Bundesfinanzhof, Urteil vom 13.07.2017, Az. IV R 42/14

4. Senat | REWIS RS 2017, 8046

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Gewerbliche Prägung einer "Einheits-GmbH & Co. KG"


Leitsatz

Der gewerblichen Prägung einer "Einheits-GmbH & Co. KG" steht nicht entgegen, dass der im Grundsatz allein geschäftsführungsbefugten Komplementärin im Gesellschaftsvertrag der KG die Geschäftsführungsbefugnis betreffend die Ausübung der Gesellschafterrechte aus oder an den von der KG gehaltenen Geschäftsanteilen an der Komplementär-GmbH entzogen und diese auf die Kommanditisten übertragen wird .

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 28. August 2014  3 K 743/13 F wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

[X.].

1

[X.]ie Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) --eine GmbH & [X.]o. KG (nachfolgend auch [X.] wurde mit notarieller Urkunde vom ... Juni 2007 unter der [X.]irma [X.] gegründet und in das Handelsregister eingetragen. Persönlich haftende [X.]erin war zunächst die [X.], alleinige Kommanditistin die [X.] [X.]m ... November 2007 wurden verschiedene Verträge in notarieller [X.]orm abgeschlossen, die die Gründung der E-GmbH und die Umstrukturierung der Klägerin zum Gegenstand hatten. Im Rahmen dieser Umstrukturierung übertrug die N-GmbH ihren gesamten Kommanditanteil an der Klägerin in Höhe von 69 % auf [X.], in Höhe von 21 % auf [X.] (Sohn von [X.]) und in Höhe von 10 % auf [X.] (Ehefrau von [X.]). Zugleich wurden [X.], [X.] und [X.] im gleichen [X.]eteiligungsverhältnis alleinige [X.]er der [X.] [X.]ußerdem trat die E-GmbH der Klägerin ohne [X.]eteiligung am [X.]svermögen mit sofortiger Wirkung als Komplementärin bei. [X.]ie [X.] schied mit sofortiger Wirkung aus, nicht jedoch bevor die E-GmbH in das Handelsregister eingetragen worden war; diese Eintragung der E-GmbH erfolgte am ... [X.]ebruar 2008. Zudem hielt die Klägerin eine [X.]erversammlung ab. Sie gab sich die [X.]irma S GmbH & [X.]o. KG. [X.]er Unternehmensgegenstand wurde geändert in "die Vermögensverwaltung sowie die Verwaltung, Vermietung und Verpachtung von Immobilien, Grundstücken, Gewerbe- und Wohnbauten sowie sonstiger Gewerbeanlagen und deren [X.]n- und Verkauf für eigene Rechnung". Schließlich vereinbarten die [X.]er der Klägerin einen vollständig neu gefassten [X.]svertrag ([X.]), der als [X.]nlage beigefügt war. [X.]arin hieß es u.a. wörtlich:

2
  

"§ 6 Geschäftsführung und Vertretung

  

Zur Geschäftsführung und Vertretung der [X.] ist die persönlich haftende [X.]erin berechtigt und verpflichtet. Sie selbst ist von den einschränkenden [X.]estimmungen des § 181 [X.]G[X.] befreit.

  

§ 7 Wahrnehmung der Rechte an der Komplementärin (Einheitsgesellschaft)

  

(1) Soweit es um die Wahrnehmung der Rechte aus oder an den der [X.] gehörenden Geschäftsanteilen an der Komplementärin geht, ist die Komplementärin von der Geschäftsführung und Vertretung an sich selbst ausgeschlossen. [X.]nstelle der persönlich haftenden [X.]erin sind die Kommanditisten zur Geschäftsführung und Vertretung der [X.]srechte an der Komplementärin nach Maßgabe der folgenden [X.]bsätze befugt.

   

(2) [X.]ie Kommanditisten üben ihre [X.]srechte an der Komplementärin aus, indem sie über die jeweilige Maßnahme [X.]eschluss fassen. [X.]ie [X.]usübung des [X.]eschlusses erfolgt durch einen oder mehrere von der Kommanditistenversammlung beauftragte Kommanditisten im Namen der [X.]. Zum Zweck der [X.]usführung der [X.]eschlüsse der Kommanditistenversammlung wird jedem Kommanditist hiermit Vollmacht zur Vertretung der [X.] erteilt, von der jedoch nur nach Maßgabe des [X.]eschlusses der Kommanditistenversammlung Gebrauch gemacht werden darf. [X.]lle Kommanditisten werden insoweit von den [X.]eschränkungen des § 181 [X.]G[X.] befreit.

  

(3) [X.]ie Kommanditisten fassen ihre [X.]eschlüsse in der Kommanditistenversammlung. ... . [X.]ür ihre Einberufung, ihre [X.]eschlussfähigkeit, die Vertretung durch [X.]ritte, die [X.]eschlussfassung und die Protokollierung der gefassten [X.]eschlüsse gilt der § 9 '[X.]erversammlung' dieses [X.]svertrages entsprechend.

   

...". 

3

Mit weiterem Vertrag brachten die Kommanditisten [X.], [X.] und [X.] verschiedene Grundstücke in die Klägerin ein. [X.]aneben übertrug mit selbständigem Vertrag [X.] einen Teilkommanditanteil in Höhe von 39 % des Gesamtkommanditkapitals auf [X.], [X.] einen solchen in Höhe von 19 % auf [X.] (gemeinsame Tochter von [X.] und [X.], geboren 1995) und [X.] einen solchen in Höhe von 9 % auf [X.] unentgeltlich im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unter Vorbehalt des [X.]. [X.]er Ergänzungspfleger stimmte diesem Vertrag am ... [X.]ebruar 2009 zu, soweit [X.] betroffen war. Schließlich übertrugen die Kommanditisten [X.], [X.] und [X.] mit weiterem Vertrag ihre Geschäftsanteile an der E-GmbH im Wege der Sacheinlage auf die Klägerin. [X.]ie [X.]btretungen erfolgten mit sofortiger Wirkung, aber nicht vor Eintragung der E-GmbH in das Handelsregister. [X.]ie drei Geschäftsanteile wurden wieder zu einem Geschäftsanteil zusammengefasst.

4

Nach alledem waren am Kommanditkapital der Klägerin [X.] mit 30 %, [X.] mit 41 %, [X.] mit 1 % und [X.] mit 28 % beteiligt.

5

[X.]ür die [X.] und 2009 (Streitjahre) stellte der [X.]eklagte und Revisionskläger (das [X.]inanzamt --[X.][X.]--) die Gewinne zunächst erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gesondert und einheitlich fest. [X.]ie zuletzt vor der [X.]etriebsprüfung unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen [X.]e wiesen für 2008 gewerbliche Einkünfte in Höhe von insgesamt ... € ([X.]escheid vom 24. November 2009) und für 2009 solche in Höhe von insgesamt ... € ([X.]escheid vom 9. [X.]ezember 2010) aus.

6

In den Jahren 2011 und 2012 führte das [X.][X.] bei der Klägerin u.a. für die Streitjahre eine [X.]etriebsprüfung durch. [X.]er Prüfer gelangte zu der [X.]uffassung, dass die Klägerin ab dem ... [X.]ebruar 2008 mit der Eintragung der E-GmbH in das Handelsregister nicht mehr die Voraussetzungen eines Gewerbebetriebes kraft [X.]iktion nach § 15 [X.]bs. 3 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erfüllt habe. [X.]enn ab diesem Zeitpunkt sei die Klägerin [X.]lleingesellschafterin der E-GmbH geworden, so dass die in § 7 [X.] getroffene Vereinbarung gegriffen habe, wonach auch die Kommanditisten in dem dort genannten Umfang zur [X.]ührung der Geschäfte der Klägerin befugt gewesen seien. [X.]anach sei der [X.]etrieb der Klägerin mit Wirkung zum ... [X.]ebruar 2008 zwangsweise aufgegeben worden, so dass die in den Immobilien ruhenden stillen Reserven der [X.]esteuerung hätten unterworfen werden müssen. Im [X.]nschluss habe die Klägerin Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt. [X.]as [X.][X.] schloss sich dieser [X.]uffassung an und erließ am 21. [X.]ugust 2012 --jeweils unter [X.]ufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung-- entsprechend geänderte [X.]eststellungsbescheide 2008 und 2009. Gegen diese [X.]escheide legte die Klägerin mit Schreiben vom 5. September 2012 Einspruch ein. [X.]ie angegriffenen [X.]eststellungsbescheide 2008 und 2009 wurden jeweils nochmals mit [X.]escheiden vom 14. September 2012 geändert. [X.]er Einspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 8. [X.]ebruar 2013).

7

[X.]ie hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg (Urteil des [X.]inanzgerichts --[X.]G-- vom 28. [X.]ugust 2014  3 K 743/13 [X.]). [X.]as [X.]G änderte die angegriffenen [X.]eststellungsbescheide dahin, dass für beide Streitjahre jeweils Einkünfte der Klägerin aus Gewerbebetrieb festgestellt wurden.

8

[X.]as [X.][X.] rügt mit seiner Revision die Verletzung des § 15 [X.]bs. 3 Nr. 2 EStG.

9

Es beantragt,
das [X.]G-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

[X.]ie Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen, hilfsweise das [X.]G-Urteil, soweit es das Streitjahr 2008 betrifft, aufzuheben und den [X.] 2008 vom 14. September 2012, insoweit unter [X.]ufhebung der Einspruchsentscheidung vom 8. [X.]ebruar 2013, dahin zu ändern, dass der [X.]ufgabegewinn auf ... € herabgesetzt wird.

Entscheidungsgründe

B.

Die zulässige Revision des [X.] ist unbegründet und daher nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) zurückzuweisen.

[X.] Die Revision des [X.] ist zulässig.

Nach § 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a [X.]O muss die Revisionsbegründung die Umstände bestimmt bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt. Diesen Anforderungen entspricht die Revision des [X.]. Insbesondere ist sie nicht deshalb unzulässig, weil sich das [X.] --wie die Klägerin meint-- mit seinen Ausführungen ausschließlich gegen eine für den [X.] ([X.]) bindende Vertragsauslegung und Tatsachenwürdigung (vgl. § 118 Abs. 2 [X.]O) gewendet und damit keinen revisiblen Rechtsverstoß dargelegt habe (vgl. [X.]-Beschluss vom 30. April 2002 VII R 109/00, [X.]/NV 2002, 1185, zu § 120 [X.]O a.F.). Denn das [X.] hat ausführlich begründet, weshalb die vom [X.] vertretene Rechtsansicht, wonach das Eingreifen des § 7 [X.] nicht zum Wegfall der gewerblichen Prägung führe, gegen § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG verstoße. Es legt in seiner Revisionsbegründung ausreichend dar, dass diese --nach den Feststellungen des [X.] eine konfliktfreie Willensbildung bei der E-GmbH bezweckende-- Regelung eine organschaftliche [X.] der Kommanditisten begründe, was einer gewerblichen Prägung entgegenstehe. Die rechtliche Einordnung des (nach Maßgabe des [X.]) von den Vertragspartnern Gewollten am Maßstab der jeweils einschlägigen Norm ist Rechtsanwendung, die vom [X.] in vollem Umfang nachprüfbar ist (z.B. [X.]-Urteil vom 24. April 2013 XI R 7/11, [X.]E 241, 459, [X.], 648, Rz 35, m.w.N.).

I[X.] Die Revision ist jedoch unbegründet.

Das [X.] hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin ihren Gewerbebetrieb nicht am ... Februar 2008 aufgegeben, sondern auch nach diesem Zeitpunkt weiterhin die Voraussetzungen für einen Gewerbebetrieb kraft Fiktion nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG erfüllt hat.

1. Nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gilt als Gewerbebetrieb in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer Personengesellschaft, die keine Tätigkeit i.S. des Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ausübt und bei der ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind und nur diese oder Personen, die nicht Gesellschafter sind, zur Geschäftsführung befugt sind (gewerblich geprägte Personengesellschaft). Entfällt eine dieser tatbestandlichen Voraussetzungen einer gewerblich geprägten Personengesellschaft, führt dieser Rechtsvorgang zu einer Betriebsaufgabe nach § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG ([X.]-Urteil vom 14. März 2007 XI R 15/05, [X.]E 217, 438, [X.], 924, unter I[X.]1.b).

2. Im Streitfall steht außer Frage, dass die Klägerin mit Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt und keine originär gewerbliche Tätigkeit nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 EStG ausgeübt hat, ebenso dass allein Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafterinnen der Klägerin gewesen sind. Unstreitig ist auch, dass ab dem ... Februar 2008 nur noch die E-GmbH Komplementärin war und zu diesem Zeitpunkt die Geschäftsanteile an der E-GmbH auf die Klägerin übertragen worden sind. Hierdurch entstand eine sog. [X.], bei der die [X.] Alleingesellschafterin ihrer Komplementär-GmbH ist. Der Senat sieht insoweit von weiteren Ausführungen ab.

3. Zu Recht hat das [X.] entschieden, dass die Klägerin als "[X.]" noch i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gewerblich geprägt war, obwohl in § 7 [X.] vorgesehen war, dass ihrer im Grundsatz allein geschäftsführungsbefugten Komplementärin die [X.] betreffend die Ausübung der Gesellschafterrechte aus oder an den von der Klägerin gehaltenen Geschäftsanteilen an der Komplementär-GmbH entzogen und diese auf die Kommanditisten übertragen wird.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ist der Begriff "Geschäftsführung" in § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG so zu verstehen, wie er in den §§ 114 bis 117, § 164 des Handelsgesetzbuchs (HGB) und §§ 709 bis 713 des Bürgerlichen Gesetzbuchs verwendet wird. Gemeint ist die sich aus Gesetz oder Gesellschaftsvertrag ergebende --organschaftliche-- im Innenverhältnis der Gesellschafter zueinander bestehende Befugnis zu einer auf Verwirklichung des Gesellschaftszwecks gerichteten Tätigkeit. Unerheblich ist, wer im Außenverhältnis zur Vertretung befugt ist (z.B. [X.]-Urteil vom 23. Mai 1996 IV R 87/93, [X.]E 180, 396, [X.] 1996, 523, unter [X.]).

b) Nach den dispositiven Regelungen in § 164, § 161 Abs. 2 und §§ 114 bis 116 HGB führen die Komplementäre die gewöhnlichen Geschäfte der [X.] alleine; die Kommanditisten sind grundsätzlich von der Geschäftsführung ausgeschlossen. Einem Kommanditisten kann jedoch im Gesellschaftsvertrag zwar keine organschaftliche Vertretungsmacht, aber eine organschaftliche [X.] eingeräumt werden. Die Prägewirkung des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG entfällt u.a. bereits dann, wenn nach dem Gesellschaftsvertrag der [X.] neben der Komplementär-GmbH weitere Kommanditisten --ggf. beschränkt auf einen bestimmten Bereich-- geschäftsführungsbefugt sind (z.B. [X.]-Urteile in [X.]E 180, 396, [X.] 1996, 523, unter [X.]; vom 11. Oktober 2012 IV R 32/10, [X.]E 239, 248, [X.], 538, Rz 21).

Diese Grundsätze gelten auch für eine GmbH & Co. [X.]. Daher greift § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG immer ein, wenn bei einer GmbH & Co. [X.] nur die GmbH als alleinige Komplementärin zur Geschäftsführung befugt ist (vgl. Stapperfend in [X.]/ [X.], § 15 EStG Rz 1445). Für die Prägung i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG ist es auch unschädlich, wenn der Kommanditist zugleich Geschäftsführer der Komplementär-GmbH ist ([X.]-Urteil in [X.]E 180, 396, [X.] 1996, 523, unter [X.]). Denn in einem solchen Fall führt zwar der Kommanditist als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH mittelbar die Geschäfte der [X.]. Der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH ist aber nicht der organschaftliche Geschäftsführer der [X.]; dies ist und bleibt --vorbehaltlich einer abweichenden Regelung im Gesellschaftsvertrag der [X.]-- die GmbH als Komplementärin (§ 164, § 161 Abs. 2 i.V.m. §§ 114 ff. HGB).

c) Bei einer "[X.]" gehören Maßnahmen, welche allein die Ausübung der Gesellschafterrechte aus oder an ihren Geschäftsanteilen an der Komplementär-GmbH betreffen, nicht zur Geschäftsführung i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG (anderer Ansicht [X.], Betriebs-Berater --[X.]-- 2017, 732, 738; kritisch auch [X.], Entscheidungen der Finanzgerichte 2015, 121, Anmerkung zum verfahrensgegenständlichen [X.]-Urteil). Der gewerblichen Prägung einer "[X.]" steht daher nicht entgegen, wenn der im Grundsatz allein geschäftsführungsbefugten Komplementärin im Gesellschaftsvertrag der [X.] die [X.] (und Vertretungsbefugnis) betreffend die Ausübung der Gesellschafterrechte aus oder an den von der [X.] gehaltenen Geschäftsanteilen an der Komplementär-GmbH entzogen und auf die Kommanditisten übertragen wird. Dies ergibt sich nach Ansicht des Senats allerdings nicht daraus, dass eine derartige gesellschaftsvertragliche Regelung zu einer rechtsgeschäftlichen Bevollmächtigung oder [X.] "sui generis" und somit zu keiner organschaftlichen [X.] führt (so aber z.B. [X.]/ [X.], Die GmbH & Co. [X.], 11. Aufl., § 16 Rz 57; [X.]/[X.], [X.] --GmbHR-- 2001, 100, 102; [X.] in: [X.]/[X.], Handbuch GmbH & Co. [X.], 21. Aufl., Rz 2.486; Spiegelberger, Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge --[X.]-- 2003, 391, 395; [X.], [X.], 706, 710; [X.]/Hauptmann, Steuern und Bilanzen 2016, 782, 784), sondern aus der Entstehungsgeschichte sowie dem Sinn und Zweck des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG.

[X.]) Wie bei jeder GmbH & Co. [X.] existieren auch bei der "[X.]" zwei rechtlich selbständige Gesellschaften mit zwei getrennten Rechtssphären (Urteil des [X.] --BGH-- vom 16. Juli 2007 II ZR 109/06, [X.] 2007, 1914, mit Anmerkung Gehrlein; anderer Ansicht [X.], Juristenzeitung 2008, 425, 435 f.). Bei der "[X.]" ist allerdings die [X.] als Alleingesellschafterin der [X.] zuständig. Die [X.] wird in der Gesellschafterversammlung der Komplementär-GmbH --sofern keine abweichenden Regelungen existieren-- von der Komplementär-GmbH, diese wiederum von ihren Geschäftsführern, vertreten ([X.] in [X.] 2007, 1914; Urteil des [X.] vom 22. März 2013  11 U 27/12; Beschluss des [X.] vom 6. Juli 2016  9 W 93/16). Dies kann zu Interessenkollisionen bei der Willensbildung in der Komplementär-GmbH führen. Denn ohne abweichende Regelungen wären die Geschäftsführer der Komplementär-GmbH z.B. dazu berufen, über ihre eigene Bestellung, Abberufung und Entlastung (§ 46 Nr. 5 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung --GmbHG--) zu entscheiden sowie das Weisungsrecht gegenüber sich selbst auszuüben (§ 37 Abs. 1 GmbHG).

Der Vermeidung dieses --zumindest faktischen-- Interessenkonflikts diente nach den den Senat insoweit bindenden Feststellungen des [X.] (§ 118 Abs. 2 [X.]O) und auch zwischen den Beteiligten unstreitig die Regelung in § 7 [X.].

bb) Nach der Entstehungsgeschichte des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG beseitigt eine derartige Regelung im Gesellschaftsvertrag der [X.] nicht die Prägewirkung der [X.]

Der Gesetzgeber hat --den bis heute unverändert fortgeltenden-- § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG durch das [X.] 1986 vom 19. Dezember 1985 ([X.], 2436, [X.], 735) eingefügt. Diese Gesetzesfassung beruht auf dem Entwurf der Bundesregierung zu einem "Gesetz zur vordringlichen Regelung von Fragen der Besteuerung von Personengesellschaften" (vgl. BTDrucks 10/4498, 10/4513, S. 22, 10/3663, S. 4, 8). Mit der Einfügung der Vorschrift sollte die sog. Gepräge-Rechtsprechung des [X.], die dieser mit Beschluss des [X.] vom 25. Juni 1984 GrS 4/82 ([X.]E 141, 405, [X.] 1984, 751) aufgegeben hatte, wiederhergestellt werden, ohne über diese hinauszugehen (vgl. BTDrucks 10/4513, S. 22). Der [X.] hatte bis zur Aufgabe dieser Rechtsprechung durch den genannten Beschluss des [X.] die gewerbliche Tätigkeit einer an sich vermögensverwaltend tätigen GmbH & Co. [X.] damit begründet, dass die Kapitalgesellschaft jedenfalls dann der Personengesellschaft das Gepräge gebe, wenn die geschäftsführende Kapitalgesellschaft (GmbH) alleiniger Komplementär sei (dazu grundlegend [X.]-Urteile vom 17. März 1966 IV 233, 234/65, [X.]E 84, 471, [X.]I 1966, 171; vom 3. August 1972 IV R 235/67, [X.]E 106, 331, [X.] 1972, 799, unter [X.]). Hierbei sei "das wirtschaftliche Gewicht einer solchen GmbH in Rechnung zu stellen, die, soweit sie als persönlich haftende Gesellschafterin und Geschäftsführerin des Unternehmens der [X.] in Erscheinung tritt, die eigentliche Unternehmenstätigkeit entfaltet" ([X.]-Urteil in [X.]E 84, 471, [X.]I 1966, 171). Insbesondere auf diese Entscheidung weist die Regierungsbegründung ausdrücklich hin (BTDrucks 10/3663, S. 6). Für den [X.] war daher maßgeblich, dass die Kapitalgesellschaft als Vollhafter die eigentliche Unternehmenstätigkeit auf [X.] der [X.] ausübt.

Diese Voraussetzungen sind auch bei einer "[X.]" gegeben, in deren Gesellschaftsvertrag --wie in § 7 [X.]-- den Kommanditisten die [X.] nur beschränkt auf den Bereich der Ausübung der Gesellschafterrechte aus oder an den von der [X.] gehaltenen Geschäftsanteilen an der Komplementär-GmbH übertragen wird. Dabei verkennt der Senat weder, dass die zur Bestimmung der Prägewirkung in § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG umschriebenen Begriffe gesellschaftsrechtlich interpretiert werden müssen (z.B. [X.]-Beschluss vom 22. September 2016 IV R 35/13, [X.]E 255, 239, [X.] 2017, 116), noch dass eine derartige gesellschaftsvertragliche Regelung ggf. als Einräumung einer (partiellen) organschaftlichen [X.] begriffen werden kann (zu den einzelnen Auslegungsmöglichkeiten vgl. z.B. [X.]/[X.], a.a.[X.], § 8 Rz 24; [X.] in: [X.]/[X.], a.a.[X.], Rz 2.477 ff.; [X.], [X.] 2017, 732, 736 ff.). Denn eine solche gesellschaftsvertragliche Regelung lässt die Ausübung der eigentlichen Unternehmenstätigkeit durch die Komplementärin unberührt. Auch bei einer "[X.]" existieren zwei rechtlich selbständige Gesellschaften mit zwei getrennten Rechtskreisen (dazu oben B.[X.] [X.]). Die den Kommanditisten eingeräumten Befugnisse hinsichtlich der Ausübung der Gesellschafterrechte aus oder an den von der [X.] gehaltenen Geschäftsanteilen an der Komplementär-GmbH betreffen unmittelbar nur den Rechtskreis der [X.] Sie berühren nicht unmittelbar die eigentliche Unternehmenstätigkeit auf [X.] der [X.] und können daher [X.] auf [X.] der [X.] entfalten. Die Ausübung der eigentlichen Unternehmenstätigkeit auf [X.] der [X.] bleibt ausschließlich bei der [X.]

cc) Der Sinn und Zweck des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG bestätigt dieses Ergebnis.

§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG sollte --wie bereits [X.] bewusst für die Zukunft die sog. Gepräge-Rechtsprechung wiederherstellen, beispielsweise um eine zweifache Ergebnisermittlung zu vermeiden (BTDrucks 10/3663, S. 6) oder um sinnvolle Gestaltungen zu erhalten ([X.]-Urteil vom 20. November 2003 IV R 5/02, [X.]E 204, 471, [X.] 2004, 464, unter [X.]1.d).

Die "[X.]" als besondere Erscheinungsform einer [X.] steht der sog. beteiligungsidentischen GmbH & Co. [X.] sehr nahe. Beide Gestaltungen finden insbesondere bei Familienunternehmen Anwendung. Bei der "beteiligungsidentischen GmbH & Co. [X.]" sind die Kommanditisten im gleichen Verhältnis an der [X.] und an der Komplementär-GmbH beteiligt. Hierdurch wird vermieden, dass Personen die [X.] beherrschen können, die nicht zugleich Kommanditisten sind (z.B. [X.]/[X.], a.a.[X.], § 8 Rz 2; dieselben, GmbHR 2011, 281, 282). Der bei dieser Interessenlage gewünschte Einfluss der Kommanditisten auf die Unternehmenstätigkeit der [X.] wird dadurch hergestellt, dass die Kommanditisten zugleich als GmbH-Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung der Komplementär-GmbH stimmberechtigt sind. Gleichwohl stünde auch in einem derartigen Fall, sollte die Komplementär-GmbH alleiniger organschaftlicher Geschäftsführer der [X.] sein, die gewerbliche Prägung i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG außer Frage (vgl. dazu auch [X.]-Urteil in [X.]E 106, 331, [X.] 1972, 799, unter [X.]). Denn die Kommanditisten sind zwar Gesellschafter der Komplementär-GmbH, nicht aber organschaftliche Geschäftsführer der [X.].

Nichts anderes kann dann für den Fall der "[X.]" gelten. Diese Sonderform wird insbesondere zur Vermeidung des bei einer "beteiligungsidentischen GmbH & Co. [X.]" gegebenen --nicht unerheblichen-- Gestaltungsaufwands gewählt, der u.a. erforderlich ist, um die Identität der Beteiligungsverhältnisse (dem Grunde und der Höhe nach) an beiden Gesellschaften zu wahren (Spiegelberger, [X.] 2003, 391, 392). Bei einer "[X.]" ist eine entsprechende Verzahnung der Gesellschaftsverträge der [X.] und GmbH entbehrlich, weil die Kommanditisten nur noch mittelbar über ihre [X.]-Beteiligung an der Komplementär-GmbH beteiligt sind und mithin nur noch eine Gesellschaftsbeteiligung existiert (z.B. [X.]/ [X.], a.a.[X.], § 8 Rz 3; [X.] in: [X.]/[X.], a.a.[X.], Rz 2.463). Im Gegenzug entsteht jedoch --wie bereits ausgeführt (dazu B.[X.] [X.])-- das Erfordernis, eine konfliktfreie Willensbildung bei der Komplementär-GmbH zu organisieren. Geschieht dies dadurch, dass den Kommanditisten im Gesellschaftsvertrag der [X.] die Ausübung der Gesellschafterrechte aus oder an den von der [X.] gehaltenen Geschäftsanteilen eingeräumt wird, wird im Ergebnis eine der Beschlusssituation bei einer "beteiligungsidentischen GmbH & Co. [X.]" vergleichbare Situation hergestellt. In beiden Fällen fassen die Kommanditisten die [X.] bei der [X.] Vor diesem Hintergrund kann es nach Sinn und Zweck für die Beurteilung der "Prägewirkung" keinen Unterschied machen, ob die Kommanditisten unmittelbar an der Komplementär-GmbH oder nur mittelbar über die [X.] an dieser beteiligt sind. Bei einer "[X.]" ist die Ausübung der Gesellschafterrechte aus dem Geschäftsanteil an der Komplementär-GmbH schlicht Ausfluss ihrer Gesellschafterstellung, ohne dass damit darüber hinausgehende unmittelbare Rechte auf [X.] der [X.] verbunden sind.

4. Danach ist die Entscheidung des [X.], dass ab dem ... Februar 2008 --trotz der Regelung in § 7 [X.]-- nur die E-GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin zur Geschäftsführung i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG befugt war, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn eine Regelung wie in § 7 [X.], die den Kommanditisten einer "[X.]" allein aufgrund der Gesellschafterstellung der [X.] an ihrer Komplementär-GmbH Befugnisse zur Vermeidung von Interessenkonflikten einräumt, begründet keine [X.] i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG.

II[X.] Nach alledem waren --wie vom [X.] ausgesprochen-- die im Übrigen nicht streitigen Einkünfte aus Gewerbebetrieb festzustellen.

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

IV R 42/14

13.07.2017

Bundesfinanzhof 4. Senat

Urteil

vorgehend FG Münster, 28. August 2014, Az: 3 K 743/13 F, Urteil

§ 15 Abs 3 Nr 2 EStG 2002, § 16 Abs 3 S 1 EStG 2002, § 15 Abs 3 Nr 2 EStG 2009, § 16 Abs 3 S 1 EStG 2009, EStG VZ 2008, EStG VZ 2009

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 13.07.2017, Az. IV R 42/14 (REWIS RS 2017, 8046)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 8046

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VIII R 42/10 (Bundesfinanzhof)

Abgrenzung gewerbliche Einkünfte - freiberufliche Einkünfte - Mitunternehmerstellung der Komplementär-GmbH in einer Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungs-KG


IV R 9/20 (Bundesfinanzhof)

(Beteiligung des Kommanditisten an Komplementär-GmbH als funktional (un)wesentliche Betriebsgrundlage seines Mitunternehmeranteils - Einbringung nach § …


I R 13/20 (Bundesfinanzhof)

(Gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung nach § 8 Nr. 4 GewStG bei sog. Drittanstellung von Geschäftsführern)


X R 2/10 (Bundesfinanzhof)

Beteiligung an einer Komplementär-GmbH als notwendiges Betriebsvermögen eines Besitzeinzelunternehmens


IV R 15/19 (Bundesfinanzhof)

Grundsätzlich keine Zuordnung der Kapitalbeteiligung des Kommanditisten zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen II bei eigenem Geschäftsbetrieb der …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.