Bundesfinanzhof, Beschluss vom 09.04.2014, Az. VII B 228/13

7. Senat | REWIS RS 2014, 6412

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Gegenstand

Rüge eines Verfassungsverstoßes in der Nichtzulassungsbeschwerde


Leitsatz

1. NV: Behauptet der Beschwerdeführer einer Nichtzulassungsbeschwerde einen Verfassungsverstoß, muss er diesen im Einzelnen darlegen. Erforderlich ist hierzu eine substantiierte, an den Vorgaben des GG sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung des BVerfG orientierte rechtliche Auseinandersetzung mit dem erstinstanzlichen Urteil.

2. NV: Die Verletzung des Zitiergebots durch eine einzelne Vorschrift eines Gesetzes begründet nur die Nichtigkeit dieser Vorschrift und damit nur eine Teilnichtigkeit des Gesetzes. Die Nichtigkeit des gesamten Gesetzes kommt nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen nur in Betracht, wenn der ungültige Gesetzesteil mit dem Gesetz im Übrigen derart verflochten ist, dass beide eine untrennbare Einheit bilden.

Gründe

1

Die Beschwerde ist unzulässig. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat keinen der in § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) abschließend genannten Gründe für die Zulassung der Revision in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O gebotenen Weise schlüssig dargelegt.

2

1. Der Kläger hält die Frage für klärungsbedürftig, "welche Auswirkungen ein Verstoß gegen das Zitiergebot bei Einzelregelungen im Fall der als Rechtsgrundlagen für die angefochtenen Bescheide herangezogenen Gesetze in Bezug auf die Nichtigkeit des jeweiligen Gesetzes als Ganzes hat". Wie sich aus dem Urteil des Finanzgerichts ([X.]) ergibt, meint er damit wohl, dass das [X.] (UStG) wegen Verstößen gegen das Zitiergebot in § 26c und § 27b UStG, aber auch die Abgabenordnung und die [X.]O nichtig seien.

3

Die Darlegung der Erforderlichkeit einer Entscheidung des [X.] ([X.]) zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 [X.]O) verlangt ebenso wie die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O) substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich [X.] ist und deren Beurteilung zweifelhaft oder umstritten ist. Hierzu muss sich der Beschwerdeführer mit der Rechtsprechung des [X.] und den Äußerungen im Schrifttum auseinandersetzen. Insbesondere sind Ausführungen erforderlich, aus denen sich ergibt, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und umstritten ist.

4

Derartige Ausführungen sind auch dann erforderlich, wenn die Verfassungswidrigkeit einer Norm geltend gemacht wird ([X.]-Beschlüsse vom 4. Januar 2005 III B 1/04, [X.]/NV 2005, 1080, und vom 31. Januar 2005 III B 59/04, [X.]/NV 2005, 1081). Der Beschwerdeführer muss in der Beschwerdeschrift den behaupteten Verfassungsverstoß im Einzelnen darlegen. Erforderlich ist hierzu eine substantiierte, an den Vorgaben des Grundgesetzes ([X.]) sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung des [X.] ([X.]) orientierte rechtliche Auseinandersetzung mit dem erstinstanzlichen Urteil ([X.]-Beschlüsse vom 26. September 2002 VII B 270/01, [X.]/NV 2003, 480, und vom 3. April 2001 VI B 224/99, [X.]/NV 2001, 1138).

5

2. Die Ausführungen der Beschwerde zu den behaupteten Verstößen gegen Bestimmungen des [X.] genügen nicht den Mindestanforderungen, die an eine solche Rüge zu stellen sind, denn der Kläger setzt sich mit der Rechtsprechung des [X.] und des [X.] zu den in Bezug genommenen Artikeln des [X.] nicht einmal ansatzweise auseinander. Die unsubstantiierte Behauptung von Verfassungsverstößen kann nicht zur Zulassung der Revision führen (Senatsbeschluss vom 7. Oktober 2011 VII S 6/11 (PKH), [X.]/NV 2012, 242).

6

Der Kläger zitiert selbst die --auch vom [X.] herangezogene-- Senatsentscheidung vom 18. Mai 2011 VII B 195/10 ([X.]/NV 2011, 1743), in welcher unter Bezugnahme auf die [X.]-Entscheidung vom 9. Januar 2009 V B 23/08 ([X.]/NV 2009, 801) ausgeführt ist, selbst bei einem Verstoß des § 27b UStG gegen das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 [X.] ergäbe sich allenfalls eine Teilnichtigkeit des UStG, nicht jedoch dessen vollständige Nichtigkeit. Denn die Verletzung des [X.] durch eine einzelne Vorschrift eines Gesetzes begründet nur die Nichtigkeit dieser Vorschrift und damit nur eine Teilnichtigkeit des Gesetzes. Die Nichtigkeit des gesamten Gesetzes kommt nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen nur in Betracht, wenn der ungültige Gesetzesteil mit dem Gesetz im Übrigen derart verflochten ist, dass beide eine untrennbare Einheit bilden. Dies trifft auf das Verhältnis von § 27b UStG zu den weiteren Vorschriften des UStG nicht zu. Entsprechendes hat der [X.] zum Verstoß einzelner Vorschriften der [X.]O gegen das Zitiergebot ausgeführt (Beschluss vom 19. Januar 2012 VI B 98/11, [X.]/NV 2012, 759).

7

Dieser Rechtsprechung hat der Kläger lediglich entgegengehalten, "dass der [X.] insbesondere in der Frage der Beurteilung der Verfassungskonformität einzelner Normen im Verhältnis zum sog. [X.] in der Entscheidungskompetenz nachgeordnet" sei. Inwiefern mit dieser Begründung die Zulassung der Revision gerechtfertigt werden soll, erschließt sich dem Senat nicht, zumal sich das [X.] in seiner ebenfalls vom [X.] zitierten Entscheidung (Urteil vom 19. März 2003  2 BvL 9-12/98, [X.]E 108, 1) auf eben den vom [X.] angewandten Grundsatz bezieht, eine Norm, die mit dem für nichtig erklärten [X.] nicht so verflochten ist, dass beide eine untrennbare Einheit bilden, sei von der Nichtigerklärung auszunehmen.

8

3. Soweit der Kläger meint, vor der Entscheidung des Senats müsse eine "Vorlage gem. Art. 267 AEUV" zum [X.] erfolgen, um vorab zu klären, "inwieweit die genannten nationalen Gesetze, die wohl unstreitig zu Eingriffen in die Vermögenssphäre des Steuerpflichtigen führen, mit EU-Recht in Einklang stehen", fehlt es an jeglicher Darlegung. Jede weitere Befassung mit diesem Vorbringen erübrigt sich außerdem im Hinblick auf die Unzulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde.

9

4. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

VII B 228/13

09.04.2014

Bundesfinanzhof 7. Senat

Beschluss

vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 7. August 2013, Az: 2 K 12071/11, Urteil

§ 26c UStG, § 27b UStG, Art 19 Abs 1 S 2 GG, § 115 Abs 2 FGO, § 116 Abs 3 S 3 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 09.04.2014, Az. VII B 228/13 (REWIS RS 2014, 6412)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6412

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