Bundespatentgericht, Beschluss vom 19.10.2017, Az. 7 W (pat) 13/17

7. Senat | REWIS RS 2017, 3627

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Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung...

Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren

hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des [X.] am 19. Oktober 2017 durch [X.], die Richterin [X.] und die Richterin Dr. Schnurr

beschlossen:

Der Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

[X.]er Patentanmelder begehrt Verfahrenskostenhilfe für die [X.]urchführung des Beschwerdeverfahrens wegen einer Prüferablehnung.

2

Am 2. [X.]ezember 2014 meldete er beim [X.] ([X.]) unter dem Aktenzeichen ... einen ... zum Patent an, stellte [X.] und beantragte Verfahrenskostenhilfe für das Anmelde- und Prüfungsverfahren. Zugleich kündigte er die Einreichung einer erweiterten Beschreibung an.

3

Unter dem 11. [X.]ezember 2014 teilte der Anmelder mit, er ersetze nunmehr die am 2. [X.]ezember 2014 eingereichte Kurzfassung der Patentbeschreibung durch die angefügte ausführliche Beschreibung.

4

Als Reaktion auf weitere Eingaben des Anmelders vom 9. und 29. [X.]ezember 2014 forderte die durch den Prüfer [X.] vertretene [X.] des Patentamts den Anmelder mit [X.] vom 24. Februar 2015 auf mitzuteilen, ob er das Anmeldedatum „2. [X.]ezember 2014“ mit der Folge beibehalten wolle, dass die am 11. [X.]ezember 2014 eingereichten Unterlagen unberücksichtigt blieben, oder ob eine Verschiebung des Anmeldetages auf den 11. [X.]ezember 2014 beabsichtigt sei.

5

Mit Eingabe vom 26. März 2015 erklärte der Anmelder die erneute Ergänzung seiner Patentbeschreibung vom 11. [X.]ezember 2014 um einen weiteren Absatz. Zugleich vertrat er die Ansicht, es bestehe die Möglichkeit, zusätzlich zur Erstanmeldung vom 2. [X.]ezember 2014 Schutz für eine Zweitanmeldung vom 11. [X.]ezember 2014 zu beanspruchen, welche die innere Priorität der Erstanmeldung in Anspruch nehme. Außerdem könne er das Patent auch teilen. Sicherheitshalber erstrecke er seinen [X.] auf die Anmelde-, Prüfungs- und Jahresgebühren für beide Anmeldungen.

6

In dem nun folgenden Schriftwechsel wiederholte die durch den Prüfer [X.]- … vertretene [X.] ihre an den Anmelder gerichtete Aufforderung, sich verbindlich zum Anmeldetag zu erklären, und ergänzte diese um rechtliche Ausführungen zu den Erfolgsaussichten des [X.]s in Zusammenhang mit der Festlegung des Anmeldetages und der Teilung, während der Anmelder seinen [X.] auf seine Nachanmeldung vom 26. März 2015 erstreckte, zusätzliche Anmeldeformulare zur Akte reichte, den Ausführungen des Prüfers in der Sache widersprach und seinerseits weiteren Ausführungen der [X.] entgegensah. So folgten auf den [X.] der [X.] vom 1. April 2015 Eingaben des Anmelders vom 7. und 19. Mai 2015, eine Erwiderung der [X.] vom 26. Mai 2015, Telefonate zwischen dem Anmelder und dem Prüfer [X.] am 11. und 15. Juni 2015, eine schriftliche Eingabe des Anmelders vom 15. Juni 2015 und ein [X.] der [X.] vom 10. Juli 2015. [X.]em folgten Eingaben des Anmelders vom 19. und 28. August 2015. Nachdem sie sich am 28. September 2015 zu einem Fristverlängerungsantrag des Anmelders geäußert hatte, bewilligte die durch Prüfer [X.] vertretene [X.] unter dem 27. Oktober 2015 schließlich Verfahrenskostenhilfe auf der Grundlage der am 2. [X.]ezember 2014 beim Patentamt eingegangenen Unterlagen sowie der am 11. [X.]ezember 2014 eingegangenen Ergänzung der Beschreibung.

7

Nach einer [X.]eilung über die Einleitung des Prüfungsverfahrens vom 29. Oktober 2015 bemängelte die durch den Prüfer [X.]r. G… vertretene Prüfungsstelle für Klasse H02H des Patentamts im Rahmen der Offenkundigkeitsprüfung mit Bescheid vom 30. Oktober 2015, dass die am 11. [X.]ezember 2014 eingereichten Anmeldungsunterlagen Änderungen enthielten, die den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung unzulässig erweiterten. [X.]em Anmelder wurde anheimgestellt, entweder unter Beibehaltung des ursprünglichen Anmeldetages das Verfahren mit den bisher gültigen Unterlagen fortzusetzen oder mit den erweiterten Unterlagen einen separaten Patenterteilungsantrag zu stellen. In seinen Eingaben vom 1. und 20. [X.]ezember 2015 sowie vom 15. und 17. Januar 2016 bezog der Anmelder hierzu Stellung und bat um eine Einschätzung des Patentamts zu seinem insgesamt drei Patentanmeldungen betreffenden Begehren. [X.]ie durch Prüfer [X.]r. G… vertretene Prüfungsstelle bewilligte die vom Anmelder begehrten Fristverlängerungen mit Verfügungen vom 14. [X.]ezember 2015 und vom 19. Januar 2016.

8

Mit Eingabe vom 16. April 2016 lehnte der Anmelder die Prüfer [X.] und [X.]r. G… wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Zur Begründung schilderte er den bisherigen Verfahrensablauf und monierte, dass sich die Prüfer fortgesetzt weigerten, sich mit seinen Rechtsausführungen zur inneren Priorität und zu den Nachanmeldungen auseinanderzusetzen.

9

Anlässlich der Erstellung der [X.] äußerten sich die nun durch Frau F... vertretene Prüfungsstelle für Klasse H02H am 21. April 2016 sowie die nun durch Frau [X.] vertretene [X.] mit Bescheid vom 4. Mai 2016 zur Sache. Als Reaktion hierauf verwies der Anmelder am 2. Mai 2016 auf seine bereits gestellten Patenterteilungsanträge und bat um Bescheidung seiner Fristverlängerungsgesuche. [X.]araufhin gewährte der Prüfer [X.]r. G… dem Anmelder am 11. Mai 2016 Fristverlängerung bis zum 1. August 2016.

Am 7. Juni 2016 erhob der Anmelder eine Verzögerungsrüge, machte weitere Ausführungen zu Sache und monierte, dass er bislang keine dienstlichen Äußerungen der Prüfer zu seinem Ablehnungsgesuch erhalten habe, was einen weiteren Ablehnungsgrund darstelle.

Unter dem 27. Juni 2016 wies die durch Frau [X.] vertretene [X.] darauf hin, dass der Anmelder den Bescheid vom 4. Mai 2016 trotz umfangreicher Ausführungen nicht beantwortet habe. [X.]ieser erwiderte am 4. August 2016 unter Verweis auf seine bisherigen Ausführungen.

Am 16. September 2016 setzte der Prüfer [X.]r. G… dem Anmelder eine Frist zur abschließenden Stellungnahme zur Erwiderung auf den Bescheid vom 30. Oktober 2015 und kündigte den Erlass eines Zurückweisungsbeschlusses an.

Mit Eingabe vom 23. Oktober 2016 rügte der Anmelder, dass der Prüfer [X.]r. G… ungeachtet seines [X.] mit der Sachbearbeitung fortfahre.

Bezogen auf die vom 28. März 2017 datierenden, ihm mit Bescheid vom 30. März 2017 übersandten dienstlichen Stellungnahmen beider Prüfer, in denen sich diese für nicht befangen erklärten, äußerte der Anmelder am 4. Mai 2017 sein Unverständnis über den bisherigen Verfahrensgang und brachte zum Ausdruck, dass er das Verhalten der Prüfer für strafbar erachte. [X.]as Patentamt habe auf sein Ablehnungsgesuch erst mit erheblicher Verzögerung reagiert. [X.]a der maximale Schutzzeitraum des zu erteilenden Patents mit der Anmeldung zu laufen beginne, entstehe dem Anmelder durch die fortwährende Nichtbearbeitung seiner Anliegen zusätzlich ein Schaden, weil sich die Erteilung des Patents verzögere.

Mit zwei Beschlüssen vom 23. Mai 2017, die dem Anmelder zusammen zugestellt wurden, wies die [X.] 1.37 des Patentamts die [X.] des Anmelders gegen die Prüfer [X.] und [X.]r. G… als unbegründet zurück. In der Begründung ihrer das Ablehnungsgesuch gegen den Prüfer [X.]- … betreffenden Entscheidung hat die [X.] u. a. ausgeführt, eine endgültige Klärung, welche Unterlagen (mit eventueller Verschiebung des [X.]) dem Verfahren zugrunde liegen sollen, sei durch die Prüfungsstelle auf das Prüfungsverfahren verschoben worden. Bis zuletzt sei es dem Prüfer nicht gelungen, vom Anmelder eindeutige Erklärungen zu erhalten. [X.]essen widersprüchliches Vorbringen sei teilweise nicht mit dem [X.] vereinbar gewesen, was den [X.] betreffend zu Interpretationsschwierigkeiten geführt habe. [X.]ass der Prüfer dem Anmelder gleichwohl Verfahrenskostenhilfe bewilligt habe, widerlege in eindeutiger Weise, dass der Prüfer gegenüber dem Anmelder befangen sei.

In der Begründung ihrer das Ablehnungsgesuch gegen den Prüfer [X.]r. G… betreffenden Entscheidung hat die [X.] u. a. ausgeführt, da im Rahmen der [X.] die Prüfung ausschließlich die [X.] Beurteilung der zu prüfenden Patentanmeldung betroffen habe, habe sich keinerlei Hinweis auf eine Befangenheit des Prüfers gegenüber dem Anmelder ergeben.

Gegen diese Entscheidungen hat der Anmelder Beschwerde eingelegt, für die er zugleich Verfahrenskostenhilfe beantragt. Seine Beschwerde begründet er wie folgt: [X.]as Patentamt habe zu Unrecht über beide [X.] in getrennten Beschlüssen entschieden. [X.]ie Prüfer hätten seine Stellungnahmen zur inneren Priorität ignoriert und fortlaufend Fristen verlängert, anstatt sich zur Sache zu äußern. Er habe eine „Wertung seiner Offenbarungen vom 11. [X.]ezember 2014 und vom 26. März 2015 als Nachanmeldungen unter Beanspruchung innerer Priorität zur jeweils vorherigen Anmeldung“ beansprucht und hätte sich einen rechtlichen Hinweis der Prüfer hierzu erwartet. In ihren Stellungnahmen zu seinem Ablehnungsgesuch hätten sie den Sachverhalt jedoch unvollständig und - bezogen auf sein Begehren zur Festlegung des Anmeldetages - auch unzutreffend wiedergegeben. [X.]ie Prüfer hätten die Sachbearbeitung trotz seines [X.] fortgesetzt und sein Gesuch fast ein Jahr lang ignoriert. In den Rechtsmittelbelehrungen der angefochtenen Beschlüsse hätte das Patentamt schließlich einen Hinweis auf die Möglichkeit zur Beantragung von Verfahrenskostenhilfe aufnehmen müssen.

Ergänzend wird auf die Verfahrensakten Bezug genommen.

II.

[X.]em Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe zur [X.]urchführung des Beschwerdeverfahrens kann nicht entsprochen werden, weil die Beschwerde gegen die Entscheidungen über die [X.] des Anmelders keine hinreichenden Erfolgsaussichten hat (§ 130 Abs. 1 Satz 1 [X.] m. § 114 ZPO). [X.]ie Voraussetzungen für eine erfolgreiche Ablehnung der Prüfer [X.] und [X.]r. G… gemäß § 27 Abs. 6 Satz 1 [X.] m. mit den dort für anwendbar bestimmten Regelungen der §§ 41 ff. ZPO sind nicht gegeben.

1. [X.] vom 16. April 2016 gegen den Prüfer [X.] - der vorliegend als das vom Vorsitzenden der [X.] mit der Bearbeitung des [X.]s beauftragte technische Mitglied der Abteilung tätig geworden ist - hat das Patentamt im angefochtenen Beschluss vom 23. Mai 2017 zu Recht zurückgewiesen.

Gemäß § 27 Abs. 6 Satz 1 [X.] m. § 42 Abs. 2 ZPO ist ein Ablehnungsgesuch wegen Besorgnis der Befangenheit begründet, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Prüfers zu rechtfertigen. Nach ständiger Rechtsprechung gehören hierzu nur objektive Gründe, die vom Standpunkt des [X.] aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Prüfer stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber; rein subjektive, unvernünftige Vorstellungen des [X.] scheiden aus (vgl. [X.]/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl., § 42 Rn. 9; [X.]/[X.], ZPO, 37. Aufl., § 42 Rn. 9). Hiervon ausgehend geben die vom Anmelder geltend gemachten Gründe bei objektiver Betrachtung keinen Anlass, an der Unvoreingenommenheit des Prüfers zu zweifeln.

a) Aus dem bisherigen Verlauf des Anmeldeverfahrens ergibt sich kein Ablehnungsgrund. Weder die patentamtlichen [X.]e des Prüfers, noch seine Aktennotizen über Telefonate mit dem Anmelder am 11. und 15. Juni 2015 lassen eine Befangenheit des Prüfers besorgen, die zu dessen Ablehnung führen müsste. Aus ihnen ergeben sich keinerlei Hinweise darauf, dass der Prüfer dem Anmelder nicht das zukommen lassen wollte, was das Recht ihm zugesteht. [X.]ie zahlreichen Rückfragen und Fristverlängerungen des Prüfers sind in sachlichem Ton abgefasst und zeugen im Gegenteil gerade von dem Bemühen, die Einlassungen des Anmelders zutreffend zu interpretieren und von diesem, die Ausgestaltung seiner Anmeldungen betreffend, eine eindeutige Aussage zu erhalten, auf deren Grundlage das Anmelde- und Prüfungsverfahren fortgesetzt werden kann.

b) Unsicherheiten in der Interpretation der Äußerungen des Anmelders und Meinungsverschiedenheiten zwischen Prüfer und Anmelder beruhen in erster Linie auf einer unterschiedlichen inhaltlichen und rechtlichen Bewertung der Patentanmeldungen und einem das Patentrecht betreffenden unterschiedlichen Wissensstand. Nachdem dem Anmelder Verfahrenskostenhilfe für das Anmelde- und Prüfungsverfahren bewilligt worden ist, lässt sich die Frage, ob die inhaltliche und rechtliche Beurteilung der Patentanmeldungen durch einen Prüfer zutrifft oder nicht, ggf. nach Erlass eines beschwerdefähigen Zurückweisungsbeschlusses in dem hierfür vorgesehenen Beschwerdeverfahren gemäß § 73 Abs. 1 [X.] zur Überprüfung stellen. Sie kann allerdings nicht zum Gegenstand des Verfahrens über ein Ablehnungsgesuch gemacht werden. [X.]enn hier steht, anders als im Beschwerdeverfahren betreffend die Zurückweisung der Patentanmeldung, nicht die Prüfung der inhaltlichen Richtigkeit einer Entscheidung im Vordergrund, sondern es soll vielmehr verhindert werden, dass ein Amtsträger, der eine unsachliche innere Einstellung zu den Verfahrensbeteiligten oder zum Gegenstand des konkreten Verfahrens hat und daher begründete Zweifel an seiner Unvoreingenommenheit aufkommen lässt, zur Entscheidung in der Sache berufen ist (vgl. [X.]/Vollkommer, a. a. O., § 42 Rn. 8).

c) Soweit der Anmelder die Untätigkeit des Patentamts rügt, lassen die – von ihm zugleich bemängelten - zahlreichen Rückfragen und Fristverlängerungen des Prüfers [X.] diesen Vorwurf ins Leere laufen. Insoweit ist festzuhalten, dass einem Anmelder, der einen solchen Vorwurf erhebt, grundsätzlich keine förmliche Beschwerdemöglichkeit zur Verfügung steht (vgl. B[X.], Beschluss vom 21. April 2005 – 10 W (pat) 47/04, [X.], 2730), eine festgestellte fortgesetzte Untätigkeit eines Prüfers grundsätzlich geeignet sein kann, ein Ablehnungsgesuch zu begründen (vgl. hierzu [X.]/Vollkommer, a. a. O., § 42 Rn. 24 m. w. N). Von einem Fall unzumutbarer, auf Rechtsverweigerung hinauslaufender Verzögerung kann im hiesigen Anmeldeverfahren jedoch nicht die Rede sein.

aa) Bei Ablehnung des Prüfers [X.] mit Schriftsatz vom 16. April 2016 datierte der letzte Prüfungsbescheid vom 30. Oktober 2015. [X.]ie begehrten Fristverlängerungen des Anmelders waren stets und damals zuletzt bis zum 15. April 2016 bewilligt worden, so dass der Anmelder bei objektiver Betrachtung gerade nicht den Eindruck gewinnen konnte, der Prüfer weigere sich, seinen Sachvortrag zur Kenntnis zu nehmen.

bb) [X.]er weitere Verfahrensgang nach dem 16. April 2016 bis zum Erlass des angefochtenen Beschlusses am 23. Mai 2017 ist von der Ablehnung zweier Prüfer durch den Anmelder geprägt, die sich mit den Unterlagen seiner Anmeldungen vertraut gemacht hatten. [X.]iese Prüfer traf nun die Wartepflicht des § 47 ZPO, die ihnen die Vornahme anderer als unaufschiebbarer Amtshandlungen bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die [X.] untersagte (vgl. zum Umfang der Wartepflicht [X.], 427; [X.]/Vollkommer, a. a. O., § 47 Rn. 1). Bei objektiver Betrachtung waren Verfahrensverzögerungen, die durch die Bearbeitung der [X.] und die [X.] zur Einarbeitung weiterer, sich mit dem Verfahren befassender Prüferinnen und Prüfer entstehen würden, ab diesem [X.]punkt zu erwarten.

cc) Hinzu kommt, dass die Prüfer des Patentamts in mehreren Stellungnahmen, so zuletzt Frau [X.] am 27. Juni 2016 und der Prüfer [X.]r. G… am 16. September 2016, zum Ausdruck gebracht hatten, dass sie vor einer abschließenden Bearbeitung der Patentanmeldung nach wie vor auf eine eindeutige Äußerung des Anmelders zum Anmeldetag warteten, weil ihrer Ansicht nach ein Patent weder allein auf der Grundlage der am 2. [X.]ezember 2014 zur Akte gereichten Unterlagen (vgl. [X.] vom 10. Juli 2015), noch unter zusätzlicher Berücksichtigung der am 11. [X.]ezember 2014 zur Akte gereichten Unterlagen (vgl. das Ergebnis der [X.] vom 30. Oktober 2015) zu erteilen war. Vor diesem Hintergrund wäre dem Anmelder das erstrebte Patent ohne sein weiteres Zutun auch dann nicht - und somit nicht schneller - erteilt worden, wenn zwischen Ablehnungsgesuch und Abgabe der dienstlichen Äußerung des Prüfers [X.] vom 28. März 2017 weniger als nahezu zwölf Monate verstrichen wären. [X.]ieser Umstand ist also für sich genommen für eine Verfahrensverzögerung nicht kausal geworden; weitere, auf ein Verhalten des Prüfers [X.] zurückgehende erhebliche Verfahrensverzögerungen sind nicht ersichtlich. Angesichts dieses Verfahrensgangs konnte der Anmelder also bei objektiver Betrachtung insgesamt nicht den Eindruck gewinnen, der Prüfer [X.] verzögere die Sachbearbeitung, weil er dem Anmelder nicht unvoreingenommen gegenüberstehe.

d) Nach der Rechtsprechung kann zwar auch eine dienstliche Äußerung einen Ablehnungsgrund darstellen, so etwa wenn sie eine unzulängliche oder unsachliche Stellungnahme zu den zum Ablehnungsgesuch führenden Vorgängen oder eine in wesentlichen Punkten falsche Tatsachendarstellung enthält (vgl. [X.]/Vollkommer, a. a. O., § 42 Rn. 24; [X.]/[X.], a. a. O., § 42 Rn. 12). [X.]afür bestehen im Streitfall jedoch ebenfalls keine Anhaltspunkte, denn auch die dienstliche Stellungnahme des Prüfers [X.] vom 28. März 2017 ist in sachlichem Ton verfasst.

e) [X.]em [X.] des Anmelders verhilft auch nicht sein Vortrag zu formellen Mängeln zum Erfolg, mit denen er den angefochtenen Beschluss behaftet sieht. Eine Entscheidung des Patentamts über zwei gegen verschiedene Prüfer gerichtete [X.] in getrennten Beschlüssen ist rechtlich nicht zu beanstanden. Soweit der Anmelder moniert, dass die Rechtsmittelbelehrungen der angefochtenen Beschlüsse keinen Hinweis auf die – nicht zu den Rechtsmitteln zählende - Möglichkeit zur Beantragung von Verfahrenskostenhilfe enthalten hätten, ist dieser - in der Sache unbegründete - Einwand ebenfalls ohne Einfluss auf die Frage, ob die Ablehnung eines Prüfers gem. § 27 Abs. 6 Satz 1 [X.], § 42 Abs. 1 Halbsatz 2, Abs. 2 ZPO möglich ist, weil die Besorgnis der Befangenheit besteht.

f) Insgesamt bieten die vom Anmelder angeführten Gründe auch in der Gesamtschau keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme einer Voreingenommenheit des Prüfers. Soweit sie die inhaltliche und rechtliche Bewertung des [X.] durch den Prüfer betreffen, sind sie, wie oben dargelegt, nicht im Rahmen eines [X.], sondern bei einer Zurückweisung der Patentanmeldung im Beschwerdeverfahren nach § 73 [X.] zu überprüfen.

2. [X.] gegen den Prüfer [X.]r. G… vom 16. April 2016 hat die [X.] 1.37 im angefochtenen Beschluss vom 23. Mai 2017 im Ergebnis ebenfalls zu Recht zurückgewiesen.

a) Soweit der Anmelder in seiner Beschwerdebegründung nicht zwischen einem Verhalten beider am Verfahren beteiligter Prüfer differenziert hat, wird auf die Ausführungen oben unter 1. Bezug genommen. [X.]ies betrifft seinen Vortrag zu formellen Mängeln der angefochtenen Entscheidung ebenso wie die bereits erörterten Einwände des Anmelders zum Verfahrensgang im Anmeldeverfahren. Auch die Äußerungen und Rückfragen des Prüfers [X.]r. G… sind in sachlichem Ton ab- gefasst und zeugen von dem Bemühen, vom Anmelder die Ausgestaltung seiner Anmeldungen betreffend eine eindeutige Aussage zu erhalten, um das Anmelde- und Prüfungsverfahren fortzusetzen. Auch dieser Prüfer hat seine dienstliche Stellungnahme am 28. März 2017 abgegeben.

b) Sein Ablehnungsgesuch gegen den Prüfer [X.]r. G… hat der Anmelder zusätzlich auf den Vorwurf eines wiederholten Verstoßes gegen die Wartepflicht gem. § 47 ZPO gestützt.

[X.]ass hier zwei Verstöße gegen die Wartepflicht stattgefunden haben, hat die [X.] im angefochtenen Beschluss vom 23. Mai 2017 unerwähnt gelassen. [X.]ie [X.] ist auf die fristverlängernde Verfügung des Prüfers [X.]r. G… vom 11. Mai 2016 nicht eingegangen und hat, nachdem ihr ein Zahlendreher unterlaufen sein dürfte, eine Beschlussankündigung des Prüfers vom 19. Juni 2016 beschrieben, die tatsächlich vom 16. September 2016 datiert, ohne sich mit der Norm des § 47 ZPO zu befassen.

Ein wiederholter Verstoß gegen die Wartepflicht gem. § 47 ZPO in derselben Sache kann zwar im Einzelfall die Befangenheit eines Richters oder Prüfers begründen (vgl. BayObLG M[X.]R 1988, 500; [X.][X.] NJW-RR 1997, 1350; einschr. [X.] [X.] M[X.]R 2008, 1235; [X.]/Vollkommer, a. a. O.,  § 47 Rn 4). [X.]ie hier in Rede stehenden Verstöße gegen § 47 ZPO rechtfertigen jedoch weder für sich genommen, noch in Verbindung mit den oben erörterten, weiteren vom Anmelder vorgebrachten Ablehnungsgründen in ihrer Gesamtheit eine Besorgnis der Befangenheit gegen den abgelehnten Prüfer [X.]r. G….

aa) Keine Besorgnis der Befangenheit begründet der Umstand, dass der Prüfer in seiner Verfügung vom 16. September 2016 den Erlass eines Zurückweisungsbeschlusses angekündigt hat. Äußerungen zum möglichen Verfahrensausgang sind für sich genommen kein Ablehnungsgrund (vgl. [X.]/Vollkommer, a. a. O., § 42 Rn. 26 m. w. N.; [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 27 Rn. 43). Hinweise auf die Sach- und Rechtslage sind schon aufgrund der auch im patentamtlichen Verfahren geltenden Aufklärungs- und Hinweispflicht entsprechend § 139 ZPO (vgl. [X.], a. a. O., Einl. Rn. 115) sowie aufgrund des Anspruchs auf rechtliches Gehör erforderlich. Hierzu gehört auch der Hinweis auf eine mögliche Zurückweisung einer Anmeldung oder eines [X.]s. Bei Äußerungen zur Sach- und Rechtslage ist nur dann die Grenze zur Befangenheit überschritten, wenn eine vorzeitige, endgültige Festlegung in einer Form erfolgt, die erkennen lässt, dass der Prüfer sich nicht mit einer Gegenmeinung auseinander setzen will, oder die jede Bereitschaft zu einer sachlichen Überprüfung vermissen lässt (vgl. näher Busse/Keukenschrijver, [X.], 8. Aufl., § 27 Rn. 64, [X.] und [X.]/[X.], a. a. O., § 27 Rn. 44 je unter Hinweis auf [X.], 144, 148). Ein solcher Fall liegt hier ersichtlich nicht vor.

bb) [X.]arüber hinaus hat der abgelehnte Prüfer dem Anmelder am 11. Mai 2016 Fristverlängerung bis zum 1. August 2016 gewährt und ihm am 16. September 2016 eine Frist zur abschließenden Stellungnahme zur Erwiderung auf den Bescheid vom 30. Oktober 2015 gesetzt. [X.]eilungen dieses Inhalts sind nicht als Ausdruck der Voreingenommenheit eines Prüfers zu werten, denn sie ergehen gerade in dem Bemühen, dem Verfahren seinen Fortgang zu geben, indem der Anmelder Gelegenheit zur Äußerung erhält. [X.]ieses gleichzeitige, wiederholte Bemühen um rechtliches Gehör des Anmelders unterscheidet die hier in Rede stehenden Verfahrenshandlungen des Prüfers [X.]r. G… von schweren Verfahrensverstößen, die andere Gerichte für die Stattgabe eines [X.] haben ausreichen lassen (vgl. [X.] Hamm, [X.]. 2017, 347). Für einen ruhig abwägenden Beteiligten konnten hier im Ergebnis keine Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Prüfers aufkommen.

[X.]ie [X.] 1.37 des Patentamts hat das Ablehnungsgesuch des Anmelders gegen den Prüfer [X.]r. G… vom 16. April 2016 dementsprechend zwar unter Verkennung von Verfahrensverstößen des abgelehnten Prüfers, jedoch im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.

3. [X.]a somit die Beschwerde des Anmelders keine Erfolgsaussichten hat, kann für das Beschwerdeverfahren keine Verfahrenskostenhilfe gewährt werden.

einer Beschwerdegebühr in Gang zu setzen. [X.]afür steht ihm die [X.] zur Verfügung, in der der Lauf der Zahlungsfrist noch gehemmt ist (bis zum Ablauf von einem Monat nach Zustellung des vorliegenden Beschlusses, § 134 [X.]), und darüber hinaus die bei Einreichung des [X.]s noch nicht verstrichene Beschwerdefrist.

Meta

7 W (pat) 13/17

19.10.2017

Bundespatentgericht 7. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 19.10.2017, Az. 7 W (pat) 13/17 (REWIS RS 2017, 3627)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 3627

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