Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.10.2015, Az. XII ZB 186/15

12. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 3949

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Gegenstand

Vergütung des Berufsbetreuers: Erwerb betreuungsrelevanter Kenntnisse duch einen "Angestelltenlehrgang II" an einem Studieninstitut für kommunale Verwaltung mit einem Abschluss als "Verwaltungsfachwirt"


Leitsatz

1. Ein Betreuer, der berufsbegleitend an einem Studieninstitut für kommunale Verwaltung den "Angestelltenlehrgang II" mit einem Gesamtaufwand von 1.050 Stunden und dem erfolgreichen Abschluss zum "Verwaltungsfachwirt" absolviert hat, kann seiner Vergütung nicht einen Stundensatz nach der höchsten Vergütungsstufe von 44 Euro zugrunde legen, weil seine Ausbildung nicht mit einer abgeschlossenen Hochschulausbildung im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 2 VBVG vergleichbar ist.

2. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Abschluss zum geprüften Fachwirt im Deutschen Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen (DQR) mit dem Bachelor-Abschluss auf der gleichen (sechsten) Niveaustufe eingeordnet worden ist.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des [X.] vom 20. April 2015 wird auf Kosten der weiteren Beteiligten zurückgewiesen.

Verfahrenswert: 187 €

Gründe

1

Die Rechtsbeschwerde, mit der die Betreuerin die Festsetzung einer Vergütung auf Grundlage eines Stundensatzes von 44 € statt der vom Beschwerdegericht zuerkannten 33,50 € erstrebt, ist nicht begründet. Die angegriffene Entscheidung hält rechtlicher Überprüfung stand.

2

1. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 [X.] kann der Betreuer die erhöhte Vergütung von 44 € pro Stunde nur beanspruchen, wenn er über besondere Kenntnisse verfügt, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind, und wenn er diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder durch eine vergleichbare Ausbildung erworben hat.

3

Die Frage, unter welchen Umständen ein Berufsbetreuer im Einzelfall die Voraussetzungen erfüllt, die gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 [X.] die Bewilligung einer erhöhten Vergütung rechtfertigen, obliegt einer wertenden Betrachtung des Tatrichters. Dessen Würdigung kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob er die maßgeblichen Tatsachen vollständig und fehlerfrei festgestellt und gewürdigt, Rechtsbegriffe verkannt und Erfahrungssätze verletzt und die allgemein anerkannten Maßstäbe berücksichtigt und richtig angewandt hat (Senatsbeschluss vom 17. September 2014 - [X.] - FamRZ 2015, 253 Rn. 3 mwN).

4

2. Der von der Betreuerin berufsgleitend an einem Studieninstitut für kommunale Verwaltung im „[X.]“ erworbene Fortbildungsabschluss zur Verwaltungsfachwirtin ist einem Hochschulabschluss rechtlich nicht gleichgestellt. Eine rechtliche Gleichstellung lässt sich insbesondere nicht schon daraus herleiten, dass der Abschluss zum geprüften Fachwirt im [X.] ([X.]) mit dem Bachelor-Abschluss und dem Fachhochschuldiplom auf der gleichen Stufe eingeordnet worden ist (vgl. auch [X.] Beschluss vom 15. Januar 2013 - 7 CE 12.2407 - juris Rn. 23 f. und Urteil vom 13. Juli 2015 - 7 BV 14.1507 - juris Rn. 22 f.; [X.] Urteil vom 12. Mai 2014 - 4 K 3369/12 - juris Rn. 19).

5

3. Soweit das Beschwerdegericht in tatrichterlicher Verantwortung die Vergleichbarkeit der von der Betreuerin im „[X.]“ absolvierten Ausbildung mit einer Hochschulausbildung - insbesondere dem dreijährigen Studium an einer Fachhochschule für öffentliche Verwaltung mit dem Abschluss eines [X.] (FH) oder eines „Bachelor of Laws“ bzw. eines „Bachelor of Arts - Allgemeine Verwaltung“ - verneint hat, hält dies den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand.

6

a) Einer Hochschulausbildung vergleichbar ist eine Ausbildung, die ihr in ihrer Wertigkeit entspricht und einen formalen Abschluss aufweist. Gleichwertig ist sie, wenn sie staatlich anerkannt ist und der durch sie vermittelte Wissensstand nach Art und Umfang dem eines Hochschul- oder Fachhochschulstudiums entspricht. Als Kriterien hierfür können insbesondere der mit der Ausbildung verbundene Zeitaufwand, Umfang und Inhalt des Lehrstoffes und die Zulassungsvoraussetzungen herangezogen werden. Bei der Prüfung der Vergleichbarkeit hat der Tatrichter strenge Maßstäbe anzulegen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 18. Januar 2012 - [X.] 409/10 - FamRZ 2012, 629 Rn. 11 f. und vom 4. April 2012 - [X.] 447/11 - NJW-RR 2012, 774 Rn. 16).

7

b) § 4 Abs. 1 Satz 2 [X.] knüpft als Quelle für den Erwerb von vergütungserhöhenden besonderen Kenntnissen ausschließlich an den typisierten Ausbildungsgang an. Mit dem nach der Art der Ausbildung gestaffelten Stundensatz wollte der Gesetzgeber den Gerichten eine leicht zu handhabende Regelung zur Verfügung stellen und auf diese Weise eine einheitliche Vergütungspraxis sichern. Wortlaut und Zweck der Vorschrift stehen deshalb auch einer Gesamtbetrachtung dahin entgegen, dass mehrere Ausbildungen und Fortbildungsmaßnahmen insgesamt einer Hochschulausbildung vergleichbar sind. Der Senat hat vor diesem Hintergrund mehrfach entschieden, dass eine an die berufliche Ausbildung anschließende berufliche Fortbildung nicht schon deshalb mit einer (Fach-)Hochschulausbildung vergleichbar ist, weil die durch den Fortbildungsabschluss nachgewiesenen Kenntnisse und Fähigkeiten im Tarifrecht des öffentlichen Dienstes nach den konkreten Einzelfallumständen die Eingruppierung eines Angestellten in eine dem gehobenen Dienst entsprechende Vergütungsgruppe rechtfertigen können (vgl. Senatsbeschlüsse vom 30. Oktober 2013 - [X.] 23/13 - FamRZ 2014, 117 Rn. 16 und vom 4. April 2012 - [X.] 447/11 - NJW-RR 2012, 774 Rn. 20 f.).

8

Hieran hält der Senat auch unter Berücksichtigung des von der Rechtsbeschwerde besonders herausgehobenen Umstands fest, dass die Abschlüsse des geprüften [X.] und des Bachelors im [X.] auf der gleichen (sechsten) Niveaustufe verortet worden sind.

9

Der am 1. Mai 2013 eingeführte [X.] ist die nationale Umsetzung des [X.] ([X.]), mit dem nationale Qualifikationen europaweit besser verständlich gemacht werden sollen. Die im [X.] Bildungssystem erworbenen Qualifikationen ordnet der [X.] in acht Niveaus ein, die ihrerseits den acht Niveaus des [X.] zugeordnet werden können.

Eine Einordnung in die sechste Niveaustufe, dem der geprüfte Fachwirt, der Fachschulabsolvent und der Bachelor/Fachhochschulabsolvent - aber auch der [X.] - zugeordnet sind, setzt auf [X.] der Fachkompetenz (Wissen) ein „breites und integriertes Wissen einschließlich der wissenschaftlichen Grundlagen, der praktischen Anwendung eines wissenschaftlichen Faches sowie eines kritischen Verständnisses der wichtigsten Theorien und Methoden (entsprechend der Stufe 1 [Bachelor-Ebene] des Qualifikationsrahmens für Deutsche Hochschulabschlüsse)“ oder aber „ein breites und integriertes berufliches Wissen einschließlich der aktuellen fachlichen Entwicklungen“ voraus. Die für die Einstufung eines nationalen Abschlusses in eine bestimmte Niveaustufe tragenden Erwägungen sind im [X.] nicht im Einzelnen offengelegt, weil sich der [X.] insoweit auf den Hinweis beschränkt, dass die Zuordnung nach „dem Konsensprinzip im Arbeitskreis [X.]“ erfolgt (vgl. auch [X.] Urteil vom 12. Mai 2014 - 4 K 3369/12 - juris Rn. 22).

Schon daraus erschließt sich, dass sich aus der Einordnung eines Abschlusses in die sechste Niveaustufe des [X.] - unabhängig von der rechtlichen Unverbindlichkeit des [X.] - keine besonderen Erkenntnisse für die im Rahmen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 [X.] zu beurteilende Frage gewinnen lassen, ob in der zum Abschluss führenden Ausbildung eine der Hochschul- oder Fachhochschulausbildung nach Art und Umfang entsprechende Wissensvermittlung stattgefunden hat.

c) Gemessen daran vermag die Rechtsbeschwerde keine durchgreifenden Rechtsfehler bei der Ermessensentscheidung des [X.] aufzuzeigen. Das Beschwerdegericht konnte seine Ermessensentscheidung rechtsfehlerfrei schon darauf stützen, dass der von ihm festgestellte Zeitaufwand von 1.050 Stunden für die Fortbildung im „[X.]“ deutlich hinter dem Zeitaufwand für ein Fachhochschulstudium mit einer Regelstudienzeit von sechs Semestern zurückbleibt.

4. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG).

Dose                         Schilling                            Günter

               Botur                             Guhling

Meta

XII ZB 186/15

14.10.2015

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Arnsberg, 20. April 2015, Az: I-5 T 73/15

§ 4 Abs 1 Nr 2 VBVG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.10.2015, Az. XII ZB 186/15 (REWIS RS 2015, 3949)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 3949

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