Bundessozialgericht, Beschluss vom 30.06.2020, Az. B 3 P 22/19 B

3. Senat | REWIS RS 2020, 2469

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Gegenstand

Pflegeversicherung - Pflegeeinrichtung - gesonderte Berechnung von Investitionsaufwendungen


Tenor

Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 23. Oktober 2019 wird als unzulässig verworfen.

Der Beklagte trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auf 64 533,16 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Der Kläger betreibt als eingetragener Verein eine zugelassene stationäre Pflegeeinrichtung. Das [X.] hat mit Urteil vom [X.] den Anspruch des [X.] auf Zustimmung des beklagten [X.] zur gesonderten Berechnung [X.] für insgesamt 61 Pflegeplätze in Höhe von 8,77 Euro pro Pflegeplatz und Tag in der [X.] vom 1.1. bis 31.12.2013 nach § 82 Abs 3 Satz 3 [X.] bestätigt: Auch im Hinblick auf weitere 21 Pflegeplätze durch einen Erweiterungsbau bestehe Anspruch auf Zustimmung zur gesonderten Berechnung der betriebsnotwendigen [X.]. Die Pflegeeinrichtung sei insgesamt landesrechtlich gefördert worden; auf einzelne Baumaßnahmen oder Gebäudeteile komme es hingegen nicht an. Es handele sich um [X.], die in dieser Höhe auch betriebsnotwendig seien.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Urteil hat der [X.] Beschwerde beim [X.] eingelegt. Er beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 [X.] 1 [X.]).

3

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der [X.] den geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht hinreichend dargelegt hat (§ 160a Abs 2 Satz 3 [X.]). Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 [X.] durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

4

1. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache iS des § 160 Abs 2 [X.] 1 [X.] nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche Klärung erwarten lässt (vgl [X.] § 160 [X.] 17 und § 160a [X.] 7, 11, 13, 31, 39, 59, 65).

5

Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (vgl [X.]-1500 § 160a [X.] 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.

6

Der [X.] hält für grundsätzlich bedeutsam folgende Fragen:

        

"Wird die Neuerrichtung von Gebäuden oder Gebäudeteilen bei einer schon bestehenden - mit öffentlichen Mitteln geförderten - Pflegeeinrichtung vom Begriff der betriebsnotwendigen [X.] in § 82 Abs. 3 Satz 1 [X.] mit umfasst?

        

Ist der Begriff der Betriebsnotwendigkeit in § 82 Abs. 3 Satz 1 [X.] dahingehend auszulegen, dass allein die unternehmerische Entscheidung, bestimmte Investitionen zu tätigen, maßgeblich ist oder ist hierfür vielmehr an objektive Kriterien, wie die Wirtschaftlichkeit des Betriebes der Pflegeeinrichtung mit oder ohne die betreffende Investition entscheidungserheblich?

        

Ist für die Bewertung der Betriebsnotwendigkeit eine ex ante- oder eine ex post-Betrachtung maßgeblich?

        

Welche Anforderungen sind an eine substantiierte Darlegung in Bezug auf die betriebsnotwendigen Investitionen zu stellen, damit der - unbestimmte - Rechtsbegriff der Betriebsnotwendigkeit einer gerichtlichen Prüfung unterzogen werden kann?"

7

a) Hierzu führt der [X.] aus, das [X.] habe zwar in seinem Urteil vom 8.9.2011 ([X.] P 2/11 R - [X.], 96 = [X.]-3300 § 82 [X.] 7) den Begriff der Betriebsnotwendigkeit erläutert. Allerdings bleibe fraglich, ob die Errichtung eines neuen Gebäudeteils und folglich die bauliche Erweiterung der Pflegeeinrichtung mit der Schaffung von über 50 % neuer Pflegeplätze, die für die Aufrechterhaltung des Pflegebetriebs nicht erforderlich seien, eine betriebsnotwendige Investitionsaufwendung iS von § 82 Abs 3 Satz 1 [X.] darstelle. Für seine Argumentation bezieht sich der [X.] auf Rechtsprechung aus den Instanzen ([X.] Urteil vom 28.11.2017 - [X.]/15, [X.] Urteil vom [X.] P 107/14 und das hier vom [X.] bestätigte Urteil des [X.] vom 21.11.2017 - [X.] P 74/14). Die unternehmerische Entscheidung der betriebsnotwendigen Investitionen sei im Lichte von § 82 Abs 3 Satz 1 [X.] einer vollen gerichtlichen Kontrolle zu unterziehen (Hinweis auf [X.] aaO). Aus der Entscheidung des [X.] (aaO) ergebe sich auch, dass in Bezug auf die Betriebsnotwendigkeit substantiierte Darlegungen erforderlich seien. Die dort entschiedene Konstellation zur Anschaffung und Unterhaltung von Fahrzeugen sei mit der hier streitigen Errichtung eines Gebäudes oder eines Gebäudeteils vergleichbar. Aus den maßgeblichen Gesetzesmaterialien sei zu schlussfolgern, dass die Neuerrichtung von Gebäudeteilen bei einer bestehenden Pflegeeinrichtung keine Instandhaltung oder Instandsetzung sei.

8

b) Dieser Vortrag genügt nicht den Anforderungen an die Darlegung einer klärungsbedürftigen und klärungsfähigen Rechtsfrage. Es fehlt schon an der Darlegung der Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Fragen, so dass offenbleiben kann, ob auch deren Entscheidungserheblichkeit hinreichend dargetan ist. Jedenfalls sind mit der vierten Frage Tatsachen angesprochen, die nur einzelfallbezogen und nicht generell geklärt werden können. Überdies trägt der [X.] selbst vor, dass sich das [X.] in dem in der Beschwerdebegründung zitierten Urteil vom 8.9.2011 (aaO) mit der Erläuterung des Begriffs der Betriebsnotwendigkeit und den [X.] an die Betriebsnotwendigkeit von Investitionen beschäftigt habe, wodurch der Schluss gerechtfertigt sei, dass eine volle gerichtliche Überprüfung dieses [X.] angezeigt sei. Mit diesen Ausführungen hat der [X.] aber nicht die erneute Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Fragen dargetan, wenn er sich auf vorhandene Rechtsprechung des [X.] bezieht. Vielmehr trägt er sinngemäß nur die vermeintliche Unrichtigkeit des [X.]-Urteils vor, gemessen am Urteil des [X.] (aaO). Die Unrichtigkeit des Berufungsurteils ist aber nicht Gegenstand des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde.

9

Im Übrigen existiert bereits weitere Rechtsprechung des [X.] zum aufgeworfenen Problemkreis, die einer Annahme der hinreichenden Darlegung der erneuten Klärungsbedürftigkeit entgegensteht (vgl nur [X.] Urteile vom 10.3.2011 - [X.] P 3/10 R - [X.]E 108, 14 = [X.]-3300 § 82 [X.] 5; vom 8.9.2011 - [X.] P 3/11 R und [X.] P 4/10 R - beide in juris). Insbesondere hat der Senat im Urteil vom [X.] ([X.] P 3/07 R - [X.]E 99, 57 = [X.]-3300 § 82 [X.] 4, Rd[X.] 15 f) ausgeführt, dass die gesonderte Berechnung von [X.] in Beziehung zu der jeweiligen Pflegeeinrichtung zu sehen und darauf abzustellen ist, ob es sich um eine durch öffentliche [X.]förderung privilegierte Pflegeeinrichtung handelt. Ausreichend hierfür ist eine auch nur teilweise landesrechtliche Förderung der Pflegeeinrichtung. Abzugrenzen hiervon sind Pflegeeinrichtungen, die nach § 82 Abs 4 [X.] (überhaupt) nicht nach [X.]recht gefördert werden.

Zwar kann eine Rechtsfrage trotz Vorliegens einer höchstrichterlichen Entscheidung weiter klärungsbedürftig bleiben oder erneut klärungsbedürftig werden, wenn der Entscheidung in nicht geringem Umfang widersprochen wird und nicht abwegige Einwendungen gegen sie erhoben werden (stRspr; vgl nur [X.] Beschluss vom [X.] - [X.] KR 52/18 B - juris Rd[X.] 9 und hierzu auch [X.] in [X.] ua, [X.], 12. Aufl 2017, § 160 Rd[X.] 8b jeweils mwN). Der [X.] hat aber nicht vorgetragen, dass der Senatsrechtsprechung maßgeblich widersprochen worden sei. Dies ergibt sich auch nicht aus der von ihm zitierten Rechtsprechung der Instanzgerichte.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 [X.]).

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 [X.] iVm § 154 Abs 2 VwGO.

3. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 63 Abs 2, 53 Abs 3 GKG.

Meta

B 3 P 22/19 B

30.06.2020

Bundessozialgericht 3. Senat

Beschluss

Sachgebiet: P

vorgehend SG Magdeburg, 21. November 2017, Az: S 19 P 74/14, Urteil

§ 82 Abs 3 S 1 SGB 11, § 82 Abs 4 SGB 11

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 30.06.2020, Az. B 3 P 22/19 B (REWIS RS 2020, 2469)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 2469

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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