Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.07.2015, Az. XII ZB 369/14

12. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 8161

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Gegenstand

Abänderung einer gerichtlichen Entscheidung zum Nachehelichenunterhalt: Abänderbarkeit wegen eines im vorausgegangenen Verfahren übersehenen Umstands; Präklusion eines bereits berücksichtigten Umstands


Leitsatz

1. Ein vom Gericht im vorausgegangenen Verfahren zur Frage der Herabsetzung des Unterhalts auf den angemessenen Bedarf übersehener Umstand kann für sich genommen nicht die Abänderung der Entscheidung eröffnen.

2. Ist die Abänderung hingegen aus anderen Gründen eröffnet, so ist die Berücksichtigung des Umstands nur dann ausgeschlossen (präkludiert), wenn dieser bereits im Ausgangsverfahren entscheidungserheblich war.

3. War der Umstand (hier: Möglichkeit des Wechsels der Unterhaltsberechtigten in einen günstigeren Tarif der privaten Krankenversicherung im Rahmen des Krankenvorsorgeunterhalts) im vorausgegangenen Verfahren allein für die im Rahmen der Billigkeitsentscheidung nach § 1578b BGB anzustellende Gesamtschau von Bedeutung, ist seine Berücksichtigung im Abänderungsverfahren im Zweifel nicht ausgeschlossen.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des 4. Zivilsenats - Familiensenat - des [X.] vom 10. Juli 2014 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das [X.] zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe

I.

1

Die Beteiligten sind geschiedene Ehegatten. Sie streiten über die Abänderung des durch Urteil festgesetzten [X.].

2

Die 1974 geschlossene Ehe der Beteiligten, aus der zwei inzwischen erwachsene Kinder hervorgegangen sind, ist seit September 2001 rechtskräftig geschieden.

3

Der Antragsteller (im Folgenden: Ehemann) war Polizeibeamter im höheren Dienst und wurde zum 1. April 2011 in den Ruhestand versetzt. Die Antragsgegnerin (im Folgenden: Ehefrau) hat den Beruf der Arzthelferin erlernt. Während der Ehe kümmerte sie sich um Haushalt und Kinder und ging keiner geregelten Erwerbstätigkeit nach. Sie bezieht seit November 2007 eine Rente wegen Alters und ist privat krankenversichert.

4

Der Unterhalt ist zuletzt - in Abänderung einer Entscheidung aus dem [X.] - durch "[X.] und [X.]" des Amtsgerichts vom 25. November 2009 festgesetzt worden. Er beläuft sich für die [X.] ab April 2008 auf monatlichen Elementarunterhalt in Höhe von 56,19 € sowie [X.] von monatlich 593,81 €.

5

[X.] begehrt die Abänderung des titulierten Unterhalts dahin, dass er für die [X.] ab Juni 2011 keinen nachehelichen Unterhalt mehr schuldet. Außerdem hat er die Herausgabe des Titels sowie die Rückzahlung gezahlten Unterhalts geltend gemacht.

6

Das Amtsgericht hat den ([X.] für die [X.] ab Juni 2011 auf monatlich 258 € herabgesetzt. Im Übrigen hat es die Anträge abgewiesen. Das [X.] hat die dagegen gerichtete Beschwerde des Ehemanns zurückgewiesen. Auf die Beschwerde der Ehefrau hat es die Anträge des Ehemanns insgesamt abgewiesen. Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Ehemanns, der seinen Abänderungsantrag, den - in der Beschwerdeinstanz eingeschränkten - Rückzahlungsantrag sowie den Antrag auf Herausgabe des Titels weiterverfolgt.

II.

7

Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.

8

1. Nach Auffassung des [X.]s sind die Einwendungen des Ehemanns zur Herabsetzung und Befristung nach § 1578 b BGB gemäß § 238 Abs. 2 FamFG präkludiert, weil der Ehemann sich auf diese schon im vorangegangenen Abänderungsverfahren habe berufen können. So habe er geltend machen können, dass eine Herabsetzung des [X.]s auf den angemessenen Bedarf erforderlich sei. Der Basistarif in der privaten Krankenversicherung sei bereits zum 1. Januar 2009 eingeführt worden. Ein Wechsel in den Standardtarif, der mit seinem Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung entspricht und von dem das Amtsgericht bei der Herabsetzung des [X.]s ausgegangen ist, sei schon vor dem 1. Januar 2009 möglich gewesen. Die diesbezügliche Billigkeitsbeurteilung sei daher nicht noch "im Fluss" gewesen.

9

Auch auf die Erforderlichkeit der Befristung habe der Ehemann sich schon im Vorverfahren berufen können. Ob die seinerzeit gegebene Begründung für eine Ablehnung der Befristung zutreffend gewesen sei, sei für die Präklusion ohne Belang. Selbst wenn man aber den Einwand der Befristung nach § 1578 b BGB für nicht präkludiert, sondern bei jeder Einkommensveränderung eine erneute Überprüfung für erforderlich halten würde, wäre eine Befristung nicht geboten.

Eine Ausnahme vom Grundsatz der [X.] aus Gründen der Billigkeit sei nicht veranlasst. Weder führe die Anwendung des § 238 Abs. 2 FamFG zu einem unerträglichen Ergebnis noch habe die Ehefrau die Präklusion treuwidrig herbeigeführt. Die Möglichkeit eines Wechsels in den [X.] hätten beide Beteiligten kennen können und müssen. Die Ehefrau sei deswegen nicht zur [X.] verpflichtet gewesen.

Die Verringerung des Einkommens des Ehemanns gebe keinen Anlass zur Herabsetzung des [X.]s. Allein wegen des geringeren Einkommens des Ehemanns wäre der [X.] allenfalls dann herabzusetzen, wenn dessen Zahlung für den Ehemann unzumutbar wäre. Das wäre nur der Fall, wenn entweder der angemessene Selbstbehalt unterschritten sei oder die Zahlungsverpflichtung zu einem unzumutbaren Ungleichgewicht zwischen den Einkommen der Beteiligten führe. Insbesondere liege kein Verstoß gegen den [X.] vor. Vielmehr würde der Ehemann der Ehefrau bei einer "fiktiven Berechnung" auch dann noch Quotenunterhalt schulden, wenn diese die Kosten der Krankenversicherung selbst tragen müsste.

2. Das hält rechtlicher Überprüfung nicht in jeder Hinsicht stand.

Das [X.] ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Berufung auf einen möglichen Wechsel in einen kostengünstigeren Tarif der privaten Krankenversicherung im Rahmen der Herabsetzung oder Befristung des [X.]s nach § 238 Abs. 2 FamFG ausgeschlossen sei.

a) Nach § 238 Abs. 1 FamFG kann jeder Teil die Abänderung einer in der Hauptsache ergangenen Endentscheidung des Gerichts beantragen, die eine Verpflichtung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen enthält. Der Antrag ist zulässig, sofern der Antragsteller Tatsachen vorträgt, aus denen sich eine wesentliche Veränderung der der Entscheidung zugrunde liegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ergibt. Gemäß § 238 Abs. 2 FamFG kann der Antrag nur auf Gründe gestützt werden, die nach Schluss der Tatsachenverhandlung des vorausgegangenen Verfahrens entstanden sind und deren Geltendmachung durch Einspruch nicht möglich ist oder war.

Bei mehreren vorausgegangenen ([X.] ist auf die im letzten Abänderungsverfahren ergangene Entscheidung abzustellen (Senatsurteile vom 7. Dezember 2011 - [X.]/09 - FamRZ 2012, 288 Rn. 22; vom 20. Februar 2008 - [X.] - FamRZ 2008, 872 Rn. 12 und [X.], 374 = [X.], 99 f., jeweils mwN). Das gilt nach der Rechtsprechung des Senats auch dann, wenn die letzte Abänderung in einer Herabsetzung des titulierten Unterhalts bestand (vgl. Senatsurteil vom 30. Januar 1985 - [X.] - FamRZ 1985, 376, 377).

aa) Die Zulässigkeit des [X.] wegen tatsächlicher Änderungen (zur Abänderung wegen Änderung der rechtlichen Verhältnisse vgl. etwa Senatsurteile [X.], 197 = FamRZ 2010, 111 Rn. 17 und vom 8. Juni 2011 - [X.] - FamRZ 2011, 1381 Rn. 18, jeweils mwN; zur Ehevertragsanpassung bei Rechtsänderungen vgl. Senatsurteil vom 18. Februar 2015 - [X.]/13 - FamRZ 2015, 824 Rn. 22 mwN) setzt den Vortrag von grundsätzlich unterhaltsrelevanten Tatsachen voraus, die erst nach Schluss der Tatsachenverhandlung des letzten Verfahrens eingetreten sind. Erweist sich das Vorbringen des Antragstellers als unrichtig oder ist die sich daraus ergebende Änderung nur unwesentlich, so ist der Abänderungsantrag unbegründet (vgl. Senatsurteil [X.], 368 = FamRZ 2001, 1687, 1689 mwN).

Das [X.] hat den Abänderungsantrag zu Recht für zulässig erachtet. [X.] hat mit der nach Schluss der mündlichen Verhandlung im vorausgegangenen Verfahren erfolgten Pensionierung geänderte Tatsachen angeführt, die eine Abänderung rechtfertigen können.

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeerwiderung waren die mit dem Eintritt in den Ruhestand verbundenen Veränderungen im vorausgegangenen Verfahren noch nicht hinreichend zuverlässig absehbar, als dass sie bereits seinerzeit hätten berücksichtigt werden müssen. Weder das Gericht noch die Beteiligten waren gehalten, die konkret zu erwartende Altersversorgung zu ermitteln, zumal diese weder in zeitlicher Hinsicht noch der Höhe nach feststand. Dies gilt erst recht, weil noch nach Abschluss des vorausgegangenen Verfahrens der Versorgungsausgleich abgeändert worden ist.

bb) Ist das Abänderungsverfahren eröffnet, so ermöglicht es weder eine freie, von der bisherigen Höhe unabhängige Neufestsetzung des Unterhalts noch eine abweichende Beurteilung derjenigen Verhältnisse, die bereits in der Erstentscheidung eine Bewertung erfahren haben (Senatsurteil vom 2. Juni 2010 - [X.]/08 - FamRZ 2010, 1318 Rn. 32). Darüber hinaus bleiben im Abänderungsverfahren auch solche im Ausgangsverfahren schon entscheidungserheblichen Umstände unberücksichtigt, die seinerzeit von den Beteiligten nicht vorgetragen oder vom Gericht übersehen wurden. Denn auch eine Korrektur von Fehlern der rechtskräftigen Entscheidung ist im [X.] nicht zulässig. Einer Fehlerkorrektur steht vielmehr die Rechtskraft der Vorentscheidung entgegen, deren Durchbrechung nur insoweit gerechtfertigt ist, als sich die maßgeblichen Verhältnisse nachträglich verändert haben (vgl. Senatsurteile BGHZ 185, 322 = FamRZ 2010, 1150 Rn. 19 und vom 6. März 1985 - [X.] - FamRZ 1985, 580, 581).

Die Abänderungsentscheidung besteht dementsprechend in einer unter Wahrung der Grundlagen des Unterhaltstitels vorzunehmenden Anpassung des Unterhalts an veränderte Verhältnisse (§ 238 Abs. 4 FamFG). Für das Ausmaß der Abänderung kommt es darauf an, welche Umstände für die Bemessung der Unterhaltsrente seinerzeit maßgebend waren und welches Gewicht ihnen dabei zugekommen ist. Auf dieser durch Auslegung zu ermittelnden Grundlage hat [X.] im Abänderungsverfahren unter Berücksichtigung der neuen Verhältnisse festzustellen, welche Veränderungen in diesen Umständen eingetreten sind und welche Auswirkungen sich daraus für die Höhe des Unterhalts ergeben (Senatsurteil vom 2. Juni 2010 - [X.]/08 - FamRZ 2010, 1318 Rn. 32 mwN; zur Auslegung der Ausgangsentscheidung vgl. Senatsurteil vom 7. Dezember 2011 - [X.]/09 - FamRZ 2012, 288 Rn. 23 mwN).

b) Nach den genannten Grundsätzen richtet sich auch die Präklusion von für die Herabsetzung und Befristung des Unterhalts gemäß § 1578 b Abs. 1 und 2 BGB erheblichen tatsächlichen und rechtlichen Umständen.

aa) Konnte eine Herabsetzung auf den angemessenen Lebensbedarf bzw. zeitliche Begrenzung des [X.] gemäß § 1578 b BGB bereits zum [X.]punkt der letzten mündlichen Verhandlung des Ausgangsverfahrens vorgetragen werden, ist ein mit dem gleichen Ziel erhobener Abänderungsantrag bei gleich gebliebenen Verhältnissen wegen § 238 Abs. 2 FamFG bereits unzulässig. Die Entscheidung, einen Unterhaltsanspruch aus Billigkeitsgründen herabzusetzen oder zu befristen, setzt dabei nicht voraus, dass die hierfür maßgeblichen Umstände bereits eingetreten sind. Soweit die betreffenden Gründe schon im Ausgangsverfahren entstanden oder jedenfalls zuverlässig vorauszusehen waren, mussten sie auch im Ausgangsverfahren berücksichtigt werden. Die Entscheidung über eine Unterhaltsbegrenzung kann dann wegen § 238 Abs. 2 FamFG im Rahmen eines Abänderungsverfahrens grundsätzlich nicht nachgeholt werden (vgl. Senatsurteile [X.], 197 = FamRZ 2010, 111 Rn. 59; vom 9. Juni 2004 - [X.]/01 - FamRZ 2004, 1357, 1360 und vom 5. Juli 2000 - [X.] - FamRZ 2001, 905, 906; zum Verhältnis von Herabsetzung und Befristung in Bezug auf die Präklusion vgl. Senatsurteil vom 23. November 2011 - [X.] - FamRZ 2012, 197 Rn. 20 f.).

bb) Die Präklusion setzt allerdings voraus, dass die Umstände schon für die Entscheidung des Ausgangsverfahrens erheblich waren. Das ist dann der Fall, wenn das Gericht des Ausgangsverfahrens bereits eine Herabsetzung oder Befristung hätte aussprechen müssen. Ist ein Umstand allein im Rahmen der Billigkeitsbetrachtung nach § 1578 b BGB erheblich, so kommt es mithin grundsätzlich darauf an, ob der fragliche Umstand bereits im Ausgangsverfahren zu einer abweichenden Entscheidung hätte führen müssen.

Demnach ist zwar bei seit dem Schluss der mündlichen Verhandlung im Ausgangsverfahren unveränderter Tatsachen- und Rechtslage eine Abänderung nicht zulässig. Ist die Abänderung hingegen aus anderen Gründen eröffnet, so kann auch eine sogenannte Alttatsache berücksichtigt werden, wenn sie nicht bereits im Ausgangsverfahren entscheidungserheblich war, das heißt im Hinblick auf die konkrete Rechtsfolge der Herabsetzung und Befristung nach § 1578 b BGB für sich genommen noch nicht zu einer anderen Entscheidung hätte führen müssen. Dabei ist zu beachten, dass im Rahmen von § 1578 b Abs. 1 und 2 BGB eine umfassende Billigkeitsabwägung vorzunehmen ist, welche sich regelmäßig nicht auf einzelne Gesichtspunkte reduzieren lässt. Dementsprechend kann das Hinzutreten neuer Gesichtspunkte genügen, um in einer Gesamtschau zu einer Neubewertung auch der unverändert gebliebenen Umstände zu gelangen (vgl. Senatsurteil vom 5. Oktober 2011 - [X.]/09 - FamRZ 2011, 1854 Rn. 26 zu § 1579 Nr. 2 BGB; [X.]/[X.] 3. Aufl. § 1578 b Rn. 42).

Hinsichtlich solcher Umstände, die Teil einer umfassenden Abwägung sind, ist vielmehr im Zweifel davon auszugehen, dass das Gericht über deren Berücksichtigung noch nicht in dem Sinn abschließend entscheiden will, dass diese in einem späteren Abänderungsverfahren außer Betracht gelassen werden müssen. Entsprechend ist zu verfahren, wenn einzelne Aspekte vom Gericht schlicht übersehen und nicht in seine Beurteilung einbezogen wurden.

Sind die Umstände dagegen im Ausgangsverfahren schon in anderer Hinsicht relevant gewesen, so ist ihre Berücksichtigung im Abänderungsverfahren auch im Zusammenhang mit der Herabsetzung und Befristung des Unterhalts nach § 1578 b BGB ausgeschlossen (vgl. Senatsbeschluss vom 5. Dezember 2012 - [X.] 670/10 - FamRZ 2013, 274 Rn. 28 und Senatsurteil vom 27. Januar 2010 - [X.]/08 - FamRZ 2010, 538 Rn. 42 mwN).

c) Die angefochtene Entscheidung entspricht diesen Grundsätzen nicht in vollem Umfang.

Das [X.] ist zwar zu Recht davon ausgegangen, dass dem Amtsgericht im vorausgegangenen Abänderungsverfahren im Hinblick auf die Frage der Herabsetzung des [X.]s ein Fehler unterlaufen ist, weil es - wie auch die Beteiligten - die seinerzeit schon bestehende Möglichkeit des Wechsels der Ehefrau in den Standardtarif nicht berücksichtigt hat.

Damit steht aber noch nicht fest, dass der Fehler auch entscheidungserheblich war. Für die Entscheidungserheblichkeit ist mangels in Rechtskraft erwachsener gegenteiliger Erwägungen der Ausgangsentscheidung darauf abzustellen, wie aus Sicht des erkennenden Gerichts seinerzeit hätte entschieden werden müssen. Auf die Hypothese, wie das seinerzeit zuständige Gericht entschieden hätte, kommt es nicht entscheidend an. Davon abgesehen beruhte im vorliegenden Fall die vom Amtsgericht im vorausgegangenen Verfahren ausgesprochene Herabsetzung des [X.] ausweislich der Entscheidungsgründe im Wesentlichen darauf, dass die Ehefrau ohne diese über höhere Einkünfte verfügt hätte als der Ehemann. Damit hat das Amtsgericht seinerzeit auch den [X.] der Sache nach jedenfalls mittelbar einbezogen und - wie die weitere Begründung zeigt - dessen spätere Herabsetzung nicht ausschließen wollen.

Entgegen der Auffassung des [X.]s kann demnach nicht von einer Entscheidungserheblichkeit im Vorverfahren ausgegangen werden. Vielmehr ist mangels gegenteiliger Anhaltspunkte im vorliegenden Verfahren im Zweifel davon auszugehen, dass die Möglichkeit der Wahl eines günstigeren Tarifs der privaten Krankenversicherung im vorausgegangenen Verfahren für sich genommen noch nicht entscheidungserheblich war und im Rahmen einer ohnedies neu anzustellenden Gesamtschau somit berücksichtigungsfähig ist. Mit dem Eintritt des Ehemanns in den Ruhestand ist eine wesentliche Reduzierung seines Einkommens verbunden. Dieser [X.] wird durch den Versorgungsausgleich deutlich vergrößert. Daher bedarf nach den aufgeführten Grundsätzen auch der [X.] einer erneuten Beurteilung nach § 1578 b BGB, die vom [X.] nicht durchgeführt worden ist.

d) Der angefochtene Beschluss ist demnach aufzuheben. Der Senat ist gehindert, in der Sache abschließend zu entscheiden, weil dies der umfassenden erneuten tatrichterlichen Beurteilung bedarf.

Im Hinblick auf die erneut zu prüfende Herabsetzung des Unterhalts ist eine Berücksichtigung des der Ehefrau möglichen Wechsels in den Standardtarif mithin nicht ausgeschlossen. Das [X.] wird zudem zu beachten haben, dass der von ihm zur Kontrolle herangezogene [X.] kein für die Unbilligkeit des unverminderten Unterhalts taugliches Kriterium darstellt. Denn eine Abweichung vom [X.] zu Lasten des Unterhaltsberechtigten liegt im Wesen einer jeden Unterhaltsherabsetzung oder -befristung nach § 1578 b BGB. Eine Orientierung am [X.] würde vielmehr die - insoweit bereits rechtskräftig - erfolgte Herabsetzung des [X.] konterkarieren. Schließlich kann es auch nicht auf den sogenannten angemessenen Selbstbehalt ankommen. Wenn der Unterhaltspflichtige nicht leistungsfähig im Sinne von § 1581 BGB wäre, würde sich eine Prüfung der Herabsetzung oder Befristung des Unterhalts erübrigen.

[X.]                              Günter

                 Botur                                        Guhling

Meta

XII ZB 369/14

15.07.2015

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Köln, 10. Juli 2014, Az: 4 UF 257/13, Beschluss

§ 1578 Abs 2 BGB, § 1578b Abs 1 BGB, § 238 FamFG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15.07.2015, Az. XII ZB 369/14 (REWIS RS 2015, 8161)

Papier­fundstellen: NJW 2015, 2963 REWIS RS 2015, 8161


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. XII ZB 369/14

Bundesgerichtshof, XII ZB 369/14, 15.07.2015.


Az. 4 UF 257/13

Oberlandesgericht Köln, 4 UF 257/13, 10.11.2015.

Oberlandesgericht Köln, 4 UF 257/13, 10.07.2014.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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