Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.03.2014, Az. NotZ (Brfg) 18/13

Senat für Notarsachen | REWIS RS 2014, 7058

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
[X.]([X.]) 18/13

vom

17. März 2014

in der verwaltungsrechtlichen Notarsache

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Der Senat für Notarsachen
des Bundesgerichtshofs hat am
17. März 2014
durch den Vorsitzenden [X.],
die Richter
Dr. [X.] und [X.], die Notarin Dr. Doyé sowie den Notar Dr. Strzyz

beschlossen:

Der Antrag des [X.], die Berufung gegen das Urteil des [X.] vom 5. Juni 2013 [X.], wird abgelehnt.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens
hat der Kläger zu tragen.

Gründe:

Der zulässige Antrag,
die Berufung gegen das eingangs bezeichnete Urteil zuzulassen, ist unbegründet. Entgegen der Ansicht des [X.] liegt [X.] der Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 111d Satz 2 [X.] vor.

1.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen nicht (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO i.V.m. § 111d Satz 2 [X.]). Es ist nicht davon

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auszugehen, dass der Bescheid
des Beklagten vom 10. November 2009 über die Anordnung der Geschäftsprüfung am 12.
November 2009 rechtswidrig ist und dadurch den Kläger in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 111b Abs. 1 Satz 1 [X.]).

a) Der Kläger beanstandet unter anderem, dass neben der Vizepräsiden-tin des [X.] in ihrer Eigenschaft als ständige Vertreterin des Landge-richtspräsidenten
zwei weitere
Richter mit der Geschäftsprüfung betraut [X.]. Diese
hat in der vom Kläger beanstandeten Zusammensetzung [X.], so dass die angefochtene Anordnung insoweit ihre Erledigung gefun-den hat. Zugunsten des [X.] kann aber
die Anfechtungsklage in eine Fort-setzungsfeststellungsklage
(§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO i.V.m. § 111b Abs. 1 Satz 1 [X.]) umgedeutet und auch das dafür notwendige Feststellungsinte-resse angenommen
werden, da davon auszugehen
ist, dass der Beklagte auch künftig Geschäftsprüfungen bei dem
Kläger mit gleichartiger
Besetzung durch-zuführen beabsichtigt
(vgl. Senatsbeschluss vom 3. November 2003 -
[X.] 13/03, NJW-RR 2004, 351 und juris Rn. 5).

Nach § 32 Abs. 2 Satz 1 [X.] i.V.m. § 93 Abs. 3 Satz 1 [X.] wird die Prüfung von dem [X.]präsidenten oder von [X.], die hiermit
beauftragt wurden, durchgeführt. Entgegen der Ansicht des [X.] ist das Wort "oder"
nicht dahin zu verstehen, dass nur eine der beiden Alternativen zulässig ist. Ihrem Wortsinn nach lässt die Konjunktion "oder"
auch die Kumula-tion der durch sie sprachlich verbundenen
Möglichkeiten zu. Dass diese Ver-ständnisvariante zutrifft,
ergibt sich daraus, dass ein sachlicher Grund für eine
Beschränkung der Prüfungszuständigkeit
auf den [X.]präsidenten oder

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von ihm beauftragte
Richter nicht besteht. Es
kann gerade auch im Interesse des von der Prüfung betroffenen Notars liegen, deren Ablauf zu beschleunigen, indem der (auch) selbst prüfende [X.]präsident [X.] eben-falls mit der Prüfung beauftragt.

Soweit in der angefochtenen Prüfungsanordnung zusätzlich
eine Notarin zur Geschäftsprüfung herangezogen wurde, steht dies
mit § 93 Abs. 3
Satz 2 [X.] im Einklang und wird als solches auch vom Kläger nicht beanstandet.

b) Entgegen der Ansicht des [X.] sind seine Rechte auch nicht dadurch verletzt
worden, dass insgesamt vier Personen mit der Geschäftsprü-fung betraut wurden. Es mag sein, dass die zeitweilige Anwesenheit von vier zusätzlichen Personen im Hinblick
auf die von der Geschäftsstelle
des [X.] genutzten Räumlichkeiten zu Einschränkungen und Unbequemlichkeiten bei
der Abwicklung des Kanzleibetriebs führte. Der
Kläger hat aber
nicht konkrete Umstände vorgetragen, aus denen sich ergäbe, dass diese Unzuträglichkeiten derart über das zwingend mit der Durchführung einer Geschäftsprüfung ver-bundene Maß hinausgingen, dass es unzumutbar oder unverhältnismäßig und damit
ermessensfehlerhaft war, vier Personen in seine
Kanzlei zu entsenden. Ein [X.] für einen grundrechtsrelevanten Eingriff (Art. 12 und 13 GG) besteht nicht. Soweit der Kläger die Art und Weise der Durchführung der Prüfung und insbesondere das Verhalten einzelner Beteiligter moniert, stellt dies nicht die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Prüfungsanordnung in Frage.

c) Unbegründet ist ferner die Rüge, die Vizepräsidentin des [X.] habe an der Geschäftsprüfung nicht teilnehmen dürfen, weil sie seinerzeit als Vorsitzende einer Zivilkammer noch mit der Beschwerde gegen eine Kosten-rechnung des [X.] gemäß § 156 [X.] befasst gewesen sei. Hieraus ergab 5
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sich ein Grund, die Vizepräsidentin von der Durchführung der Geschäftsprüfung auszunehmen (§§ 20, 21
VwVfG i.V.m. § 64a Abs. 1 [X.]) nicht. Ein
Aus-schlusstatbestand
des § 20 Abs. 1 VwVfG war nicht erfüllt. Auch für
die [X.] (§ 21 VwVfG) bestand ein [X.]spunkt nicht. Die
Vizepräsidentin befand sich als Richterin in dem zum Zeitpunkt der Geschäfts-prüfung noch nicht abgeschlossenen Verfahren nach § 156 [X.] in einer ge-genüber den Beteiligten unparteiischen Position. Die Befürchtung, sie
werde die Geschäftsprüfung bei dem Kläger voreingenommen durchführen,
ließ sich [X.] allein aus dem anhängigen Verfahren nicht ableiten.
Anderweitige Um-stände des Einzelfalls, aus denen sich die Besorgnis der Befangenheit der
Vizepräsidentin hätten
ergeben können, hat der Kläger nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich.

d) Auch
die in der angefochtenen Verfügung vom 10. November 2009 enthaltene Anordnung des Beklagten, der Kläger möge seinen Terminkalender vorlegen,
ist nicht zu beanstanden. Zu Unrecht meint der Kläger, die in § 93
Abs. 2 und 3
[X.] bezeichneten Unterlagen seien eine abschließende Auf-zählung der Dokumente, auf die sich die Geschäftsprüfung beziehen dürfe. Wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 3.
November 2003 ([X.] 13/03, NJW-RR 2004, 351, 352
und juris Rn. 10) ausgeführt hat,
enthält die Vorschrift lediglich eine beispielhafte Aufstellung von Gegenständen, auf die sich die Ge-schäftsprüfung zu erstrecken hat. Es handelt sich um die wichtigsten Punkte der Notarprüfung, ohne dass ausgeschlossen wird, diese auf andere Unterla-gen auszudehnen, soweit dies zur Beurteilung der Amtsführung des Notars von Bedeutung ist (vgl. [X.] in [X.]/Vaasen, [X.]/BeurkG, 3. Aufl., § 93 [X.] Rn. 10).

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Letzteres ist entgegen der Ansicht des [X.] hinsichtlich seines dienst-lichen Terminkalenders der Fall. Der Notar hat als Träger eines öffentlichen Amts die Pflicht zur Amtsbereitschaft, die im allgemeinen Interesse dazu dient, in dem betreffenden Amtsbezirk und -bereich eine ausreichende, geordnete und leistungsfähige vorsorgende Rechtspflege zu gewährleisten ([X.] in
[X.]/
Vaasen, [X.]/BeurkG, 3. Aufl., § 15 [X.] Rn. 4; Reithmann in [X.]/
[X.], [X.], 9. Aufl., § 15 Rn. 13). Um festzustellen, ob der Kläger seiner Pflicht zur Amtsbereitschaft nachkam, ist die Einsicht in seinen Terminkalender, aus dem sich [X.]spunkte für den Umfang seiner Amtstätigkeit ergeben, [X.] und erforderlich. Der Beklagte hatte auch Anlass, Feststellungen hierzu zu treffen, da aufgrund der Mitteilung der Notarkammer Sachsen-[X.] vom 17. August 2009 ernstzunehmende Hinweise darauf vorlagen, dass der Kläger seiner Pflicht zur Amtsbereitschaft nicht in vollem Umfang nachkam. Eine un-verhältnismäßige und damit rechtswidrige Beeinträchtigung der Berufsaus-übungsfreiheit des [X.] (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG), die aufgrund der staatli-chen Bindungen des [X.] von vornherein besonderen Beschränkungen unterliegt (st. Rechtspr. vgl. Senatsbeschluss vom 18. Juli 2011 -
[X.]([X.]) 1/11, [X.] 2011, 394 Rn. 13 mwN; siehe auch [X.] 131, 130, 140 f mwN), war
damit nicht verbunden.
Entgegen der Ansicht des [X.] war mit der Geschäftsprüfung auch eine nach der Rechtsprechung des Senats un-zulässige "[X.]"
der Beurkundungstätigkeit (Senatsbeschluss vom 9.
Januar 1995 -
[X.] 24/94, BGHR [X.] § 1 Selbständigkeit 1) nicht verbun-den.

2.
Aus weitgehend den gleichen Gründen ist
überdies die Verfügung des Beklagten
vom 11. November 2009
nicht zu beanstanden, mit der dem Kläger zur Erleichterung
der Geschäftsprüfung die Beantwortung von insgesamt 17 Fragen aufgegeben wurde. Die vom Kläger monierten Fragen 10-17 betreffen 9
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sämtlich Umstände, die unter anderem geeignet und erforderlich sind, Feststel-lungen zu seiner
Amtsbereitschaft
zu treffen. Dies ist aus den vorgenannten Gründen zulässiger Gegenstand der Geschäftsprüfung nach § 93 Abs. 1 [X.]; die Auskunftsverpflichtung folgt aus § 93 Abs. 4 Satz 1 a.E. [X.].
Der Kläger macht weiter zu Unrecht geltend, die Antworten auf die Fragen 15 und 17 (Vorbereitung der Beurkundungstermine
und Zeitraum, in dem Ansuchen, Rückfragen bearbeitet und erbetene Rücksprachen gehalten werden), seien bereits in dem Geschäftsprüfungsbericht des Richters am Landgericht Dr.
S.

enthalten. Dies ist nicht der Fall.

Soweit die dem Kläger gestellten Fragen
die Organisation und die Auf-gabenverteilung
innerhalb der Kanzlei betreffen, dienen sie darüber hinaus zur Beurteilung, ob die anfallenden Arbeiten ordnungsgemäß verteilt sind, insbe-sondere ob der Kläger für die nicht von ihm wahrgenommenen Aufgaben hin-reichend qualifiziertes Personal einsetzt.

Vor dem letztgenannten Hintergrund ist auch
die Frage 2, die die beim Kläger beschäftigten Mitarbeiter, Angaben zu deren Identität
und beruflicher
Qualifikation sowie
Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen betrifft,
nicht zu beanstanden. Die dem Kläger
abverlangten
Informationen über seine Mitarbei-ter sind erforderlich, um -
mit Blick auf die Amtsbereitschaft -
die Ordnungsmä-ßigkeit der [X.] in seiner Geschäftsstelle feststellen zu können.

3.
Ebenfalls mit Recht hat das [X.] den Antrag des [X.] zurückgewiesen, das Ende der Zwischenprüfung festzustellen. Zutreffend hat es ausgeführt, ein Feststellungsinteresse (§ 43 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 111b Abs. 1 Satz 1 [X.]) sei nicht ersichtlich. Dies wird durch Vorbringen des [X.] in der Begründung seines
Zulassungsantrags
nicht in Frage gestellt. So-11
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weit er geltend machen will, der Abschluss der Zwischenprüfung könne der
Verhängung von Dienstaufsichts-
und Disziplinarmaßnahmen gegen ihn vor-beugen, verkennt er, dass nicht die Beendigung der Zwischenprüfung hierfür maßgeblich ist, sondern die bei ihr gewonnenen Erkenntnisse. Soweit sein [X.] dahin zu verstehen sein sollte, dass die Feststellung des Abschlusses der Zwischenprüfung die ihm auferlegte Beantwortung des Fragebogens
obso-let werden lasse
und damit die Grundlage für Dienstaufsichts-
beziehungsweise Disziplinarmaßnahmen wegen Nichtbefolgung der entsprechenden Verfügung des Beklagten entfalle, scheitert die Zulässigkeit der Feststellungsklage an § 43 Abs. 2 VwGO i.V.m. §
111b Abs. 1 [X.]. Der Kläger konnte mit der [X.] gegen die Verfügung des Beklagten vom 11. November 2009 gel-tend machen, er sei zur Beantwortung der gestellten Fragen nicht verpflichtet. Dies hat er mit seinem Klageantrag zu 2 auch getan.

4.
Die übrigen Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO Nr. 2 bis 5 i.V.m. §
111d Satz 2 [X.] bestehen ebenfalls nicht. Weder weist die Sache beson-dere Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 111d Satz 2 [X.]) noch stellen sich klärungsbedürftige
Rechtsfragen (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 111d Satz 2 [X.]). Entgegen der Ansicht des [X.] weicht das Urteil des [X.] auch nicht von Entscheidungen des Senats oder des Bundes-verfassungsgerichts ab (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 i.V.m. § 111d Satz 2
[X.]). [X.] ist eine Abweichung zu dem vom Kläger angeführten Beschluss des [X.] des [X.] vom 19. Juni 2012 ([X.] 131, 130) nicht festzustellen.
Verfahrensfehler, die sich auf das Ergebnis der

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Entscheidung hätten auswirken können (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 i.V.m. § 111d Satz 2 [X.]),
sind ebenfalls nicht ersichtlich.

Galke

[X.]

Wöstmann

Doyé
Strzyz
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 05.06.2013 -
Not 1/10 -

Meta

NotZ (Brfg) 18/13

17.03.2014

Bundesgerichtshof Senat für Notarsachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.03.2014, Az. NotZ (Brfg) 18/13 (REWIS RS 2014, 7058)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7058

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