Bundessozialgericht, Beschluss vom 27.07.2016, Az. B 1 KR 38/16 B

1. Senat | REWIS RS 2016, 7512

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - Verletzung der Amtsermittlungspflicht - Darlegung - Stellung oder hilfsweise Aufrechterhaltung eines Beweisantrages bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung bzw nach Zugang der Anhörungsmitteilung


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des [X.] vom 9. März 2016 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Die bei der beklagten Krankenkasse versicherte Klägerin ist mit ihrem Begehren auf Übernahme der Kosten für Fahrten zu ambulanten onkologischen Verlaufskontrollen im [X.] bei der Beklagten und in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das [X.] hat zur Begründung ua ausgeführt, es fehle an der Notwendigkeit der Beförderung, weil die Verlaufskontrollen auch wohnortnah durchgeführt werden könnten (Beschluss vom 9.3.2016).

2

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im [X.]-Beschluss.

3

II. Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 [X.] [X.] zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 [X.] [X.] abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung des allein geltend gemachten Revisionszulassungsgrundes des Verfahrensfehlers.

4

1. Nach § 160 Abs 2 [X.] [X.] ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 [X.] und § 128 Abs 1 S 1 [X.] (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 [X.] (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das [X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Um einen Verfahrensmangel in diesem Sinne geltend zu machen, müssen die Umstände bezeichnet werden, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (vgl zB [X.] § 160a [X.], 24, 36). Wer sich auf eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht nach § 103 [X.] stützt, muss daher ua einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrag bezeichnen, die Rechtsauffassung des [X.] wiedergeben, aufgrund der bestimmte Tatsachen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen und die von dem betreffenden Beweisantrag berührten Tatumstände darlegen, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten (vgl [X.] Beschluss vom 20.7.2010 - [X.] KR 29/10 B - RdNr 5 mwN; [X.] Beschluss vom 1.3.2011 - [X.] KR 112/10 B - Juris Rd[X.] mwN). Hierzu gehört nach ständiger Rechtsprechung des [X.] die Darlegung, dass ein anwaltlich vertretener Beteiligter einen Beweisantrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt und noch zumindest hilfsweise aufrechterhalten hat (vgl dazu [X.] Beschluss vom 14.6.2005 - [X.] KR 38/04 B - Juris RdNr 5; [X.] Beschluss vom [X.] - [X.] KR 97/05 B - RdNr 6; [X.] SozR 4-1500 § 160 [X.] RdNr 11 mwN). Bei nicht [X.] vertretenen Beteiligten sind zwar weniger strenge Anforderungen an die Form und den Inhalt eines Beweisantrags zu stellen. Auch ein [X.] Kläger muss aber dem Gericht deutlich machen, dass er noch Aufklärungsbedarf sieht ([X.] Beschluss vom [X.] U 103/12 B - Juris RdNr 7).

5

Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn - wie hier - das [X.] von der ihm durch § 153 Abs 4 S 1 [X.] eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Nach Zugang der Anhörungsmitteilung muss daher der Beteiligte, der schriftsätzlich gestellte Beweisanträge aufrechterhalten oder neue Beweisanträge stellen will, innerhalb der vom [X.] gesetzten Frist diesem ausdrücklich die Aufrechterhaltung dieser Anträge mitteilen oder neue förmliche Beweisanträge stellen (vgl [X.] SozR 3-1500 § 160 [X.]1 S 52; [X.] Beschluss vom 16.1.2013 - [X.] KR 25/12 B - Juris RdNr 5; [X.] Beschluss vom 3.12.2014 - [X.] KR 5/14 B - RdNr 6; [X.] Beschluss vom 6.6.2001 - B 2 U 117/01 B - Juris RdNr 2; [X.] Beschluss vom 27.12.2011 - [X.] R 253/11 B - Juris RdNr 7). Eine unsubstantiierte Bezugnahme auf frühere Beweisantritte genügt bei [X.] Vertretenen nicht (vgl zum Ganzen [X.] SozR 3-1500 § 160 [X.]; [X.] Beschluss vom 16.1.2013 - [X.] KR 25/12 B - Juris RdNr 6). Der Tatsacheninstanz soll dadurch nämlich vor Augen geführt werden, dass der Betroffene die gerichtliche Sachaufklärungspflicht noch nicht als erfüllt ansieht. Der Beweisantrag hat Warnfunktion (vgl [X.] § 160 [X.]; [X.] Beschluss vom 10.4.2006 - [X.] KR 47/05 B - Juris RdNr 9 mwN; [X.] Beschluss vom [X.] - [X.] KR 111/12 B - RdNr 8). Auch ein nicht [X.] vertretener Beteiligter muss aber darlegen, dass er dem [X.] deutlich gemacht hat, dass er dessen Sachaufklärungspflicht noch nicht als erfüllt ansieht und in welcher Hinsicht er noch weiteren Aufklärungsbedarf sieht (vgl [X.] Beschluss vom [X.] - B 2 U 403/05 B - Juris RdNr 5; [X.] Beschluss vom 9.3.2011 - B 7 [X.] 6/11 B - Juris RdNr 4; [X.] Beschluss vom 6.10.2011 - B 9 SB 6/11 B - Juris RdNr 8 mwN).

6

Die Klägerin legt keinen Verfahrensmangel in diesem Sinne dar. Sie behauptet lediglich, ihre Ausführungen im Schriftsatz vom 15.8.2015 seien als Beweisantrag auszulegen gewesen. Sie hat den Schriftsatz vom 15.8.2015 allerdings im Verfahren vor dem [X.] eingereicht. Sie legt schon nicht dar, dass und wie sie auf die Anhörungsmitteilung des [X.] reagiert hat. Sie bezeichnet damit nicht einen Verfahrensfehler des [X.] - unabhängig davon, ob der Auffassung zur Auslegung der Ausführungen der Klägerin gefolgt werden kann. Sie rügt nicht, dass sie im Berufungsverfahren vor dem [X.] einen Beweisantrag angebracht oder den erstinstanzlich nach ihrer Auffassung gestellten Beweisantrag aufrechterhalten habe. Im Übrigen fehlt es an einer substantiierten Darlegung, aufgrund welcher Rechtsauffassung des [X.] Tatfragen klärungsbedürftig erschienen wären ebenso wie an einer Darlegung, warum das [X.] sich hätte gedrängt fühlen müssen, noch Beweis zu erheben, zumal es seine Entscheidung - auch - darauf gestützt hat, dass es angesichts der Möglichkeit, die Verlaufskontrollen auch wohnortnah durchzuführen, schon an der Notwendigkeit einer Beförderung fehle.

7

2. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 [X.]).

8

3. [X.] beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 [X.].

Meta

B 1 KR 38/16 B

27.07.2016

Bundessozialgericht 1. Senat

Beschluss

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Karlsruhe, 16. September 2015, Az: S 3 KR 740/15

§ 160a Abs 1 S 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 103 SGG, § 153 Abs 4 S 1 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 27.07.2016, Az. B 1 KR 38/16 B (REWIS RS 2016, 7512)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 7512

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