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PDF anzeigen[X.]/03vom17. Juli 2003in der [X.] 2 -Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 17. Juli 2003 gemäß § 349Abs. 4 StPO beschlossen:Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 2. August 2002 mit den zugehörigenFeststellungen aufgehoben.Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auchüber die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere [X.]des [X.] zurückverwiesen.Gründe:Das [X.] hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in zweiFällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten ver-urteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat mit einer Verfah-rensrüge Erfolg: [X.] hat handschriftlich von der Zeugin [X.]niedergelegte Schriftstücke, vornehmlich Briefe, zur Beweisführung gegenden die Taten bestreitenden Angeklagten verwendet, die nicht vollen UmfangsGegenstand der Beweiserhebung waren.Zu Recht beanstandet die Revision, daß das [X.] bei seiner [X.] Beweismittel verwertet, die es nicht prozeßordnungsgemäß in [X.] eingeführt hat und deshalb seine Überzeugung von der Tä-terschaft des Angeklagten nicht vollständig aus dem Inbegriff der [X.] geschöpft hat (§ 261 StPO).- 3 -1. [X.] stellt für die Beurteilung der Glaubhaftigkeit derAussage der Zeugin [X.] , der Schwiegertochter des Angeklagten und [X.] zufolge Opfer der Vergewaltigungen, maßgeblich auch daraufab, daß der Angeklagte der Zeugin mehrere Briefe und eine Bestätigung "[X.] Wort" diktiert habe. Die Verteidigung hatte diese Texte im Verfahren - zumTeil in Kopie - vorgelegt, um zu belegen, daß die Zeugin [X.] sich [X.] eigenen Eltern gewandt habe und daß sie Gerüchten [X.], sie werde in der Familie ihres Ehemannes und ihres Schwiegervaters - [X.] - isoliert und schlecht behandelt. [X.] hat hingegen [X.], sie habe die Schriftstücke auf Veranlassung des [X.]; dieser habe ihr die Texte, die auch unzutreffende Behauptungen ent-halten hätten, Wort für Wort diktiert. [X.] hat die Aussage[X.] s für glaubhaft erachtet. Sie ist ihr auch insoweit gefolgt, als sie be-kundet hat, der Angeklagte habe sie angehalten, die Texte zu schreiben undihr diese wörtlich diktiert. Dabei stützt sich die [X.] auf das aussage-psychologische Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. S. , dem die Texteder Zeugin [X.] als Anknüpfungstatsachen zur Verfügung standen; darüberhinaus nimmt sie aber auch eine eigenständige Bewertung der Schriftsückevor. Sie hebt hervor, daß —die Formulierungen, der Satzbau und die gesamteDiktion der Briefe ([X.] und 101/106 d.A.)fi eindeutig dagegen sprächen,daß diese dem Inhalt nach von [X.] stammten ([X.] 152).2. Die in Rede stehenden, handschriftlich von der Zeugin [X.] ver-faßten Urkunden sind in den Urteilsgründen vollständig in Ablichtung [X.] ("hineinkopiert"; [X.] 14 a bis 14 n) worden. In der Beweisaufnahmesind sie laut Protokoll überwiegend nur "auszugsweise" verlesen worden (§249 Abs. 1 Satz 1 StPO). Die verlesenen Teile wurden dabei - entgegen § 273Abs. 1 StPO (vgl. [X.] in Löwe/[X.] StPO 25. Aufl. § 273 Rdn. 16)- 4 -nicht bezeichnet. Im Hinblick auf die insoweit unklare Sitzungsniederschrift hatder Senat auf entsprechenden Vortrag der Revision im Wege des [X.] Umfang der Verlesung Dienstliche Äußerungen der berufsrichterlichenMitglieder der [X.] eingeholt. Diese ergaben, daß weite Teile [X.] nicht Gegenstand der Urkundsbeweiserhebung waren.3. [X.] hat damit ihre Überzeugung von der Täterschaft [X.] nicht allein aus dem Inhalt der Hauptverhandlung geschöpft(§ 261 StPO).a) Die von [X.] niedergelegten Texte sind in ihrer Deutung tragendeElemente der Beweisführung des [X.]. Sie sind mehrere Seiten lang;die [X.] stellt auf die Formulierungen, namentlich den Satzbau undden Stil ab. Sie durften daher nicht nur im Wege der Zeugenaussage auf Vor-halt hin und als Anknüpfungstatsachen durch das Sachverständigengutachtenin die Beweisaufnahme eingeführt werden; sie bedurften vielmehr des Ur-kundsbeweises, wenn die [X.] unmittelbar auf sie zurückgreifen undnicht nur das Sachverständigengutachten als Beweismittel heranziehen wollte(vgl. BGHSt 11, 159).b) [X.] hat die Texte auch zum Zwecke des Beweises ver-wertet, nicht nur zur Vervollständigung der Urteilsgründe mit nicht beweisbe-dürftigen Tatsachen (vgl. BGHSt 11, 159, 162). Die Formulierungen der [X.] für die Bewertung herangezogen, daß diese in ihrem gedanklichen In-halt und in der Fassung vom Angeklagten herrühren und dieser sie der Zeugin[X.] diktiert habe. Dies aber ist mittragend dafür, daß die [X.] dieAussage [X.] s für glaubhaft erachtet [X.] -4. Der Senat vermag nicht auszuschließen, daß das Urteil auf dem [X.] beruht.Die Existenz, den Inhalt und die eigenhändige Niederschrift der [X.] durch die Zeugin [X.] haben Verteidigung und Angeklagter zwar nichtbestritten, vielmehr die Schriftstücke als von [X.] verfaßt vorgelegt. Für [X.] ist es danach aber weiter darauf angekommen, ob die Textenach Formulierung und Diktion vom Angeklagten diktiert waren und auch ge-danklich von ihm stammten, wie die Zeugin [X.]bekundet hat. Daß für die [X.] hier möglicherweise schon die auszugsweise Verlesung weiterTeile der Schriftstücke und das Sachverständigengutachten eine hinreichendtragfähige Beweisgrundlage hätten abgeben können, muß dahingestellt blei-ben. [X.] hat die Texte vollständig in die [X.] sie damit von Anfang bis Ende beweiskräftig festgestellt. Sie hat sie - ne-ben dem Sachverständigengutachten - einer Würdigung unterzogen, bei [X.] u.a. auf die "gesamte Diktion" abhebt und in Klammern zudem die Blatt-zahlen der Aktenfundstellen zitiert, welche die Schriftstücke vollumfänglich be-zeichnen. Daraus erhellt, daß sie bei ihrer Beweiswürdigung auf die gesamtenUrkunden zugegriffen hat.An dieser Bewertung mußten die beiden Schöffen teilhaben, die [X.] gleichwertig ausüben, denen aber der "Blick in die Akten" grund-sätzlich verwehrt ist. Unter diesen Umständen steht fest, daß die [X.] -unter Mitwirkung der Schöffen - die Überzeugung von der Täterschaft des [X.] auch auf der Grundlage der vollständigen, originalgetreu im Wegeder Ablichtung in die Urteilsgründe aufgenommenen in Rede stehendenSchriften der Zeugin [X.] gewonnen hat, diese aber nicht vollständig Ge-genstand einer prozeßordnungsgemäßen Beweiserhebung [X.] 6 -Das angefochtene Urteil unterliegt infolgedessen der Aufhebung; [X.] bedarf neuer Verhandlung und Entscheidung.[X.]Schluckebier Herr RiBGH [X.] ist in Urlaub und deshalb an der Unterschrift gehindert. Nack Hebenstreit Frau Richterin am [X.]ist in Urlaub und deshalb an der Unterschrift ge- hindert. Nack
Meta
17.07.2003
Bundesgerichtshof 1. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.07.2003, Az. 1 StR 34/03 (REWIS RS 2003, 2242)
Papierfundstellen: REWIS RS 2003, 2242
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