Bundessozialgericht, Beschluss vom 03.11.2010, Az. B 5 R 282/10 B

5. Senat | REWIS RS 2010, 1732

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde - Begründung - Prozessbevollmächtigter - Verfassungsmäßigkeit


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 19. Juli 2010 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

Gründe

1

Mit Urteil vom [X.] hat es das [X.] abgelehnt, die Beitrags- und Beschäftigungszeiten, die die Klägerin in der ehemaligen [X.] zurückgelegt hat, sowie ihre Zeit der Arbeitslosigkeit vom [X.] bis 31.3.1999 als Anrechnungszeit rentensteigernd zu berücksichtigen.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung wurde Beschwerde zum [X.] eingelegt. In der Beschwerdebegründung wird die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend gemacht.

3

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil kein Zulassungsgrund ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 Satz 3 [X.]).

4

Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

        

-       

die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]),

        

-       

das Urteil von einer Entscheidung des [X.], des [X.] oder des [X.] abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO [X.]) oder

        

-       

ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO [X.]).

5

Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 Satz 3 [X.] dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 [X.] zu verwerfen.

6

Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl [X.] [X.] 3-1500 § 160a [X.]4 S 70 mwN; Fichte in [X.]/Fichte, [X.], 2009, § 160a Rd[X.] 41).

7

Die Beschwerdebegründung wird schon dem ersten Erfordernis nicht gerecht. Denn die Klägerin hat keine abstrakt-generelle Rechtsfrage zum Anwendungsbereich einer revisiblen Norm (vgl § 162 [X.]) gestellt, die der Senat mit "ja" oder "nein" beantworten könnte (vgl Senatsbeschluss vom [X.] - B 5 R 8/10 B - BeckRS 2010, 68786 Rd[X.]0; [X.], Beschluss vom 5.11.2008 - B 6 [X.]/07 B - BeckRS 2009 - 50073 Rd[X.] 7 sowie [X.], 52 Rd[X.] 5 f). Die Formulierung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann ([X.], [X.] 2007, 261, 265; [X.]/[X.], Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 5. Aufl 2008, Kap IX Rd[X.]81). Keinesfalls gehört es zu den Aufgaben des [X.], den Vortrag daraufhin zu untersuchen, ob sich aus ihm evtl eine entsprechende Rechtsfrage herausfiltern ließe (vgl [X.] [X.] 3-1500 § 160a [X.]6 S 48).

8

Das Schreiben der Klägerin vom [X.], auf das ihr Prozessbevollmächtigter "auftragsgemäß Bezug genommen" hat, konnte bei der Beschwerdeentscheidung nicht berücksichtigt werden. Denn das gesetzliche Erfordernis, eine Nichtzulassungsbeschwerde durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten zu begründen 73 Abs 4 Satz 1 [X.]), soll bewirken, dass dieser die Rechtslage im Hinblick auf die drei Revisionszulassungsgründe 160 Abs 2 [X.]) genau durchdenkt, von aussichtslosen Beschwerden absieht und andernfalls die Entscheidungsfindung des Gerichts erleichtert, indem er klar darlegt, welcher Zulassungsgrund aus welchen Gründen vorliegt ([X.] [X.] 3-1500 § 166 [X.] 4 S 9). Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde muss das Ergebnis der geistigen Arbeit des zugelassenen Prozessbevollmächtigten sein, für die er mit seiner Unterschrift die volle Verantwortung übernimmt, und dies aus sich heraus erkennen lassen. Die bloße Vorlage eines Schriftsatzes, den ein Beteiligter oder sein Ehegatte selbst abgefasst hat, stellt daher keine ordnungsgemäße Beschwerdebegründung dar, wenn der Rechtsanwalt die Durchsicht, Sichtung und Gliederung des [X.] unterlassen hat (zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit dieses Erfordernisses: [X.] [X.] 3-1500 § 160a [X.]2 S 23; [X.], [X.] 2008, 506, 508). So liegt der Fall hier.

9

Die Klägerin hat das vierseitige Schreiben vom [X.], das sie in der [X.] verfasst hat, selbst entworfen und geschrieben. Ihr Prozessbevollmächtigter hat dieses Schreiben seiner Beschwerdebegründung als Anlage beigefügt und distanzierend mitgeteilt, er nehme "auf die dortigen Ausführungen … auftragsgemäß Bezug". Dass er den Inhalt der Anlage im Hinblick auf die Nichtzulassungsbeschwerde geprüft hat, ergibt sich hieraus gerade nicht. Hinzu kommt, dass das unübersichtliche und in großen Teilen beschwerderechtlich offensichtlich unerhebliche Vorbringen der Klägerin nicht erkennen lässt, dass es sich in [X.] Weise mit den [X.] in Bezug auf das angefochtene Urteil auseinandersetzt. Aus diesen Gründen und angesichts der distanzierenden Erklärung des Prozessbevollmächtigten muss vielmehr davon ausgegangen werden, dass dieser die Anlage ungeprüft weitergereicht hat, ohne hierfür die volle Verantwortung übernehmen zu wollen. Indem er die Beschwerdebegründung, die die Klägerin selbst entworfen und geschrieben hat, in unveränderter Fassung weiterleitete, hat er es dem Gericht überlassen, das zur ordnungsgemäßen Beschwerdebegründung Erforderliche herauszufiltern, was indessen gerade nicht Sache des [X.], sondern des rechtskundigen Prozessbevollmächtigten ist ([X.] [X.] 3-1500 § 166 [X.]; BVerwG [X.] 310 § 139 VwGO [X.]8).

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbs 2 [X.]).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 [X.].

Meta

B 5 R 282/10 B

03.11.2010

Bundessozialgericht 5. Senat

Beschluss

Sachgebiet: R

vorgehend SG Köln, 22. Juli 2008, Az: S 7 R 236/05

§ 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160a Abs 4 S 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 169 S 1 SGG, § 169 S 2 SGG, § 73 Abs 4 S 1 SGG, GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 03.11.2010, Az. B 5 R 282/10 B (REWIS RS 2010, 1732)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 1732

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

B 5 R 232/10 B (Bundessozialgericht)

Ordnungsgemäße Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde durch den Prozessbevollmächtigten


B 5 RS 59/12 B (Bundessozialgericht)

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Divergenzrüge - entscheidungserhebliche Divergenz


B 5 R 334/11 B (Bundessozialgericht)

Nichtzulassungsbeschluss - grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage - Verfahrensfehler


B 5 R 454/11 B (Bundessozialgericht)

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensfehler - gerügtes Fehlen der Voraussetzungen für eine Entscheidung des …


B 5 R 8/11 B (Bundessozialgericht)

Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung - Vereinbarkeit einer Vorschrift mit dem GG


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.