Bundespatentgericht, Beschluss vom 27.09.2011, Az. 27 W (pat) 560/10

27. Senat | REWIS RS 2011, 3007

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "PLATIN SCHALLPLATTE" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2009 009 553.1

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] am 27. September 2011 durch [X.] [X.], [X.] und die Richterin Werner

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1

Die am 17. Februar 2009 für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 25, 28, 35, 38, 41 und 45 angemeldete Wortmarke

2

[X.]

3

hat die Markenstelle für [X.] des [X.] mit Beschluss vom 24. März 2010 teilweise, nämlich für die folgenden Waren und Dienstleistungen

4

"[X.]:

5

Ton-/Bild- und Datenträger aller Art, insbesondere Tonbänder, Kassetten, [X.], DVDs, Schallplatten, [X.], Videobänder, Disketten, USB-Sticks, [X.], sonstige Aufzeichnungsträger, sämtliche vorstehenden Waren in bespielter und unbespielter Form; Smartcards;

6

[X.]:

7

[X.], insbesondere Prospekte, Kataloge, Bücher, Zeitungen und Zeitschriften, Taschenbücher, Taschenhefte;

8

Klasse 28:

9

Spiele und Computerspiele;

Klasse 35:

Werbung; Marketing, Marktforschung, Marktanalysen, Meinungsforschung; Absatzplanung; [X.]; Werbung, auch in Form von Sponsorship, insbesondere Rundfunk-, Fernseh-, Kino-, Print-, Videotext- und Teletextwerbung; Werbevermarktung; Verteilung von Waren zu Werbezwecken; Werbeermittlung;

[X.]:

Telekommunikation, insbesondere elektronische Informations- und Kommunikationsdienste/Ton-, Bild- und Datenübertragung durch Kabel, Satellit, drahtgebunden und drahtlos; Ausstrahlung von Film-, Fernseh-, Rundfunk-, Videotext-, Teletext-Programmen oder -Sendungen; Sendung und Weitersendung von Rundfunk- und Fernsehprogrammen; Sammeln und Liefern von Nachrichten und allgemeinen Informationen;

[X.]:

Unterhaltung; kulturelle Aktivitäten; Rundfunk- und Fernsehunterhaltung; Unterhaltung im [X.] und anderen dezentralen Netzwerken, insbesondere Mobilfunk; Veröffentlichung und Herausgabe von [X.]; Organisation und Durchführung von Veranstaltungen, insbesondere Show-, Quiz-, Theater-, Musikveranstaltungen und Preisverleihungen sowie Veranstaltungen von Wettbewerben im Unterhaltungsbereich; Einrichten und Betreiben einer Datenbank;

[X.]:

Verwaltung und Verwertung von Urheberrechten und gewerblichen Schutzrechten für Dritte; Vergabe von Lizenzen an gewerblichen Schutz- und Urheberrechten; Verwertung und Verwaltung von Rechten für Übertragungen in Rundfunk, Fernsehen, [X.] und Mobilfunk; Vermittlung, Verwertung und Verwaltung von Rechten an Presse-, Rundfunk-, [X.]-, Mobilfunk- und Fernsehbeiträgen zur Verwendung auf Ton- und Bildträgern; Vermittlung, Verwertung und Verwaltung von Rechten an Zeitungs- und Zeitschriftenbeiträgen; Verwertung von Film- und Fernsehnebenrechten im Wege des Merchandising"

wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, bei dem angemeldeten Zeichen "[X.]" handle es sich schon seit langem um den bekannten und gebräuchlichen Namen eines Preises bzw. einer Auszeichnung für einen besonders häufig verkauften Tonträger. Schon seit den 70er- und 80er-Jahren seien - wie auch heute noch - für Schallplatten, die in besonders hoher Auflagenzahl verkauft wurden, "[X.]" verliehen worden. So existierten seit 1976 Richtlinien für die Verleihung von "([X.]) [X.]" und seit dieser Zeit seien mehr als 1700 Goldene und [X.] verliehen worden. Nach alledem könne kein Zweifel daran bestehen, dass das angesprochene Publikum die Bezeichnung "[X.]" als beschreibenden Hinweis auf einen besonders häufig verkauften und daher mit einer [X.] ausgezeichneten Tonträger kenne.

Im Hinblick auf die Waren der [X.] sei die eingetragene Marke "[X.]" mithin geeignet, in allgemein verständlicher Form darauf hinzuweisen, dass es sich um besonders erfolgreiche, mit einer [X.] ausgezeichnete Produkte handle.

Das angemeldete Zeichen werde von den angesprochenen Käuferkreisen aber auch in Bezug auf die Waren der [X.] nur als beschreibender Hinweis darauf verstanden, dass die betreffenden [X.] entweder Informationen über den Inhalt der mit einer [X.] ausgezeichneten Tonträger enthielten oder dass es sich um Druckwerke handle, die sich mit dem Thema "[X.]" befassten. Auch für die angemeldeten Dienstleistungen "Veröffentlichung und Herausgabe von [X.]" sei ein beschreibender Begriffsinhalt der Bezeichnung "[X.] Schallplatte" zu unterstellen, da diese ihrem Wesen nach in unmittelbarer Beziehung zu den gedruckten Produkten aus [X.] stünden. Das Publikum werde den Aussagegehalt des angemeldeten Zeichens als allgemein verständliche Beschreibung des Gegenstands der Verlagsdienstleistungen verstehen und ohne weitere Überlegung auf die Dienstleistungen selbst beziehen.

Desgleichen vermittle die angemeldete Bezeichnung in Verbindung mit den Waren "Spiele und Computerspiele" nur die Vorstellung einer beschreibenden Angabe, die auf das Thema und den Gegenstand dieser Waren hinweise.

Bezüglich der Dienstleistungen der Klasse 35 weise die Bezeichnung "[X.] Schallplatte" lediglich darauf hin, dass für diesen bekannten Musikpreis bzw. für mit einer [X.] ausgezeichnete Produkte publikumswirksam geworben und/oder vermarktet werde.

Bei den Dienstleistungen der [X.] handle es sich nicht lediglich um technische Dienstleistungen, vielmehr werde mit Hinweis auf Informations- und Kommunikationsdienste deutlich, dass sie über den rein technischen Datenaustausch hinausgehende inhaltliche Bezüge herstellten. Darüber hinaus werde das Publikum das Zeichen angesichts des engen Sachzusammenhangs zwischen den technischen Übertragungsdienstleistungen im Bereich der Telekommunikation und den übermittelten Inhalten auch insoweit nur als Inhalts- und Themenangabe auffassen.

"[X.]" sei auch in Bezug auf die übrigen Dienstleistungen der [X.] nicht geeignet, als Hinweis auf die Herkunft dieser Dienstleistungen aus einem ganz bestimmten Unternehmen aufgefasst zu wirken. Das Publikum werde hier einen inhaltsbeschreibenden Hinweis auf den Gegenstand dieser Dienstleistungen sehen, nämlich auf Veranstaltungen anlässlich der Verleihung von [X.].

Schließlich könnten sich auch die Dienstleistungen der [X.] als Dienstleistungen im Bereich der gewerblichen Schutz- und Urheberrechte, auf die mit einer [X.] ausgezeichneten Tonträger, für die Lizenzen vergeben werden sollen, bzw. die Preisverleihung an sich beziehen.

Vor diesem Hintergrund sei das angemeldete Zeichen nicht als markenmäßige Kennzeichnung für die versagten Waren und Dienstleistungen geeignet, da davon auszugehen sei, dass weite Teile des angesprochenen inländischen Publikums in dem Zeichen "[X.] Schallplatte" in naheliegender Weise einen sachbezogenen Hinweis auf die Art, den Inhalt, den Gegenstand sowie die thematische Ausrichtung der in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen sehen würden.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt,

den Beschluss der Markenstelle vom 24. März 2010 in dem Umfang aufzuheben, in dem die Anmeldung zurückgewiesen wurde, und die angemeldete Marke in vollem Umfang mit Ausnahme der Waren "Schallplatten" einzutragen.

Sie hält die Marke für unterscheidungskräftig. Die Bezeichnung "[X.]" beschreibe die versagten Waren und Dienstleistungen nicht unmittelbar. Das Publikum werde keinen engen beschreibenden Bezug zwischen der angemeldeten Bezeichnung und den beanspruchten Waren und Dienstleistungen mit Ausnahme von Schallplatten erfassen. Der bekannte Preis "[X.]" werde nicht für ein Produkt, sondern für einen Künstler vergeben.

Die von der Markenstelle zur Begründung ihrer Entscheidung zitierte Entscheidung des 27. Senats in dem Verfahren 27 W (pat) 212/00 - Platin Records sei schon damals unzutreffend gewesen und im Übrigen mit der neueren Rechtsprechung des [X.] und des [X.] nicht (mehr) vereinbar. Außerdem sei der vorliegende Fall anders gelagert.

Die Anmelderin stützt ihr Eintragungsbegehren auf zwei Entscheidungen des 32. Senats des [X.] in den Verfahren 32 W (pat) 26/02 und 32 W (pat) 116/04 zu "[X.]" und "[X.]" für diverse Lebensmittel.

II

Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Das [X.] entscheidet über Beschwerden in Markensachen grundsätzlich im schriftlichen Verfahren (§ 69 [X.]) und ohne zeitliche Bindung. Die Anmelderin hat eine mündliche Verhandlung nicht beantragt. Nach Wertung des Senats ist diese auch nicht sachdienlich.

2. Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg, weil der angemeldeten Marke in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] fehlt. Die Markenstelle hat zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen anschließt, angenommen, dass der Eintragung der angemeldeten Marke für die beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegensteht.

a) Unterscheidungskraft im Sinn dieser Vorschrift ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassen Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen. Die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (st. Rspr.; [X.] GRUR Int. 2005, 1012, [X.]. 27 ff. - BioID; [X.] GRUR 2006, 850, 854 - [X.]). Die Schutzfähigkeit als Marke ist dabei stets anhand der angemeldeten Bezeichnung in ihrer Gesamtheit zu beurteilen (vgl. [X.]/ [X.], [X.], 9. Aufl., § 8 Rn. 18).

Die Prüfung, ob das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft vorliegt, muss - seitens der Markenstelle ebenso wie in der Beschwerdeinstanz - streng, vollständig, eingehend und umfassend sein (vgl. [X.] GRUR 2004, 644 - Postkantoor). Beschreibende Angaben versteht der Verbraucher nicht als Unterscheidungsmittel hinsichtlich der betrieblichen Herkunft (vgl. [X.] GRUR 2001, 1151 - marktfrisch).

Ist - wie hier - die Unterscheidungskraft einer Wortfolge zu beurteilen, so bestehen grundsätzlich keine abweichenden Anforderungen gegenüber anderen Wortmarken. Bei einer aus mehreren Wörtern bestehenden Marke ist auf die Bezeichnung in ihrer Gesamtheit abzustellen (vgl. [X.] GRUR 2001, 162 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Wortfolgen sind dann nicht unterscheidungskräftig, wenn es sich um beschreibende Angaben oder um Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art handelt (vgl. z. B. [X.] BlPMZ 2000, 161 - Radio von hier).

b) Dies ist vorliegend der Fall. Die Bezeichnung "[X.]" ist eine Auszeichnung, die an Musiker und Komponisten für den Verkauf einer Mindestanzahl von Ton- oder Bildträger im Inland verliehen wird, wobei alle Formate ([X.], LP, [X.], [X.], Downloads, [X.], etc.) gezählt werden. Wesentlichen Teilen des inländischen Publikums wird diese Bedeutung der streitgegenständlichen Marken bekannt sein.

Der Senat hält die Marke in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen nicht für unterscheidungskräftig, da diese ausnahmslos anlässlich einer Preisverleihung der "[X.]" angeboten bzw. erbracht werden können. Dass der Preis der [X.] an einen Künstler vergeben wird, ändert entgegen der Auffassung der Anmelderin nichts daran, dass Waren und Dienstleistungen einen Bezug zur Preisverleihung haben können, wenn sie anlässlich der Preisverleihung angeboten bzw. erbracht werden.

Bezüglich der Waren der [X.] weist die Bezeichnung darauf hin, dass es sich hierbei um erfolgreiche Produkte handelt, die zur Verleihung eines entsprechenden Preises geführt haben. Dass die Anmelderin in ihrer Beschwerdebegründung auf den Schutz für Schallplatten verzichtet hat, führt zu keiner anderen Beurteilung, da die Preisverleihung für unterschiedliche Formate der Ton- und Bildträger erfolgt und dieser Oberbegriff weiterhin beansprucht wird. Nicht unterscheidungskräftig ist die angemeldete Bezeichnung auch für Smartcards, die beispielsweise dafür benötigt werden, entsprechende Fernsehsendungen über die Preisverleihung im Bezahlfernsehen zu empfangen.

Bezüglich der [X.] der [X.] und die damit in Verbindung stehenden Dienstleistungen der [X.] "Veröffentlichung und Herausgabe von [X.]", der Waren der Klasse 28 und der Dienstleistungen der Klassen 35, 38, 41 und 45 wird das Publikum der Bezeichnung "[X.] Schallplatte" lediglich einen inhaltsbeschreibenden Hinweis auf den Gegenstand, das Thema, der Waren und Dienstleistungen entnehmen, nämlich dass diese sich mit den sog. Preisverleihungen befassen.

c) Eine andere Beurteilung ergibt sich entgegen der Auffassung der Anmelderin auch nicht aus den Entscheidungen des [X.] in den Verfahren 32 W (pat) 26/02 - [X.] und 32 W (pat) 116/04 - [X.]. Der Senat hält die Marken bereits nicht für vergleichbar, da die englischsprachigen Marken keine feststehende Bezeichnung oder Phrase enthalten und jeweils für Lebensmittel beansprucht wurden, während die streitgegenständliche [X.] Marke für Waren und Dienstleistungen beansprucht wird, die jeweils einen Bezug zu der in [X.] unter diesem Namen bekannten Preisverleihung haben können.

3. Ob der Eintragung zusätzlich das Schutzhindernis der Merkmalsbezeichnung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegensteht, kann als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben.

Meta

27 W (pat) 560/10

27.09.2011

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 27.09.2011, Az. 27 W (pat) 560/10 (REWIS RS 2011, 3007)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 3007

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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