Bundesfinanzhof, Urteil vom 14.10.2020, Az. II R 30/19

2. Senat | REWIS RS 2020, 3627

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Gegenstand

Steuerberatungskosten und Räumungskosten als Nachlassregelungskosten


Leitsatz

1. Steuerberatungskosten des Erben für die Nacherklärung von Steuern, die der Erblasser hinterzogen hat, sind als Nachlassregelungskosten abzugsfähig (Abweichung von den gleich lautenden Erlassen der Länder).

2. Kosten für die Haushaltsauflösung und Räumung der Erblasserwohnung können als Nachlassregelungskosten abzugsfähig sein.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 15.05.2019 - 7 K 2712/18 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Auf die Anschlussrevision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 15.05.2019 - 7 K 2712/18 aufgehoben.

Der Erbschaftsteuerbescheid vom 29.04.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.09.2018 wird dahin geändert, dass sowohl die Steuerberatungskosten in Höhe von 9.856,29 € als auch die [X.] in Höhe von 2.685,67 € als Nachlassverbindlichkeiten berücksichtigt werden.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die Klägerin, Revisionsbeklagte und [X.]sklägerin (Klägerin) ist Alleinerbin des am [X.] verstorbenen Erblassers. Im Rahmen ihrer Erbschaftsteuererklärung machte sie u.a. Steuerberatungskosten in Höhe von 9.856 € geltend. Es handelte sich um Aufwendungen für Nacherklärungen zur Einkommensteuer auf Veranlassung der Klägerin. Der Erblasser hatte in den Jahren 2002 bis 2012 in [X.] Kapitalerträge erzielt und nicht erklärt. Die entsprechenden Einkommensteuerbescheide ergingen im November 2013. Daneben erklärte sie Kosten für die teilweise in Eigenregie vorgenommene Räumung und Haushaltsauflösung der durch den Erblasser genutzten Wohnung in Höhe von 2.685,67 €. Der Erblasser hatte hieran einen Miteigentumsanteil von 3/4, die Klägerin von 1/4.

2

Der Beklagte, Revisionskläger und [X.] (das Finanzamt --[X.]--) setzte mit Bescheid vom 29.04.2016 Erbschaftsteuer fest und berücksichtigte dabei weder die Steuerberatungskosten noch die [X.] als Nachlassverbindlichkeiten. Die Einkommensteuerschulden 2002 bis 2012 zuzüglich [X.] wurden angesetzt. Den Einspruch wies das [X.] am 13.09.2018 zurück.

3

Das Finanzgericht ([X.]) hat der Klage hinsichtlich der Steuerberatungskosten stattgegeben, sie hinsichtlich der [X.] abgewiesen.

4

Die Steuerberatungskosten seien Nachlassverbindlichkeiten [X.] von § 10 Abs. 5 Nr. 1 des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes ([X.]). Die einkommensteuerrechtliche Erklärungspflicht des Erblassers einschließlich der Verpflichtung, frühere unrichtige Angaben zu berichtigen, gehe auf den Erben als Gesamtrechtsnachfolger über. Es komme nicht darauf an, ob die Beauftragung eines Steuerberaters zwingend notwendig sei. Anders verhalte es sich bei den Kosten für die Räumung der Eigentumswohnung des Erblassers. Die Klägerin habe die Entscheidung zur Räumung getroffen, um die Wohnung als Nachlassgegenstand besser verwerten zu können. § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 [X.] greife ebenfalls nicht ein, da es sich um Kosten der Verwaltung des Nachlasses nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 3 [X.] handele. Das Merkmal "unmittelbar" in § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 [X.] fordere mehr als einen reinen Kausalzusammenhang. Aufwendungen, die auf einem eigenen Willensentschluss des Erben beruhen, seien keine Nachlassabwicklungskosten. Ebenso lägen keine Erwerbserlangungskosten mehr vor. Habe der Erbe die rechtliche Herrschaft über die zum Nachlassvermögen gehörenden Gegenstände erlangt und sei der Wert dieser Gegenstände weder im Verhältnis zu den Miterben noch zu den Finanzbehörden streitig, bilde dies eine Zäsur, die den Zusammenhang zu den berücksichtigungsfähigen Nachlasskosten unterbreche. Die Möblierung der Eigentumswohnung des Erblassers hindere den Erben nicht, das Erbe daran anzutreten. Das Urteil des [X.] ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2019, 1398 veröffentlicht.

5

Mit seiner Revision macht das [X.] hinsichtlich der Steuerberatungskosten eine Verletzung von § 10 Abs. 5 Nr. 1 [X.] geltend. Die Schulden rührten nicht vom Erblasser her. Die Klägerin als Erbin sei zwar zur Abgabe der Steuererklärung, aber nicht zur Beauftragung eines Steuerberaters verpflichtet gewesen. Die Berücksichtigung dieser auf eigenen Entschluss zurückgehenden Kosten widerspreche dem [X.]. Diese Rechtsauffassung entspreche den gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder vom 11.12.2015 (BStBl I 2015, 1028). Die Klägerin vertritt demgegenüber die Auffassung, die Verpflichtung des Erblassers zur Nacherklärung sei auf sie übergegangen und nach § 12 Abs. 1 [X.] i.V.m. § 9 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes ([X.]) mit dem gemeinen Wert nach Maßgabe des § 9 Abs. 2 [X.] anzusetzen, der sich an den angesichts der Schwierigkeit derartiger Nacherklärungen unvermeidlichen Steuerberatungskosten orientiere.

6

Mit ihrer [X.] macht die Klägerin hinsichtlich der [X.] eine Verletzung von § 10 Abs. 5 Nr. 3 [X.] geltend. Es handele sich um unmittelbare Kosten der Abwicklung und Verteilung des Nachlasses. Die Auflösung der Wohnung des Erblassers, die Sichtung und die Verteilung der dort befindlichen, häufig sehr persönlichen, Gegenstände seien Kernbereich einer Nachlassabwicklung. Die Verteilung könne auch die Verteilung an Dritte (hier Freunde, gemeinnützige Organisationen o.Ä.) einschließen. Sie sei im Gegensatz zu der meist auf Dauer angelegten Nachlassverwaltung zeitlich begrenzt. Es gebe keine gesetzliche Grundlage für die seitens des [X.] postulierte Zäsur, zumal der Zeitpunkt der Erlangung der rechtlichen Herrschaft im Falle von Alleinerben regelmäßig mit dem Tode zusammenfalle und so § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 [X.] leerlaufe.

7

Das [X.] beantragt,
die Vorentscheidung insoweit aufzuheben, als Steuerberatungskosten in Höhe von 9.856,29 € als Nachlassverbindlichkeiten anerkannt wurden, und die Klage insgesamt abzuweisen,
ferner,
die [X.] der Klägerin zurückzuweisen.

8

Die Klägerin beantragt,
die Vorentscheidung insoweit aufzuheben, als die Klage abgewiesen wurde, und den Erbschaftsteuerbescheid vom 29.04.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.09.2018 dahin zu ändern, dass neben den durch das [X.] anerkannten Steuerberatungskosten [X.] in Höhe von 2.685,67 € als Nachlassverbindlichkeiten berücksichtigt werden,
ferner,
die Revision des [X.] zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

9

Die Revision des [X.] ist nach § 126 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) zurückzuweisen. Das [X.] hat im Ergebnis zu Recht erkannt, dass die Steuerberatungskosten als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig sind. Die Anschlussrevision der Klägerin ist begründet und führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 [X.]O). Die [X.] sind ebenfalls abzugsfähig.

1. Als --hier nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.] i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 [X.]-- steuerpflichtiger Erwerb gilt gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 [X.] die Bereicherung des Erwerbers, soweit sie nicht steuerfrei ist. In den Fällen des § 3 [X.] gilt unbeschadet § 10 Abs. 10 [X.] als Bereicherung der Betrag, der sich ergibt, [X.]n von dem nach § 12 [X.] zu ermittelnden Wert des gesamten Vermögensanfalls, soweit er der Besteuerung nach diesem Gesetz unterliegt, die nach § 10 Abs. 3 bis 9 [X.] abzugsfähigen Nachlassverbindlichkeiten mit ihrem nach § 12 [X.] zu ermittelnden Wert abgezogen werden. Dazu zählen u.a. nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 [X.] die sog. [X.], nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 [X.] die sog. sonstigen Nachlassverbindlichkeiten.

2. Nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 [X.] sind von dem Erwerb, soweit sich nicht aus § 10 Abs. 6 bis 9 [X.] etwas anderes ergibt, als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig u.a. die vom Erblasser herrührenden Schulden, soweit sie nicht bereits in einer betrieblichen Bewertungseinheit aufgegangen sind und im Todeszeitpunkt eine wirtschaftliche Belastung dargestellt haben (vgl. im Einzelnen Urteil des [X.] --[X.]-- vom [X.] - II R 36/16, [X.], 430, [X.], 391, Rz 16 bis 20, m.w.[X.]).

3. Nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 [X.] sind die Kosten abzugsfähig, die dem Erwerber unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses oder mit der Erlangung des Erwerbs entstehen. Kosten für die Verwaltung des Nachlasses sind nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 3 [X.] nicht abzugsfähig.

a) Der Begriff "Kosten der Regelung des Nachlasses" ist weit auszulegen. Er umfasst die Kosten der tatsächlichen und rechtlichen Feststellung des Nachlasses einschließlich von Bewertungskosten, aber auch alle Kosten, die aufge[X.]det werden müssen, um die Erben in den Besitz der ihnen aus der Erbschaft zukommenden Güter zu setzen ([X.]-Urteile vom 11.01.1961 - II 155/59 U, [X.], 273, [X.]I 1961, 102; vom 19.06.2013 - II R 20/12, [X.], 416, [X.], 738, Rz 11, und vom 06.11.2019 - II R 29/16, [X.], 433, [X.], 505, Rz 17, jeweils m.w.[X.]). Zu den [X.] können auch bestimmte Kosten gehören, die durch die Tilgung von [X.] entstehen ([X.] in Troll/[X.]/[X.]/[X.], [X.], § 10 Rz 216).

b) Es ist unschädlich, vielmehr für die [X.] typisch, dass der Erbe selbst die Kosten ausgelöst hat. Bei der Mehrzahl der Kosten, die der [X.] in seinem Urteil in [X.], 273, [X.]I 1961, 102 als Kosten der Regelung des Nachlasses verstanden hat, war dies der Fall (Vergütung eines Bevollmächtigten, Kosten der Anfertigung der Erbschaftsteuererklärung, Vergütung für die Umschreibung im Grundbuch). Unerheblich ist grundsätzlich, ob eine kostengünstigere Lösung möglich gewesen wäre. Im Zusammenhang mit einer durch den Erblasser angeordneten Regelung des Nachlasses ist anerkannt, dass es auf kostengünstigere Optionen nicht ankommt ([X.]-Urteil vom 28.06.1995 - II R 89/92, [X.]E 178, 214, [X.] 1995, 786, unter II.2.). Dies gilt allgemein.

c) Wie der in § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 [X.] ver[X.]dete Begriff "unmittelbar" zeigt, müssen die Kosten in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem Erwerb von Todes wegen stehen und dürfen nicht erst durch die spätere Verwaltung des Nachlasses (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 3 [X.]) anfallen ([X.]-Urteile in [X.], 416, [X.], 738, Rz 11; in [X.], 433, [X.], 505, Rz 18, sowie vom 06.11.2019 - II R 6/17, [X.], 193, [X.], 509, Rz 22).

aa) Während die nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 [X.] zu berücksichtigenden Kosten in Bezug auf den Erwerb von Todes wegen [X.] darstellen, sind die Kosten für die Verwaltung des Nachlasses i.S. des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 3 [X.] Ver[X.]dungsaufwand, der erbschaftsteuerrechtlich unbeachtlich ist ([X.] in Troll/[X.]/[X.]/[X.], [X.], § 10 Rz 188, 245). Das sind Kosten, die nur dazu dienen, den Nachlass zu erhalten, zu nutzen und zu mehren oder das Vermögen zu verwerten ([X.] in Troll/[X.]/[X.]/[X.], [X.], § 10 Rz 217; [X.] in von [X.], Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, 2. Aufl., § 10 Rz 76). Dazu gehören etwa die Erfüllung laufender Verpflichtungen, aber auch die bei der Veräußerung von [X.] zum Zwecke der Verwertung entstehenden Kosten, etwa Ablösebeträge an Mieter zwecks [X.] (vgl. [X.] in [X.][X.], § 10 [X.] Rz 82).

bb) Die Abgrenzung zwischen Kosten der Nachlassregelung und Kosten der Nachlassverwaltung richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. So wie § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 [X.] einen unmittelbaren Zusammenhang der Kosten mit den jeweiligen Abzugstatbeständen verlangt, liegen Kosten der Nachlassverwaltung dann vor, [X.]n er fehlt. Die darin liegende Zäsur zwischen [X.] ist indes kein für den jeweiligen Erbfall und auch kein für alle Nachlassverbindlichkeiten i.S. des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 [X.] gleich zu definierender, einheitlicher und feststehender Zeitpunkt. Sie markiert eine inhaltliche Grenze zwischen den [X.] auf der einen Seite und denjenigen Kosten auf der anderen Seite, die ihrer Art nach ebenso anfallen können, [X.]n die Gegenstände, um die es geht, sich nicht oder nicht mehr in einem Nachlass befinden. In diesem Falle ist der durch das Tatbestandsmerkmal "unmittelbar" gekennzeichnete Veranlassungszusammenhang unterbrochen.

d) Bei Verfahrenskosten ist auf die Frage abzustellen, ob Ungewissheit über den Umfang des Nachlasses besteht.

aa) Macht der Erbe gerichtlich wirkliche oder vermeintliche zum Nachlass gehörende Ansprüche geltend, so liegen [X.] vor, [X.]n die Klage eines Erben dazu dient, das Bestehen nachlasszugehöriger Ansprüche des Erblassers und damit den Umfang des Nachlasses zu klären oder die Herausgabe von [X.] durch Dritte zu erwirken. Herrscht hingegen Gewissheit über Umfang und Zusammensetzung des Nachlasses und hat der Erbe die Nachlassgegenstände in Besitz genommen, endet der sachliche Zusammenhang mit dem Erwerb. Kosten, die dem Erben in der Folgezeit zum Zwecke der Erhaltung, Mehrung, Nutzung oder Verwertung des Nachlassvermögens entstehen, sind keine Nachlassverbindlichkeiten (vgl. [X.]-Urteile in [X.], 433, [X.], 505, Rz 19, sowie in [X.], 193, [X.], 509, Rz 23).

bb) Umgekehrt können die Kosten von Gerichts- oder behördlichen Verfahren [X.] sein, [X.]n sie dazu dienen, das Bestehen wirklich oder vermeintlich zum Nachlass gehörender Verbindlichkeiten des Erblassers und damit den Umfang des Nachlasses zu klären oder Ansprüche Dritter abzuwehren. Herrscht hingegen Gewissheit über Umfang und Zusammensetzung des Nachlasses einschließlich des Umfangs der Verbindlichkeiten, endet der sachliche Zusammenhang mit dem Erwerb. Kosten, die dem Erben in der Folgezeit zum Zwecke der Tilgung der Verbindlichkeiten entstehen, sind ihrerseits keine Nachlassverbindlichkeiten.

4. Nach diesen Maßstäben sind sowohl die Steuerberatungs- als auch die [X.] Nachlassverbindlichkeiten in Gestalt von [X.] nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 [X.].

a) Die Steuerberatungskosten sind zumindest als [X.] abziehbar. Es kann deshalb offenbleiben, ob dem Grunde nach außerdem [X.] nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 [X.] vorliegen. Der Senat folgt der in den gleich lautenden Ländererlassen vom 11.12.2015 zum Ausdruck gekommenen Rechtsauffassung im Ergebnis nicht (kritisch auch [X.] in [X.]/[X.], § 10 [X.], Rz 85). Diese Kosten dienen dazu, den Umfang der Nachlassverbindlichkeiten --nämlich der [X.] zu klären. Sie gehören nicht zu den Kosten der Nachlassverwaltung nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 3 [X.]. Der Steuerberater wurde beauftragt, um Steuererklärungen für solche Steuerverbindlichkeiten abzugeben, die vom Erblasser herrühren und damit dem Grunde nach Nachlassverbindlichkeiten darstellten (vgl. [X.]-Urteil vom [X.], [X.]E 238, 233, [X.] 2012, 790). Ihre Höhe war zu ermitteln und die korrekte Festsetzung zu ermöglichen. Auf die Frage, ob diese Steuerschulden selbst möglicherweise nach Maßgabe des [X.]-Urteils in [X.], 430, [X.], 391 mangels wirtschaftlicher Belastung --ausnahmsweise-- nicht abziehbar sein würden, käme es möglicherweise im Rahmen von § 10 Abs. 5 Nr. 1 [X.] an, nicht hingegen bei § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 [X.]. Der enge zeitliche und sachliche Zusammenhang mit dem Erwerb von Todes wegen steht im Streitfall außer Frage. Es ist unschädlich, dass die Kosten dem Grunde und der Höhe nach durch einen eigenen Entschluss der Klägerin ausgelöst wurden. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob die Bereinigung der steuerlichen Verhältnisse des Erblassers ohne fachkundige Hilfe für die Klägerin darstellbar gewesen wäre.

b) Die [X.] sind ebenfalls nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 [X.] abzugsfähig.

aa) Das [X.] hat in diesem Punkte eine andere Auffassung vertreten, weil es seine Betrachtung allein auf die Wohnung als Nachlassgegenstand konzentriert hat. Der Aufwand für die Räumung einer von dem Erblasser selbst bewohnten Wohnung wäre Teil der [X.], [X.]n er sich nur auf die Eigenschaft der Wohnung als Nachlassgegenstand bezöge. Eigentum und Besitz der Klägerin als Alleinerbin waren geklärt, während die Kosten für das Herrichten der Wohnung zwecks Verkaufs, Vermietung oder Selbstnutzung zur Verwertung und damit zur Verwaltung des Nachlasses gehören. Die Zäsur zwischen [X.] wäre überschritten.

bb) Es liegen aber [X.] vor, weil die Auflösung des Haushalts des Erblassers nicht zuletzt darauf gerichtet ist, mit der persönlichen Habe des Erblassers zweckentsprechend zu verfahren. Nicht nur die Wohnung, sondern auch die in der Wohnung befindlichen persönlichen Gegenstände des Erblassers können zum Nachlass gehören, müssen dies aber nicht. Regelmäßig sind sie in das Eigentum des Erben übergegangen, können aber auch geliehen oder gemietet und damit an Dritte herauszugeben sein. Es gehört zur tatsächlichen Feststellung des Nachlasses, hierüber Gewissheit zu erlangen, und damit zur Nachlassregelung, für alle Einzelteile des Hausrats zu entscheiden, wie damit zu verfahren ist, ob Herausgabepflichten zu bedienen sind und ob, in welcher Art und durch [X.] der Hausrat weiterver[X.]det werden kann. Die Durchsicht des gesamten Hausrats ist aber wesentlicher Bestandteil der hier umstrittenen Räumung. Die Grenze zwischen der Nachlassregelung und der Nachlassverwaltung ist noch nicht überschritten. Diese Maßnahme beruht unmittelbar auf dem Erbfall, ist ohne Erbfall in dieser Form nahezu nicht denkbar und begründet insofern nachlassspezifischen Aufwand.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1, 2 [X.]O.

Meta

II R 30/19

14.10.2020

Bundesfinanzhof 2. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 15. Mai 2019, Az: 7 K 2712/18, Urteil

§ 10 Abs 5 Nr 1 ErbStG 1997, § 10 Abs 5 Nr 3 ErbStG 1997

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 14.10.2020, Az. II R 30/19 (REWIS RS 2020, 3627)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 3627

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