Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.06.2013, Az. VI ZR 150/12

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 5187

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VI ZR
150/12
Verkündet am:

11. Juni 2013

Böhringer-Mangold

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 823 Abs. 1 Hb, § 831 Abs. 1, § 254 Abs. 1 F, [X.] § 7 Abs. 1, [X.] § 4 Halbsatz 2
a)
Bei Ansprüchen aus §
831 Abs. 1 [X.] ist § 4 Halbsatz 2 [X.] nicht ent-sprechend anwendbar.
b)
Im Rahmen der Betriebsgefahr, die sich der Halter eines Kraftfahrzeugs ent-gegenhalten lassen muss, wenn er Ersatz seines Unfallschadens nach §
823 Abs.
1 [X.] verlangt, ist als ein die allgemeine Betriebsgefahr erhöhender Umstand auch das für den Unfall mitursächliche haftungsrelevante Verhalten des Fahrers zu berücksichtigen.
[X.], Urteil vom 11. Juni 2013 -
VI [X.] -
[X.]

[X.]

-
2
-

Der VI. Zivilsenat des [X.] hat auf
die mündliche Verhandlung vom
11. Juni 2013
durch den Vorsitzenden [X.], die
Richter Zoll, Well-ner
und Stöhr
und die Richterin von Pentz

für Recht erkannt:
Die Revision des [X.] gegen das Urteil der 2. Zivilkammer
des [X.]s [X.] vom 19. März 2012 wird zurückgewiesen, soweit sie sich dagegen wendet, dass die Verurteilung der [X.] zu 1) in Höhe eines Betr

hie-raus
abgeändert und die Klage insoweit abgewiesen
worden ist, und
im Übrigen als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt der Kläger mit [X.] der im Revisionsverfahren entstandenen
außergerichtlichen
Kosten der [X.], die diese selbst trägt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der Kläger verlangt von den [X.] Schadensersatz aus einem Ver-kehrsunfall
vom 11. Januar 2007.
Eine Straßenbahn der [X.] zu 1), die vom
[X.] zu 2)
gefahren wurde, stieß gegen einen zum Betriebsvermögen des [X.] gehörenden
und von der [X.]
gefahrenen
Pkw. Die-ser hatte sich im Bereich der auf der Straße verlegten Schienen zum [X.] eingeordnet und war dort verkehrsbedingt zum
Stehen gekommen.
1
-
3
-

Das Amtsgericht hat die [X.] als Gesamtschuldner verurteilt, an den
Kläger
2.

(zwei Drittel des ihm entstandenen Schadens)
nebst Verzugszinsen und vorgerichtlichen Anwaltskosten zu zahlen. Die Beklagte zu
1) hat es darüber hinaus verurteilt, an den
Kläger weitere

nebst Verzugszinsen und weitere
Anwaltskosten zu zahlen. Einer von der [X.] zu
1) wegen ihres eigenen Schadens gegen den Kläger und die Drittwiderbe-klagte erhobenen
Widerklage hat das Amtsgericht teilweise stattgegeben. Im Übrigen hat es Klage und Widerklage abgewiesen.
Gegen dieses Urteil haben die [X.] Berufung eingelegt. Sie haben beantragt,
das angefochtene
Urteil abzuändern,
soweit sie über den Betrag in Höhe von

hinaus
nebst Verzugszinsen und einem Teil der Anwalts-kosten
verurteilt worden sind. Das [X.] hat das amtsgerichtliche Urteil unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen abgeändert, soweit die Beklagte zu 1) verurteilt worden ist, dem Kläger mehr als zwei Drittel des ihm entstande-nen Schadens zu ersetzen, und
soweit beide Beklagte hinsichtlich des zweiten Drittels der Hauptforderung gesamtschuldnerisch zur Zahlung von Zinsen für den Zeitraum vor Eintritt der Rechtshängigkeit verurteilt worden sind und die [X.]
eine Abänderung wegen der vorgerichtlichen Anwaltskosten [X.] haben; im Umfang der Abänderung hat es die Klage abgewiesen. Nach Rücknahme der Revision durch die Drittwiderbeklagte und der Revision des [X.] gegen die Beklagte zu
2)
ist Gegenstand der
vom Berufungsgericht zugelassenen Revision des
[X.]
nur noch
die vollständige Zurückweisung der Berufung
des [X.] zu 1).

2
3
-
4
-

Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht, dessen Urteil
in juris veröffentlicht ist
([X.], Urteil vom 19. März
2012 -
2 [X.]/11),
hat ausgeführt, dem Kläger stehe dem Grunde nach gegen die Beklagte zu 1)
aus §
1 Abs.

1 [X.] und gegen den [X.] zu 2) aus §
823 Abs.
1 [X.] ein Anspruch auf Schadensersatz zu, der -
wie vom Amtsgericht angenommen
-
wegen des dem Kläger zuzurech-nenden Mitverschuldens der [X.] nach §§
9 [X.],
254 [X.] mit zwei Dritteln des Gesamtschadens zu bemessen sei. Die vom Amtsgericht vor-genommene Haftungsverteilung sei nicht zu beanstanden.
Ein darüber hinausgehender Anspruch
gegen die Beklagte zu 1) aus §
831 Abs.
1 Satz 1 [X.]
auf Zahlung weiterer

bestehe nicht, weil
auch dieser Anspruch um den Haftungsanteil des [X.] von einem Drittel zu kürzen
sei. Zwar treffe den Kläger selbst kein Mitverschulden. Jedoch sei dem Kläger das Mitverschulden der [X.] in analoger Anwendung des §
4 [X.] zuzurechnen. Die Vorschrift des §
9 [X.], welche eine dem §
4 [X.] vergleichbare Regelung enthalte,
gelte zwar
nach vorherrschender Auf-fassung
ausschließlich für die
Haftung nach dem [X.]; eine analoge Anwendung auf das Deliktsrecht werde abgelehnt. Dem könne aber
jedenfalls in Bezug auf Ansprüche aus §
831
Abs.
1 Satz 1
[X.] nicht gefolgt werden. Die vorherrschende Auffassung stütze sich auf das Urteil
des Bundes-gerichtgshofs
vom 30. März 1965 -
VI
ZR 257/63, [X.], 523 f., wonach in der [X.] nach §
9 [X.] ein gewollter Ausgleich dafür
liege, dass die Haftung des Kraftfahrzeugführers
nach dem Straßenverkehrsge-setz
anders als die Haftung nach
§
823
Abs.
1
[X.]
schon bei vermutetem [X.] eingreife. Diese Begründung lasse sich nicht auf Ansprüche aus §
831
Abs.
1 Satz 1
[X.] übertragen, weil diese Vorschrift -
wie §
18 [X.], aber an-4
5
-
5
-

ders als §
823 Abs.
1 [X.]
-
eine Haftung für vermutetes Verschulden normiere. Zudem führe die Ablehnung der
entsprechenden
Anwendung von §
4 [X.]
zu einem unbilligen Ergebnis,
weil
die Beklagte zu 1) dann auch in vollem Umfang haften müsste, wenn der Unfall alleine von der [X.] zu vertreten wäre.
Die Revision werde zugelassen, weil die analoge Anwendung des §
4 [X.] auf §
831 Abs.
1 Satz
1 [X.] klärungsbedürftig sei.

II.
1. Die Revision
ist teilweise
als unzulässig zu verwerfen

552 Abs.
1 ZPO).
Sie ist unzulässig, soweit das Berufungsgericht dem Kläger hinsichtlich des zweiten Drittels der geltend gemachten Hauptforderung
gegen die Beklagte zu 1)
Zinsen
nur
für die Zeit ab
Eintritt der Rechtshängigkeit und geringere
vor-gerichtliche Anwaltskosten zugesprochen hat. Diese Abänderungen werden zwar von dem auf Zurückweisung der Berufung gerichteten Revisionsantrag des [X.] umfasst. Seine Revision ist aber
insoweit mangels Angabe von [X.] unzulässig (§
551 Abs.
3). Bezieht sich die Revision auf mehrere Ansprüche im prozessualen Sinn, muss zu jedem Anspruch eine aus-reichende Revisionsbegründung gegeben werden ([X.], Urteil vom 17. Juli 2007 -
9
AZR 819/06, NJW 2007, 3739 Rn.
31 f.). Die Revisionsbegründung des [X.] wendet sich ausschließlich dagegen, dass das Berufungsgericht eine Haftung der [X.] zu 1) im Umfang von mehr als zwei Dritteln der
gel-tend gemachten Hauptforderung
verneint hat. Diese Rüge erfasst die in Rede stehenden Teile der Ansprüche auf Ersatz von Zinsen und Anwaltskosten nicht.
6
7
8
-
6
-

2. Soweit
das Berufungsgericht dem Kläger den vom Amtsgericht zuer-kannten weitergehenden Ersatzanspruch gegen die Beklagte zu 1) im Umfang von mehr als zwei Dritteln des ihm unstreitig entstandenen Schadens aberkannt hat,
hält dies
einer revisionsrechtlichen Nachprüfung
im
Ergebnis stand.
a)
Nicht zu beanstanden ist die Annahme des Berufungsgerichts, der als solcher außer Streit stehende Anspruch des [X.] aus §
1 Abs.
1 [X.] sei um einen Mithaftungsanteil des [X.] von einem Drittel zu kürzen.
Die zum Unfallhergang getroffenen Feststellungen und die auf dieser Grundlage vorge-nommene Abwägung der beiderseitigen Verursachungs-
und Verantwortungs-beiträge
greift die Revision nicht an.
Rechtliche Grundlage für die [X.] bei der Anrechnung einer Mithaftung als Halter eines Kraftfahrzeugs
oder als Betriebsunternehmer einer Bahn
sind
die
Sonderregelungen
der §§
17 [X.], 13 [X.] (vgl. Senat, Urteil vom 8. März 1960 -
VI
ZR 113/58, [X.], 632; Filthaut, Haftpflichtgesetz, 8.
Aufl., §
4
Rn.
2). Bei Anwendung dieser Vorschriften ist die erfolgte Abwägung revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Nach
den vom Berufungsgericht gebilligten Ausführungen des
Amtsgerichts zur Haftungsverteilung
war
der Kläger auch Halter des zu seinem Betriebsvermö-gen gehörenden Pkw.
Dies stellt die Revision auch nicht in Frage.
Der Umfang der Ersatzpflicht
des [X.] und der [X.] zu 1)
hängt mithin
nach §
7 Abs.
1, §
17 Abs.
1,
2,
4 [X.], § 1 Abs. 1, §
13
Abs.
1,
2,
4 [X.] ebenfalls von einer Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge ab.
Dabei ist auch nach diesen Vorschriften in erster Linie das Maß der Verursachung von Belang, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben; das [X.] Verschulden ist nur ein Faktor der Abwägung (vgl. Senat, Urteile vom 25. März 2003 -
VI
ZR 161/02, [X.], 783, 785
f.; vom 13. Dezember 2005 -
VI
ZR 68/04, [X.], 369
Rn.
16; vom 16. Oktober 2007 -
VI
ZR 173/06, [X.], 126 Rn.
16).
9
10
-
7
-

b)
Mit Recht wendet sich die Revision allerdings gegen die Annahme des Berufungsgerichts, eine über den Anspruch aus §
1 Abs.
1 [X.] hinausgehen-de Haftung der [X.] zu 1) gemäß
§
831 Abs.
1 [X.] scheide deshalb aus, weil der Kläger sich in entsprechender Anwendung von §
4
Halbsatz 2
[X.] ein Mitverschulden der [X.] anrechnen lassen müsse, die als Fahrerin die tatsächliche Gewalt über das Fahrzeug ausübte.
aa) §
4 [X.] gilt auf Grund seiner systematischen Stellung im Haft-pflichtgesetz ausschließlich für die in diesem Spezialgesetz geregelten Haft-pflichttatbestände
(Filthaut,
aaO Rn.
16). Wie das Berufungsgericht richtig ge-sehen hat, ist die dem §
4
Halbsatz 2
[X.] entsprechende Regelung in
§
9 [X.] nach gefestigter Rechtsprechung des erkennenden Senats auf [X.] aus §
823 [X.] nicht entsprechend anzuwenden, weil dies die vom Ge-setzgeber gewollten Unterschiede beider Haftungssysteme verwischen würde (Senat, Urteile
vom 30. März 1965 -
VI
ZR 257/63, [X.], 523 f.; vom 25.
März 1980 -
VI
ZR 61/79, [X.], 740, 741, insoweit in [X.]Z 76, 397
ff. nicht abgedruckt; vom 10. Juli 2007 -
VI
ZR 199/06, [X.]Z 173, 182 Rn.
10
ff.; so auch [X.], 347
f.;
[X.], in: Hent-schel/[X.]/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41.
Aufl., §
9 [X.] Rn.
1; [X.], 329, 330). Für §
4
Halbsatz 2
[X.] und für weitere inhaltsgleiche
Vorschriften in anderen Sondergesetzen, wie
§§
34 [X.],
27 AtomG, 118 BBergG, 11 [X.], §
6 Abs.
1 [X.], §
32 Abs.
3 Satz 1 [X.],
kann nichts anderes gelten (vgl. Filthaut, aaO; [X.]/Knerr, [X.], 26.
Aufl., 2.
Kap. Rn.
21; [X.]/[X.], [X.], 72.
Aufl., §
254 Rn.
52; So-ergel/[X.], [X.], Stand: Juli 1990, §
254 Rn.
106; [X.]/[X.], [X.], Neubearbeitung 2005, §
254
Rn.
108; [X.]/Kürschner, Unfallhaft-pflichtrecht, 15.
Aufl., Kap.
55
Rn.
20).
bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts und der Revisions-erwiderung kommt auch eine analoge Anwendung der genannten Vorschriften 11
12
13
-
8
-

im Rahmen von Ansprüchen aus §
831 Abs.
1 [X.] nicht in Betracht. Zwar
kann
allein die
Erwägung, in den Einschränkungen der Haftung nach den [X.] des [X.], u.a.
nach §
9 [X.],
liege ein ge-wollter Ausgleich dafür, dass die Haftung des Kraftfahrzeugführers
anders als nach §
823 [X.]
schon bei vermutetem Verschulden eintrete
(Senat, Urteil vom 30.
März 1965 -
VI
ZR 257/63, aaO),
die Ablehnung einer Analogie in Bezug auf Ansprüche aus §
831 Abs.
1 [X.] nicht tragen, weil auch eine Haftung nach dieser Vorschrift schon bei einem nur vermuteten Verschulden des Geschäfts-herrn eingreift.
Eine analoge Anwendung der in den oben aufgeführten [X.] geregelten Haftungseinschränkung
im Rahmen der
allgemeinen [X.] Ansprüche aus den §§
823 ff. [X.] ist jedoch auch
dann abzulehnen, wenn
diese Ansprüche schon bei einem vermuteten
Verschulden
eingreifen
(vgl. Senat, Urteil vom 7. Januar 1992 -
VI
ZR 17/91,
VersR 1992, 455, 456 zu §
832 [X.]).

Eine Analogie setzt voraus, dass das Gesetz eine Regelungslücke ent-hält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht so
weit
mit dem Tatbestand vergleichbar ist, den der Gesetzgeber geregelt hat, dass ange-nommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungs-ergebnis gekommen. Die Unvollständigkeit des Gesetzes muss "planwidrig"
sein (vgl. [X.], Urteil vom 14.
Dezember 2006 -
IX
ZR 92/05, [X.]Z 170, 187 Rn.
15 mwN). Eine solche "planwidrige" Regelungslücke liegt
bezüglich der Haftung aus
§
831 Abs.
1
Satz 1 [X.]
nicht vor.
Der Rechtssatz, dass bei einer Sachbeschädigung ein Verschulden des Inhabers der tatsächlichen Gewalt über die Sache einem Mitverschulden des geschädigten Eigentümers gleichsteht, geht zurück auf landesrechtliche Vor-schriften
über die Haftpflicht der Eisenbahnen aus dem 19. Jahrhundert
(Ver-14
15
-
9
-

handlungen des [X.] 1909,
[X.], 5593, 5599).
Der
Rechtssatz
wur-de im Zuge einer
reichseinheitlichen Regelung in §
3 des Gesetzes über die Haftpflicht der Eisenbahnen und Straßenbahnen für Sachschaden vom 29. April 1940
übernommen ([X.] I S. 691) und sodann durch Art.
1 Nr.
3 des [X.] zur Änderung schadensrechtlicher Vorschriften vom 16. August 1977 ([X.]l. I S. 1577, 1578) ohne inhaltliche Änderungen in das Haftpflichtgesetz überführt. Nach dem Vorbild der Eisenbahnhaftung wurde der Rechtssatz in §
9
des Gesetzes über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen vom 3. Mai 1909
([X.] I S. 437, 439), dem heutigen [X.],
aufgenommen. Dabei hat der Gesetzgeber ausweislich der Amtlichen Begründung des Gesetzentwurfs bewusst eine auf den Bereich dieses Gesetzes beschränkte Sonderregelung geschaffen, weil gegenüber der verschärften Haftpflicht des Automobilhalters das Verschulden des Inhabers der Sache billiger Weise nicht unberücksichtigt bleiben könne (Verhandlungen des [X.] 1909, aaO).
Die Regelungen betreffend die [X.] beziehungswei-se Kraftfahrzeuge sowie die entsprechende
Regelung in §
20 des Luftverkehrs-gesetzes vom 1. August 1922 ([X.] I S.
681, 684), dem heutigen §
34 [X.],
hat der Gesetzgeber
bei der Schaffung weiterer spezialgesetzlicher Haftpflicht-tatbestände inhaltsgleich in
§
27 des
Atomgesetzes
vom 23. Dezember 1959
([X.]l. I S. 814, 821), §
118 des Bundesberggesetzes vom 13. August 1980 ([X.]l. I S. 1310, 1343), §
6 Abs. 1 des
Produkthaftungsgesetzes
vom 15. [X.] 1989
([X.]l. I S. 2198, 2199), §
32 Abs.
3 Satz 1 des
Gentechnikgeset-zes
vom 20. Juni 1990 ([X.]l. I S. 1080, 1092) und
§
11 des Umwelthaftungs-gesetzes
vom 10. Dezember 1990 ([X.]l. I S.
2634, 2636)
übernommen.
Auch aus den Begründungen zu den diesen Bestimmungen zugrunde liegenden Ge-setzentwürfen ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber einen Regelungsplan verfolgt hätte, der über den
Bereich der jeweils spezialge-16
-
10
-

setzlich geregelten
Haftpflichttatbestände hinausgegangen wäre
(BT-Drucks. 3/759 S. 37, 8/1315 [X.], 11/2447 S. 21, 11/5622 S. 34, 11/7104 S. 20).
Dies ist auch nachvollziehbar, weil es sich -
abgesehen von der [X.] nach §
18 [X.]
-
bei allen
in Rede stehenden Haftungsnormen

1 Abs.
1 [X.], §
7 Abs.
1 [X.], §
33 Abs.
1 Satz 1 [X.], §
25 Abs.
1, §
26 Abs.
1
Satz 1
AtomG, §
114 Abs.
1 BBergG, §
1 Abs.
1 [X.], §
32 Abs.
1 [X.], §
1 [X.])
anders als bei
§ 823 [X.]
und
§
831 [X.] um [X.] der Gefährdungshaftung
handelt, die unabhängig
von einem rechtswid-rigen
und schuldhaften
Handeln des Haftpflichtigen eingreifen.
Im Übrigen hat der Gesetzgeber etwaige Billigkeitserwägungen, die für eine Übertragung der in den [X.] bestehenden Regelungen auf den Bereich der Verschul-denshaftung sprechen könnten, im Rahmen der Änderungen des [X.] durch das 2. Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschrif-ten vom 19. Juli 2002 nicht zum Anlass genommen, an dieser Rechtslage et-was zu ändern (Senat, Urteil vom 10. Juli 2007 -
VI
ZR 199/06, aaO Rn.
13; [X.], [X.], 565, 567).

Soweit
§
9 [X.] auf Grund der Verweisung in §
18 Abs.
1 Satz 1 [X.] auch im Rahmen der
Fahrerhaftung anwendbar
ist, die nur bei nachweislich fehlendem Verschulden ausgeschlossen ist

18 Abs.
1 Satz 2 [X.]), handelt es sich um
einen speziellen
Einzelfall.
Die
Verweisung ist Ausfluss der Grund-entscheidung
des Gesetzgebers,
die
Haftung des Fahrers in das
spezialgesetz-lich geregelte Haftungssystem des
[X.]
einzubeziehen und sie -
abgesehen von der Exkulpationsmöglichkeit
-
durch den umfassenden Verweis auf die §§
8 bis 17 [X.] der Halterhaftung gleichzustellen
(vgl. die Amtliche Begründung des Gesetzentwurfs, Verhandlungen des [X.] 1909, [X.], 5593, 5601). Daraus lassen sich hinsichtlich der Anwendbarkeit dieser Bestimmungen keine Schlüsse ziehen, die über den Kontext dieses [X.] geregelten speziellen [X.] hinausgehen.
17
18
-
11
-

c)
Die Annahme des Berufungsgerichts, dass dem Kläger gegen die [X.] zu 1) aus §
831 Abs.
1 [X.] kein Anspruch auf Zahlung weiterer

zusteht, erweist sich aber aus anderen Gründen als richtig (§
561 ZPO).
Zwar trifft
zu, dass
der
Kläger selbst keinen Fehler bei der Bedienung seines Kraftfahrzeugs gemacht hat, den
er sich nach §
254 Abs.
1 [X.] an-rechnen lassen müsste. Die Revisionserwiderung
weist aber
mit Recht
darauf
hin, dass sich nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats die Betriebsgefahr eines Kraftfahrzeugs in erweiternder Auslegung des §
254 [X.] anspruchsmindernd auswirken kann, wenn sich der Geschädigte die Betriebs-gefahr
seines Kraftfahrzeugs
dem Schädiger gegenüber zurechnen lassen muss (vgl. Senat, Urteile
vom 20. Januar 1954 -
VI
ZR 118/52, [X.]Z 12, 124, 128; vom 13. April 1956 -
VI
ZR 347/54, [X.]Z 20, 259, 260 ff.; vom 5. April 1960 -
VI
ZR 49/59, [X.], 636, 637; vom 30. Mai 1972 -
VI
ZR 38/71, [X.], 959, 960; vom 10. Juli 2007 -
VI
ZR 199/06, [X.]Z 173, 182 Rn.
16; siehe auch [X.], Urteil vom 23. Juni 1952 -
III
ZR 297/51, [X.]Z 6, 319, 320 ff.). Das ist der Fall, wenn der Geschädigte -
wie im Streitfall der Klä-ger
-
zugleich
als
Halter des beschädigten Kraftfahrzeugs
dem
Schädiger
ge-genüber aus §
7 Abs.
1 [X.]
haftet. In einem solchen Fall ist im Rahmen der Betriebsgefahr, die sich der Halter entgegenhalten lassen muss, wenn er Ersatz seines Unfallschadens nach §
823 Abs.
1 [X.] verlangt, als ein die allgemeine Betriebsgefahr erhöhender Umstand auch das für den Unfall mitursächliche haftungsrelevante
Verhalten des Fahrers selbst dann zu berücksichtigen, wenn der Fahrzeughalter für dessen Verhalten nicht nach § 831 [X.] einzutreten braucht (vgl. Senat, Urteil vom 20. Januar 1954 -
VI
ZR 118/52, aaO, 128
f.; MünchKomm[X.]/[X.], 6.
Aufl., § 254 Rn.
114; [X.]/[X.], aaO, §
254 Rn.
108, 117).
Darin zeigt sich, dass bei der hier vorliegenden Konstella-19
20
-
12
-

tion, bei der der geschädigte Eigentümer zugleich Halter des Kfz ist, bereits keine Regelungslücke vorliegt.
Die danach auch im Rahmen eines möglichen Anspruchs aus §
831 Abs.
1 [X.] gebotene Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge haben die Vorinstanzen -
wie ausgeführt
-
bereits vorgenommen. Diese von der Revision nicht angegriffene Abwägung muss hinsichtlich aller konkurrierenden Ansprüche gleich
ausfallen, weil bei der erweiternden Auslegung des §
254 [X.] für die Schadensverteilung dieselben Maßstäbe maßgebend sind, wie bei den ihm nachgebildeten Vorschriften des §
17 Abs.
1 [X.] und des §
13 Abs.
1 [X.]
(vgl. Senatsurteile
vom 20. Januar 1954 -
VI
ZR 118/52, aaO, 129; vom 13. April 1956 -
VI
ZR 347/54, aaO, 263).
Dies führt dazu, dass auch der An-spruch des [X.] aus §
831 Abs.
1 Satz 1 [X.]
um dessen
Mithaftungsanteil von einem Drittel zu kürzen ist.
Galke
Zoll
Wellner

Stöhr
von Pentz

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 25.07.2011 -
4 [X.] -

[X.], Entscheidung vom 19.03.2012 -
2 [X.]/11 -

21

Meta

VI ZR 150/12

11.06.2013

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.06.2013, Az. VI ZR 150/12 (REWIS RS 2013, 5187)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5187

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