Vors[X.]hrift si[X.]h auf wel[X.]he Teile der Materialsammlungen (Ordner) beziehen soll. Die Liste vom 13. Mai 2008 lässt - mit der Spalte "Auss[X.]hlussgrund" - in Ansätzen eine Zuordnung des mögli[X.]hen fa[X.]hgesetzli[X.]hen Auss[X.]hlussgrundes erkennen, enthält aber keine (abstrakte) [X.]es[X.]hreibung des Inhalts der Ordner, an Hand dessen das Hauptsa[X.]hegeri[X.]ht hätte ents[X.]heiden können, wel[X.]her Auss[X.]hlussgrund eins[X.]hlägig sein könnte. So wird für die Materialsammlungen [X.] und 12, die laut Liste 19 und 13 Ordner umfassen, neben § 3 Nr. 1 [X.]u[X.]hst. b [X.] - militäris[X.]he und sonstige si[X.]herheitsempfindli[X.]he [X.]elange der [X.]wehr (gemeint sein dürfte § 3 Nr. 3 [X.]u[X.]hst. b [X.]) - und § 3 Nr. 1 [X.]u[X.]hst. [X.] [X.] - [X.]elange der inneren und äußeren Si[X.]herheit - au[X.]h auf § 3 Nr. 7 [X.] verwiesen. Zu dem Material in Ordner [X.] ist § 3 Nr. 7 [X.], aber au[X.]h § 9 Abs. 3 [X.] und zu Nr. 19 nur § 9 Abs. 3 [X.] vermerkt.

Auf diese greifbaren Unklarheiten hat das Geri[X.]ht der Hauptsa[X.]he mit der Dur[X.]hführung einer mündli[X.]hen Verhandlung reagiert. Mit der in der mündli[X.]hen Verhandlung stattgefundenen Erörterung der Sa[X.]h- und Re[X.]htslage (§ 104 Abs. 1 VwGO), die si[X.]h auf alle Fragen zu beziehen hat, die zwis[X.]hen den [X.]eteiligten strittig sind und die das Geri[X.]ht als für seine Ents[X.]heidung erhebli[X.]h ansieht, hat es seine Pfli[X.]ht zur Klärung der tatsä[X.]hli[X.]hen Grundlagen ers[X.]höpft. Als Ergebnis der mündli[X.]hen Verhandlung hat das Hauptsa[X.]hegeri[X.]ht einen [X.]eweisbes[X.]hluss erlassen; es ist auf der Grundlage der Erörterung ersi[X.]htli[X.]h zu der Eins[X.]hätzung gelangt, dass es si[X.]h mangels verlässli[X.]her Tatsa[X.]hengrundlage ni[X.]ht ohne Kenntnis vom Inhalt der Materialsammlungen eine Re[X.]htsauffassung zu den Tatbestandsvoraussetzungen der mögli[X.]herweise eins[X.]hlägigen fa[X.]hgesetzli[X.]hen [X.] na[X.]h dem Informationsfreiheitsgesetz des [X.] bilden könne.

Weder die na[X.]h Erlass des [X.] übersandten S[X.]hriftsätze der Antragsgegnerin vom 1. Oktober 2009 mit der siebenseitigen "Spezifikation" ([X.]eiakte 78) und vom 16. November 2009, mit dem die Vorlageverweigerung präzisiert wird, no[X.]h die Sperrerklärung des [X.]eigeladenen vom 5. November 2009 mussten dem Hauptsa[X.]hegeri[X.]ht Anlass sein, einen erneuten [X.]eweisbes[X.]hluss mit einer seine Re[X.]htsauffassung erläuternden [X.]egründung zu fassen. Das ergibt si[X.]h s[X.]hon daraus, dass hinsi[X.]htli[X.]h der Materialsammlungen [X.] und 12, die laut Liste vom 13. Mai 2008 jeweils 19 und 13 Ordner umfassen, offensi[X.]htli[X.]h in ni[X.]ht erkennbarem Umfang eine Aussonderung vorgenommen worden ist. Na[X.]h wel[X.]hen Kriterien die Aussonderung erfolgt ist, ers[X.]hließt si[X.]h weder aus den S[X.]hriftsätzen der Antragsgegnerin no[X.]h aus der Sperrerklärung. In der Liste vom 1. Oktober 2009, in der unter [X.] und 12 ledigli[X.]h no[X.]h jeweils ein Ordner angeführt wird, heißt es zur Erläuterung ledigli[X.]h, in den 19/13 Ordnern "befinden si[X.]h Dokumente zum [X.], deren Umfang einem kleinen Ordner entspri[X.]ht". Was die Antragsgegnerin damit zum Ausdru[X.]k bringen will, bleibt unklar. Jedenfalls s[X.]heint die Antragsgegnerin und ihr folgend der [X.]eigeladene ni[X.]ht allein auf formale Gesi[X.]htspunkte der Art und Weise des Zustandekommens der Sammlungen, sondern auf eine besonders - mit [X.]li[X.]k auf den Inhalt der Unterlagen - begründete Vertrauli[X.]hkeit abzustellen. Mit der Liste vom 1. Oktober 2009 hat si[X.]h die Antragsgegnerin zwar um "Spezifikation" bemüht; den dargelegten Anforderungen an ein na[X.]h Inhalt und Umfang spezifiziertes Inhaltsverzei[X.]hnis wird die Liste jedo[X.]h ni[X.]ht ansatzweise gere[X.]ht. Unklar bleibt au[X.]h, was die Antragsgegnerin damit meint, wenn sie si[X.]h im S[X.]hriftsatz vom 16. November 2009 darauf beruft, es handele si[X.]h um "[X.]etriebsgeheimnisse der [X.]eklagten". Unter diesen Umständen drängte es si[X.]h für das Hauptsa[X.]hegeri[X.]ht geradezu auf, dass - au[X.]h unter [X.]erü[X.]ksi[X.]htigung des weiteren Vortrags - erst die Einsi[X.]ht in die Unterlagen eine hinrei[X.]hend gesi[X.]herte Tatsa[X.]hengrundlage bietet, um beurteilen zu können, ob überhaupt und gegebenenfalls in wel[X.]hem Umfang fa[X.]hgesetzli[X.]he [X.] eins[X.]hlägig sein könnten.

2. Hinsi[X.]htli[X.]h der Positionen Nr. 22 ([X.]eiakten 83 und 84) und 23 ([X.]eiakte 85) sowie der in der [X.]eiakte 82 abgehefteten Teile der Materialsammlungen Nr. 17 und 26 führt der [X.]eigeladene in der Sperrerklärung vom 5. November 2009 Gründe an, die eine Verweigerung der Vorlage von Akten in einem geri[X.]htli[X.]hen Verfahren na[X.]h § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO re[X.]htfertigen. [X.]ei personenbezogenen Daten besteht ein privates Interesse an der Geheimhaltung, das grundre[X.]htli[X.]h ges[X.]hützt ist. Das gilt au[X.]h im Fall des Quellens[X.]hutzes für sogenannte "Aussteiger". Grundre[X.]htli[X.]her Anknüpfungspunkt ist das allgemeine Persönli[X.]hkeitsre[X.]ht, das die aus dem Gedanken der Selbstbestimmung folgende [X.]efugnis des Einzelnen umfasst, grundsätzli[X.]h selbst zu ents[X.]heiden, wann und innerhalb wel[X.]her Grenzen persönli[X.]he Lebenssa[X.]hverhalte offenbart werden ([X.]VerfG, Urteil vom 15. Dezember 1983 - 1 [X.]vR 209/83 u.a. - [X.]VerfGE 65, 1 <41 f.>). Ob - wie der Antragsteller bestreitet - Vertrauli[X.]hkeit zugesi[X.]hert worden ist, ist im Rahmen des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO unerhebli[X.]h. Ges[X.]hützt sind ni[X.]ht nur personenbezogene Daten, die zur Identifikation der Person führen können, sondern unter den Umständen dieses Falles au[X.]h die Mitteilungen und Äußerungen der Person, weil es si[X.]h dabei um Informationen zum persönli[X.]hen Lebenszus[X.]hnitt im besonders sensiblen [X.]erei[X.]h religiöser Überzeugungen handelt.

Die Dur[X.]hsi[X.]ht hat jedo[X.]h ergeben, dass si[X.]h zu Nr. 22 in der [X.]eiakte 83 ni[X.]ht nur personenbezogene Daten und Informationen, sondern au[X.]h Abli[X.]htungen von Zeitungsartikeln und Auszüge aus dem [X.] und in der [X.]eiakte 84 Abli[X.]htungen von S[X.]hriften der Glaubensgemeins[X.]haft befinden. Ohne nähere Darlegungen des [X.]eigeladenen kann der Senat ni[X.]ht na[X.]hvollziehen, warum die zu den Akten genommenen Exemplare sol[X.]her der allgemeinen Öffentli[X.]hkeit zugängli[X.]hen S[X.]hriftstü[X.]ke geheimhaltungsbedürftig sind. Insoweit fehlt es s[X.]hon an einem Geheimhaltungsgrund [X.]. § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO und ist die Sperrerklärung - im tenorierten Umfang - bereits aus diesem Grund re[X.]htswidrig.

3. Ob für die Positionen [X.] und 12 sowie die zurü[X.]kgehaltenen Teile der Materialsammlungen [X.] und 19 ein Geheimhaltungsgrund [X.]. § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO vorliegt, ers[X.]heint dem Senat jedenfalls zweifelhaft. Der [X.]eigeladene behauptet in der Sperrerklärung vom 5. November 2009 zwar, die Offenlegung führe zu Na[X.]hteilen für das Wohl des [X.] oder eines [X.]. Er verkennt aber offensi[X.]htli[X.]h [X.]edeutung und Rei[X.]hweite dieses Geheimhaltungsgrundes. Denn er bes[X.]hränkt si[X.]h darauf, s[X.]hli[X.]ht auf den aus seiner Si[X.]ht notwendigen S[X.]hutz behördli[X.]her Ents[X.]heidungsprozesse zu verweisen und orientiert si[X.]h dabei ersi[X.]htli[X.]h an den auf dieses S[X.]hutzgut zuges[X.]hnittenen fa[X.]hgesetzli[X.]hen [X.], die ein allgemeines Informationszugangsre[X.]ht bes[X.]hränken können. [X.]li[X.]he [X.] können zwar eine Orientierung bei der Frage bieten, ob Vorgänge na[X.]h einem Gesetz oder ihrem Wesen na[X.]h geheim gehalten werden müssen. Jedo[X.]h ist ein strenger Maßstab anzulegen. Na[X.]hteile für das Wohl des [X.] oder eines [X.] fordern gewi[X.]htige Gründe. [X.]ei der Auslegung und Anwendung der Vors[X.]hrift sind die zum Merkmal des Na[X.]hteilbereitens [X.]. § 96 StPO in der Re[X.]htspre[X.]hung des [X.]verwaltungsgeri[X.]hts entwi[X.]kelten Grundsätze heranzuziehen ([X.]es[X.]hluss vom 29. Juli 2002 - [X.]VerwG 2 AV 1.02 - [X.]VerwGE 117, 8 = [X.] 310 § 99 VwGO Nr. 27).

Der Senat vermag zudem ni[X.]ht zu erkennen, dass die Einstufung, wenn sie denn zuträfe, sämtli[X.]he [X.]estandteile der zurü[X.]kgehaltenen Akten(teile) zu den Positionen [X.], 12, 15 und 19 erfasst. Die Dur[X.]hsi[X.]ht der Ordner zeigt, dass dort S[X.]hriftstü[X.]ke ganz unters[X.]hiedli[X.]her Art zurü[X.]kgehalten werden. [X.] finden si[X.]h beispielsweise in Ordner [X.] und im Material zu Nr. 19 eine Reihe geri[X.]htli[X.]her Urteile, aber au[X.]h ein an die Verfahrensbevollmä[X.]htigten des Antragstellers geri[X.]hteter [X.]es[X.]heid. Warum diese Unterlagen geheimhaltungsbedürftig sein sollen, ers[X.]hließt si[X.]h dem Senat ni[X.]ht. Das gilt au[X.]h für Zeitungsartikel, Auszüge aus Publikationen der Glaubensgemeins[X.]haft oder au[X.]h einer Landtagsdru[X.]ksa[X.]he, die als Anlagen zu einem behördli[X.]hen S[X.]hreiben (im Material zu Nr. 19) abgeheftet sind. Dass si[X.]h in dem Ordner [X.] u.a. au[X.]h personenbezogene Daten Dritter finden, re[X.]htfertigt - derzeit - ni[X.]ht die vollständige Zurü[X.]khaltung dieser Seite(n). Es ist Aufgabe des [X.]eigeladenen bzw. der aktenverweigernden Stelle, die Akten na[X.]h den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Aktenführungen, zu der au[X.]h die Paginierung von Aktenseiten gehört, aufzubereiten, um auf dieser Grundlage bei der Sperrerklärung - unter Angabe von [X.]lattzahlen - je na[X.]h Inhalt des S[X.]hriftstü[X.]ks gegebenenfalls na[X.]h unters[X.]hiedli[X.]hen [X.] differenzieren zu können. Der Fa[X.]hsenat hat nur die Re[X.]htmäßigkeit der Sperrerklärung und damit den dort geltend gema[X.]hten Geheimhaltungsbedarf zu überprüfen.

Das bedarf alles jedo[X.]h keiner weiteren Vertiefung. Denn der [X.]eigeladene hat ni[X.]ht, wie in § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO vorgesehen, eine auf den laufenden Re[X.]htsstreit bezogene und auf einer Abwägung der widerstreitenden Interessen der [X.]eteiligten im Prozess beruhende Ermessensents[X.]heidung über die Aktenvorlage getroffen.

4. Dur[X.]h die Ermessenseinräumung na[X.]h § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO wird der obersten Aufsi[X.]htsbehörde die Mögli[X.]hkeit eröffnet, dem öffentli[X.]hen Interesse und dem individuellen Interesse der Prozessparteien an der Wahrheitsfindung in dem vom Untersu[X.]hungsgrundsatz beherrs[X.]hten Verwaltungsprozess den Vorrang vor dem Interesse an der Geheimhaltung der S[X.]hriftstü[X.]ke zu geben (stRspr, vgl. nur [X.]es[X.]hluss vom 1. August 2007 - [X.]VerwG 20 F 10.06 - juris Rn. 5). Soweit die Aktenvorlage au[X.]h Gegenstand des Re[X.]htsstreits selbst ist, sind die Gründe, die eine Sperrerklärung na[X.]h § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO re[X.]htfertigen können, von denjenigen Gründen zu unters[X.]heiden, die im Verfahren der Hauptsa[X.]he zur Verweigerung der Aktenvorlage angeführt werden. Die oberste Aufsi[X.]htsbehörde ist im Rahmen des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO gefordert, in besonderer Weise in den [X.]li[X.]k zu nehmen, wel[X.]he re[X.]htss[X.]hutzverkürzende Wirkung die Verweigerung der Aktenvorlage im Prozess für den [X.]etroffenen haben kann. Darin liegt die [X.]esonderheit ihrer Ermessensausübung na[X.]h dieser Verfahrensbestimmung. Dementspre[X.]hend ist der obersten Aufsi[X.]htsbehörde au[X.]h in den Fällen Ermessen zugebilligt, in denen das [X.] der zuständigen Fa[X.]hbehörde kein Ermessen einräumt ([X.]es[X.]hluss vom 21. Februar 2008 - [X.]VerwG 20 F 2.07 - [X.]VerwGE 130, 236 = [X.] 310 § 99 VwGO Nr. 46 ).

4.1 [X.] vom 5. November 2009 leidet an dem Ermessensfehler, dass der [X.]eigeladene - auf der Grundlage seiner Annahme, die Tatbestandsvoraussetzungen der Geheimhaltungsbedürftigkeit [X.]. § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO seien erfüllt, - sein Ermessen undifferenziert und damit in einer der Eigenart der zu treffenden Ents[X.]heidung ni[X.]ht genügenden Weise ausgeübt hat. Die Erwägungen, die der [X.]eigeladene anstellt, lassen - ungea[X.]htet des Hinweises, die Vorlageverweigerung sei "in Ausübung pfli[X.]htgemäßen Ermessens" ergangen - eine ordnungsgemäße Ermessensbetätigung ni[X.]ht erkennen. Der [X.]eigeladene bes[X.]hränkt si[X.]h darauf, die Gründe für den behaupteten Geheimhaltungsbedarf zu erläutern. Kriterien zur Ausübung des Ermessens werden - abgesehen von Erwägungen zur Teils[X.]hwärzung als milderes Mittel - ni[X.]ht angeführt. Es genügt als Ermessenserwägung vor allem ni[X.]ht, wie der [X.]eigeladene in seiner Sperrerklärung zusammenfassend unter der Übers[X.]hrift "Gesamtwürdigung" ausführt, ledigli[X.]h auf die prozessualen Folgen des § 100 VwGO und die Probleme hinzuweisen, die si[X.]h daraus ergeben, dass der Gesetzgeber darauf verzi[X.]htet hat, im Fall der Geltendma[X.]hung eines Auskunftsanspru[X.]hs im Hauptsa[X.]heverfahren die Mögli[X.]hkeit eines "in-[X.]amera"-Verfahrens vor dem Hauptsa[X.]hegeri[X.]ht zu eröffnen ([X.]es[X.]hluss vom 21. Februar 2008 a.a.[X.] ). Der Gesetzgeber hat die vom [X.]eigeladenen kritisierte Anwendbarkeit des § 100 VwGO als unvermeidbare Folge des Verfahrens na[X.]h § 99 Abs. 2 VwGO in Kauf genommen. Die Ausführungen des [X.]eigeladenen im Rahmen der "Gesamtwürdigung" legen es nahe, dass er mögli[X.]herweise das Verfahren na[X.]h § 99 Abs. 2 VwGO, insbesondere Rei[X.]hweite und [X.]edeutung der Ermessensausübung [X.]. § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO, missversteht. Hinzu kommt, dass si[X.]h der [X.]eigeladene zunä[X.]hst geweigert hat, überhaupt eine Sperrerklärung abzugeben, mithin damals ans[X.]heinend keinen Geheimhaltungsbedarf erkannt hat. Unter diesen Umständen bestand begründeter Anlass, au[X.]h aus diesem Grund zu erläutern, wel[X.]he [X.] den [X.]eigeladenen nunmehr zur Vorlageverweigerung bewogen haben.

4.2 Die Vorlageverweigerung der Ordner Nr. 17, 22, 23 und 26 - soweit sie ni[X.]ht bereits mangels Geheimhaltungsgrund re[X.]htswidrig ist - leidet zwar ebenfalls unter der unzurei[X.]henden Ermessensbetätigung; der Fehler wirkt si[X.]h jedo[X.]h ni[X.]ht aus. Eine selbstständige Ermessensents[X.]heidung der obersten Aufsi[X.]htsbehörde war ausnahmsweise entbehrli[X.]h. Denn das Ergebnis der na[X.]h § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO geforderten Abwägung war re[X.]htli[X.]h vorgezei[X.]hnet. Für [X.] war kein Raum. Eine Teils[X.]hwärzung personenbezogener Daten hat der [X.]eigeladene erwogen; die Dur[X.]hsi[X.]ht der Akten bestätigt die Eins[X.]hätzung, dass eine S[X.]hwärzung einzelner Angaben ni[X.]ht in [X.]etra[X.]ht kam.

[X.]esondere Umstände, aus denen si[X.]h ein überwiegendes öffentli[X.]hes oder privates Interesse ergeben könnte, das ausnahmsweise eine Offenbarung ges[X.]hützter personenbezogener Daten zu re[X.]htfertigen vermag, sind ni[X.]ht zu erkennen (vgl. im Fall eines [X.]etriebsgeheimnisses [X.]es[X.]hluss vom 19. Januar 2009 - [X.]VerwG 20 F 23.07 - [X.] 310 § 99 VwGO Nr. 52 Rn. 12 ff.). Allein der Umstand, dass Angaben Dritter persönli[X.]h gefärbt ers[X.]heinen mögen und/oder kritis[X.]h ausgeri[X.]htet sind, genügt ni[X.]ht. Anhaltspunkte, dass die in den zurü[X.]kgehaltenen Unterlagen enthaltenen Angaben Dritter auf ein strafre[X.]htli[X.]h relevantes Verhalten führen, das ni[X.]ht mehr von der Meinungsäußerungsfreiheit gede[X.]kt wäre, hat die Dur[X.]hsi[X.]ht ni[X.]ht ergeben. Art. 4 Abs. 1 GG s[X.]hützt gegen diffamierende, diskriminierende oder verfäls[X.]hende Darstellungen einer religiösen oder weltans[X.]hauli[X.]hen Gemeins[X.]haft. Daraus folgt aber ni[X.]ht, dass der Staat und seine Organe gehalten wären, si[X.]h mit derartigen Fragen überhaupt ni[X.]ht zu befassen ([X.]VerfG, [X.]es[X.]hluss vom 26. Juni 2002 - 1 [X.]vR 670/91 - [X.]VerfGE 105, 279 <294>). Greift er dabei auf personenbezogene Daten und Angaben Dritter zurü[X.]k, hat er bei deren Verwertung als neutraler Staat die Grundsätze einer sa[X.]hli[X.]h geführten Informationstätigkeit zu bea[X.]hten und damit die Zurü[X.]khaltung zu wahren, zu wel[X.]her der Staat und seine Organe na[X.]h dem Gebot der religiös-weltans[X.]hauli[X.]hen Neutralität verpfli[X.]htet sind. Damit ist gewährleistet, dass eine Glaubensgemeins[X.]haft ni[X.]ht auf Grund Angaben Dritter - wie der Antragsteller geltend ma[X.]ht - einer Rufs[X.]hädigung dur[X.]h Denunzianten ausgesetzt wird.

5. Die Feststellung des Senats, dass die Sperrerklärung in dem tenorierten Umfang re[X.]htswidrig ist, hindert den [X.]eigeladenen ni[X.]ht, insoweit eine neue Sperrerklärung abzugeben und dann bei der Einstufung als geheimhaltungsbedürftig oder bei der Ermessensausübung na[X.]h den - dur[X.]h Paginierung der [X.] hinrei[X.]hend gekennzei[X.]hneten - [X.]lättern der Akten zu differenzieren.

6. Für den von der Antragsgegnerin mit der [X.]es[X.]hwerdeerwiderung vom 18. Februar 2010 gestellten Hilfsantrag ist kein Raum.

Meta

20 F 1/10

25.06.2010

Bundesverwaltungsgericht Fachsenat für Entscheidungen nach § 99 Abs 2 VwGO

Beschluss

Sachgebiet: F

§ 99 VwGO, Art 4 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 25.06.2010, Az. 20 F 1/10 (REWIS RS 2010, 5426)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 5426

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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