Bundespatentgericht, Beschluss vom 10.03.2011, Az. 33 W (pat) 503/11

33. Senat | REWIS RS 2011, 8759

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Cajun" – kein Freihaltungsbedürfnis - keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2010 038 939.7

hat der 33. Senat ([X.]) des [X.] am 10. März 2011 unter Mitwirkung des Richters [X.] als Vorsitzenden, des Richters Dr. [X.] und der Vorsitzenden Richterin am Landgericht Grote-Bittner

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 37 des [X.] vom 29. November 2010 aufgehoben, soweit die Anmeldung für folgende Waren zurückgewiesen worden ist:

[X.]: [X.], Schallplatten; mit Programmen versehene Datenträger, Computerspiele, vorgenannte Waren der [X.] ausschließlich mit Inhalten aus dem Automobilbereich;

[X.]: Waren aus Papier, Pappe (Karton), soweit in [X.] enthalten, Aufkleber, Druckereierzeugnisse; Fotografien; Lehr- und Unterrichtsmaterial (ausgenommen Apparate); Kalender, vorgenannte Waren der [X.] ausschließlich mit Inhalten aus dem Automobilbereich.

Gründe

I

1

Die für zahlreiche Waren und Dienstleistungen der Klassen 3, 9, 12, 14, 16, 18, 21, 25, 28, 34, 37, u. a. für

2

[X.]: [X.], Schallplatten; mit Programmen versehene Datenträger, Computerspiele;

3

[X.]: Waren aus Papier, Pappe (Karton), soweit in [X.] enthalten, Aufkleber, Druckereierzeugnisse; Fotografien; Lehr- und Unterrichtsmaterial (ausgenommen Apparate); Kalender

4

angemeldete Wortmarke

5

Cajun

6

ist mit Beschluss der Markenstelle für Klasse 37 vom 29. November 2010 teilweise, nämlich für die oben wörtlich aufgeführten Waren, nach §§ 37 Abs. 1 und 5, 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.] zurückgewiesen worden. Nach Auffassung der Markenstelle ist die angemeldete Marke für die zurückgewiesenen Waren nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] ausgeschlossen, da sie eine beschreibende Angabe über Merkmale dieser Waren darstelle. Das Wort "Cajun" sei die Bezeichnung einer Bevölkerungsgruppe, die im Cajun Country im US-Bundesstaat [X.] lebe. Auch der westfranzösische Dialekt dieser Bevölkerungsgruppe werde mit "Cajun" bezeichnet. Ferner werde die traditionelle Musik dieser [X.] Einwanderer bzw. ihrer Nachfahren als "Cajun-Musik" bezeichnet, ebenso wie deren Küche als "Cajun" benannt werde. Insbesondere gebe es weltweit zahlreiche Cajun-Kochbücher und [X.]. In Bezug auf die zurückgewiesenen Waren, die einen gedanklichen Inhalt aufwiesen, werde die angemeldete Marke daher von maßgeblichen Teilen der inländischen Verkehrskreise als Beschreibung des Gegenstands, Inhalts bzw. Themas und damit als Bezeichnung eines Merkmals der Waren i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] verstanden. Zudem fehle der angemeldeten Marke in Bezug auf die zurückgewiesenen Waren jegliche Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.], da sie insoweit eine im Vordergrund stehende Aussage beinhalte und sich in dieser erschöpfe. Ihr könne daher kein konkreter Hinweis auf die Herkunft der zurückgewiesenen Waren aus einem bestimmten Unternehmen entnommen werden.

7

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgetragen, dass es nicht ausreichen könne, wenn sich die angefochtene (Teil-)Zurückweisung der Anmeldung nur auf einen Beleg aus dem [X.] Wikipedia stütze, dessen Inhalt jederzeit, auch anonym, geändert werden könne und daher auch nach Auffassung des Europäischen Gerichts ([X.]/07 - Homezone) nicht auf gesicherten Informationen beruhe. Außerdem sei das Wort "Cajun" den maßgeblichen inländischen Verkehrskreisen völlig unbekannt. Weder wisse der inländische Verkehr, dass es eine Volksgruppe "Cajun" im US-Bundesstaat [X.] gebe, noch verbinde er damit bestimmte Merkmale der fraglichen Waren. Wenn aber die Bezeichnung der fraglichen Waren mit "Cajun" wegen ihrer Unbekanntheit für den Verkehr keine Assoziation mit der Volksgruppe oder deren Eigenarten erwecken und keine der Eigenarten den Inhalt der Waren beschreiben könne, liege auch keine naheliegende und unmittelbare Inhaltsbeschreibung i. S. d. § 8 Abs 2 Nr. 2 [X.] vor. Das Markenwort werde dem normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher gar nichts sagen. Er werde damit schlicht nichts anfangen können. Damit sei die [X.] auch geeignet, als Hinweis auf einen bestimmten Geschäftsbetrieb verstanden zu werden.

8

[X.] hat die Anmelderin ein neues Waren- und Dienstleistungsverzeichnis eingereicht, in dem die streitgegenständlichen Waren wie folgt eingeschränkt worden sind:

9

"…

[X.]: [X.], Schallplatten; mit Programmen versehene Datenträger, Computerspiele, vorgenannte Waren der [X.] ausschließlich mit Inhalten aus dem Automobilbereich;

[X.]: Waren aus Papier, Pappe (Karton), soweit in [X.] enthalten, Aufkleber, Druckereierzeugnisse; Fotografien; Lehr- und Unterrichtsmaterial (ausgenommen Apparate); Kalender, vorgenannte Waren der [X.] ausschließlich mit Inhalten aus dem Automobilbereich;

…".

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II

Nach der Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses ist die Beschwerde ist begründet. Die angemeldete Marke ist nunmehr auch für die von der Markenstelle zurückgewiesenen Waren unterscheidungskräftig und nicht rein beschreibend. Absolute Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.] stehen der Eintragung der [X.] gemäß §§ 33 Abs. 2, 41 [X.] somit nicht mehr entgegen.

So sind zunächst keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte ersichtlich, die die Annahme eines [X.] § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] rechtfertigen können. Nach dieser Vorschrift sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung, der geografischen Herkunft, der [X.] oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können.

Zwar stellt das angemeldete Markenwort "Cajun", was auch die Anmelderin grundsätzlich nicht in Abrede stellt, eine Bezeichnung von französischstämmigen Einwanderern bzw. deren Nachfahren in einer Region ("Cajun Country") im US-Bundesstaat [X.] dar. Weiter konnte der [X.] verschiedenen allgemein zugänglichen Quellen entnehmen, dass insbesondere der Dialekt, die Musik und die Küche dieser Bevölkerungsgruppe ebenfalls mit dem Wort "Cajun" bezeichnet werden. Soweit sich damit unter dem Gesichtspunkt einer beschreibenden Angabe über den geistigen Inhalt der streitgegenständlichen Waren Bedenken gegen die Schutzfähigkeit der Marke ergeben, sind diese mit der Beschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses jedoch ausgeräumt worden. Denn die streitgegenständlichen Waren umfassen jetzt nur noch solche mit Inhalten aus dem Automobilbereich. Reiseliteratur, Kochbücher und Literatur oder sonstige Medien zur Musik oder anderen Aspekten der Volksgruppe der [X.] sind damit nicht mehr vom [X.] erfasst. Der [X.] hat auch keine Hinweise darauf auffinden können, dass das ländliche, von Sumpfland geprägte [X.] im Mississipi-Delta irgendeine Bedeutung in Zusammenhang mit [X.] hat oder haben kann, insbesondere eine solche, die Auswirkungen auf die [X.] Verkehrskreise auf dem Gebiet der streitgegenständlichen Waren aus dem Medienbereich hat (z. B. Herausgeber oder Leser von [X.] [X.]). Es kann daher nicht festgestellt werden, dass die angemeldete Marke aus einer Angabe besteht, die im Verkehr zur Bezeichnung eines Merkmals der Waren dienen kann. Das [X.] nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] liegt damit nicht vor.

Die Marke verfügt auch über die erforderliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]). Wie oben ausgeführt, weist sie keinen im Vordergrund stehenden beschreibenden Aussagegehalt auf. Bei "Cajun" handelt sich auch nicht um ein geläufiges Wort der [X.] oder [X.], das nur als solches verstanden wird. Vielen Verkehrsteilnehmern wird das Wort nicht bekannt sein, so dass seine Eignung zur betrieblichen Herkunftsunterscheidung für diesen Teil des Verkehrs nicht in Frage steht. Soweit andere Teile des Verkehrs den Begriff "Cajun" im o. g. Sinne als Bezeichnung einer Volksgruppe der [X.], ihres Dialekts, ihrer Musik oder Küche kennen, werden sie die angemeldete Marke hingegen als fantasievolle Übertragung eines ethnisch-geografischen Begriffs in den Bereich der Automobilliteratur bzw. vergleichbarer Medien, die sich mit [X.] beschäftigen, auffassen. Die angemeldete Marke verfügt daher auch über Unterscheidungskraft.

Meta

33 W (pat) 503/11

10.03.2011

Bundespatentgericht 33. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 10.03.2011, Az. 33 W (pat) 503/11 (REWIS RS 2011, 8759)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 8759

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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