Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 10.08.2022, Az. 5 AZR 154/22

5. Senat | REWIS RS 2022, 5225

ARBEITSRECHT BUNDESARBEITSGERICHT (BAG) INDIVIDUAL-ARBEITSRECHT CORONAVIRUS

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Gegenstand

Annahmeverzugsvergütung - Reiserückkehrer aus Risikogebiet


Leitsatz

Der Arbeitgeber gerät in Annahmeverzug mit der angebotenen Arbeitsleistung, wenn er einem Arbeitnehmer, der aus einem SARS-CoV-2-Risikogebiet zurückkehrt, ein 14-tägiges Betretungsverbot für das Betriebsgelände erteilt, obwohl dieser gemäß den verordnungsrechtlichen Vorgaben bei der Einreise aufgrund der Vorlage eines aktuellen negativen PCR-Tests und eines ärztlichen Attests über Symptomfreiheit keiner Absonderungspflicht (Quarantäne) unterliegt. Der Arbeitgeber schuldet dann gemäß § 615 Satz 1, § 611a Abs. 2 BGB grundsätzlich Fortzahlung der Vergütung.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 2. März 2022 - 4 [X.] 644/21 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte verurteilt wird, an den Kläger 1.512,47 Euro brutto nebst Zinsen p.a. iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2. September 2020 zu zahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die [X.]en streiten - soweit für die Revision relevant - über Vergütung wegen Annahmeverzugs für den [X.]raum 17. August bis 28. August 2020.

2

Der Kläger ist bei der [X.], die Lebensmittel produziert, als Leiter der [X.] in ihrem [X.]etrieb in [X.] beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis liegt ein schriftlicher Arbeitsvertrag zugrunde, der [X.]. bestimmt, dass „alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis ... verfallen, wenn sie nicht binnen einer Frist von drei Monaten nach Fälligkeit in Textform gegenüber der anderen [X.] geltend gemacht werden“.

3

Mit einer schriftlichen Mitarbeiterinformation vom 17. Juni 2020 unterrichtete die [X.]eklagte ihre Arbeitnehmer [X.]. wie folgt:

        

„Das [X.] ([X.]) hat gestern eine aktuelle Liste von internationalen Risikogebieten veröffentlicht, in der vielleicht auch Ihr Reiseland aufgeführt ist. Hier nur ein kleiner Auszug: Türkei, … usw.

        

...     

        

Zwingende 14 tägige Q[X.]rantäne nach Rückkehr aus dem Risikogebiet

        

Wer seinen Urlaub in einem dieser Risikogebiete verbringt, muss sich bei seiner Rückkehr unverzüglich nach der Einreise auf direktem Weg in die eigene Wohnung (bzw. Haus oder eine andere geeignete Unterkunft) begeben und sich dort für einen [X.]raum von 14 Tagen nach der Einreise ständig aufhalten. …

        

Was bedeutet das für [X.]ie und Ihre Arbeit?

        

[X.]ie verlieren für die [X.] einer erforderlichen Q[X.]rantäne, wie auch einer tatsächlichen COVID-19 Erkrankung Ihre Lohnfortzahlungsansprüche.

        

…“    

4

Die Corona-Taskforce der Muttergesellschaft der [X.] erstellte in [X.]ezug auf Maßnahmen des betrieblichen Infektionsschutzes ein [X.], das in allen Unternehmen umgesetzt wurde. Dieses beinhaltet mit [X.]tand vom 3. August 2020 [X.].:

        

„1    

Allgemeine Hygiene- und Verhaltensregeln

                 

…       

                 

Rückkehr aus dem Urlaub

                 

•       

Unterzeichnung einer [X.]elbsterklärung auf [X.]asis des Vordruckes der Personalabteilung

                          

...     

                 

•       

Zutrittskarten werden seitens Personalabteilung bei Urlaub (› 3 Tage) automatisch gesperrt

                 

•       

Zutrittskarten werden nach Abgabe der [X.]elbsterklärung am ersten Arbeitstag nach dem Urlaub an der Pforte … entsperrt

                          

...     

                 

•       

Ohne vorliegende [X.]elbsterklärung ist das [X.]etreten der [X.]etriebsstätte nicht gestattet, …

                 

•       

Eine einmalige PCR-Testung im Rahmen der Rückkehr aus einem Risikogebiet wird [X.]eitens [X.] nicht anerkannt

        

2       

[X.] Verdachtsfälle

                 

…       

                 

•       

Rückkehrer aus Risikogebieten bleiben 14 Tage zu Hause

                          

○       

Als Risikogebiete gelten die von den zuständigen [X.]ehörden veröffentlichten Gebiete/Länder, für die Reisewarnungen, Reiseverbote oder Q[X.]rantäneverpflichtungen bei der Rückkehr festgelegt wurden, …

                          

○       

Eine einmalige PCR-Testung im Rahmen der Rückkehr aus einem Risikogebiet wird [X.]eitens [X.] nicht anerkannt

        

…“    

5

Die Elfte Verordnung zur Änderung der [X.]AR[X.]-CoV-2-Eindämmungsmaßnahmenverordnung des Landes [X.]erlin vom 16. Juni 2020 (GV[X.]l. [X.]. 557 f.), in [X.] getreten am 17. Juni 2020, regelt [X.].:

        

„Artikel 1

        

Änderung der [X.]AR[X.]-CoV-2-Eindämmungsmaßnahmenverordnung

        

Die [X.]AR[X.]-CoV-2-Eindämmungsmaßnahmenverordnung vom 22. März 2020 … wird wie folgt geändert:

        

1.    

§ 19 wird wie folgt gefasst:

        

§ 19   

        

Häusliche Q[X.]rantäne für Ein- und Rückreisende;

        

[X.]eobachtung

        

(1) Personen, die auf dem Land-, [X.]ee- oder Luftweg aus dem Ausland in das Land [X.]erlin einreisen und sich zu einem beliebigen [X.]punkt innerhalb von 14 Tagen vor Einreise in einem Risikogebiet nach Absatz 4 aufgehalten haben, sind verpflichtet, sich unverzüglich nach der Einreise auf direktem Weg in die eigene Häuslichkeit oder eine andere geeignete Unterkunft zu begeben und sich für einen [X.]raum von 14 Tagen nach ihrer Einreise ständig dort abzusondern; …

        

…       

        

(4) Risikogebiet im [X.]inne des Absatz 1 [X.]atz 1 ist ein [X.]taat oder eine Region außerhalb der [X.]undesrepublik [X.], für welche zum [X.]punkt der Einreise in die [X.]undesrepublik [X.] ein erhöhtes Risiko für eine Infektion mit dem Coronavirus [X.]AR[X.]-CoV-2 besteht. Die Einstufung als Risikogebiet erfolgt durch das [X.]undesministerium für Gesundheit, das Auswärtige Amt und das [X.]undesministerium des Innern, für [X.]au und Heimat und wird durch das [X.] veröffentlicht.

        

2.    

§ 20 wird wie folgt gefasst:

        

§ 20   

        

Ausnahmen von der häuslichen Q[X.]rantäne

        

…       

        

(3) Von § 19 Absatz 1 [X.]atz 1 nicht erfasst sind Personen, die über ein ärztliches Zeugnis nebst aktuellem Laborbefund in [X.] oder in englischer [X.]prache verfügen, welches bestätigt, dass keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Infektion mit dem Coronavirus [X.]AR[X.]-CoV-2 vorhanden sind, und dieses der zuständigen [X.]ehörde auf Verlangen unverzüglich vorlegen. Das ärztliche Zeugnis nach [X.]atz 1 muss sich auf eine molekularbiologische Testung auf das Vorliegen einer Infektion mit dem Coronavirus [X.]AR[X.]-CoV-2 stützen, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem sonstigen durch das [X.] veröffentlichten [X.]taat durchgeführt und höchstens 48 [X.]tunden vor Einreise in die [X.]undesrepublik [X.] vorgenommen worden ist. …

        

…       

        

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten nur, soweit die dort bezeichneten Personen keine [X.]ymptome aufweisen, die auf eine Erkrankung mit COVID-19 im [X.]inne der dafür jeweils aktuellen Kriterien des [X.]s hinweisen. …“

6

Der Kläger reiste während des ihm von der [X.] gewährten Urlaubs vom 11. August bis zum 14. August 2020 aufgrund des Todes seines [X.]ruders in die [X.], die zu dieser [X.] vom [X.] als [X.] ausgewiesen war. Vor der Ausreise aus der [X.] unterzog er sich einem Corona-PCR-Test, der ebenso wie der erneute Test nach Ankunft in [X.] einen negativen [X.]efund aufwies. Der Arzt des [X.] attestierte diesem unter dem Datum des 17. August 2020 [X.]ymptomfreiheit.

7

Am 17. August 2020 suchte der Kläger den [X.]etrieb auf, füllte die von der [X.] geforderte [X.]elbstauskunft zur Gesundheitsfürsorge COVID-19 aus und erklärte, er sei am 15. August 2020 aus einem Risikogebiet zurückgekehrt. Darauf wurde er am Werkstor abgewiesen und durfte seinen Arbeitsplatz nicht aufsuchen. Mit [X.]chreiben vom selben Tag wies der Kläger auf seine negativen [X.] hin und bot seine Arbeitskraft an. Hierauf teilte die [X.]eklagte mit [X.]chreiben vom 21. August 2020 unter Verweis auf das Infektionsrisiko mit, der Kläger dürfe bis einschließlich 29. August 2020 das Werksgelände nicht betreten und habe der Arbeit fernzubleiben. Für diese [X.] habe er keinen Vergütungsanspruch, er könne aber Urlaub in Anspruch nehmen. Die [X.]eklagte rechnete für den Monat August 2020 eine Vergütung iHv. 6.516,77 Euro brutto ab und zahlte den sich ergebenden Nettobetrag an den Kläger aus. Das Arbeitszeitkonto für den Monat August 2020 weist Abwesenheit des [X.] wegen Urlaubs in der streitgegenständlichen [X.] aus.

8

Mit seiner der [X.] am 12. Oktober 2020 zugestellten Klage hat der Kläger - soweit für die Revision relevant - Vergütung wegen Annahmeverzugs für den [X.]raum 17. August bis 28. August 2020 verlangt und geltend gemacht, die [X.]eklagte habe zu Unrecht die Entgegennahme seiner Arbeitsleistung verweigert.

9

Der Kläger hat - soweit für die Revision von [X.]elang - zuletzt beantragt,

        

die [X.]eklagte zu verurteilen, an ihn 1.512,47 Euro brutto nebst Zinsen p.a. iHv. fünf Prozentpunkten über dem [X.]asiszinssatz seit dem 2. [X.]eptember 2020 zu zahlen.

Die [X.]eklagte hat Klageabweisung beantragt und gemeint, dem Kläger sei es für die Dauer von zwei Wochen nach Rückkehr aus einem Risikogebiet nicht möglich gewesen, die Arbeitsleistung im [X.]etrieb zu erbringen. Er habe sich dafür entschieden, für die Dauer der Nichtbeschäftigung Urlaub in Anspruch zu nehmen.

Das Arbeitsgericht hat der Zahlungsklage stattgegeben und weiterhin festgestellt, dass der Kläger aus dem [X.] noch einen Urlaubsanspruch von zehn Tagen hat. Das [X.] hat die [X.]erufung der [X.] zurückgewiesen und die Revision eingeschränkt in [X.]ezug auf die Zahlung von Vergütung zugelassen. Insoweit verfolgt die [X.]eklagte mit der Revision ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision der [X.] ist unbegründet. Der Kläger kann für den [X.]raum 17. August bis 28. August 2020 gemäß § 615 Satz 1, § 611a Abs. 2 iVm. §§ 293 ff. [X.]G[X.] Vergütung wegen Annahmeverzugs der [X.] verlangen.

I. Der Kläger hat für die [X.] vom 17. August bis zum 28. August 2020, während derer die [X.]eklagte ihn nicht beschäftigt hat, Anspruch auf Vergütung wegen Annahmeverzugs.

1. Zutreffend hat das [X.] angenommen, dass der Kläger seine Arbeitsleistung in ausreichender Weise angeboten hat.

a) Der Arbeitgeber kommt gemäß § 293 [X.]G[X.] in Verzug, wenn er im erfüllbaren Arbeitsverhältnis die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Im unstreitig bestehenden Arbeitsverhältnis muss der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung grundsätzlich tatsächlich anbieten, § 294 [X.]G[X.]. Ein wörtliches Angebot des Arbeitnehmers (§ 295 [X.]G[X.]) genügt, wenn der Arbeitgeber ihm zuvor erklärt hat, er werde die Arbeit nicht annehmen oder er sei nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer in einem die tatsächliche Heranziehung übersteigenden Umfang zu beschäftigen ([X.] 25. Februar 2015 - 1 [X.] - Rn. 41, [X.]E 151, 35; 25. Februar 2015 - 5 [X.] - Rn. 41, [X.]E 151, 45). Für den Fall einer unwirksamen Arbeitgeberkündigung geht die Rechtsprechung des [X.] davon aus, ein Angebot der Arbeitsleistung sei regelmäßig nach § 296 [X.]G[X.] entbehrlich ([X.] 6. Dezember 2017 - 5 [X.] - Rn. 11 mwN). Zudem kann ein Angebot der Arbeitsleistung ausnahmsweise nicht erforderlich sein, wenn offenkundig ist, dass der Gläubiger auf seiner Weigerung, die geschuldete Leistung anzunehmen, beharrt ([X.]., vgl. nur [X.] 18. September 2019 - 5 [X.] - Rn. 19, [X.]E 168, 25) oder er aus offensichtlichen rechtlichen Gründen die geschuldete Leistung nicht annehmen kann (vgl. zu einem „Lockdown“ [X.] 13. Oktober 2021 - 5 [X.] - Rn. 13).

b) Davon ausgehend kann dahinstehen, ob das Angebot der Arbeitsleistung im Streitfall entbehrlich war, denn der Kläger hat seine Leistung tatsächlich angeboten, indem er am 17. August 2020 nach dem Ende des ihm gewährten Urlaubs seine Arbeit bei der [X.] wiederaufnehmen wollte und hierzu persönlich am [X.]etrieb erschienen ist. Dieses Angebot hat die [X.]eklagte nicht angenommen, dem Kläger wurde der Zutritt zum Werksgelände verweigert. Mit Schreiben vom 21. August 2020 hat die [X.]eklagte überdies ausdrücklich erklärt, sie werde die Arbeitsleistung des [X.] bis einschließlich 29. August 2020 nicht annehmen. Der Annahme eines wirksamen tatsächlichen Angebots steht das bei der [X.] geltende [X.] nicht entgegen. Soweit danach Rückkehrer aus einem Risikogebiet einem 14-tägigen Zutrittsverbot zum [X.]etrieb unterliegen, handelt es sich entgegen der Auffassung der Revision nicht um eine Weisung, welche die Arbeitsleistung betrifft (§ 106 Satz 1 [X.]) und damit bei der Prüfung der Wirksamkeit des Arbeitsangebots zu berücksichtigen wäre. Die Anordnung bezieht sich vielmehr auf Ordnung und Verhalten der Arbeitnehmer im [X.]etrieb (§ 106 Satz 2 [X.]). Denn hierzu gehören Weisungen zum arbeitsbegleitenden Verhalten, welche die reibungslose Zusammenarbeit, das ungestörte Zusammenleben der Arbeitnehmer im [X.]etrieb sowie den Schutz der [X.]etriebs- und Arbeitsmittel und der geschäftlichen Interessen des Arbeitgebers gewährleisten sollen ([X.]/[X.] Stand 1. August 2022 [X.] § 106 Rn. 204; ähnlich [X.] 10. Aufl. § 106 [X.] Rn. 39 f.; [X.]/[X.] 10. Aufl. § 106 [X.] Rn. 45). Das auf der Grundlage des betrieblichen [X.]s angeordnete Zutrittsverbot betrifft das Zusammenleben und die Zusammenarbeit der Arbeitnehmer im [X.]etrieb, indem es bestimmt, wer unter bestimmten Voraussetzungen den [X.]etrieb zum Schutz der [X.]etriebs- und Arbeitsmittel und der geschäftlichen Interessen des Arbeitgebers nicht betreten und mit den Arbeitskollegen zusammenarbeiten darf.

2. Der Kläger war - entgegen der Auffassung der Revision - im Streitzeitraum nicht außerstande, die geschuldete Leistung zu bewirken, § 297 [X.]G[X.].

a) Unbeschadet der sonstigen Voraussetzungen gerät der Arbeitgeber gemäß § 297 [X.]G[X.] nicht in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer außer Stande ist, die geschuldete Arbeitsleistung zu bewirken. Die Leistungsfähigkeit und Leistungswilligkeit des Arbeitnehmers sind vom Leistungsangebot und dessen Entbehrlichkeit unabhängige Voraussetzungen, die während des gesamten [X.] vorliegen müssen ([X.]., vgl. nur [X.] 21. Juli 2021 - 5 [X.] - Rn. 9 mwN). [X.]ei Anwendung des § 297 [X.]G[X.] ist zwischen den Fällen abzugrenzen, in denen die Nichtannahme der Arbeit ausschließlich auf dem Willen des Arbeitgebers beruht, so dass er gemäß § 615 Satz 1 [X.]G[X.] zur Fortzahlung des Entgelts verpflichtet ist, und den Konstellationen, in denen man-gels Leistungsbereitschaft oder Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers kein Vergütungsanspruch wegen Annahmeverzugs besteht ([X.]/[X.] 10. Aufl. § 615 [X.]G[X.] Rn. 45). Der Arbeitgeber hat darzulegen und zu beweisen, dass der Arbeitnehmer zur Leistung objektiv außer Stande oder subjektiv nicht bereit war (vgl. [X.] 19. Januar 2022 - 5 [X.] - Rn. 15; 21. Juli 2021 - 5 [X.] - Rn. 11).

b) Der Kläger war leistungswillig. Der Leistungswille hat sich auf die iSv. § 294 [X.]G[X.] zu bewirkende [X.]eschäftigung zu beziehen (vgl. [X.] 19. Januar 2022 - 5 [X.] - Rn. 16 mwN). Der Kläger wollte am 17. August 2020 seine Tätigkeit als Leiter der [X.] bei der [X.] nach seinem Urlaub wieder aufnehmen.

c) Der Kläger war im Streitzeitraum auch leistungsfähig.

aa) Leistungsfähigkeit setzt voraus, dass der Arbeitnehmer tatsächlich und rechtlich zur geschuldeten Arbeitsleistung in der Lage ist ([X.]/[X.] 8. Aufl. § 615 Rn. 32; [X.]/Tillmanns 5. Aufl. § 76 Rn. 31).

(1) Ob Leistungsfähigkeit besteht, bestimmt sich nach objektiven Kriterien. Grundsätzlich unerheblich ist die Ursache für eine Leistungsunfähigkeit des Arbeitnehmers. Das Unvermögen kann auf tatsächlichen Umständen (wie z[X.] Arbeitsunfähigkeit) beruhen oder seine Ursache im Rechtlichen haben, etwa wenn ein gesetzliches [X.]eschäftigungsverbot besteht ([X.]., vgl. [X.] 28. September 2016 - 5 [X.] - Rn. 23, [X.]E 157, 34) oder eine erforderliche Erlaubnis für das Ausüben der geschuldeten Tätigkeit fehlt (vgl. beispielsweise [X.] 6. März 1974 - 5 [X.] - zu I 1 der Gründe - Wegfall der Erlaubnis zur Ausübung des ärztlichen [X.]erufs; 18. Dezember 1986 - 2 [X.] - zu [X.] 2 der Gründe - Entzug der Fahrerlaubnis eines als Auslieferungsfahrer beschäftigten Arbeitnehmers; 15. Juni 2004 - 9 [X.] - zu I 2 der Gründe, [X.]E 111, 97 - fehlende bergrechtliche Unbedenklichkeitsbescheinigung; 10. April 2014 - 2 [X.] - Rn. 27 ff. - Entzug der [X.] einer Gemeindereferentin; 27. Mai 2015 - 5 [X.] - Rn. 17, [X.]E 152, 1 - Entzug der Ermächtigung zum Umgang mit Verschlusssachen nach dem Gesetz über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen des [X.] und den Schutz von Verschlusssachen [[X.]]; 23. September 2015 - 5 [X.] - Rn. 15 ff., [X.]E 152, 327 - Entzug der für eine Tätigkeit bei den [X.] erforderlichen Einsatzgenehmigung). In diesen Fällen steht der Erbringung der Arbeitsleistung ein objektives Leistungshindernis entgegen.

(2) [X.]ei [X.] differenziert die Rechtsprechung: Ein den Verzugslohnanspruch des Arbeitnehmers ausschließendes Leistungshindernis auf Seiten des Arbeitnehmers kann vorliegen, wenn ihm der Auftraggeber seines Arbeitgebers ein Hausverbot erteilt hat ([X.] 18. September 2008 - 2 [X.] - Rn. 18). Kann dagegen der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nur deshalb nicht einsetzen, weil er dem Kunden vertraglich ein Mitspracherecht bei der Auswahl der Arbeitnehmer eingeräumt hat, und widersetzt sich der Kunde dem Einsatz eines bestimmten Arbeitnehmers, begründet das grundsätzlich kein Unvermögen dieses Arbeitnehmers, seine Arbeitsleistung zu erbringen. [X.]ei einem solchen „Einsatzverbot“ scheidet Annahmeverzug des Arbeitgebers erst aus, wenn ihm nach [X.] und Glauben unter [X.]erücksichtigung der Gepflogenheiten des Arbeitslebens die Annahme der Arbeitsleistung unzumutbar ist ([X.] 28. September 2016 - 5 [X.] - Rn. 24, [X.]E 157, 34).

(3) Dieser Rechtsprechung liegt zugrunde, dass Annahmeverzug auch dann eintritt, wenn der Gläubiger die tatsächliche oder rechtliche Leistungsunfähigkeit des Schuldners herbeiführt. § 615 Satz 1 [X.]G[X.] soll immer, aber auch nur dann eingreifen, wenn die Ursache der Nichterbringung der Arbeitsleistung auf Seiten des Arbeitgebers liegt und dieser die ihm ordnungsgemäß angebotene Leistung des Arbeitnehmers nicht annehmen will oder kann (so auch [X.]/[X.] [2022] § 615 Rn. 91; aA wohl [X.]/Tillmanns 5. Aufl. § 76 Rn. 30; die [X.]erufung des Gläubigers auf § 297 [X.]G[X.] entsprechend dem Rechtsgedanken des § 162 [X.]G[X.] für rechtsmissbräuchlich haltend [X.]/[X.] [2019] § 297 Rn. 2). Denn bereits der Wortlaut des § 615 Satz 1 [X.]G[X.] verlangt für die Aufrechterhaltung des Vergütungsanspruchs des Arbeitnehmers nur, dass der Arbeitgeber die vom [X.] und leistungsfähigen Arbeitnehmer angebotene Arbeitsleistung nicht annimmt. Aus welchen Grund dies geschieht und ob der Arbeitgeber dies verschuldet hat, ist - anders als beim Schuldnerverzug (§ 286 Abs. 4 [X.]G[X.]) - ohne [X.]edeutung ([X.] 13. Oktober 2021 - 5 [X.] - Rn. 16; [X.]/[X.] 8. Aufl. § 615 Rn. 40). Die Annahme der Arbeitsleistung ist arbeitsvertraglich keine Pflicht, sondern lediglich eine Obliegenheit des Gläubigers (Arbeitgebers). Jedes den Erfüllungseintritt verhindernde Verhalten des Arbeitgebers ist letztlich eine Nichtannahme der Leistung ([X.]/Preis 22. Aufl. [X.]G[X.] § 615 Rn. 55). Ausreichend ist die „nackte Tatsache“ der Nichtannahme (Motive zum [X.] 2 S. 68 f.; [X.] Die gesammten Materialien zum [X.]). Das hat zur Konsequenz, dass nur dann, wenn der Arbeitnehmer wegen eines objektiven [X.]s außer Stande ist, die Leistung zu bewirken, Leistungsunvermögen iSv. § 297 [X.]G[X.] vorliegt. Vom Geltungsbereich dieser [X.]estimmung nicht erfasst werden Umstände auf Seiten des Gläubigers. Handelt es sich um [X.], die ihre Ursache in dem vom Arbeitgeber bereitzustellenden Sachsubstrat oder der von ihm zu regelnden Arbeitsorganisation haben, ist er deshalb grundsätzlich zur Zahlung der Annahmeverzugsvergütung verpflichtet ([X.]/[X.] [2022] § 615 Rn. 90).

bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der Einwand der [X.], der Kläger sei im Streitzeitraum nicht leistungsfähig gewesen, unbegründet.

(1) Nach den mit der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des [X.]s (§ 559 Abs. 2 ZPO) war der Kläger im [X.]raum 17. August bis 28. August 2020 in tatsächlicher Hinsicht imstande, seine Arbeitsleistung zu erbringen. Das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit hat das [X.]erufungsgericht nicht festgestellt, auch die [X.]eklagte hält keinen Vortrag zu einer etwaigen Erkrankung des [X.], etwa an COVID-19.

(2) Der Kläger war im Streitzeitraum auch rechtlich in der Lage, seine Arbeitsleistung zu erbringen. Weder öffentlich-rechtliche Vorgaben einer Absonderungspflicht (sog. [X.]) noch das von der [X.] ausgesprochene [X.]etretungsverbot des [X.]etriebs machten dem Kläger die Arbeitsleistung rechtlich unmöglich.

(a) Der Kläger war nicht aufgrund gesetzlicher oder verordnungsrechtlicher Vorgaben verpflichtet, sich nach seiner Rückkehr aus der [X.] am 15. August 2020 in [X.] zu begeben, obwohl die [X.] zu diesem [X.]punkt vom [X.] als Risikogebiet ausgewiesen war.

(aa) Eine bundesgesetzliche Vorgabe oder bundesweit geltende Verordnung zur Einhaltung einer [X.] nach [X.] aus einem Risikogebiet bestand unmittelbar vor und auch während des [X.] nicht. Die Verordnung des [X.]ministeriums für Gesundheit zur [X.] vom 6. August 2020 ([X.]Anz. [X.] August 2020 V1), in [X.] getreten am 7. August 2020, sah lediglich eine Pflicht zur Testung auf das [X.], jedoch keine [X.]pflichten vor. Auch die Anordnungen des [X.]ministeriums für Gesundheit betreffend den Reiseverkehr nach Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite durch den Deutschen [X.]tag vom 6. August 2020 ([X.]Anz. [X.] August 2020 [X.]5), gültig ab dem 8. August 2020, sahen lediglich Melde- und Auskunftspflichten bei der zuständigen [X.]ehörde vor.

(bb) Der Kläger war nicht aufgrund landesrechtlicher Verordnung verpflichtet, sich nach Rückkehr aus der [X.] in [X.] zu begeben. Er erfüllte die Voraussetzungen der Ausnahme von der [X.]pflicht aus der [X.] des [X.], zuletzt geändert durch die Elfte Verordnung zur Änderung vom 16. Juni 2020 (GV[X.]l. S. 557 f.), in [X.] getreten am 17. Juni 2020.

([X.]) Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 [X.] sind Personen, die auf dem Land-, See- oder Luftweg aus dem Ausland in das [X.] einreisen und sich zu einem beliebigen [X.]punkt innerhalb von 14 Tagen vor Einreise in einem Risikogebiet aufgehalten haben, verpflichtet, sich unverzüglich nach der Einreise auf direktem Weg in die eigene Häuslichkeit oder eine andere geeignete Unterkunft zu begeben und sich für einen [X.]raum von 14 Tagen ständig dort abzusondern. Abs. 4 Satz 2 der Regelung verweist auf die Einstufung als Risikogebiet ua. durch das [X.]ministerium für Gesundheit.

(bbb) Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des [X.]s war die [X.], aus der der Kläger am 15. August 2020 in das [X.] eingereist ist, als Risikogebiet iSv. § 19 Abs. 4 [X.] eingestuft. Damit hätte sich der Kläger grundsätzlich unverzüglich nach Einreise in eine 14-tägige [X.] begeben müssen, woraus ein rechtliches Unvermögen iSd. § 297 [X.]G[X.] aufgrund hoheitlicher Maßnahme resultiert hätte (vgl. [X.]/[X.] [2022] § 615 Rn. 88; [X.]/[X.] 10. Aufl. § 615 [X.]G[X.] Rn. 55; zu einem behördlichen [X.]eschäftigungsverbot vgl. [X.] 21. Oktober 2015 - 5 [X.] 843/14 - Rn. 31, [X.]E 153, 85 und zu einer Allgemeinverfügung in [X.]ezug auf Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus [X.] 13. Oktober 2021 - 5 [X.] - Rn. 12), die ihm die Leistung der geschuldeten Arbeit unmöglich gemacht hätte.

([X.]) Nach § 20 Abs. 3 Satz 1 [X.] sind jedoch Personen von der [X.]pflicht befreit, die über ein ärztliches Zeugnis nebst aktuellem Laborbefund in [X.] oder in [X.] verfügen, welches bestätigt, dass keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 vorhanden sind. Nach § 20 Abs. 3 Satz 2 [X.] muss sich das ärztliche Zeugnis auf eine molekularbiologische Testung auf das Vorliegen einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 stützen, die in einem Mitgliedstaat der [X.] oder einem sonstigen durch das [X.] veröffentlichten Staat durchgeführt und höchstens 48 Stunden vor Einreise in die [X.]republik Deutschland vorgenommen worden ist. Darüber hinaus gilt ua. die Regelung in Abs. 3 nur, soweit die dort bezeichneten Personen keine Symptome aufweisen, die auf eine Erkrankung mit COVID-19 iSd. dafür jeweils aktuellen Kriterien des [X.] hinweisen (§ 20 Abs. 5 Satz 1 [X.]).

(ddd) Der Kläger erfüllte die Voraussetzungen des [X.] nach § 20 Abs. 3 Sätze 1 und 2, Abs. 5 Satz 1 [X.]. Er verfügte mit dem [X.] vom 14. August 2020 über ein ärztliches Zeugnis sowie einen aktuellen Laborbefund in [X.], die ein negatives Testergebnis auf [X.]asis einer molekularbiologischen Testung ([X.]) ausweisen. Das ärztliche Attest vom 17. August 2020 bestätigte das negative Testergebnis. Der [X.] wurde innerhalb der maßgeblichen [X.]spanne von höchstens 48 Stunden vor Einreise in die [X.]republik Deutschland vorgenommen. Der Abstrich erfolgte ausweislich des Dokuments am 13. August 2020. Nach den Feststellungen des [X.]s reiste der Kläger am 15. August 2020 in die [X.]republik Deutschland ein. Die weitere Voraussetzung der Symptomfreiheit nach § 20 Abs. 5 Satz 1 [X.] wird ebenfalls durch das ärztliche Attest vom 17. August 2020 bestätigt.

(b) Der Kläger war während des von der [X.] ausgesprochenen [X.]etretungsverbots für das Werksgelände im [X.]raum 17. August bis 29. August 2020 nicht leistungsunfähig iSv. § 297 [X.]G[X.].

(aa) Die [X.]eklagte hat dem Kläger für die Dauer von 14 Tagen untersagt, den [X.]etrieb zu betreten. Ziff. 2 des [X.]s und die Mitarbeiterinformation vom 17. Juni 2020 geben den Arbeitnehmern ausdrücklich vor, nach der Rückkehr aus einem Risikogebiet - wie der [X.] - für die Dauer von 14 Tagen zu Hause zu bleiben. Unabhängig davon, dass die [X.]eklagte als Arbeitgeberin keine [X.] für die Arbeitnehmer anordnen kann, weil eine solche Anweisung diese in ihrer Privatsphäre betrifft und durch das Direktionsrecht nach § 106 Satz 2 [X.] nicht in den [X.]ereich der privaten Lebensführung eingegriffen werden darf (vgl. [X.] 23. August 2012 - 8 [X.] 804/11 - Rn. 23 f. mwN, [X.]E 143, 62; [X.]/[X.] 10. Aufl. § 106 [X.] Rn. 47; [X.]/Preis 22. Aufl. [X.]G[X.] § 611a Rn. 730 ff.; [X.]/[X.] 5. Aufl. § 40 Rn. 26), beinhaltet diese Anordnung für den Kläger zugleich ein [X.]etretungsverbot des [X.]etriebs bzw. ein Hausverbot für die Dauer von 14 Tagen nach Rückkehr aus dem Risikogebiet [X.].

(bb) Das vorübergehende [X.]etretungsverbot, das die [X.]eklagte dem Kläger erteilt hat, führt nicht zu einem Unvermögen iSd. § 297 [X.]G[X.] zur Erbringung der Arbeitsleistung. Die [X.]eklagte hat hiermit - ebenso wie bei einer Freistellung während der Kündigungsfrist - selbst die Ursache dafür gesetzt, dass der Kläger nicht an seinen Arbeitsplatz gelangen konnte, ohne das Hausrecht zu verletzen. Das Leistungshindernis hat damit seine Ursache in der von ihr geregelten Arbeitsorganisation. Auch wenn die [X.]eklagte vertretbare arbeitsschutzrechtliche Gründe für das [X.]etretungsverbot angeführt hat, schließt das die Verpflichtung zur Vergütungsfortzahlung nicht aus, denn für Ansprüche aus § 615 Satz 1 iVm. § 611a Abs. 2 [X.]G[X.] ist grundsätzlich unerheblich, aus welchem Grund dies geschieht und ob der Arbeitgeber dies verschuldet hat. Der Arbeitgeber ist deshalb auch dann, wenn er aus [X.] - ohne infektionsschutzrechtliche behördliche Anordnung - den Arbeitnehmer freistellt, diesem für die [X.] der Freistellung zur Vergütungsfortzahlung verpflichtet ([X.] Jahre Juristische Fakultät [X.] 2021 S. 425, 431).

3. Die Annahme der Arbeitsleistung war der [X.] nicht ausnahmsweise unzumutbar.

a) Der Arbeitgeber kommt trotz Nichtannahme der Arbeitsleistung nicht in Annahmeverzug, wenn ihm nach [X.] und Glauben unter [X.]erücksichtigung der Gepflogenheiten des Arbeitslebens die Annahme der Arbeitsleistung unzumutbar ist ([X.]. seit [X.] 26. April 1956 - [X.] 1/56 - zu II 3 der Gründe, [X.]E 3, 66; zuletzt [X.] 21. Oktober 2015 - 5 [X.] 843/14 - Rn. 34 mwN, [X.]E 153, 85).

b) Die [X.]eklagte hat nicht dargelegt, dass ihr die Annahme der Arbeitsleistung aufgrund der konkreten betrieblichen Umstände unzumutbar war.

aa) Sie hat keinen Vortrag dazu gehalten, dass die konkreten betrieblichen Umstände am Arbeitsplatz des [X.] als Leiter der [X.] die Annahme der Arbeitsleistung mit [X.]lick auf das Infektionsrisiko unzumutbar gemacht hätten. Auf die konkrete betriebliche Situation kam es der [X.] nicht an. Das von der Konzernmutter erlassene und im [X.]etrieb der [X.] in [X.] geltende [X.] schließt vielmehr generell und unabhängig von den konkreten Gegebenheiten vor Ort nach Rückkehr aus einem Risikogebiet eine [X.]eschäftigung für die Dauer von 14 Tagen aus.

bb) Diese Regelung des [X.]s ist nicht geeignet, die Unzumutbarkeit der Annahme der Arbeitsleistung zu begründen. Der [X.] standen in [X.]ezug auf [X.]er aus Risikogebieten andere, mildere Mittel zur Verfügung, das Risiko eines Eintrags des [X.] in ihren [X.]etrieb deutlich zu verringern und so den erforderlichen Arbeitsschutz zu gewährleisten.

(1) Nach § 618 Abs. 1 [X.]G[X.] hat der Arbeitgeber Dienstleistungen, die unter seiner Anordnung oder seiner Leitung vorzunehmen sind, so zu regeln, dass der Arbeitnehmer gegen Gefahr für Leben und Gesundheit soweit geschützt ist, als die Natur der Dienstleistung es gestattet. Diese Pflichten des Arbeitgebers werden durch die Normen des [X.] und des nationalen Arbeitsschutzrechts konkretisiert (vgl. [X.] 1. Juni 2022 - 5 [X.] 28/22 - Rn. 22 mwN). Zu den Pflichten des Arbeitgebers aus § 618 Abs. 1 [X.]G[X.] gehört es auch, die Arbeitnehmer davor zu schützen, dass sie durch Ansteckungen anderer Arbeitnehmer in ihrer Gesundheit gefährdet werden. Der Arbeitgeber hat - soweit dies erforderlich und zumutbar ist - das Ansteckungsrisiko auch für andere Arbeitnehmer bei der Arbeit möglichst gering zu halten (vgl. [X.] 1. Juni 2022 - 5 [X.] 28/22 - Rn. 23 mwN).

(2) [X.]ei den Anordnungen, die der Arbeitgeber zur Umsetzung der ihn treffenden Schutzpflichten zu erteilen hat (§ 4 Nr. 7 ArbSchG), handelt es sich - wie oben ausgeführt (Rn. 16) - um Weisungen iSv. § 106 Satz 2 [X.], welche die Ordnung und das Verhalten der Arbeitnehmer im [X.]etrieb betreffen. Die arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bilden in diesen Fällen nach § 106 Satz 2 iVm. Satz 1 [X.] die Grundlage des Weisungsrechts. Mit diesen Weisungen setzt der Arbeitgeber die öffentlich-rechtlichen [X.] um. Soweit sie keine klar definierten Maßnahmen zwingend vorgeben, hat die Umsetzung unter [X.]eachtung billigen Ermessens (§ 106 Satz 1 [X.]) zu erfolgen (vgl. [X.] 1. Juni 2022 - 5 [X.] 28/22 - Rn. 25 f. mwN). Eine [X.]estimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Einzelfalls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind (vgl. [X.] 25. Februar 2015 - 5 [X.] - Rn. 36, [X.]E 151, 45). Erforderlich ist eine Abwägung nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit (vgl. [X.] 1. Juni 2022 - 5 [X.] 28/22 - Rn. 27 mwN). Ob die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind, unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle, § 315 Abs. 3 Satz 2 [X.]G[X.]. Den Tatsacheninstanzen steht bei der Kontrolle des billigen Ermessens bei der Ausübung des Weisungsrechts iSv. § 106 Satz 2 iVm. Satz 1 [X.], § 315 [X.]G[X.] ein [X.]eurteilungsspielraum zu, der die revisionsrechtliche Prüfung einschränkt (vgl. [X.] 27. April 2021 - 9 [X.] 343/20 - Rn. 69).

(3) Danach war die Anweisung der [X.], nach Rückkehr aus einem [X.] für die Dauer von 14 Tagen unter Verlust des Vergütungsanspruchs den [X.]etrieb nicht betreten zu dürfen, unwirksam. Dies kann der [X.] endentscheiden, obwohl das [X.] die Ermessensausübung der [X.] nicht im Lichte des § 618 Abs. 1 [X.]G[X.] iVm. § 106 Satz 2 [X.] geprüft hat. Dem [X.] ist eine eigene Prüfung und Interessenabwägung möglich, weil die für eine Endentscheidung erforderlichen tatsächlichen Feststellungen getroffen sind (§ 559 Abs. 1 ZPO) und weiterer Sachvortrag der [X.]en nicht zu erwarten ist.

(a) Die Anordnung eines 14-tägigen [X.]etretungsverbots für den [X.]etrieb bei gleichzeitigem Verlust des Vergütungsanspruchs ist unverhältnismäßig. Der [X.] standen mildere Mittel zur Verfügung, um den nach § 618 Abs. 1 [X.]G[X.] erforderlichen und angemessenen Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer zu erreichen, einen ordnungsgemäßen [X.]etriebsablauf sicherzustellen und zugleich die berechtigten Interessen der Arbeitnehmer zu wahren. Die [X.]eklagte hätte etwa ein [X.]etretungsverbot unter Fortzahlung der Vergütung aussprechen können. Das hat sie abgelehnt, weil dies ihrer Auffassung nach die Arbeitnehmer dazu eingeladen hätte, in Risikogebiete zu reisen und anschließend auf ihre - der [X.] - Kosten zu Hause weiteren „Urlaub“ in Form bezahlter Freistellung zu erhalten. Ob dies in dieser Allgemeinheit zutrifft, kann letztlich dahinstehen, denn die [X.]eklagte hätte ihr Interesse, einen Eintrag des Coronavirus in ihren [X.]etrieb zu verhindern, durch ein anderes milderes Mittel erreichen können, das nicht zu einem 14-tägigen Vergütungsverlust geführt hätte. So hätte sie für [X.]er aus Risikogebieten vor der Arbeitsaufnahme die Vorlage eines weiteren aktuellen negativen [X.]s verlangen können, der zusätzlich zu den öffentlich-rechtlich durch die [X.] des [X.] verlangten Tests hätte durchgeführt werden müssen (zur Zulässigkeit solcher Tests [X.] 1. Juni 2022 - 5 [X.] 28/22 - Rn. 34 ff.). Dadurch hätte sie das Risiko eines Eintrags des [X.] in ihren [X.]etrieb weitgehend ausschließen können. Auch im [X.] war es bereits wissenschaftlich anerkannt, dass wiederholte bzw. zeitversetzte [X.]ungen deren Aussagekraft erhöhen und das Restrisiko der [X.] einer Infektion reduzieren (vgl. Stellungnahme des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutsches [X.]tages WD 9 - 3000 - 086/20 S. 6 unter Verweis auf das [X.]).

(b) Das angeordnete 14-tägige [X.]etretungsverbot für den [X.]etrieb bei gleichzeitigem Verlust des Vergütungsanspruchs erweist sich hiernach auch unter [X.]erücksichtigung des an sich anerkennenswerten Ziels, den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer zu optimieren und den [X.]etrieb aufrechtzuerhalten, als nicht erforderlich, jedenfalls aber als nicht verhältnismäßig im engeren Sinne und daher unbillig iSv. § 106 Satz 2 iVm. Satz 1 [X.]. Die [X.]eklagte hat hierdurch einseitig und mit weitreichenden Folgen für die Arbeitnehmer ihr Interesse an der Aufrechterhaltung eines ungestörten [X.]etriebsablaufs durchgesetzt, ohne berechtigte Interessen der Arbeitnehmer angemessen zur Geltung zu bringen. Da der [X.] andere, mildere Mittel zur Erreichung ihrer arbeitsschutzrechtlichen Ziele zur Verfügung standen, als den Kläger unter Ausschluss der [X.] 14 Tage nicht zu beschäftigen, war ihr die Annahme der Arbeitsleistung des [X.] nicht objektiv unzumutbar.

4. Rechtsfolge des Annahmeverzugs nach § 615 Satz 1 [X.]G[X.] ist die Aufrechterhaltung des ursprünglichen Erfüllungsanspruchs ([X.]., zuletzt [X.] 21. Oktober 2015 - 5 [X.] 843/14 - Rn. 37 mwN, [X.]E 153, 85), der Arbeitnehmer hat trotz Nichtleistung der Arbeit Anspruch auf die vereinbarte Vergütung. Deren Höhe ist für den [X.]raum 17. August bis 28. August 2020 zwischen den [X.]en nicht streitig, die [X.]eklagte führt insoweit keine Revisionsangriffe.

5. Der Anspruch auf Vergütung wegen Annahmeverzugs ist nicht durch Erfüllung erloschen (§ 362 Abs. 1 [X.]G[X.]), indem die [X.]eklagte dem Kläger für den Streitzeitraum Urlaubsentgelt nach § 1 [X.]UrlG iVm. § 611a Abs. 2 [X.]G[X.] gezahlt hat. Die [X.]eklagte hat dem Kläger für die [X.] vom 17. August bis zum 28. August 2020 nicht wirksam Urlaub erteilt.

a) Die Erfüllung des Anspruchs auf Erholungsurlaub setzt voraus, dass der Arbeitnehmer im Voraus durch eine unwiderrufliche Freistellungserklärung des Arbeitgebers zu Erholungszwecken von einer sonst bestehenden Arbeitspflicht befreit wird ([X.]., vgl. nur [X.] 19. Februar 2019 - 9 [X.] 278/16 - Rn. 15). Eine Freistellungserklärung ist nur geeignet, das Erlöschen des Urlaubsanspruchs zu bewirken, wenn der Arbeitnehmer erkennen kann und muss, dass der Arbeitgeber ihn zur Erfüllung des Anspruchs auf Erholungsurlaub von der Arbeitspflicht freistellen will. Andernfalls ist nicht feststellbar, ob der Arbeitgeber als Schuldner des Urlaubsanspruchs eine Erfüllungshandlung bewirken (§ 362 Abs. 1 [X.]G[X.]), den [X.]eschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers ausschließen oder aus sonstigen Gründen als Gläubiger der Arbeitsleistung auf deren Annahme mit den in § 615 [X.]G[X.] bezeichneten Folgen verzichten will. Das kann auch dadurch geschehen, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer unter Anrechnung auf Urlaubsansprüche von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freistellt ([X.]., vgl. [X.] 10. Februar 2015 - 9 [X.] 455/13 - Rn. 19, [X.]E 150, 355).

b) Eine Freistellungserklärung, die diesen Anforderungen gerecht wird, hat die [X.]eklagte gegenüber dem Kläger nicht abgegeben. Sie hat keinen Vortrag dazu geleistet, dass mit der Abweisung des [X.] am Werkstor am 17. August 2020 eine entsprechende Freistellung erklärt worden sei. Auch ihr Schreiben vom 21. August 2020 enthält lediglich die Aussage, der Kläger habe „die Möglichkeit, … Lohnfortzahlung durch Urlaubstage … zu kompensieren“. Darin liegt keine erkennbare Freistellungserklärung unter Einbringung von Urlaubsansprüchen.

6. Der Kläger hat die Ausschlussfrist des § 6 Abs. 1 Arbeitsvertrag für die erhobenen Ansprüche auf Vergütung gewahrt. Danach verfallen ua. alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht binnen einer Frist von drei Monaten nach Fälligkeit in Textform gegenüber der anderen [X.] geltend gemacht werden. Da die Fälligkeit im Vertrag nicht geregelt ist, findet § 614 Satz 1 und Satz 2 [X.]G[X.] Anwendung. Die Vergütung für den Monat August 2020 wurde am 1. September 2020 fällig. Mit der am 6. Oktober 2020 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der [X.] am 12. Oktober 2020 zugestellten Zahlungsklage liegt eine rechtzeitige Geltendmachung vor.

II. Verzugszinsen nach § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 [X.]G[X.] stehen dem Kläger ab dem Tag nach Eintritt der Fälligkeit zu (vgl. [X.] 21. Oktober 2015 - 5 [X.] 843/14 - Rn. 38, [X.]E 153, 85), mithin wie beantragt seit dem 2. September 2020.

III. [X.] folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    [X.]    

        

    [X.]iebl    

        

    Volk    

        

        

        

    Zorn    

        

    [X.]    

                 

Meta

5 AZR 154/22

10.08.2022

Bundesarbeitsgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Berlin, 3. März 2021, Az: 39 Ca 13047/20, Urteil

§ 611a Abs 2 BGB, § 293 BGB, § 615 S 1 BGB, § 294 BGB, § 297 BGB, § 106 S 1 GewO, § 106 S 2 GewO, § 618 Abs 1 BGB, § 4 Nr 7 ArbSchG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 10.08.2022, Az. 5 AZR 154/22 (REWIS RS 2022, 5225)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 5225 NJW 2022, 3462 REWIS RS 2022, 5225 MDR 2022, 1555-1556 REWIS RS 2022, 5225

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