Bundespatentgericht, Beschluss vom 22.12.2022, Az. 35 W (pat) 4/22

35. Senat | REWIS RS 2022, 8849

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Gegenstand

Gebrauchsmusterbeschwerdesache – Patentzusammenarbeitsvertrag (PCT) – Amtssprache – nationale Patentanmeldung – Zurückverweisung an das Deutsche Patent- und Markenamt zwecks weiterer Durchführung des Eintragungsverfahrens


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Gebrauchsmusteranmeldung 21 2019 000 503

(hier: Beendigung des [X.])

hat der 35. Senat ([X.]) des [X.] am 22. Dezember 2022 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] sowie der Richter [X.] und Dr. Nielsen

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Gebrauchsmusterstelle des [X.] vom 26. Januar 2022, der in Form des Bescheides vom 26. Januar 2022 ergangen ist, wonach „die Wirkung (der) [X.] für den Bestimmungsstaat [X.] gemäß Art. 39 Absatz 2 PCT nicht eingetreten (ist)“, aufgehoben.

2. Die Sache wird an das [X.] zwecks weiterer Durchführung des [X.] zurückverwiesen.

3. Die Erstattung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

Gründe

<[X.]iv class="st-wrapper">

I.

<[X.]iv class="st-section"><[X.]iv class="st-sbs-no">1 <[X.]iv class="st-sbs-txt">

Die Beschwer[X.]eführerin ist [X.]ie Anmel[X.]erin [X.]er Gebrauchsmusteranmel[X.]ung 21 2019 000 503 mit [X.]er Bezeichnung „[X.] Stahlkonstruktionsgebäu[X.]e“, [X.]eren internationales Anmel[X.]e[X.]atum [X.]er 23. August 2019 ist. Die Anmel[X.]ung ist im Wege [X.]er Nationalisierung aus [X.]er in [X.] eingereichten, internationalen Anmel[X.]ung [X.]/[X.]/102100 (veröffentlicht als [X.]/232858 [X.]) hervorgegangen. Die internationale Anmel[X.]ung umfasst insgesamt zehn Patentansprüche, von [X.]enen [X.]ie Ansprüche 8, 9 un[X.] 10 auf ein Verfahren zur Errichtung eines Gebäu[X.]es gerichtet sin[X.]. Die nationale Phase hat [X.]ie Anmel[X.]erin am 5. Oktober 2021 beim [X.] ([X.]) eingeleitet, in[X.]em sie [X.]ie internationale Anmel[X.]ung als Gebrauchsmusteranmel[X.]ung weitergeführt hat, wobei in [X.]er [X.] Übersetzung [X.]er Unterlagen [X.]ie [X.], 9 un[X.] 10 ausgespart waren. [X.] [X.]es [X.] hat hierauf ohne weiteren Schriftverkehr mit Beschei[X.] vom 26. Januar 2022, [X.]er [X.]em anwaltlichen Vertreter [X.]er Anmel[X.]erin formlos in Papierform zugesan[X.]t wur[X.]e, Folgen[X.]es mitgeteilt:

<[X.]iv class="st-section"><[X.]iv class="st-sbs-no">2 <[X.]iv class="st-sbs-txt">

„Die Wirkung Ihrer [X.] ist für [X.]en Bestimmungsstaat [X.] gemäß Art. 39 Absatz 2 [X.] nicht eingetreten, [X.]a innerhalb [X.]er Frist von 30 Monaten seit [X.]em Anmel[X.]e- bzw. [X.] [X.]ie [X.] Übersetzung nicht eingereicht wur[X.]e.

<[X.]iv class="st-section"><[X.]iv class="st-sbs-no">3 <[X.]iv class="st-sbs-txt">

Das Verfahren vor [X.]em [X.] ist [X.]amit been[X.]et.“

<[X.]iv class="st-section"><[X.]iv class="st-sbs-no">4 <[X.]iv class="st-sbs-txt">

[X.] ist [X.]er Sachbearbeiter, [X.]er [X.]en Beschei[X.] verfasst hat, namentlich genannt. Der Beschei[X.] trägt ferner ein aufge[X.]rucktes Siegel [X.]es [X.] sowie in Verbin[X.]ung [X.]amit [X.]en Hinweis, [X.]ass „[X.]ieses Dokument … elektronisch erstellt (wur[X.]e) un[X.] … ohne Unterschrift gültig (ist).“

<[X.]iv class="st-section"><[X.]iv class="st-sbs-no">5 <[X.]iv class="st-sbs-txt">

Infolge [X.]es Beschei[X.]es fan[X.] am 2. März 2022 ein Telefongespräch zwischen [X.]em anwaltlichen Vertreter [X.]er Anmel[X.]erin un[X.] [X.]em im Beschei[X.] genannten Sachbearbeiter [X.]er Gebrauchsmusterstelle statt. Gemäß [X.]er in [X.]en Akten befin[X.]lichen [X.] hat [X.]er Sachbearbeiter [X.]em anwaltlichen Vertreter erläutert, [X.]ass [X.]ie im Beschei[X.] vom 26. Januar 2022 genannte Rechtsfolge [X.]urch [X.]ie Unvollstän[X.]igkeit [X.]er Übersetzung ausgelöst wor[X.]en sei. Um [X.]ie nationale Phase wirksam einleiten zu können, hätte es einer „1:1-Übersetzung“ [X.]er internationalen Anmel[X.]ung be[X.]urft. Es hätten alle Ansprüche, also auch [X.]ie [X.]rei Verfahrensansprüche, übersetzt wer[X.]en müssen. [X.] könne möglicherweise ein Wie[X.]ereinsetzungsantrag sein, mit [X.]em eine vollstän[X.]ige Übersetzung nachgereicht wer[X.]e un[X.] eine Klarstellung [X.]es Sachverhalts erfolge.

<[X.]iv class="st-section"><[X.]iv class="st-sbs-no">6 <[X.]iv class="st-sbs-txt">

Die Anmel[X.]erin hat noch am 2. März 2022 gegen [X.]en Beschei[X.] vom 26. Januar 2022, [X.]en sie für einen beschwer[X.]efähigen Beschluss hält, Beschwer[X.]e beim [X.] eingelegt un[X.] [X.]ie tarifmäßige Gebühr entrichtet. Ihrer Beschwer[X.]e hat sie als Anlage [X.] 3 eine vollstän[X.]ige, also auch [X.]ie Ansprüche 8 bis 10 umfassen[X.]e, Übersetzung [X.]er internationalen Anmel[X.]ung beigefügt. Zusätzlich hat sie mit Eingabe vom 29. März 2022 einen Wie[X.]ereinsetzungsantrag gestellt.

<[X.]iv class="st-section"><[X.]iv class="st-sbs-no">7 <[X.]iv class="st-sbs-txt">

Die Anmel[X.]erin hat (sinngemäß) beantragt,

<[X.]iv class="st-section"><[X.]iv class="st-sbs-no">8 <[X.]iv class="st-sbs-txt">

1. [X.]en Beschluss [X.]er Gebrauchsmusterstelle [X.]es [X.]s vom 26. Januar 2022, [X.]er in Form [X.]es Beschei[X.]es vom 26. Januar 2022 ergangen ist, wonach „[X.]ie Wirkung ([X.]er) [X.] für [X.]en Bestimmungsstaat [X.] gemäß Art. 39 Absatz 2 [X.] nicht eingetreten (ist)“, aufzuheben, un[X.]

<[X.]iv class="st-section"><[X.]iv class="st-sbs-no">9 <[X.]iv class="st-sbs-txt">

2. ihr hilfsweise Wie[X.]ereinsetzung in [X.]ie 30-monatige Frist gemäß Art. 22 Abs. 1 [X.] zur Übermittlung einer Übersetzung [X.]er Anmel[X.]ung zu gewähren.

<[X.]iv class="st-section"><[X.]iv class="st-sbs-no">10 <[X.]iv class="st-sbs-txt">

Die Anmel[X.]erin hat im Wesentlichen vorgetragen, [X.]ass selbst [X.]ann, wenn [X.]ie Übersetzung unvollstän[X.]ig gewesen wäre, [X.]ieser Mangel nicht zum Verlust [X.]er Anmel[X.]ung hätte führen können. Nach [X.]er einschlägigen Rechtsprechung [X.]es [X.] ([X.]), [X.]ie zu § 35a [X.] ergangen sei, gelte eine Anmel[X.]ung nur [X.]ann als zurückgenommen, wenn [X.]ie Auslassungen solche Angaben beträfen, [X.]ie für [X.]ie Zuerkennung eines Anmel[X.]etags notwen[X.]ig seien. Der Umstan[X.], [X.]ass [X.]ie Verfahrensansprüche nicht übersetzt wor[X.]en seien, sei [X.]agegen nicht als ein solcher, gravieren[X.]er Mangel [X.]er Übersetzung anzusehen. Im Übrigen sei zu be[X.]enken, [X.]ass [X.]ie Verfahrensansprüche für [X.]ie Eintragung eines Gebrauchsmusters ohnehin zu streichen gewesen seien. Falls [X.]ie Anmel[X.]erin [X.]ie Streichung nicht selbst vorgenommen hätte, wäre sie hierzu irgen[X.]wann von [X.]er Gebrauchsmusterstelle aufgefor[X.]ert wor[X.]en.

<[X.]iv class="st-section"><[X.]iv class="st-sbs-no">11 <[X.]iv class="st-sbs-txt">

Der Leiter [X.]er Gebrauchsmusterstelle hat keine Veranlassung gesehen, [X.]er Beschwer[X.]e abzuhelfen o[X.]er über [X.]en Antrag auf Wie[X.]ereinsetzung zu entschei[X.]en, son[X.]ern [X.]ie Beschwer[X.]e mit Verfügung vom 6. April 2022 [X.]em [X.] zur Entschei[X.]ung vorgelegt.

<[X.]iv class="st-section"><[X.]iv class="st-sbs-no">12 <[X.]iv class="st-sbs-txt">

Wegen [X.]er weiteren Einzelheiten [X.]es Verfahrens wir[X.] auf [X.]en Inhalt [X.]er Akten Bezug genommen.

II.

<[X.]iv class="st-section"><[X.]iv class="st-sbs-no">13 <[X.]iv class="st-sbs-txt">

Die Beschwer[X.]e ist zulässig un[X.] begrün[X.]et. Sie führt gemäß §18 Abs.2 [X.] iVm § 79 Abs. 3 Nr. 2 [X.] zur Aufhebung [X.]es angefochtenen Beschlusses un[X.] zur Zurückverweisung [X.]er Sache an [X.]as [X.], weil [X.]as patentamtliche Verfahren an einem wesentlichen Mangel lei[X.]et.

<[X.]iv class="st-section"><[X.]iv class="st-sbs-no">14 <[X.]iv class="st-sbs-txt">

1. Zulässigkeit [X.]er Beschwer[X.]e

<[X.]iv class="st-section"><[X.]iv class="st-sbs-no">15 <[X.]iv class="st-sbs-txt">

Die Beschwer[X.]e ist statthaft. Zwar richtet sich [X.]ie Beschwer[X.]e gegen einen Akt, [X.]er in [X.]er Form eines Beschei[X.]es [X.]er Gebrauchsmusterstelle vom 26. Januar 2022 ergangen ist. In [X.]er Sache han[X.]elt es sich hierbei aber um einen rechtsbehelfsfähigen Beschluss.

<[X.]iv class="st-section"><[X.]iv class="st-sbs-no">16 <[X.]iv class="st-sbs-txt">

Ein Beschluss liegt [X.]ann vor, wenn eine „Benachrichtigung“, „[X.]eilung“, „Verfügung“ usw. [X.]es [X.] einerseits als abschließen[X.]e Regelung verstan[X.]en wer[X.]en muss un[X.] [X.]iese Verlautbarung an[X.]ererseits auch in formeller Hinsicht [X.]en Min[X.]estanfor[X.]erungen an einen Beschluss erfüllt, in[X.]em sie [X.]ie han[X.]eln[X.]e Person nennt, von [X.]ieser unterschrieben ist o[X.]er in gleicher Weise [X.]ie Gewähr bietet, eine willentlich abgegebene, amtliche Äußerung zu sein (vgl. [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 73 Rn. 27 ff.; B[X.] BlPMZ 2014, 140, 141 - „Formularmäßige [X.]eilung II“). Diese Voraussetzungen sin[X.] hier ohne weiteres gegeben.

<[X.]iv class="st-section"><[X.]iv class="st-sbs-no">17 <[X.]iv class="st-sbs-txt">

Der in Re[X.]e stehen[X.]e Beschei[X.] stellt [X.]ie für [X.]ie Anmel[X.]erin nachteilige Rechtsfolge fest, [X.]ass ihr Anmel[X.]everfahren vor [X.]em [X.] been[X.]et sei, [X.]a sie [X.]ie gefor[X.]erte Übersetzung nicht eingereicht habe. Eine [X.]erartige Feststellung wir[X.] zu Recht als so schwerwiegen[X.] angesehen, [X.]ass sie stets auch Gegenstan[X.] eines patentamtlichen Beschlusses sein könnte (vgl. [X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., § 4b Rn. 15). Der Beschei[X.] erweckt in gleicher Weise [X.]en Ein[X.]ruck, eine abschließen[X.]e Regelung zu sein. Er greift nicht le[X.]iglich auf [X.]ie Wie[X.]ergabe eines stan[X.]ar[X.]isierten Textes zurück. Der Beschei[X.] enthält vielmehr eine auf [X.]en konkreten Einzelfall zugeschnittene Bewertung [X.]urch einen namentlich im Beschei[X.] genannten Sachbearbeiter [X.]er Gebrauchsmusterstelle. Dieser ist offensichtlich in [X.]er Annahme einer aus § 2 Abs. 1 Nr. 1 c), [X.]) o[X.]er e) [X.] folgen[X.]en, funktionellen Zustän[X.]igkeit tätig gewor[X.]en un[X.] hat unter Heranziehung einer - seiner Meinung nach - einschlägigen Norm [X.]es [X.] bewusst [X.]ie hier in Re[X.]e stehen[X.]e, abschießen[X.]e Feststellung getroffen.

<[X.]iv class="st-section"><[X.]iv class="st-sbs-no">18 <[X.]iv class="st-sbs-txt">

An [X.]em Beschlusscharakter [X.]es Beschei[X.]es än[X.]ert sich nichts [X.]a[X.]urch, [X.]ass [X.]er Sachbearbeiter [X.]er Gebrauchsmusterstelle hier [X.]as Format eines Beschei[X.]es nach § 20 Abs. 3 [X.]V gewählt hat, [X.]as an sich für eine „Formlose [X.]eilung“ vorgesehen ist. Der am En[X.]e [X.]es Beschei[X.]es angebrachte Hinweis, [X.]ass [X.]er Beschei[X.] elektronisch erstellt un[X.] ohne Unterschrift gültig sei, unterstreicht sogar [X.]en Regelungs- un[X.] [X.]amit in [X.]er Sache [X.]en Beschlusscharakter [X.]es Beschei[X.]es. Dass [X.]er Sachbearbeiter auch selbst vom Regelungscharakter seines Beschei[X.]es ausgegangen ist, zeigt seine o. g. Äußerung im Telefongespräch vom 2. März 2022. Erst recht konnte un[X.] [X.]urfte [X.]ie Anmel[X.]erin nach alle[X.]em [X.]avon ausgehen, [X.]ass es sich bei [X.]em Beschei[X.] um einen Beschluss mit Regelungscharakter han[X.]elt. Mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG kann es [X.]eshalb im Einzelfall geboten sein, [X.]ass schriftliche Verlautbarungen [X.]es [X.] auch [X.]ann mit [X.]em für Beschlüsse vorgesehenen Rechtsbehelf [X.]er Beschwer[X.]e nach § 18 Abs. 1 [X.] angefochten je[X.]enfalls [X.]ann wer[X.]en können, wenn [X.]iese eine aus Sicht [X.]es A[X.]ressaten abschließen[X.]e Regelung bzw. Feststellung einer Rechtsfolge enthalten, obwohl sie vom Prüfer bzw. Sachbearbeiter we[X.]er eigenhän[X.]ig unterschrieben noch elektronisch signiert wor[X.]en sin[X.] (in Abgrenzung von B[X.], Beschluss vom 26. August 2013 - 10 W (pat) 25/12, [X.]. 2014, 140, 141 - „Formularmäßige [X.]eilung II“).

<[X.]iv class="st-section"><[X.]iv class="st-sbs-no">19 <[X.]iv class="st-sbs-txt">

2. Begrün[X.]etheit [X.]er Beschwer[X.]e

<[X.]iv class="st-section"><[X.]iv class="st-sbs-no">20 <[X.]iv class="st-sbs-txt">

Die Beschwer[X.]e [X.]er Anmel[X.]erin hat auch in [X.]er Sache Erfolg. Der vorliegen[X.]e Beschei[X.] ist rechtswi[X.]rig. Er verletzt [X.]ie Anmel[X.]erin nicht nur in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör, son[X.]ern er ist auch in inhaltlicher Hinsicht unzutreffen[X.].

<[X.]iv class="st-section"><[X.]iv class="st-sbs-no">21 <[X.]iv class="st-sbs-txt">

a) Die Anmel[X.]erin hatte einen Anspruch [X.]arauf, vor [X.]em Erlass [X.]es Beschei[X.]es vom 26. Januar 2022 von [X.]er Gebrauchsmusterstelle wegen möglicher Mängel [X.]er Übersetzung gehört zu wer[X.]en. Da [X.]ie Gebrauchsmusterstelle, wie ausgeführt, offenkun[X.]ig eine Entschei[X.]ung mit Regelungscharakter treffen wollte, hätte [X.]er Anmel[X.]erin zuvor unter angemessener Fristsetzung eine Gelegenheit zur Stellungnahme geben müssen. Das [X.] muss einen Anmel[X.]er frühzeitig [X.]arüber in Kenntnis setzen, wenn es eine Übersetzung iSv Art. 39 Abs. 1 [X.] o[X.]er Art. 22 Abs. 1 [X.] für nicht eingereicht hält un[X.] [X.]eshalb [X.]ie Wirkung einer internationalen Anmel[X.]ung nach Art. 39 Abs. 2 [X.] bzw. Art. 24 Abs. 1 [X.] iii) [X.] für been[X.]et erklären möchte. Der [X.] setzt als selbstverstän[X.]lich gegeben voraus, [X.]ass [X.]ie nationalen Rechtsor[X.]nungen eine Hinweispflicht vorsehen. Dies folgt nicht zuletzt auch aus Regel 49.6 AusfO[X.], [X.]ie [X.]ie Vertragsstaaten [X.]azu verpflichtet, [X.]ie Möglichkeit eines Wie[X.]ereinsetzungsverfahrens zu regeln. Ferner muss bei auswärtigen Verfahrensbeteiligten [X.]ie Äußerungsfrist min[X.]estens zwei Monate betragen, wie sich aus Art. 27 Abs. 1 [X.] iVm § 18 Abs. 1 Satz 1 [X.]V ergibt.

<[X.]iv class="st-section"><[X.]iv class="st-sbs-no">22 <[X.]iv class="st-sbs-txt">

b) Die Wirkung [X.]er internationalen Anmel[X.]ung für [X.] ist nicht been[X.]et wor[X.]en. Die am 5. Oktober 2021 beim [X.] eingereichte Übersetzung hat unter keinen Umstän[X.]en zu einer solchen Been[X.]igung geführt.

<[X.]iv class="st-section"><[X.]iv class="st-sbs-no">23 <[X.]iv class="st-sbs-txt">

b1) Der hier in Re[X.]e stehen[X.]e Beschei[X.] ist in unzutreffen[X.]er Weise auf [X.]ie Regelung [X.]es Art. 39 Abs. 2 [X.] gestützt. Es trifft zwar zu, [X.]ass [X.]ie von [X.]er Gebrauchsmusterstelle angenommene Rechtsfolge, wonach [X.]ie Wirkung einer internationalen Anmel[X.]ung („[X.]“) für [X.]en Bestimmungsstaat [X.] als nicht eingetreten gilt, [X.]ort geregelt ist. Art. 39 Abs. 2 [X.] betrifft aber nicht [X.]ie Übersetzung, [X.]ie zum Eintritt in [X.]ie nationale Phase bei einem Bestimmungsamt einzureichen ist, son[X.]ern bezieht sich auf eine solche Übersetzung, [X.]ie für einen Antrag auf internationale vorläufige Prüfung nach Art. 31 [X.] benötigt wir[X.]. Art. 39 Abs. 2 [X.] regelt ausschließlich [X.]ie Rücknahmefiktion für [X.]en Fall, [X.]ass eine solche Übersetzung nicht eingereicht wor[X.]en ist, [X.]ie [X.]em [X.] als sogenanntes ausgewähltes Amt iSv Art. [X.] § 6 IntPatÜG zu übermitteln gewesen wäre, was hier aber offensichtlich neben [X.]er Sache liegt.

<[X.]iv class="st-section"><[X.]iv class="st-sbs-no">24 <[X.]iv class="st-sbs-txt">

b2) Die hier einschlägige Regelung befin[X.]et sich in Art. 24 Abs. 1 iii) [X.] iVm Art. 22 Abs. 1 [X.], wonach [X.]ie Wirkung einer internationalen Anmel[X.]ung für [X.]ie Bun[X.]esrepublik [X.] [X.]ann en[X.]et, wenn [X.]ie im Falle einer Nationalisierung einer internationalen Anmel[X.]ung beim [X.] (als Bestimmungsamt) nach Art. [X.] § 4 Abs. 2 [X.] einzureichen[X.]e Übersetzung [X.]ieser Anmel[X.]ung nicht innerhalb von 30 Monaten (31 Monate seit [X.]) nach [X.]em Anmel[X.]e- o[X.]er [X.] eingegangen ist. Für [X.]iesen Fall or[X.]net Art. 24 Abs. 1 iii) [X.] an, [X.]ass [X.]ie internationale Anmel[X.]ung so zu behan[X.]eln sei, wie eine beim [X.] eingereichte, nationale Anmel[X.]ung, zu [X.]er [X.]ie Zurücknahme erklärt wor[X.]en ist. Aller[X.]ings gibt es im vorliegen[X.]en Fall keinerlei Grun[X.] für [X.]ie Annahme, [X.]ass [X.]ie am 5. Oktober 2021 beim [X.] eingereichte Übersetzung so mangelhaft gewesen ist, [X.]ass sie [X.]ie in Art. 24 Abs. 1 iii) [X.] angeor[X.]nete [X.] ausgelöst hätte.

<[X.]iv class="st-section"><[X.]iv class="st-sbs-no">25 <[X.]iv class="st-sbs-txt">

b2a) Eine Übersetzung iSv Art. 22 Abs. 1 [X.] iVm Art. [X.] § 4 Abs. 2 [X.] muss [X.]ie Patentansprüche in [X.]er ursprünglich eingereichten Fassung enthalten. Dies folgt aus Regel 49.5 a) AusfO[X.] (vgl. auch: [X.], [X.] in [X.]er Praxis, 4. Aufl., [X.], Rn. 975). Eine Än[X.]erung [X.]er Ansprüche währen[X.] [X.]er internationalen Phase führt [X.] nicht etwa [X.]azu, [X.]ass nur noch [X.]iese geän[X.]erte Fassung zu übersetzen wäre; vielmehr wir[X.] in [X.]iesem Falle [X.]urch Regel 49.5 a) ii) AusfO[X.] bestimmt, [X.]ass [X.]as Bestimmungsamt vom Anmel[X.]er zusätzlich eine neue Übersetzung [X.]er Ansprüche verlangen kann. Die Übersetzung [X.]ient zwar in erster Linie als verbin[X.]liche Fassung un[X.] [X.]amit als Arbeitsgrun[X.]lage für [X.]as Eintragungsverfahren (vgl. [X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., § 4b Rn. 16); sie ist aber - nicht zuletzt auch - wegen eines sich später ggf. anschließen[X.]en Löschungsverfahrens - un[X.] mit Blick auf [X.]en Katalog aller Löschungsgrün[X.]e - so anzufertigen, [X.]ass sie inhaltlich [X.]en [X.] [X.]er insoweit weiterhin maßgeblichen, frem[X.]sprachigen Anmel[X.]eunterlagen möglichst vollstän[X.]ig abzubil[X.]en vermag. Insoweit trifft also [X.]ie Auffassung [X.]er Gebrauchsmusterstelle zwar grun[X.]sätzlich zu, wonach [X.]as Übersetzungserfor[X.]ernis [X.]ie Einreichung einer „1:1-Übersetzung“ [X.]er internationalen Anmel[X.]ung gebietet, währen[X.] [X.]er Einwan[X.] [X.]er Anmel[X.]erin, [X.]ass [X.]ie Übersetzung [X.]er [X.] bis 10 mangels Eintragungsfähigkeit entbehrlich gewesen sei, zu keiner an[X.]eren Sichtweise führen kann.

<[X.]iv class="st-section"><[X.]iv class="st-sbs-no">26 <[X.]iv class="st-sbs-txt">

b2b) Die Beurteilung, welche Rechtsfolge eine Übersetzung iSv Art. 22 Abs. 1 [X.] iVm Art. [X.] § 4 Abs. 2 [X.] auslöst, wenn [X.]iese mangelhaft o[X.]er unvollstän[X.]ig ist, richtet sich nach [X.]er Rechtsor[X.]nung [X.]es jeweiligen Bestimmungsstaates - hier also nach [X.]m Patent- un[X.] Gebrauchsmusterrecht.

<[X.]iv class="st-section"><[X.]iv class="st-sbs-no">27 <[X.]iv class="st-sbs-txt">

Dies folgt aus Art. 27 Abs. 1 [X.]. Danach haben [X.]ie Reglungen [X.]es [X.] un[X.] [X.]ie seiner Ausführungsor[X.]nung zwar grun[X.]sätzlich gegenüber [X.]em nationalen Recht Vorrang (vgl. hierzu allgemein: Hübenett, GRUR Int. 2000, 745, 746; Busse/Keukenschrijver, [X.], 9. Aufl., Art. [X.] § 4 [X.] Rn. 7). Sie ver[X.]rängen aber nationales Recht nicht [X.]ort, wo [X.]essen Vorgaben nicht strenger sin[X.] als [X.]ie im [X.] bzw. seiner Ausführungsor[X.]nung geregelten Erfor[X.]ernisse. Ferner wir[X.] [X.]urch Art. 26 [X.] [X.]er allgemeine Grun[X.]satz festgeschrieben, [X.]ass [X.]ie [X.] internationale Anmel[X.]ungen nicht „schlechter“ behan[X.]eln [X.]ürfen als nationale Anmel[X.]ungen.

<[X.]iv class="st-section"><[X.]iv class="st-sbs-no">28 <[X.]iv class="st-sbs-txt">

b2c) Im vorliegen[X.]en Zusammenhang ist somit [X.]ie Rechtsprechung [X.]es [X.] heranzuziehen, wonach [X.]ie Zuerkennung eines Anmel[X.]etages bei einer in frem[X.]er Sprache eingereichten, nationalen Patentanmel[X.]ung grun[X.]sätzlich nicht [X.]aran scheitert, [X.]ass [X.]ie nach § 35 [X.] a. F. einzureichen[X.]e Übersetzung etwaige Auslassungen o[X.]er einen unzutreffen[X.]en Inhalt aufweist (vgl. [X.], 91, 92 - „Polieren[X.]punktbestimmung“). Diese Rechtsprechung gilt ohne Einschränkung weiter, unabhängig [X.]avon, [X.]ass [X.]as Übersetzungserfor[X.]ernis zwischenzeitlich [X.]urch [X.]ie Schaffung [X.]er Regelungen [X.]es § 35a [X.] un[X.] § 4b [X.] neu gefasst wor[X.]en ist (vgl. [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 35a Rn. 11 f; [X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., § 4b Rn. 20). Die [X.] - nunmehr nach § 35a Abs. 1 Satz 2 [X.] - wir[X.] [X.]ann nicht ausgelöst, wenn [X.]ie übersetzten Bestan[X.]teile (für sich betrachtet) noch ausreichen[X.] wären, um [X.]ie Min[X.]estanfor[X.]erungen für [X.]ie Zuerkennung eines Anmel[X.]etages, wie sie in § 4a Abs. 1 [X.] (§ 35 Abs. 1 [X.]) bestimmt sin[X.], zu erfüllen. Vorliegen[X.] wäre somit [X.]ie [X.] selbst [X.]ann nicht ausgelöst wor[X.]en, wenn sämtliche Ansprüche in [X.]er Übersetzung gefehlt hätten (vgl. [X.] a. a. O.).

<[X.]iv class="st-section"><[X.]iv class="st-sbs-no">29 <[X.]iv class="st-sbs-txt">

b3) Der beschwer[X.]egegenstän[X.]liche Beschei[X.] lässt in keiner Weise erkennen, weshalb [X.]ie Gebrauchsmusterstelle [X.]ie oben genannte [X.]-Rechtsprechung nicht berücksichtigt hat. Diese Rechtsprechung wir[X.] seit Jahren in [X.]er einschlägigen Kommentarliteratur rezipiert (vgl. Busse/Keukenschrijver, [X.], 8. Aufl., § 4a [X.] Rn. 5, § 35a [X.] Rn. 12; [X.]/Pantze, [X.], 2. Aufl., § 4b Rn. 3; Eisenrauch in: [X.]/[X.]/Bo[X.]ewig, PatRKomm, 4. Aufl., [X.] § 4a [X.] Rn. 4 f.). [X.] hätte somit wissen müssen, [X.]ass es sich bei [X.]er am 5. Oktober 2021 zur Einleitung [X.]er nationalen Phase eingereichten Übersetzung keinesfalls um eine solche han[X.]eln konnte, [X.]ie [X.]ie in Art. 24 Abs. 1 iii) [X.] angeor[X.]nete [X.] auszulösen vermochte. Nach[X.]em eine vollstän[X.]ige Übersetzung [X.]er internationalen Anmel[X.]ung bereits mit [X.]er Beschwer[X.]e als Anlage [X.] 3 miteingereicht wor[X.]en war, hätte zu[X.]em [X.]ie Leitung [X.]er Gebrauchsmusterstelle [X.]en Beschei[X.] vom 26. Januar 2022 kassieren un[X.] [X.]er Beschwer[X.]e gemäß §18 Abs.2 [X.] iVm § 73 Abs. 3 Satz 1 [X.] unverzüglich abhelfen können - un[X.] letztlich auch müssen, [X.]a [X.]ies [X.]ie zwingen[X.] gebotene Entschei[X.]ung gewesen wäre (vgl. oben).

<[X.]iv class="st-section"><[X.]iv class="st-sbs-no">30 <[X.]iv class="st-sbs-txt">

Darüber hinaus muss beachtet wer[X.]en, [X.]ass selbst auf [X.]er Grun[X.]lage [X.]er irrigen Annahme [X.]er Gebrauchsmusterstelle, [X.]ie [X.] sei ausgelöst wor[X.]en, kein Raum für [X.]ie Verfügung vom 6. April 2022 war, mit [X.]er [X.]ie Leitung [X.]er Gebrauchsmusterstelle [X.]er Beschwer[X.]e nicht abgeholfen, son[X.]ern [X.]iese [X.]em [X.] zur Entschei[X.]ung vorgelegt hat. [X.] hätte [X.]ie bis [X.]ahin verstrichene [X.] zur Entschei[X.]ung über [X.]en zusätzlich von [X.]er Anmel[X.]erin gestellten Wie[X.]ereinsetzungsantrag nutzen können - un[X.] ebenfalls müssen. Der Wie[X.]ereinsetzungsantrag war - selbst gemäß [X.]er unzutreffen[X.]en Rechtsauffassung [X.]er Gebrauchsmusterstelle - vorgreiflich [X.]urch [X.]ie Gebrauchsmusterstelle zu beschei[X.]en, [X.]a [X.]er Beschwer[X.]e je[X.]enfalls im Falle einer Wie[X.]ereinsetzung [X.]er Anmel[X.]erin [X.]ie Grun[X.]lage entzogen wor[X.]en un[X.] eine an[X.]ere Entschei[X.]ung notwen[X.]ig gewor[X.]en wäre.

<[X.]iv class="st-section"><[X.]iv class="st-sbs-no">31 <[X.]iv class="st-sbs-txt">

3. Nach[X.]em [X.]ie Anmel[X.]erin [X.]ie Frist zur Übermittlung [X.]er Übersetzung [X.]er internationalen Anmel[X.]ung gemäß Art. 22 Abs. 1 [X.] nicht versäumt hat, kommt es auf ihren hilfsweise gestellten Wie[X.]ereinsetzungsantrag je[X.]och nicht mehr an.

<[X.]iv class="st-section"><[X.]iv class="st-sbs-no">32 <[X.]iv class="st-sbs-txt">

[X.] [X.]es [X.] wir[X.] nunmehr [X.]as Eintragungsverfahren weiterführen. Hierbei wir[X.] sie [X.]ie Regelung [X.]es § 3 Abs. 2 Satz 2 PatKostG zu beachten haben, wonach [X.]ie erste Aufrechterhaltungsgebühr nicht vor Eintragung eines Gebrauchsmusters fällig wir[X.].

<[X.]iv class="st-section"><[X.]iv class="st-sbs-no">33 <[X.]iv class="st-sbs-txt">

4. Die Anor[X.]nung [X.]er Rückzahlung [X.]er Beschwer[X.]egebühr beruht auf §18 Abs.2 [X.] iVm § 80 Abs. 3 [X.]. Danach ist [X.]ie Rückzahlung anzuor[X.]nen, wenn [X.]ies [X.]er Billigkeit entspricht. So liegt [X.]er Fall hier. Der angefochtene Beschluss erging unter Verletzung [X.]es Anspruchs auf rechtliches Gehör, wobei [X.]ieser Verfahrensfehler überaus schwerwiegen[X.] un[X.] für [X.]ie Erhebung [X.]er Beschwer[X.]e offensichtlich ursächlich war.

Meta

35 W (pat) 4/22

22.12.2022

Bundespatentgericht 35. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 4a GebrMG, § 4 GebrMG, Art III § 4 Abs 2 IntPatÜbkG, Art 24 Abs 1 Buchst iii PCT, Art 22 Abs 1 PCT

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 22.12.2022, Az. 35 W (pat) 4/22 (REWIS RS 2022, 8849)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 8849

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