Bundessozialgericht, Beschluss vom 09.03.2016, Az. B 1 KR 6/16 B

1. Senat | REWIS RS 2016, 14840

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Gegenstand

(Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Revisionszulassungsgrund - Grundsätze für Darlegung eines Verfahrensmangels gelten auch bei Zurückweisung der Berufung seitens des LSG nach § 153 Abs 4 SGG - Beweisantrag - Beweisantritt)


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des [X.] vom 30. November 2015 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Die bei der beklagten Krankenkasse versicherte Klägerin ist mit ihrem Begehren, ihr 3576,53 Euro Kosten der selbst verschafften Versorgung mit einem Zahnimplantat in [X.] zu erstatten, bei der [X.] und den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das [X.] hat ua ausgeführt, grundsätzlich sei eine Implantatversorgung aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen. Es liege auch kein Ausnahmefall vor. Der Unfall der Klägerin habe keine größere Kiefer- oder Gesichtsverletzung hervorgerufen. Eine konventionelle prothetische Versorgung sei möglich gewesen (Beschluss vom 30.11.2015).

2

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im [X.]-Beschluss.

3

II. Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 [X.] [X.] zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 [X.] [X.] abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung des allein geltend gemachten [X.] nach § 160 Abs 2 [X.] [X.].

4

1. Nach § 160 Abs 2 [X.] [X.] ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 [X.] und § 128 Abs 1 S 1 [X.] (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 [X.] (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das [X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Wer einen Verfahrensmangel in diesem Sinne geltend machen will, muss die Umstände bezeichnen, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (vgl zB [X.] § 160a [X.], 24, 36). Wer sich auf eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht nach § 103 [X.] stützt, muss daher ua einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrag bezeichnen, die Rechtsauffassung des [X.] wiedergeben, aufgrund der bestimmte Tatsachen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen und die von dem betreffenden Beweisantrag berührten Tatumstände darlegen, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten (vgl [X.] Beschluss vom 20.7.2010 - B 1 KR 29/10 B - RdNr 5 mwN; [X.] Beschluss vom 1.3.2011 - B 1 KR 112/10 B - mwN). Hierzu gehört nach ständiger Rechtsprechung des [X.] die Darlegung, dass ein anwaltlich vertretener Beteiligter einen Beweisantrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt und noch zumindest hilfsweise aufrechterhalten hat (vgl [X.] Beschluss vom 14.6.2005 - B 1 KR 38/04 B - Juris RdNr 5; [X.] Beschluss vom [X.] - B 1 KR 97/05 B - Juris RdNr 6; [X.] SozR 4-1500 § 160 [X.] RdNr 11 mwN).

5

Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn - wie hier - das [X.] von der ihm durch § 153 Abs 4 S 1 [X.] eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Der in einem solchen Fall den Beteiligten zugestellten Anhörungsmitteilung nach § 153 Abs 4 [X.] [X.] muss jedenfalls ein rechtskundig vertretener Beteiligter auch entnehmen, dass das [X.] keine weitere Sachaufklärung mehr beabsichtigt und dass es etwaige schriftsätzlich gestellte Beweisanträge lediglich als Beweisanregungen, nicht aber als förmliche Beweisanträge iS des § 160 Abs 2 [X.] [X.] ansieht. Nach Zugang der Anhörungsmitteilung muss daher der Beteiligte, der schriftsätzlich gestellte Beweisanträge aufrechterhalten oder neue Beweisanträge stellen will, innerhalb der vom [X.] gesetzten Frist diesem ausdrücklich die Aufrechterhaltung dieser Anträge mitteilen oder neue förmliche Beweisanträge stellen (vgl [X.] SozR 3-1500 § 160 [X.]1 S 52; [X.] Beschluss vom 16.1.2013 - B 1 KR 25/12 B - Juris RdNr 5; [X.] Beschluss vom 3.12.2014 - B 1 KR 5/14 B - RdNr 6; [X.] Beschluss vom 6.6.2001 - B 2 U 117/01 B - Juris RdNr 2; [X.] Beschluss vom 27.12.2011 - [X.] R 253/11 B - Juris RdNr 7).

6

Die Klägerin legt keinen Verfahrensmangel in diesem Sinne dar. Sie benennt bereits keinen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren förmlichen Beweisantrag. Ein Beweisantrag muss unzweifelhaft erkennen lassen, dass der Antragsteller eine weitere Sachverhaltsaufklärung von Amts wegen für erforderlich hält. Der Tatsacheninstanz soll durch einen solchen Antrag vor der Entscheidung vor Augen geführt werden, dass der Kläger die gerichtliche Sachaufklärungspflicht in einem bestimmten Punkt noch nicht als erfüllt ansieht. Der Beweisantrag hat Warnfunktion. Eine solche Warnfunktion fehlt bei [X.], die in der Berufungsschrift oder sonstigen Schriftsätzen enthalten sind, und ihrem Inhalt nach lediglich als Anregungen zu verstehen sind, wenn sie nach Abschluss von Amts wegen durchgeführter Ermittlungen nicht mehr zu einem bestimmten Beweisthema als Beweisantrag aufgegriffen werden; eine unsubstantiierte Bezugnahme auf frühere Beweisantritte genügt nicht (vgl zum Ganzen [X.] SozR 3-1500 § 160 Nr 9 [X.]1).

7

Die Klägerin legt nicht dar, sie habe nach Zugang der Anhörungsmitteilung einen solchen förmlichen Beweisantrag gestellt. Sie trägt lediglich vor, sie habe in beiden Vorinstanzen die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt. Sie legt nicht dar, dass es sich um mehr als bloße Beweisantritte gehandelt hat. Soweit sie sich dagegen wendet, dass das [X.] sich auf eine Auskunft eines Zahnarztes gestützt hat, rügt sie im [X.] die richterliche Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 S 1 [X.]). Damit kann sie aber - wie dargelegt - ihre Beschwerde nicht begründen.

8

2. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 [X.] [X.]).

9

3. [X.] beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 [X.].

Meta

B 1 KR 6/16 B

09.03.2016

Bundessozialgericht 1. Senat

Beschluss

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Darmstadt, 10. März 2014, Az: S 8 KR 362/12, Urteil

§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 153 Abs 4 SGG, § 103 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 09.03.2016, Az. B 1 KR 6/16 B (REWIS RS 2016, 14840)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 14840

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