Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.07.2012, Az. V ZR 250/11

V. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 4481

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 250/11

vom

19. Juli 2012

in dem Rechtsstreit

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Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Juli 2012 durch [X.]
Dr.
Krüger, die Richterin Dr.
Stresemann, [X.]
[X.], die Richterinnen Dr.
[X.] und Weinland

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der
Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 14. Ok-tober 2011 aufgehoben, soweit darin zu ihrem Nachteil
erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

festgesetzt.

Gründe:

I.
Die Klägerin kaufte von den Beklagten zu 1 und 2 ein Hausgrundstück unter Ausschluss der Gewährleistung. Zuvor hatte sie mit dem Beklagten zu 3, dem von den [X.] mit dem Verkauf des Objekts beauftragten Makler,
das Haus besichtigt. Zu diesem Zeitpunkt war [X.] teilweise frisch gestri-chen. Nach Übergabe stellte die Klägerin Feuchtigkeitsschäden im [X.] und in 1
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der Garage fest. Im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens kam der Gutachter zu dem Ergebnis, dass der als Feuchtigkeitsschutz dienende Innen-wand-Sperrputz teilweise nicht mehr intakt und daher die [X.]wände feucht seien. Zudem bestätigte er das Vorliegen von Feuchtigkeitsschäden in der [X.]. Die Klägerin, die sich arglistig getäuscht sieht, verlangt von den Beklagten u.a. Zahlung der voraussichtlichen Instandsetzungskosten sowie Erstattung der Maklercourtage. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat ohne erneute Beweisaufnahme im Wege eines Grund-
und Teilur-teils festgestellt, dass die Zahlungsklage im Hinblick auf den feuchten [X.] dem Grunde nach gerechtfertigt sei, die Beklagten insoweit für Folgeschäden einzustehen hätten und dass die Ansprüche gegen den Beklagten zu 3 auf [X.] vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung beruhten. Hinsichtlich der Mängel an der Garage hat es die Klage
abgewiesen. Die
Beklagten
begehren
mit der Beschwerde die Zulassung der Revision, soweit zu ihrem
Nachteil er-kannt worden ist.

II.

Nach Ansicht des Berufungsgerichts lassen die Aussagen der erstin-stanzlich vernommenen Zeugen in Zusammenschau mit der Aussage des Sachverständigen nur den Schluss auf bereits bestehende Feuchtigkeitsschä-den des [X.]s im Verkaufszeitpunkt zu. Hierüber habe der Beklagte zu 3 die Klägerin in betrügerischer Weise arglistig getäuscht. Ihm sei aufgrund vorange-gangener Besichtigungen bekannt gewesen, dass vor dem Überstreichen [X.]wände [X.] abgeblättert sei und [X.] modrig gerochen habe. Trotzdem habe er den [X.] als "staubtrocken"
bezeichnet. Der Beklagte zu 3 hafte daher gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB. Die Beklagten zu 1

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und 2 hätten für dessen Verhalten gemäß § 278 BGB und § 831 BGB einzu-stehen.

III.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist begründet und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Dieses hat, wie die
Beklagten
zu Recht rügen, ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entschei-dungserheblicher Weise verletzt. Das Berufungsgericht durfte ohne erneute Vernehmung der Zeugen das Ergebnis der Beweisaufnahme nicht anders wür-digen als das [X.].

1. Grundsätzlich steht es allerdings im Ermessen des Berufungsgerichts, ob es Zeugen, die in der Vorinstanz bereits vernommen worden sind, nach §
398 Abs. 1 ZPO erneut vernimmt. Das Berufungsgericht ist zur nochmaligen Vernehmung jedoch verpflichtet, wenn es die protokollierten Zeugenaussagen anders verstehen oder würdigen will als die Vorinstanz. Eine erneute Verneh-mung kann in diesem Fall allenfalls dann
unterbleiben, wenn sich das [X.] auf solche Umstände stützt, die weder die Urteilsfähigkeit, das Er-innerungsvermögen oder die Wahrheitsliebe des Zeugen noch die Vollständig-keit oder Widerspruchsfreiheit seiner Aussage betreffen (st. Rspr., siehe nur [X.], Beschluss vom 21. März 2012 -
XII ZR 18/11, NJW-RR
2012, 704, mwN). Unterlässt das Berufungsgericht die gebotene nochmalige Vernehmung eines Zeugen, so verletzt dies das rechtliche Gehör der benachteiligten Partei.

2. Zwar hat das Berufungsgericht die Aussagen der [X.]

, W.

und F.

nicht anders verstanden als das [X.]. Ebenso wie

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dieses würdigt es deren Aussagen dahingehend, dass die von ihnen [X.] Wahrnehmung eines modrigen [X.]geruchs, von [X.] an
den [X.]wänden und Schimmelspuren auf einem gerahmten Bild für das [X.] von Feuchtigkeitsschäden bereits bei Kaufvertragsabschluss sprä-chen. Auch den Angaben des Sachverständigen Fl.

hat das Berufungsge-richt keine andere Bedeutung beigelegt als das [X.].

Die Beschwerde rügt aber zu Recht, dass das Berufungsgericht die [X.] der erstinstanzlich vernommenen Zeugen P.

und J.

H.

un-berücksichtigt gelassen hat. Deren Aussage, sie hätten das Objekt genauer in Augenschein genommen und einen modrigen Geruch des [X.]s nicht wahr-genommen, war maßgeblich für die Überzeugung des [X.]s, dass den Beklagten eine Kenntnis von den Feuchtigkeitsschäden nicht nachgewiesen werde könne. Die fehlende
Berücksichtigung der Angaben dieser Zeugen
im Berufungsurteil lässt darauf schließen, dass das Berufungsgericht ihre
Aussa-gen offensichtlich für unbeachtlich
gehalten hat, indem es -
abweichend von der Würdigung des [X.]s
-
unterstellt hat, dass
die Zeugen H.

den [X.] nicht genau angesehen
haben. Damit hätte es die Bekundungen der Zeugen in anderer Weise gewürdigt als das [X.], das die Angabe des Zeugen J.

H.

, er habe das Objekt genauer in Augenschein genom-men,
nicht in Zweifel gezogen hat. Zu diesem von der Würdigung des Landge-richts abweichenden Ergebnis durfte das Berufungsgericht nicht kommen, ohne zuvor erneut die Zeugen vernommen zu haben.

3. Die Verletzung
des Anspruchs auf rechtliches Gehör
ist entschei-dungserheblich. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsge-richt zu einer anderen Beurteilung der Frage der arglistigen Täuschung gelangt

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wäre, wenn es die Zeugen P.

und J.

H.

erneut vernommen und ihre
Aussagen in
die Beweiswürdigung einbezogen hätte.

IV.

1. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, alle erstinstanzlich vernommenen Zeugen erneut zu vernehmen und bei [X.] darzulegen, die sich an konkreten Anspruchsgrundla-gen und ihren gesetzlichen Voraussetzungen ausrichten.
So wird [X.] zu berücksichtigen sein, dass eine Zurechnung nach § 278 BGB bei einer deliktsrechtlichen Inanspruchnahme nicht in Betracht kommt und dass §
831 BGB keine Zurechnungsnorm, sondern eine Norm ist, die eine Haftung für ei-genes Verschulden regelt.

2. Auch im Falle des Obsiegens der Klägerin mit dem Antrag auf Zah-
lung der Instandsetzungskosten für den feuchten [X.] hat sie keinen An-
spruch auf Rückzahlung eines Teils der Maklercourtage. Denn es fehlte inso-

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weit bereits an einem Schaden der Klägerin, da sie mit der Zuerkennung der begehrten Instandsetzungskosten so gestellt würde, als habe sie ein mangel-freies Haus
erworben.

Krüger
Stresemann
[X.]

[X.]
Weinland

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 06.05.2011 -
3 O 2317/09 -

OLG [X.], Entscheidung vom 14.10.2011 -
6 [X.] -

Meta

V ZR 250/11

19.07.2012

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.07.2012, Az. V ZR 250/11 (REWIS RS 2012, 4481)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4481

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