Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.11.2002, Az. StB 16/02

3. Strafsenat | REWIS RS 2002, 802

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[X.]in dem [X.] Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen [X.] -Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 7. November 2002 beschlossen:Die Staatskasse hat die Kosten der Beschwerde des [X.] gegen den Beschluß des Ermittlungsrichters des [X.] vom 28. Juni 2002 und die dem [X.] entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.Gründe:1. Der [X.] führt gegen den Beschwerdeführer undweitere Beschuldigte ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Mit-gliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Auf seinen Antrag hat der Er-mittlungsrichter des [X.] mit Beschluß vom 28. Juni 2002 [X.] der Person und der Wohnung des Beschwerdeführers gestattet.Die Durchsuchung ist am 3. Juli 2002 durchgeführt worden. Am 19. Juli 2002hat der Beschuldigte Beschwerde gegen die Durchsuchungsanordnung einge-legt. Er hat beanstandet, der [X.] enthalte weder einenkonkreten Tatvorwurf noch beschreibe er die Beweismittel, auf deren Sicher-stellung abgezielt werde. Bei der Einlegung der Beschwerde hat der [X.] nur über eine Ausfertigung der Durchsuchungsanordnung ohnedie Gründe der ermittlungsrichterlichen Entscheidung verfügt. Mit [X.] vom 27. August 2002 ist dem Beschwerdeführer der[X.] mit den Gründen in seiner vollständigen Fassungübersandt worden. Der Beschwerdeführer hat daraufhin zunächst mitgeteilt,daß gegen die ihm nunmehr vorliegende "Langfassung" des Beschlusses keineBeschwerde eingelegt worden wäre. Später hat er die Beschwerde zurückge-- 3 -nommen und erklärt, der Umstand, daß er erst im Laufe des [X.] einen vollständigen Beschluß erhalten habe, müsse in der Kostenent-scheidung zum Ausdruck kommen.2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem [X.] erwachsenen notwendigen Auslagen sind - abweichend von § 473 Abs. 1StPO - der Staatskasse aufzuerlegen. Dies folgt aus dem Gebot der sachlichenGerechtigkeit, dem auch bei der Anwendung und Auslegung der [X.] ausschlaggebende Bedeutung zukommt (BGHSt 18, 268, 271; 19,226, 230), und dem im Kostenrecht, insbesondere in Fällen eingetretener Erle-digung, heranzuziehenden Gesichtspunkt der Billigkeit (vgl. OLG DresdenOLGSt StGB § 67 Nr. 11; [X.] StPO 4. Aufl. vor § 464 Rdn. 2).a) Allerdings hätte die zulässig eingelegte und inzwischen zurückge-nommene Beschwerde gegen den [X.] in der Sache kei-nen Erfolg gehabt.Der [X.] ist rechtmäßig ergangen; die Anordnungs-voraussetzungen des § 102 StPO lagen vor: Der Ermittlungsrichter des [X.] hat rechtsfehlerfrei den Anfangsverdacht der Mitgliedschaft ineiner terroristischen Vereinigung und damit seine Zuständigkeit für den [X.] bejaht (§ 142 a Abs. 1 Satz 1, § 120 Abs. 1Nr. 6 [X.], § 169 Abs. 1 Satz 2 StPO). Aufgrund der im Beschluß dargelegtenUmstände und [X.] bestanden hinreichende Anhaltspunktedafür, daß sich eine Vereinigung gebildet hatte, deren Zwecke oder Tätigkeitdarauf gerichtet waren, in § 129 a Abs. 1 StGB genannte Straftaten zu bege-hen. Ebenso lagen konkrete Hinweise darauf vor, daß der Beschuldigte dieserGruppierung angehörte. Auch bezüglich der übrigen Voraussetzungen des§ 102 StPO bestehen keine Bedenken, insbesondere ist der Grundsatz der- 4 -Verhältnismäßigkeit gewahrt. Im [X.] werden Rahmen,Grenzen und Ziel der Durchsuchung hinreichend bestimmt; einer weiteren Ein-grenzung bedurfte es in diesem frühen Stadium des [X.]) Indes kann bei der zu treffenden Kostenentscheidung nach [X.] der Beschwerde hier nicht allein auf die Tatsache der Rücknahme [X.] und die Rechtmäßigkeit des Durchsuchungsbeschlusses abge-stellt werden. Vielmehr entspricht es in Fällen, in denen - wie hier - die demBetroffenen ausgehändigte Ausfertigung einer gerichtlichen Entscheidung mitdem Original nicht übereinstimmt, der Billigkeit, zu prüfen, ob die dem [X.] zunächst überlassene Ausfertigung Veranlassung zu der Be-schwerde gegeben hat und diese begründet wäre, wenn der Beschluß derüberlassenen Fassung entsprochen hätte.Das ist hier der Fall. Für den Beschuldigten und seinen Verteidiger warnicht ersichtlich, daß der angefochtene Beschluß im Original mit einer ausführ-lichen Begründung versehen war. Der Beschwerdeführer mußte deshalb voneinem Verstoß gegen die Begründungspflicht des § 34 StPO ausgehen. [X.] Sicht wäre das Rechtsmittel begründet gewesen, da das Fehlen einerBegründung regelmäßig einen Aufhebungsgrund darstellt ([X.] in L/[X.]. § 34 Rdn. 10; Maul in [X.] StPO 4. Aufl. § 34 Rdn. 11).Der Beschwerdeführer durfte auch annehmen, daß das Original des [X.] der ihm überlassenen Ausfertigung entspricht. Ein schriftlicher[X.] ist dem Betroffenen nämlich nach § 35 StPO grund-sätzlich durch Aushändigung einer Ausfertigung mit vollständiger Begründungbekanntzumachen. Wie der Senat mit Beschluß vom 3. September 1997 ([X.] = BGHR StPO § 105 Zustellung 1) näher ausgeführt hat, unterliegt die- 5 -Übung, den vom Grundrechtseingriff Betroffenen nur die —Durchsuchungsan-ordnungfi, also lediglich die Beschlußformel der Entscheidung des [X.], nicht aber den vollständigen [X.] mit Gründenauszuhändigen, verfassungsrechtlichen Bedenken. Diese den Regelfall [X.] Entscheidung des Senats schließt jedoch nicht aus, daß nach [X.] Ermittlungsverfahren beherrschenden allgemeinen Grundsätzen aus-nahmsweise die Bekanntmachung der Gründe zurückgestellt werden kann,wenn durch sie der Untersuchungszweck gefährdet wäre (so auch [X.] in [X.]4. Aufl. § 105 Rdn. 5, der dies mit einer entsprechenden Anwendung von § 101StPO begründet). Kann die Gefährdung des Untersuchungszwecks bereits [X.] ausgeräumt werden, daß in der auszuhändigenden Ausfertigung [X.] einzelner Passagen der Begründung abgesehen wird, darf auch einein den Gründen unvollständige Ausfertigung übergeben werden. In jedem Fallmuß aus Gründen eines effektiven Rechtsschutzes und zur Vermeidung unnö-tiger Rechtsmittel in der dem Betroffenen überlassenen Aushändigung aller-dings auf die (vollständige oder teilweise) Weglassung der Gründe in geeig-neter Form hingewiesen werden. Dabei obliegt bei einer richterlichen Anord-nung nach § 36 Abs. 1 StPO die Entscheidung über die Art der Bekanntma-chung [X.], dieser hat auch Sorge dafür zu tragen, daß dem [X.] eine- 6 -vollständige Ausfertigung übermittelt wird, sobald dies ohne Gefährdung [X.] verantwortet werden kann (entsprechend § 101 Abs. 1StPO).Tolksdorf [X.]von [X.]

Meta

StB 16/02

07.11.2002

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.11.2002, Az. StB 16/02 (REWIS RS 2002, 802)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 802

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