Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27.01.2022, Az. 6 AZR 79/21

6. Senat | REWIS RS 2022, 2761

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Tenor

1. Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 1. Dezember 2020 - 8 Sa 251/18 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

[X.]ie Parteien streiten darüber, ob Tätigkeitszeiten bei der Betriebs- bzw. Werksfeuerwehr, die der Kläger zum Teil in der [X.] zurückgelegt hat, bei der Berechnung der Übergangsversorgung für Beschäftigte im kommunalen feuerwehrtechnischen [X.]ienst zu berücksichtigen sind.

2

[X.]er 1966 geborene Kläger war vom 1. August 1988 bis zum 30. September 1990 auf der Grundlage eines [X.]ienstvertrags mit der [X.], die dem Ministerium des Innern der [X.] unterstand, als Einsatzkraft in der Betriebsfeuerwehr des [X.] tätig. [X.]iese Tätigkeit setzte er unverändert vom 1. Oktober 1990 bis zum 31. März 1992 bei der Werksfeuerwehr der [X.] fort.

3

Zum 1. April 1992 übernahm die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die [X.], das Objekt der Werksfeuerwehr der [X.] mit den Immobilien, der technischen Ausstattung und 34 Angehörigen der Werksfeuerwehr, darunter den Kläger. Im Zusammenhang mit dieser Übernahme verpflichtete sich die [X.], die vom Kläger bei der Betriebsfeuerwehr des [X.] und der Werksfeuerwehr der [X.] geleisteten [X.]ienst- und Arbeitsjahre als [X.]ienstjahre im Sinne des [X.] für das Beitrittsgebiet ([X.]) anzuerkennen. [X.]ementsprechend bescheinigte die [X.] dem Kläger im November 1992 eine „anrechnungsfähige Beschäftigungszeit nach § 19 [X.]“ vom 1. August 1988 bis zum 31. März 1992 und ab dem 1. April 1992. Mit dem Arbeitsvertrag vom 18. Juni 1997 bestätigte sie unter Bezugnahme auf den [X.] die Beschäftigung des [X.] im feuerwehrtechnischen [X.]ienst ab dem 1. August 1988. Am 1. Juli 2007 fusionierte die [X.] mit anderen bis dahin eigenständigen Städten und Gemeinden zur Beklagten. [X.]iese ist Mitglied des [X.] ([X.]) [X.] e.V.

4

[X.]as Arbeitsverhältnis des [X.] bestimmt sich aufgrund beiderseitiger Tarifbindung sowie kraft einzelvertraglicher Bezugnahme nach den Tarifverträgen für den öffentlichen [X.]ienst in der für den Bereich der [X.] ([X.]) geltenden Fassung.

5

Gemäß §§ 40, 46 Nr. 1 des Tarifvertrags für den öffentlichen [X.]ienst ([X.]) Besonderer Teil Verwaltung ([X.]) im Bereich der [X.] (im Folgenden [X.]-[X.]) iVm. § 1 Abs. 1 [X.] - Allgemeiner Teil - ([X.]-AT) gelten für hauptamtlich im kommunalen feuerwehrtechnischen [X.]ienst Beschäftigte, die in einem Arbeitsverhältnis zu einem Arbeitgeber stehen, der Mitglied eines Mitgliedverbandes der [X.] ist, Sonderregelungen.

6

Zu diesen Sonderregelungen gehört die Übergangsversorgung für Beschäftigte im feuerwehrtechnischen Einsatzdienst in § 46 Nr. 4 [X.]-[X.] (entspricht Anlage [X.] Abschnitt [X.].2 Nr. 4 der [X.]urchgeschriebenen Fassung des [X.] für den Bereich Verwaltung im Bereich der [X.] [[X.]-V]). Nach der seit Inkrafttreten des [X.] bis zum 30. Juni 2015 maßgeblichen Tariflage endete das Arbeitsverhältnis von Beschäftigten im Einsatzdienst auf ihr schriftliches Verlangen vor Erreichen der Regelaltersgrenze zu dem [X.]punkt, zu dem vergleichbare Beamte im Einsatzdienst der Berufsfeuerwehr in den gesetzlichen Ruhestand traten. [X.]iese Beschäftigten erhielten bei Ausscheiden für jedes volle Beschäftigungsjahr im Einsatzdienst bei demselben Arbeitgeber oder bei einem anderen Arbeitgeber, der einem Mitgliedverband der [X.] angehört, eine Übergangszahlung als Einmalleistung in näher geregelter Höhe, wenn sie den Abschluss einer auf eine Kapitalleistung gerichteten Versicherung zu im Einzelnen tariflich festgelegten Bedingungen und die Entrichtung der Beiträge nachgewiesen hatten. § 46 Nr. 4 Abs. 4 [X.]-[X.] enthielt eine nach dem am Stichtag 1. Oktober 2005 erreichten Lebensalter gestaffelte Übergangsregelung. Für die - wie der Kläger - im [X.] Beschäftigten war in § 46 Nr. 4 Abs. 6 [X.]-[X.] in der bis zum 30. Juni 2015 geltenden Fassung (im Folgenden aF) bis zum 31. [X.]ezember 2009 folgende abweichende Regelung getroffen:

        

1Im [X.] findet abweichend von den Absätzen 2 bis 4 bis zum 31. [X.]ezember 2009 die Nr. 5 SR 2x [X.] weiterhin Anwendung. 2Ab dem 1. Januar 2010 findet Absatz 4 mit der Maßgabe Anwendung, dass für die Altersgrenze nach Abs. 4 Satz 1 Buchst. a bis e die Vollendung des Lebensjahres am 1. Januar 2010 maßgebend ist.“

7

Nach Nr. 5 SR 2x [X.] erhielten seit dem 1. Januar 1995 Beschäftigte im Einsatzdienst, deren Arbeitsverhältnis vor Vollendung des 65. Lebensjahres auf Antrag geendet hatte, bis zum [X.]punkt des Beginns des Anspruchs auf eine Rente wegen Alters oder verminderter Erwerbsfähigkeit einen Zuschuss in Höhe des [X.] zwischen dem Arbeitslosengeld und der [X.] als Überbrückungshilfe. [X.]arüber hinaus war in diesem Fall ein Übergangsgeld nach Nr. 6 SR 2x [X.] zu zahlen.

8

Mit Wirkung zum 1. Juli 2015 wurde die Übergangsversorgung für Beschäftigte im feuerwehrtechnischen Einsatzdienst grundlegend reformiert. § 46 Nr. 4 [X.]-[X.] in der nach § 2 des [X.] Nr. 19 zum [X.]-[X.] vom 26. März 2015 geltenden Fassung (im Folgenden nF) lautet nunmehr auszugsweise:

        

„1.     

Anspruch auf Übergangsversorgung im Einsatzdienst

                 

1Beschäftigte im feuerwehrtechnischen Einsatzdienst mit einer Tätigkeit von mindestens 35 Jahren bei demselben Arbeitgeber im feuerwehrtechnischen Einsatzdienst werden auf schriftliches Verlangen vor Vollendung des gesetzlich festgelegten Alters zum Erreichen der Regelaltersrente frühestens zu dem [X.]punkt, zu dem vergleichbare Beamtinnen und Beamte im Einsatzdienst der Berufsfeuerwehr in den gesetzlichen Ruhestand treten, für einen [X.]raum von 36 Monaten unwiderruflich von der Arbeitsleistung unter Fortbestand des Arbeitsverhältnisses nach Maßgabe der nachfolgenden Regelungen freigestellt. 2§§ 33, 34 TVö[X.] bleiben unberührt. …

        

…       

        
        

9.    

Sonderregelungen für die am 30. Juni 2015 schon und am 1. Juli 2015 noch im feuerwehrtechnischen Einsatzdienst tätigen Beschäftigten

        

…       

        
        

9.2     

1Bei Beschäftigten im feuerwehrtechnischen Einsatzdienst bei einem Arbeitgeber, der Mitglied eines Mitgliedverbandes der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände ([X.]) ist, deren Tätigkeit im Einsatzdienst über den 30. Juni 2015 fortbesteht, tritt an die Stelle der Freistellung nach Ziffer 1 Satz 1 eine Freistellung nach Maßgabe der Sätze 2 bis 6. 2[X.]er der/dem Beschäftigten bei einer Tätigkeit von mindestens 35 Jahren im feuerwehrtechnischen Einsatzdienst als Leistung nach Abschnitt [X.] Sonderregelungen ([X.]) § 46 Nr. 4 Abs. 2 oder Abs. 4 Satz 1 [X.] nach der in der bis zum 30. Juni 2015 geltenden Fassung zustehende Betrag, berechnet nach dem Stand vom 30. Juni 2015, wird durch 35 dividiert und mit der Anzahl der am 30. Juni 2015 im feuerwehrtechnischen Einsatzdienst bei demselben Arbeitgeber oder einem anderen Arbeitgeber, der Mitglied eines Mitgliedverbandes der [X.] ist, zurückgelegten Jahre multipliziert. 3Angefangene Jahre werden kaufmännisch gerundet. 4[X.]er nach Satz 2 ermittelte Betrag ist durch den monatlichen [X.] zu dividieren. 5[X.]er monatliche [X.] setzt sich zusammen aus 70 Prozent des der/dem Beschäftigten zustehenden [X.], der [X.] und der auf den Kalendermonat umgerechneten anteiligen Jahressonderzahlung zuzüglich 30 Prozent hierauf als pauschaler [X.] am Gesamtsozialversicherungsbeitrag und den Aufwendungen für die betriebliche Altersversorgung. 6[X.]as kaufmännisch gerundete Ergebnis, das der Arbeitgeber dem Beschäftigten mitteilt, zuzüglich die für die Tätigkeit im feuerwehrtechnischen Einsatzdienst ab dem 1. Juli 2015 in entsprechender Anwendung der Ziffer 4 Satz 3 erworbenen Freistellungsansprüche bilden den Gesamtfreistellungsanspruch der/des Beschäftigten.“

9

§ 34 Abs. 3 [X.]-AT lautet auszugsweise:

        

„(3)   

1Beschäftigungszeit ist die bei demselben Arbeitgeber im Arbeitsverhältnis zurückgelegte [X.], auch wenn sie unterbrochen ist. … 3Wechseln Beschäftigte zwischen Arbeitgebern, die vom Geltungsbereich dieses Tarifvertrages erfasst werden, werden die [X.]en bei dem anderen Arbeitgeber als Beschäftigungszeit anerkannt. 4Satz 3 gilt entsprechend bei einem Wechsel von einem anderen öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber.“

Mit Schreiben vom 6. [X.]ezember 2016 beantragte der Kläger erfolglos eine Neuberechnung seiner Übergangsversorgung für Beschäftigte im feuerwehrtechnischen Einsatzdienst unter Berücksichtigung der [X.]en vom 1. August 1988 bis zum 31. März 1992.

[X.]er Kläger hat die Auffassung vertreten, der Anspruch auf Berücksichtigung dieser Tätigkeitszeiten bei der Berechnung der Übergangsversorgung ergebe sich aus § 46 Nr. 4 [X.]-[X.] [X.] [X.]ie Formulierung „bei demselben Arbeitgeber“ in Ziff. 9.2 Satz 2 dieser Vorschrift sei iSv. § 34 Abs. 3 [X.]-AT, auf den § 46 Nr. 4 Ziff. 1 Satz 2 [X.]-[X.] nF verweise, und iSv. § 19 [X.] zu verstehen. [X.]ie auf der Grundlage des § 19 [X.] erfolgte Anerkennung der Beschäftigungszeit ab dem 1. August 1988 im Arbeitsvertrag vom 18. Juni 1997 sei für sämtliche Tarifbestimmungen maßgeblich.

[X.]er Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, seine Tätigkeit vom 1. August 1988 bis 31. März 1992 der Startgutschrift und Berechnung der Übergangsversorgung für Beschäftigte im feuerwehrtechnischen Einsatzdienst des Tarifvertrags vom 13. September 2005 für den öffentlichen [X.]ienst (TVö[X.]) Besonderer Teil Verwaltung ([X.]) in der Fassung des Änderungstarifvertrags Nr. 22 vom 29. April 2016, § 46 Abschnitt V Nr. 4 Ziff. 9.2 zugrunde zu legen.

[X.]ie Beklagte hat Klageabweisung beantragt. [X.]ie Beschäftigungszeiten des [X.] vom 1. August 1988 bis zum 31. März 1992 seien nicht nach § 46 Nr. 4 [X.]-[X.] nF anzurechnen, weil die Tarifnorm nicht an den Begriff der „Beschäftigungszeit“ anknüpfe, sondern auf denselben Arbeitgeber abstelle. [X.]as sei allein der bis zum 30. Juni 2015 unverändert gebliebene Arbeitgeber und damit die Beklagte. Soweit [X.]en anerkannt worden seien, habe es sich lediglich um Tarifvollzug gehandelt. Eine übertarifliche Anerkennung von [X.]en sei damit nicht verbunden gewesen.

[X.]ie Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Die in der gebotenen Auslegung als Feststellungsklage zu behandelnde und als solche zulässige Klage ist unbegründet. Die [X.] ist nicht verpflichtet, die Tätigkeitszeiten des Klägers vom 1. August 1988 bis zum 31. März 1992 bei der Berechnung der Übergangsversorgung zu berücksichtigen. Dies hat der Senat in einem Parallelverfahren entschieden und nimmt auf die Begründung dieses Urteils Bezug ([X.] 27. Januar 2022 - 6 [X.] - Rn. 16 ff.). Der Kläger hat die Zeiten vom 1. August 1988 bis zum 31. März 1992 weder im feuerwehrtechnischen Einsatzdienst bei „demselben Arbeitgeber“ noch bei einem anderen Arbeitgeber, der Mitglied eines Mitgliedverbandes der [X.] ist, zurückgelegt. Sie fließen daher nicht in die Berechnung des nach § 46 Nr. 4 Ziff. 9.2 Satz 2 [X.] nF maßgeblichen Multiplikators ein. Hierin liegt keine Verletzung höherrangigen Rechts. Die Beschränkung anrechnungsfähiger Zeiten auf solche bei demselben Arbeitgeber führt weder zu gleichheitswidrigen Ergebnissen und damit zu einem Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG, noch muss der Kläger wegen der Nichtberücksichtigung der streitgegenständlichen Tätigkeitszeiten eine Verschlechterung bereits erworbener Rechtspositionen hinnehmen, sodass auch § 613a Abs. 1 BGB iVm. unionsrechtlichen Vorgaben nicht verletzt ist.

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel    

        

    Ri[X.] Wemheuer ist an der Beifügung ihrer Unterschrift verhindert.
Spelge    

        

        

        

    Wollensak    

        

    C. Klar    

                 

Meta

6 AZR 79/21

27.01.2022

Bundesarbeitsgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Dessau-Roßlau, 6. März 2018, Az: 8 Ca 154/17, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27.01.2022, Az. 6 AZR 79/21 (REWIS RS 2022, 2761)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 2761

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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