Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.11.2000, Az. XII ZB 53/00

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 518

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[X.] ZB 53/00vom15. November 2000in der [X.] 2 -Der XII. Zivilsenat des [X.] hat am 15. November 2000 durchden Vorsitzenden Richter Dr. [X.] und [X.] Krohn, [X.],[X.] und Prof. Dr. [X.]beschlossen:Die weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den [X.] in [X.] des [X.] vom 15. März 2000 wird auf Kosten des Antragstellerszurückgewiesen.Wert: 7.500 DM.Gründe:1. Das [X.] hat die Erstbeschwerde des Antragstellersgegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - vom [X.], durch den der Antrag des Antragstellers auf Abänderung der in [X.] vom 15. Juli 1997 getroffenen Sorgerechtsentscheidung [X.] wurde, zu Recht als unzulässig verworfen, weil für die am [X.] eingelegte Beschwerde erst am 17. Februar 2000 und damit verspätet(§§ 621 e Abs. 1 und Abs. 3, 519 Abs. 2 Satz 2 ZPO) ein Antrag auf [X.] gestellt worden ist.2. Im Ergebnis ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht auch [X.] des Antragstellers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegendie Versäumung der [X.] abgelehnt. Denn der [X.] -tragsteller war nicht ohne ihm [X.] Verschulden seiner [X.] Rechtsanwältin S. an der Einhaltung der Beschwerdebe-gründungsfrist gehindert (§§ 85 Abs. 2, 233 ZPO).a) Dabei bedarf es keiner abschließenden Entscheidung, ob Rechtsan-wältin S. ihrer anwaltlichen Sorgfaltspflicht im Zusammenhang mit der "[X.]" der Sache am 11. Februar 2000 genügt hat, als sie - ohne sichdie Akten vorlegen zu lassen - ihrer Angestellten [X.] den Auftrag erteilte, Ver-längerung der [X.] zu beantragen. Da die [X.] Vorfrist bewirken soll, daß dem Rechtsanwalt durch rechtzeitige Vorlageder Akten auch für den Fall von Unregelmäßigkeiten und Zwischenfällen nocheine ausreichende Überprüfungs- und Bearbeitungszeit verbleibt (vgl. [X.] vom 6. Juli 1994 - [X.] = NJW 1994, 2551, 2552 m.w.N.),kann diese Warnfunktion der Vorfrist nur eingreifen, wenn die [X.] vorgelegt wird. Hätte Rechtsanwältin S. sich den Vorgang - wiees nach ihrem eidesstattlich versicherten Vortrag im Schriftsatz vom25. Februar 2000 in ihrer Kanzlei an sich am Vorfrist- und Fristentag ge-schieht - am 11. Februar 2000 vorlegen lassen und die Vorlage zum Anlaß ge-nommen, den Ablauf der Berufungsbegründungsfrist eigenverantwortlich an-hand der Handakten zu überprüfen (vgl. Senatsbeschluß vom 22. Januar 1997- XII ZB 195/96 = [X.]R ZPO § 233 Rechtsmittelauftrag 24), dann hätte sie,selbst bei Vornahme dieser Prüfung erst am nächsten ([X.], [X.] (vgl. hierzu [X.] vom 5. Oktober 1999 - [X.]99 = NJW 2000, 365, 366), bemerkt, daß die [X.]bereits an diesem Tag (14. Februar 2000) ablief. Der [X.] sodann noch rechtzeitig am 14. Februar 2000 gestellt werden [X.] 4 -b) Unabhängig hiervon ist aber jedenfalls im Zusammenhang mit der Fri-steneintragung und -überwachung ein Organisationsverschulden in der Kanzleivon Rechtsanwältin S. nicht ausgeräumt. Nach dem eidesstattlich versichertenVortrag der Rechtsanwältin selbst und der eidesstattlichen Versicherung ihrerAngestellten [X.] ist diese seit August/September 1999 sowohl montags- unddienstagsvormittags als auch in sonstigen Fällen bei Abwesenheit ihrer Kolle-gin [X.] für die Fristnotierung im Kalender zuständig. Frau [X.] war indessen 1999und auch noch im Januar 2000, als sie am Donnerstag, dem 20. Januar 2000,den Ablauf der [X.] in der vorliegenden Sache fälsch-lich nicht auf den 14. Februar, sondern auf den 21. Februar 2000 im [X.], noch Auszubildende für den Beruf der Rechtsanwalts- und Notar-fachangestellten. Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.], auch des Senats, darf ein Rechtsanwalt jedoch mit der Notierung undÜberwachung der Fristen grundsätzlich nur voll ausgebildetes und sorgfältigüberwachtes Personal betrauen, keinesfalls hingegen noch auszubildendeKräfte (vgl. Senatsbeschluß vom 8. Juli 1992 - [X.] = [X.]R [X.]; [X.] Beschlüsse vom 20. Juni 1978 - [X.] =[X.], 959, 960; vom 22. Dezember 1970 - [X.] = VersR 1971,372; auch Beschluß vom 21. September 2000 - [X.]/00; sowie [X.],Wiedereinsetzung in den vorigen Stand § 7 Rdn. 62 a.E.). Diesen fehlt zumin-dest die notwendige Erfahrung. Auch im vorliegenden Fall ist nicht [X.], daß der Auszubildenden [X.] bei der unrichtigen Fristeintragung [X.] unterlaufen ist, der - trotz ihrer behaupteten Kenntnisse im Fristenwe-sen - auf mangelnde praktische Erfahrung zurückzuführen war. Es liegt nämlichnicht fern anzunehmen, daß die Angestellte nicht, wie von ihr nachträglichvermutet, bei der Fristeneintragung im Kalender um eine Woche "verrutscht"ist, sondern daß sie die von Rechtsanwältin S. auf der am 20. Januar 2000 in- 5 -der Kanzlei eingegangenen gerichtlichen Eingangsbestätigung angebrachteVerfügung "[X.] notieren", zu der die Auszubildende selbst den [X.] Monat" hinzugefügt hatte, bei der Eintragung in den Kalender zum Anlaßgenommen hat, den Monatsablauf vom 20. Januar 2000 an zu berechnen [X.] diese Weise als Fristablauf den (Montag) 21. Februar 2000 zu notieren.Hierbei ist im übrigen ein Mangel der Fristenorganisation in der Kanzleider Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers auch insoweit nicht ausge-räumt, als die von Rechtsanwältin S. auf der gerichtlichen Eingangsbestätigungvermerkte Verfügung "[X.] notieren" die Vermutung nahelegt, daß dieRechtsmittelbegründungsfrist nach der Kanzleiübung nicht "alsbald bei" [X.] "alsbald nach" Einreichung des Rechtsmittels vorläufig eingetragenund dieser Eintrag später anhand der gerichtlichen Eingangsbestätigung über-prüft wurde (vgl. [X.] vom 9. Dezember 1993 - [X.] = [X.]RZPO § 233 Fristenkontrolle 33 m.w.N.), sondern daß die Begründungsfrist erstaufgrund der gerichtlichen Bestätigung über den Eingang des [X.] wurde. Hierin läge eine Verletzung der dem Rechtsanwalt obliegendenOrganisationspflichten im Hinblick auf die Fristenkontrolle (vgl. [X.]vom 9. Dezember 1993 [X.] kann dahinstehen, ob im Einzelfall bei Personalmangel eine Aus-nahme von dem Grundsatz zugelassen werden kann, daß die [X.] -überwachung nicht auf Auszubildende übertragen werden darf. In [X.] muß dann jedenfalls eine um so wirksamere Kontrolle durch den Rechts-anwalt selbst oder andere geeignete Kräfte gewährleistet sein (vgl. [X.] Be-schlüsse vom 10. Februar 1972 - [X.] = [X.], 557; vom23. September 1977 - [X.] = [X.], 139; vom 21. [X.] aaO), durch die sichergestellt wird, daß alle von dem [X.] -eingetragenen Fristen anhand der Akten auf ihre Richtigkeit überprüft werden.Diesem Erfordernis genügt der vorgetragene und glaubhaft gemachte Organi-sationsablauf in der Kanzlei von Rechtsanwältin S. nicht. Wie diese selbst unddie Angestellten [X.] und [X.] übereinstimmend vorgetragen und versichert haben,überprüft die - seit 1994 bei der Prozeßbevollmächtigten tätige, seit 1997 vollausgebildete Angestellte [X.] - regelmäßig "mindestens" bzw. "durchschnittlich"einmal wöchentlich die von der Auszubildenden [X.] vorgenommenen Fristnotie-rungen. Hierbei kann es sich indessen entweder nur um Stichproben oder nurum Plausibilitätskontrollen allein anhand des [X.]s handeln. [X.] hätte in dem Zeitraum von gut drei Wochen zwischen der [X.] am 20. Januar 2000 und dem Ablauf der [X.] am 11. Februar 2000 die unrichtige Fristeintragung bemerkt [X.]. Sowohl Stichproben als auch bloße Kontrolleinsichtnahmen in [X.] reichten aber nicht aus, um die notwendige Überprüfung der von [X.] selbständig vorgenommenen Fristeintragungen zu [X.]. Hierfür war vielmehr ein Vergleich der Eintragungen im [X.]mit den jeweiligen Akten erforderlich (vgl. [X.] vom 23. [X.] aaO), wie ihn - nach ihrem eidesstattlich versicherten Vortrag im [X.] vom 25. Februar 2000 - ersichtlich die Verfahrensbevollmächtigte selbstbei ihren "regelmäßigen" Kontrollen vornahm. Zu den Zeitabständen, in [X.] Kontrollen durchgeführt wurden, hat die Angestellte [X.] vorgetragen undan Eides Statt versichert, die Verfahrensbevollmächtigte "läßt sich meine amjeweiligen Tag angefertigten Notierungen ca. einmal im Monat vorlegen". [X.], wie der vorliegende Fall deutlich macht, keinesfalls aus, um die Rich-tigkeit der Fristeintragungen durch eine Auszubildende zu gewährleisten. [X.] hat - allerdings unter der Geltung der früheren strengerenFassung des § 233 ZPO - selbst bei einer bereits voll ausgebildeten, aber noch- 7 -jungen und noch nicht während eines längeren Zeitraums erprobten Ange-stellten anwaltliche Kontrollen, die zwei bis dreimal pro Woche stattfanden,nicht ausreichen lassen (vgl. Beschluß vom 23. September 1977 aaO). [X.] nach geltendem Rechtszustand derartig häufige Kontrollen durch denRechtsanwalt persönlich nicht als erforderlich anzusehen sein dürften, genüg-ten ca. einmal monatlich durchgeführte Überprüfungen jedenfalls nicht [X.] der anwaltlichen Sorgfaltspflicht. Das gälte in besonderem Maßedann, wenn, wie vorstehend ausgeführt, in der Kanzlei von Rechtsanwältin S.die Übung bestand, Rechtsmittelbegründungsfristen erst nach Rückgabe dergerichtlichen Eingangsbestätigung im [X.] einzutragen. Denn [X.] solchen Handhabung konnte es geschehen, daß [X.] nur während einer Dauer von etwa drei Wochen statt von einemMonat im Kalender vermerkt waren. Kontrollen in Zeitabständen von "ca. einemMonat" waren unter diesen Umständen nicht geeignet, fehlerhafte Fristnotie-rungen rechtzeitig und verläßlich aufzudecken.[X.] Krohn [X.] [X.] [X.]

Meta

XII ZB 53/00

15.11.2000

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.11.2000, Az. XII ZB 53/00 (REWIS RS 2000, 518)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 518

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