Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.09.2016, Az. I ZR 20/15

1. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 5496

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Gemeinsame Vergütungsregeln für die Einräumung von Nutzungsrechten: Repräsentativität der zur Aufstellung von gemeinsamen Vergütungsregeln zugelassenen Vereinigung


Leitsatz

GVR Tageszeitungen III

1. Aus den in § 36 Abs. 2 UrhG geregelten allgemeinen Voraussetzungen für die zur Aufstellung von gemeinsamen Vergütungsregeln zugelassenen Vereinigungen (Repräsentativität, Unabhängigkeit und Ermächtigung) kann sich ein eingeschränkter (räumlicher) Anwendungsbereich der gemeinsamen Vergütungsregel ergeben.

2. Das Erfordernis der Repräsentativität ist im Hinblick auf den Sinn und Zweck des § 36 Abs. 2 UrhG auszulegen. Das Merkmal soll mit Blick auf die weitreichende Vermutung der Angemessenheit im Sinne von § 32 Abs. 2 Satz 1 UrhG sicherstellen, dass mit der Aufstellung von gemeinsamen Vergütungsregeln kein Missbrauch betrieben wird, sondern diese nur von Vereinigungen vereinbart werden, welche die Gewähr für eine sachorientierte und interessengerechte Festlegung von angemessenen Regeln bieten. Vor diesem Hintergrund ist es erforderlich, dass der jeweiligen Vereinigung entweder nach ihrer Anzahl und Größe oder nach ihrer Marktbedeutung eine tatsächliche Position zukommt, die es rechtfertigt, im konkreten Fall in legitimer Weise "für die Branche zu sprechen".

3. Nach diesen Maßstäben scheidet eine formale Betrachtung aus, wonach gemeinsame Vergütungsregeln mit bundesweiter Bedeutung allein durch bundesweit tätige Vereinigungen abgeschlossen werden und regional tätige Verbände nur im Hinblick auf ihr Regionalgebiet repräsentativ sein können. Bei der gebotenen Anwendung eines gemischt qualitativen und quantitativen Maßstabs kann auch ein Regionalverband über die Grenzen seines Tätigkeits- oder Mitgliederbereichs hinaus repräsentativ im Sinne von § 36 Abs. 2 UrhG sein.

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 22. Dezember 2014 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht die Berufung des [X.] als unbegründet zurückgewiesen hat.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger war hauptberuflich als freier Journalist für die Beklagte, die in [X.] die Tageszeitung "[X.]er Neueste Nachrichten" herausgibt, tätig.

2

Im Zeitraum vom 1. Februar 2010 bis zum 14. Mai 2011 hat der Kläger die gesamte Sportberichterstattung für die Tageszeitung der [X.] übernommen. Die Beklagte veröffentlichte in diesem Zeitraum insgesamt 275 vom Kläger verfasste Beiträge. Der Kläger erhielt dafür jeweils am Monatsende ein sogenanntes "Anstrichhonorar" in Höhe von 0,40 € pro Zeile.

3

Der Kläger ist der Ansicht, die erhaltene Vergütung sei nicht angemessen. Er hat die Beklagte auf Zahlung einer angemessenen Vergütung (§ 32 [X.]) in Höhe von 3.030,15 € sowie auf Zahlung von vorprozessualen Rechtsverfolgungskosten in Anspruch genommen. Außerdem hat er die Erteilung einer Auskunft über weitere Nutzungen seiner Artikel und die Feststellung begehrt, dass die Beklagte für alle weiteren vorgenommenen Nutzungshandlungen vergütungspflichtig ist.

4

Das [X.] hat die Klage abgewiesen (LG [X.], [X.], 157). Das Berufungsgericht hat die Berufung des [X.] als unzulässig verworfen, soweit er die Zahlung von vorprozessualen Rechtsverfolgungskosten begehrt hat; im Übrigen hat es seine Berufung zurückgewiesen ([X.], [X.], 165). Gegen das Berufungsurteil richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des [X.], mit der er seine Anträge auf Zahlung - mit Ausnahme der vorprozessualen Rechtsverfolgungskosten -, Auskunftserteilung und Feststellung der Vergütungspflicht weiterverfolgt. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

5

A. Das Berufungsgericht hat angenommen, dem Kläger stünden der geltend gemachte Vergütungsanspruch gemäß § 32 [X.] sowie die daran anknüpfenden Folgeansprüche auf Auskunft und Feststellung nicht zu. Zur Begründung hat es ausgeführt:

6

Der Kläger habe nicht dargelegt, dass das von ihm mit der Beklagten zumindest konkludent vereinbarte vertragliche Zeilenhonorar in Höhe von 0,40 € nicht angemessen sei. Er habe sich zur Begründung der Angemessenheit der von ihm geltend gemachten Vergütung in Höhe von 0,55 € pro Zeile allein auf die Honorarsätze gemäß den Gemeinsamen [X.]n für freie hauptberufliche Journalistinnen und Journalisten an Tageszeitungen vom 29. Januar 2010 (nachfolgend: [X.]) gestützt. Der Kläger habe aber nicht dargelegt, dass die weiteren Voraussetzungen für die Anwendung der [X.] auf die zwischen den Parteien geschlossenen Vereinbarungen vorlägen. Im Hinblick auf [X.] Zeitungsverlage fehle es an dem erforderlichen Merkmal der Repräsentativität. Der beim Abschluss der [X.] auf [X.] tätige [X.] (nachfolgend: [X.]) sei nicht im eigenen Namen, sondern lediglich als Vertreter von westdeutschen Landesverbänden tätig geworden. Durch diese sei die [X.] Zeitungsbranche mit ihren strukturellen Besonderheiten nicht repräsentiert worden. Eine analoge Anwendung der [X.] komme im Streitfall nicht in Betracht, weil ansonsten die Anwendungsvoraussetzung der Repräsentativität leerliefe und es zudem wegen der Möglichkeit der Aufstellung von gemeinsamen [X.]n für [X.] an einer Regelungslücke fehle. Aufgrund der strukturellen Unterschiede zwischen der westdeutschen und der [X.]n Zeitungsbranche könnten die Bestimmungen der [X.] auch nicht im Wege der Schätzung gemäß § 287 ZPO als Indiz für eine angemessene Vergütung herangezogen werden.

7

B. Die hiergegen gerichtete Revision des [X.] ist begründet. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann der auf Zahlung einer angemessenen Vergütung gemäß § 32 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 [X.] gerichtete Antrag des [X.] nicht verneint werden. Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen tragen nicht seine Annahme, der Kläger könne sich nicht auf die unwiderlegliche Vermutung der Angemessenheit der von ihm geltend gemachten Vergütung gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1, § 36 [X.] in Verbindung mit den [X.] stützen (dazu unter [X.]). Die Beurteilung des [X.], die [X.] könnten auch nicht für die gemäß § 32 Abs. 2 Satz 2 [X.] nachrangig vorzunehmende Prüfung aller relevanten Umstände als Orientierungshilfe herangezogen werden, hält der rechtlichen Nachprüfung ebenfalls nicht stand (dazu unter [X.]I).

8

I. Nach der gesetzlichen Systematik unterliegt die Prüfung der Angemessenheit der Vergütung gemäß § 32 [X.] einer bestimmten Reihenfolge. Vorrangig ist zu fragen, ob sich Kriterien für eine angemessene Vergütung aus einem Tarifvertrag ergeben (§ 32 Abs. 4, § 36 Abs. 1 Satz 3 [X.]). Ist eine tarifvertragliche Regelung - wie im Streitfall - nicht anwendbar, ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer gemeinsamen [X.] im Sinne von § 36 [X.] vorliegen und damit die unwiderlegliche Vermutung der Angemessenheit gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1 [X.] eingreift. Ist eine gemeinsame [X.] nach den darin aufgestellten persönlichen, sachlichen, räumlichen oder zeitlichen Voraussetzungen nicht anwendbar, kommt auch eine Vermutungswirkung gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1 [X.] nicht in Betracht. Die angemessene Vergütung ist dann gemäß § 32 Abs. 2 Satz 2 [X.] nach einer Abwägung der Umstände des Einzelfalls zu bestimmen ([X.], Urteil vom 21. Mai 2015 - [X.], [X.], 62 Rn. 13 = [X.], 354 - [X.] I, mwN).

9

II. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass sich der Kläger zur Begründung seines [X.] nicht auf die unwiderlegliche Vermutung der Angemessenheit der von ihm geltend gemachten Vergütung gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1, § 36 [X.] in Verbindung mit den [X.] stützen kann. Es ist davon ausgegangen, dass im Streitfall zwar die Anwendungsvoraussetzungen der [X.] in zeitlicher und persönlicher Hinsicht vorliegen. Es ist aber weiter davon ausgegangen, der [X.] sei als Vertreter der einzeln aufgeführten Landesverbände aufgetreten. Die an der Aufstellung der [X.] beteiligten Landesverbände deckten nicht das gesamte Gebiet [X.] ab, sondern seien auf die westdeutschen Bundesländer beschränkt. Der Sache nach ist das Berufungsgericht daher davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für die Anwendung der [X.] in räumlicher Hinsicht im Streitfall nicht vorliegen. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision nicht stand.

1. Das Berufungsgericht hat den persönlichen Anwendungsbereich des [X.] für eröffnet angesehen. Der Kläger sei im streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. Februar 2010 bis zum 14. Mai 2011 hauptberuflich als freier Journalist an einer Tageszeitung im Sinne von § 1 Abs. 1 [X.] tätig gewesen, und die Beklagte habe die Beiträge des [X.] in ihrer Tageszeitung verwendet und sei daher als [X.]in im Sinne von § 36 [X.] anzusehen. Gegen diese für sie günstige Beurteilung erhebt die Revision keine [X.]. Da sich die Klageanträge auf den Zeitraum nach Inkrafttreten der [X.] am 1. Februar 2010 beschränken, liegen die Anwendungsvoraussetzungen auch in zeitlicher Hinsicht vor (vgl. dazu [X.], [X.], 62 Rn. 14 - [X.] I).

2. Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des [X.], die [X.] seien in räumlicher Hinsicht nicht auf das Vertragsverhältnis der Parteien anwendbar. Diese Beurteilung wird von den bislang vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht getragen.

a) Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass sich aus dem Wortlaut der in den [X.] getroffenen Bestimmungen eine Einschränkung des räumlichen Anwendungsbereichs ergibt. Insbesondere hat es nicht festgestellt, in den [X.] sei bestimmt, dass deren Anwendungsbereich nicht Zeitungsverlage umfasst, die - wie die Beklagte - im Bundesland [X.] ansässig sind. Solche Bestimmungen zum räumlichen Anwendungsbereich sind den [X.]n nicht zu entnehmen. Abweichendes ergibt sich auch nicht daraus, dass es in einer Fußnote zur Eingangsformel der [X.] heißt, die Vollmacht des [X.] erstrecke sich nicht auf das Bundesland [X.]. Einen Erklärungswert dahingehend, dass es auch für [X.] an einer Vollmacht des [X.] fehle, hat die Anmerkung in der Fußnote nicht.

b) Eine sich auf das Vertragsverhältnis der Parteien auswirkende räumliche Einschränkung des Geltungsbereichs der [X.] ergibt sich nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen auch nicht aus dem Umstand, dass den auf der Seite der [X.] an der Vereinbarung der [X.] beteiligten Vereinigungen im Hinblick auf [X.] die Repräsentativität gemäß § 36 Abs. 2 [X.] gefehlt hat.

aa) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Kläger habe nicht dargelegt, dass die [X.] für die zwischen den Parteien geschlossene Vereinbarung Wirkung entfalten. Im Hinblick auf [X.] Zeitungsverlage fehle es an dem gemäß § 36 Abs. 2 [X.] erforderlichen Merkmal der Repräsentativität. Der beim Abschluss der [X.] auf [X.] tätige [X.] sei nicht im eigenen Namen, sondern lediglich als Vertreter von westdeutschen Landesverbänden tätig geworden. Durch diese westdeutschen Verbände sei die [X.] Zeitungsbranche mit ihren strukturellen Besonderheiten nicht repräsentiert worden. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

bb) Das Berufungsgericht ist allerdings mit Recht davon ausgegangen, dass die Darlegungs- und Beweislast für die Frage des wirksamen Zustandekommens einer gemeinsamen [X.] denjenigen trifft, der sich auf diese Regel beruft (vgl. [X.] in Dreier/[X.], [X.], 5. Aufl., § 36 Rn. 16 mwN). Es ist ferner - von der Revision unbeanstandet - in seinem rechtlichen Ausgangspunkt der Sache nach zutreffend davon ausgegangen, dass sich ein eingeschränkter (räumlicher) Anwendungsbereich aus den in § 36 Abs. 2 [X.] geregelten allgemeinen Anforderungen an die für die Aufstellung von gemeinsamen [X.]n zugelassenen Vereinigungen ergeben kann.

Gemäß § 36 Abs. 2 [X.] müssen die Vereinigungen von Urhebern und [X.]n, die gemäß § 36 Abs. 1 [X.] gemeinsame [X.]n aufstellen, repräsentativ, unabhängig und zur Aufstellung gemeinsamer [X.]n ermächtigt sein. Diese Voraussetzungen sollen gewährleisten, dass nur solche [X.]n die weitreichende Rechtsfolge einer unwiderleglichen Vermutung der Angemessenheit im Sinne von § 32 Abs. 2 Satz 1 [X.] begründen, die von Vereinigungen vereinbart werden, welche die Gewähr für eine sachorientierte und interessengerechte Festlegung von angemessenen Regeln bieten (vgl. [X.] in Dreier/[X.] aaO § 36 Rn. 17; [X.]/Haedicke in Schricker/[X.], [X.], 4. Aufl., § 36 [X.] Rn. 52). Mit den in § 36 Abs. 2 [X.] aufgestellten Voraussetzungen soll verhindert werden, dass [X.], unbedeutende Gruppierungen gutgläubig oder in manipulativer Absicht, gegebenenfalls sogar im Zusammenspiel mit ihren Verhandlungspartnern, untaugliche oder unangemessene [X.]n aufstellen ([X.]/Haedicke in Schricker/[X.] aaO § 36 [X.] Rn. 52). Daraus folgt, dass sich aus den Merkmalen der Repräsentativität, Unabhängigkeit und der Ermächtigung im Einzelfall Grenzen für die Vermutung der Angemessenheit der [X.] im Sinne von § 32 Abs. 2 Satz 1 [X.] ergeben können (vgl. auch die Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern, BT-Drucks. 14/6433, [X.]). Dies kann grundsätzlich auch im Hinblick auf die räumliche Geltung einer gemeinsamen [X.] anzunehmen sein, etwa wenn eine Vereinigung nur zum Abschluss einer räumlich begrenzten [X.] ermächtigt worden ist oder die Voraussetzungen der Repräsentativität nur für ein bestimmtes Gebiet vorliegen und deshalb nach den relevanten Umständen, insbesondere den örtlichen Gegebenheiten, nicht davon ausgegangen werden kann, die entsprechende Vereinigung könne eine sach- und interessengerechte Vereinbarung auch für Urheber oder [X.] in anderen Gebieten verhandeln und abschließen.

cc) Die Revision rügt vergeblich, das Berufungsgericht habe sich nicht mit der Frage befasst, ob der [X.] auch für die [X.]n Bundesländer als repräsentativ anzusehen sei. Auf diese Frage kommt es vorliegend nicht an.

Das Berufungsgericht hat angenommen, für die Beurteilung der Repräsentativität sei nicht allein auf den [X.] als Dachverband abzustellen. Der [X.] sei ausweislich des Rubrums der [X.] nicht im eigenen Namen, sondern als Vertreter der dort im Einzelnen aufgeführten Landesverbände aufgetreten. Maßgeblich für die Frage der Repräsentativität sei daher allein, ob die an der Aufstellung beteiligten Landesverbände die Gepflogenheiten der betreffenden Branche, hier der Zeitungsverleger, für das gesamte [X.] eindeutig widerspiegelten. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

Nach den allgemeinen Grundsätzen ist für die an die Person anknüpfenden [X.] von Rechtsgeschäften auf den Vertragspartner und nicht auf den von ihm eingesetzten Vertreter abzustellen. Abweichendes lässt sich der Bestimmung des § 36 [X.] nicht entnehmen. Es ist zudem sachgerecht, dass regionale Vereinigungen von Urhebern oder [X.]n nicht jeweils einzeln Verhandlungen über die Aufstellung von gemeinsamen [X.]n aufnehmen, sondern sich im Interesse einer möglichst einheitlichen Handhabung von [X.]n zusammenschließen und sich bei der Verhandlung und beim Abschluss der Vereinbarung von ihrem Dachverband vertreten lassen.

Die Revision macht vergeblich geltend, der [X.] habe vorbehaltlos als Vereinigung der [X.] an der Aufstellung der [X.]n mitgewirkt und daher zu verstehen gegeben, dass er zur Aufstellung von [X.]n befugt und bereit sei, so dass interne Restriktionen und Vorbehalte einzelner Mitglieder zurückzutreten hätten. Diese Sichtweise berücksichtigt nicht, dass der [X.] nicht im eigenen Namen, sondern als Vertreter verschiedener Landesverbände aufgetreten und deshalb auf die Landesverbände abzustellen ist. Die Revision trägt auch nicht vor, dass der [X.] - trotz seiner im Rubrum der [X.] offengelegten Stellung als "Vertreter der nachfolgend genannten Mitgliedsverbände" - selbst als Partei der Vereinbarung anzusehen ist.

[X.]) Mit Erfolg wendet sich die Revision aber gegen die Annahme des [X.], es fehle an dem Merkmal der Repräsentativität, weil der [X.] beim Abschluss der [X.] in Stellvertretung nur für westdeutsche Landesverbände aufgetreten sei.

(1) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die an der Aufstellung der [X.] beteiligten (westdeutschen) Landesverbände des [X.] repräsentierten nicht den gesamtdeutschen Zeitungsverlegermarkt. Die gemeinsamen [X.]n könnten deshalb auch nicht Wirksamkeit für diejenigen [X.]n Zeitungsverlegerverbände beanspruchen, die an der Aufstellung der [X.] nicht beteiligt gewesen seien. Damit eine [X.] bundesweit Geltung beanspruchen könne, müsse regelmäßig auch die an der Aufstellung beteiligte Vereinigung bundesweit tätig sein. Die durch den [X.] vertretenen Mitgliedsverbände seien jedoch nicht bundesweit tätig, sondern hätten das erforderliche repräsentative Gewicht nur innerhalb ihres bestimmten geografischen Gebiets, in dem ihre jeweiligen Mitglieder ansässig seien. Neben diesen vom [X.] bei Abschluss der [X.] vertretenen Mitgliedsverbänden existierten für den Bereich [X.] weitere Verbände von [X.]. Hierzu rechneten der Verband [X.]r Zeitungsverleger und der [X.] [X.], in denen Zeitungsverlage vertreten seien, die Zeitungen in [X.] vertrieben. Bereits begrifflich könne den jeweiligen regionalen Landesverbänden des [X.] daher keine Repräsentativität für die [X.] Zeitungsbranche zukommen, wenn die [X.]n Zeitungsverleger in eigenen regionalen Verbänden organisiert seien. Dem kann nicht zugestimmt werden.

Das Erfordernis der Repräsentativität ist im Hinblick auf den Sinn und Zweck des § 36 Abs. 2 [X.] auszulegen. Das Merkmal soll mit Blick auf die weitreichende Vermutung der Angemessenheit im Sinne von § 32 Abs. 2 Satz 1 [X.] sicherstellen, dass mit der Aufstellung von gemeinsamen [X.]n kein Missbrauch betrieben wird, sondern diese nur von Vereinigungen vereinbart werden, welche die Gewähr für eine sachorientierte und interessengerechte Festlegung von angemessenen Regeln bieten und die daher im Hinblick auf die vertretene Branche nicht unbedeutend sind. Vor diesem Hintergrund ist erforderlich, dass der jeweiligen Vereinigung entweder nach ihrer Anzahl und Größe oder nach ihrer Marktbedeutung eine tatsächliche Position zukommt, die es rechtfertigt, im konkreten Fall in legitimer Weise "für die Branche zu sprechen" (vgl. [X.]/[X.], 12. Edition, Stand: 1. April 2016, § 36 [X.] Rn. 26; [X.] in Dreier/[X.] aaO § 36 Rn. 18; [X.], [X.], 203, 209 f.). Anzuwenden ist deshalb ein gemischt qualitativer und quantitativer Maßstab. Hierfür ist unter anderem die Zahl der angeschlossenen Mitglieder im Verhältnis zur Gesamtzahl der auf dem betreffenden Verwertungsgebiet tätigen Personen oder Unternehmen, ihre Größe und Marktstellung sowie die Organisationsdichte und die geografische Verteilung der Mitglieder von Bedeutung (vgl. [X.]/Haedicke in Schricker/[X.] aaO § 36 [X.] Rn. 53 mwN).

Nach diesen Maßstäben scheidet eine vom Berufungsgericht angestellte formale Betrachtung dahingehend aus, dass gemeinsame [X.]n mit bundesweiter Bedeutung allein durch bundesweit tätige Vereinigungen abgeschlossen werden und regional tätige Verbände nur im Hinblick auf ihr Regionalgebiet repräsentativ sein können. Bei der gebotenen Anwendung eines gemischt qualitativen und quantitativen Maßstabs kann eine Repräsentativität vielmehr auch einem Regionalverband über die Grenzen seines Tätigkeits- oder Mitgliederbereichs zukommen ([X.]/Haedicke in Schricker/[X.] aaO § 36 [X.] Rn. 53; [X.] in Dreier/[X.] aaO § 36 Rn. 18; [X.], [X.], 102; [X.], [X.], 203, 209; a.[X.] in [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 36 [X.] Rn. 7).

(2) Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht bislang getroffenen Feststellungen kann das Merkmal der Repräsentativität nicht deshalb verneint werden, weil besondere, nur für [X.] Zeitungsverleger geltende Umstände bestehen, die bei Abschluss der [X.] durch die westdeutschen Regionalverbände keine Berücksichtigung gefunden haben.

Allerdings können regionale Besonderheiten der Annahme einer überregionalen Repräsentativität eines Regionalverbandes entgegenstehen. Bei der Frage, ob ein Regionalverband oder - wie im Streitfall - eine als Vertragspartner auftretende Mehrzahl von regional tätigen Vereinigungen der [X.] über deren Tätigkeitsgebiete hinausreichend im Sinne von § 36 Abs. 2 [X.] repräsentativ ist, ist neben der in § 36 Abs. 1 Satz 2 [X.] angesprochenen Struktur und Größe der in den Vereinigungen repräsentierten Verwerter vor allem zu berücksichtigen, dass es für die Angemessenheit der Vergütung nach der Grundentscheidung des Gesetzgebers maßgeblich darauf ankommt, was nach Art und Umfang der eingeräumten Nutzungsmöglichkeit üblicher- und redlicherweise zu leisten ist (§ 32 Abs. 2 Satz 2 [X.]). Hierfür ist auch von Bedeutung, ob sich im Hinblick auf diese Kriterien regionale Besonderheiten feststellen lassen, die der Annahme einer überregionalen Repräsentativität von Regionalverbänden entgegenstehen. Die Revision rügt mit Recht, das Berufungsgericht habe solche relevanten regionalen Besonderheiten zwar angenommen, insoweit aber keine nachvollziehbaren Feststellungen getroffen.

Die für die Prüfung, ob die vom [X.] vertretenen [X.] im Sinne von § 36 Abs. 2 [X.] repräsentativ sind, erforderlichen Feststellungen und deren Würdigung liegen allerdings grundsätzlich auf tatrichterlichem Gebiet und sind daher in der Revisionsinstanz nur daraufhin zu überprüfen, ob die Beurteilung des [X.] von seinen Feststellungen getragen wird. Das Berufungsurteil muss jedoch eine revisionsrechtlich nachprüfbare Begründung enthalten. Erforderlich ist, dass die die tatrichterliche Würdigung tragenden tatsächlichen Umstände im Einzelnen so nachvollziehbar dargelegt werden, dass das Revisionsgericht sie überprüfen kann. Diesen Anforderungen wird die Entscheidung des [X.] nicht gerecht.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, es gebe "strukturelle Besonderheiten" hinsichtlich der [X.]n Zeitungsverlegerverbände, die bei der Aufstellung der [X.] nicht mit eingeflossen seien. Von welchen "strukturellen Besonderheiten" das Berufungsgericht insoweit konkret ausgegangen ist, lässt sich seiner Entscheidung aber nicht entnehmen. Sollte das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang - unausgesprochen - von Besonderheiten bei der Kaufkraft und dem Einkommen der Leserschaft und damit von im Vergleich zu westdeutschen Verlagen geringeren Vertriebs- und Anzeigenerlösen der [X.]n Verlage ausgegangen sein, hätte es sich zudem mit dem Vortrag des [X.] auseinandersetzen müssen, wonach der pauschale Verweis auf strukturelle Unterschiede bei der Beklagten deshalb ins Leere gehe, weil diese in [X.] und damit im Einzugsgebiet von [X.] tätig sei, welches sich hinsichtlich Kaufkraft und Einkommen der Bevölkerung nicht von den westdeutschen Bundesländern unterscheide.

Anders als das Berufungsgericht meint, kann auch nicht allein wegen des Umstands, dass in [X.] ebenfalls Zeitungsverlegerverbände existieren, angenommen werden, dass die bei Abschluss der [X.] tätigen westdeutschen Mitgliedsverbände des [X.] die Verhältnisse und Gegebenheiten des Zeitungsmarktes in [X.] nicht hinreichend widerspiegeln.

(3) Mit Erfolg wendet sich die Revision ferner gegen die Annahme des [X.], die an der Vereinbarung der [X.] beteiligten westdeutschen Mitgliedsverbände des [X.] seien deshalb nicht repräsentativ, weil in der Fußnote zur Eingangsformel der [X.] erwähnt werde, dass sich die Vollmacht des [X.] nicht auf das Bundesland [X.] erstrecke. Der Inhalt der Fußnote betrifft allein den Umfang der Vollmacht des [X.]. Damit ist nicht das Merkmal der Repräsentativität, sondern allenfalls das ebenfalls in § 36 Abs. 2 [X.] geregelte Erfordernis der Ermächtigung der Vereinigung zur Aufstellung gemeinsamer [X.]n angesprochen. Zudem lässt sich der Fußnote kein Erklärungswert zu [X.] entnehmen.

III. Das Berufungsgericht hat angenommen, die [X.] könnten "aufgrund der strukturellen Unterschiede" nicht als Indiz für eine angemessene Vergütung herangezogen werden. Dagegen wendet sich die Revision ebenfalls mit Erfolg.

1. Bei der gemäß § 32 Abs. 2 Satz 2 [X.] vorzunehmenden Prüfung, ob eine Vergütung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses dem entspricht, was im Geschäftsverkehr nach Art und Umfang der eingeräumten Nutzungsmöglichkeit, insbesondere nach Dauer und Zeitpunkt der Nutzung, unter Berücksichtigung aller Umstände üblicher- und redlicherweise zu leisten ist, können auch solche gemeinsamen [X.]ungen als Vergleichsmaßstab und Orientierungshilfe herangezogen werden, deren Anwendungsvoraussetzungen - wie vom Berufungsgericht im Streitfall angenommen - nicht (vollständig) erfüllt sind und die deshalb keine unwiderlegliche Vermutungswirkung im Sinne von § 32 Abs. 2 Satz 1 [X.] entfalten (vgl. [X.], Urteil vom 7. Oktober 2009 - [X.], [X.]Z 182, 337 Rn. 32 ff. - Talking to A[X.]ison; [X.], [X.], 62 Rn. 16 - [X.] I, mwN; [X.], 67 Rn. 9 - [X.] II). Für die indizielle Heranziehung von [X.]n im Rahmen der nach § 32 Abs. 2 Satz 2 [X.] vorzunehmenden Einzelfallabwägung ist es nicht erforderlich, dass sämtliche Voraussetzungen für die Anwendungen der [X.]ung erfüllt sind. Ausreichend ist vielmehr eine vergleichbare Interessenlage; eventuell für die Frage der Angemessenheitsprüfung bestehenden Unterschieden ist im Einzelfall durch eine modifizierte Anwendung der [X.]ung Rechnung zu tragen ([X.]Z 182, 337 Rn. 34 - Talking to A[X.]ison; [X.], [X.], 62 Rn. 21 - [X.] I).

2. Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt. Es hat zwar angenommen, "aufgrund der strukturellen Unterschiede" könnten die [X.] nicht als Indiz für eine angemessene Vergütung herangezogen werden. Dem Berufungsurteil lässt sich jedoch nicht entnehmen, von welchen "strukturellen Unterschieden" das Berufungsgericht konkret ausgegangen ist. Darüber hinaus hat es nicht geprüft, ob trotz solcher Unterschiede zumindest von einer vergleichbaren Interessenlage ausgegangen und ob gegebenenfalls bestehenden Unterschieden im Einzelfall durch eine modifizierte Anwendung der [X.]ung Rechnung getragen werden kann.

IV. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Der Einwand, die [X.] verstießen gegen das Kartellverbot gemäß Art. 101 Abs. 1 A[X.]V und könnten deshalb weder eine Bindungswirkung gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 36 [X.] entfalten noch hätten sie eine indizielle Bedeutung bei der Bestimmung einer angemessenen Vergütung gemäß § 32 Abs. 2 Satz 2 [X.], ist von der Beklagten erstmals in der Revisionserwiderung geltend gemacht worden. Insoweit fehlt es bislang insbesondere an Feststellungen des [X.] dazu, ob die [X.] geeignet sind, den Handel zwischen Mitgliedstaaten in spürbarer Weise zu beeinflussen (vgl. [X.], Urteil vom 16. Juli 2015 - [X.]/14, [X.] 2015, 802 Rn. 48 - [X.]; vgl. auch Bekanntmachung der [X.], Leitlinien über den Begriff der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags, Rn. 90 bis 92, [X.]. [X.] 2004 [X.]), und ob sie vom Anwendungsbereich des Art. 101 Abs. 1 A[X.]V ausgenommen sind, weil es sich bei den freien hauptberuflichen Journalisten im Sinne von § 1 Abs. 1 [X.] um "[X.]", das heißt Urheber handelt, die sich in einer vergleichbaren Situation wie Arbeitnehmer befinden (vgl. [X.], Urteil vom 4. Dezember 2014, [X.]/13, [X.]. 2015, 384 Rn. 31 ff. = [X.], 337 - [X.] Kunsten Informatie en Media). Zudem hatten die Parteien bislang keine Gelegenheit, zur Frage der erstmals mit der Revisionserwiderung geltend gemachten Kartellrechtswidrigkeit der [X.] vorzutragen.

V. Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Revision ferner Erfolg hat, soweit sie sich gegen die Abweisung des Auskunfts- und des Feststellungsantrags richtet. Das Berufungsgericht hat auch diese Anträge mit der Begründung zurückgewiesen, dem Kläger stehe keine weitere Vergütung gemäß § 32 [X.] zu. Gegenteiliges ergibt sich zum Auskunftsantrag - entgegen der Annahme der Revisionserwiderung - auch nicht deshalb, weil das Berufungsgericht angenommen hat, der Kläger habe nicht vorgetragen, dass das von der Beklagten gezahlte Honorar die Online-Nutzung seiner Artikel nicht abgelte. Der Auskunftsantrag ist nicht auf eine Online-Nutzung beschränkt.

C. Danach ist das angefochtene Urteil auf die Revision des [X.] aufzuheben, soweit es seine Berufung als unbegründet zurückgewiesen hat. Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

Büscher                    Schaffert                        [X.]

                [X.]

Meta

I ZR 20/15

15.09.2016

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend Brandenburgisches Oberlandesgericht, 22. Dezember 2014, Az: 6 U 30/13, Urteil

§ 32 Abs 2 S 1 UrhG, § 36 Abs 2 UrhG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.09.2016, Az. I ZR 20/15 (REWIS RS 2016, 5496)

Papier­fundstellen: NJW 2017, 819 REWIS RS 2016, 5496

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

I ZR 20/15 (Bundesgerichtshof)


I ZR 62/14 (Bundesgerichtshof)

Angemessene Urhebervergütung des Journalisten: Unmittelbare Anwendung einer gemeinsamen Vergütungsregel; indizielle Heranziehung von Vergütungsregelungen bei der …


I ZR 114/19 (Bundesgerichtshof)

Angemessenheit einer zwischen einer Fotoagentur und einem freiberuflich tätigen Fotografen für die Einräumung von Nutzungs- …


I ZR 39/14 (Bundesgerichtshof)


I ZR 62/14 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.