Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.05.2008, Az. III ZR 170/07

III. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 3956

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/07 Verkündet am: 15. Mai 2008 [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 249 [X.], [X.] Der Anspruch auf Naturalrestitution bei dem Verlust vertretbarer Sachen ent-fällt, und der Geschädigte ist auf einen Geldausgleich beschränkt, wenn er eine Ersatzbeschaffung selbst vornimmt (hier: Neukauf von Aktien anstelle eines unberechtigt veräußerten [X.]). Es unterliegt nicht der Disposi-tion des Geschädigten zu bestimmen, dass das Deckungsgeschäft nicht zu-gunsten des Schädigers wirken solle. [X.], Urteil vom 15. Mai 2008 - [X.]/07 - [X.]

LG Hamburg - 2 - Der II[X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. Mai 2008 durch [X.], [X.] [X.], [X.], die Richterin [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der [X.] wird das Urteil des 2. Zivilsenats des [X.] vom 29. Mai 2007 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beklagte auf den Klageantrag zu 1 zur Zahlung von mehr als 29.526,85 • nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem [X.] seit dem 6. September 2002 verurteilt und über die weiteren Klageanträge zum Nachteil der [X.] entschieden worden ist. Auf die Berufung der [X.] wird das Urteil der Zivilkammer 9 des [X.] vom 1. Dezember 2000 weiter [X.]. Die Beklagte bleibt verurteilt, an die [X.] und [X.] Wunsch-Stiftung 29.526,85 • nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. September 2002 zu zahlen. Im Übrigen werden die Klageanträge zu 1, 3 und 4 abgewiesen. Die weitergehenden Rechtsmittel der Parteien werden zurückge-wiesen. - 3 - Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die [X.] 39 % und die Kläger 61 %. Die Kosten des Berufungsver-fahrens tragen die Beklagte zu 17 % und die Kläger zu 83 %, die des [X.] die Beklagte zu 3 % und die Kläger zu 97 %. Von Rechts wegen Tatbestand Die Kläger sind die Testamentsvollstrecker des während des [X.] verstorbenen ursprünglichen [X.], [X.] W. (im Folgenden: der Kläger). Die Beklagte ist eine Tochter der vorverstorbenen Ehefrau des [X.], [X.]. Die Parteien haben vorliegend mit Klage und Widerklage um eine Reihe von Vermögenswerten beider Erblasser gestritten. Im Revisionsverfahren geht es nur noch um eine Schadensersatzforderung des [X.] gegen die [X.] wegen des Verkaufs eines [X.]. Dem liegt folgender Sachver-halt zugrunde: 1 Bei der [X.] [X.]/[X.] bestand ein anonymes Wertpapier-konto, das einen Bestand von 466 [X.] im Nennwert von 50 DM je Aktie aufwies. In den Bankunterlagen war keine bestimmte Person als Kontoinhaber vermerkt. Die tatsächliche Verfügungsgewalt hatte jeder, der das Kennwort nennen und sich mit dem [X.] Zugang zu einem Bank-schließfach verschaffen konnte, in dem sich die vorzulegenden Kontounterla-gen befanden. Nach dem Tod ihrer Mutter wies sich die Beklagte am 9. Juni 2 - 4 - 1988 gegenüber der Bank auf diese Weise als Berechtigte aus und veranlasste den Verkauf der [X.]. Mit einem Teil des Verkaufserlöses von 17.000 DM glich die Bank einen auf dem [X.] vorhandenen [X.] aus; der Rest von 50.000 DM wurde an die Beklagte ausgezahlt. Nachdem der Kläger von der Transaktion erfahren hatte, erwarb er eine Woche später am 16. Juni 1988 erneut 466 [X.] über die [X.]- bank [X.] zu einem Kaufpreis von insgesamt 74.769,49 DM. Der Kläger hat behauptet, das [X.] habe allein ihm [X.]. Der [X.] sei bewusst gewesen, dass sie zur Verfügung hierüber nicht berechtigt gewesen sei. Wegen des Verlusts der Aktien sowie der bis 1997 entgangenen Dividenden hat er die Beklagte vor dem [X.] auf Er-satzbeschaffung von - nach Teilung der Aktien im Verhältnis 1:10 - 4.660 [X.] sowie auf Zahlung von 26.662,18 DM nebst Zinsen in [X.] genommen und außerdem die Feststellung begehrt, dass die Beklagte ab 1998 bis zu einer Herausgabe der Aktien zur Erstattung der späteren Divi-denden verpflichtet sei. 3 Das [X.] hat den [X.] im Wesentlichen entsprochen. Auf die Berufung der [X.] und die Anschlussberufung des [X.] hat das [X.] - nach Änderung des [X.] in einen Zah-lungsantrag - die Beklagte zur Zahlung von 822.636 • nebst Zinsen als Ersatz für 360 [X.] im Nennwert von je 50 DM (= 3.600 Aktien im Nennwert von 5 DM) und wegen der Dividenden bis 1997 zur Zahlung von 10.092,26 • nebst Zinsen verurteilt sowie festgestellt, dass die Beklagte zu [X.] Erstattung der Dividenden auf 360 [X.] im Nennwert von 50 DM ab 1998 bis zum Zeitpunkt des "[X.]" verpflichtet sei. Die wei-tergehende Klage hat das Berufungsgericht abgewiesen. Mit ihren vom [X.] - 5 - fungsgericht zugelassenen Revisionen verfolgen die Parteien insoweit ihre bei-derseitigen [X.] weiter. Entscheidungsgründe Die Revision der [X.] hat größtenteils Erfolg. Die Revision des [X.] ist unbegründet. 5 [X.] Das Berufungsgericht hat, soweit noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt: 6 Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei der Kläger allein Berechtig-ter hinsichtlich des Kontos und Eigentümer der im Depot verwahrten Aktien ge-wesen. Die Beklagte habe deswegen durch deren Veräußerung und Entgegen-nahme des Erlöses ein objektiv fremdes Geschäft im Sinne der § 687 Abs. 2, § 678 [X.] geführt. Ihre fehlende Berechtigung habe die Beklagte auch er-kannt, selbst dann, wenn sie angenommen habe, ihre Mutter sei in irgendeiner Weise an dem Konto mit berechtigt gewesen. Infolgedessen hafte die Beklagte für alle durch die Übernahme der Geschäftsführung verursachten Schäden. Sie habe den Kläger so zu stellen, wie er ohne ihr Eingreifen gestanden hätte, und ihn, nachdem die Notierung der [X.] im amtlichen Markt einge-stellt worden sei, in Geld zu entschädigen. Maßgebend hierfür sei die Höhe der von [X.] nach Übernahme gezahlten Barabfindung, somit 228,51 • je Ak-tie zum Nennwert von 5 DM. Mit dem Ankauf von exakt 466 [X.] - 6 - Aktien nur sieben Tage nach deren Verkauf durch die Beklagte habe der Kläger zwar den früheren Zustand seines Aktienvermögens und sogar desselben [X.] in [X.] tatsächlich wiederhergestellt. Nach seiner Erklärung habe er dadurch indes nur seinen Schaden für sich selbst bereinigen, nicht aber die [X.], von der er von Anfang an Naturalrestitution verlangt habe, entlasten [X.]. Diese subjektive Komponente habe die Beklagte nicht widerlegt. Deswegen sei es dem Kläger letztlich unbenommen geblieben, bei Aufrechterhaltung [X.] Anspruchs auf Naturalrestitution aus seinem Vermögen weitere Mannes-mann-Aktien für sich selbst anzuschaffen. Soweit er jedoch von den neu [X.] Aktien 106 Stück mit Mitteln erworben habe, die er durch den [X.] der [X.] erst erlangt habe (nämlich Ausgleich des [X.] von 17.000 DM), sei lediglich der ohne das schädigende Ereignis bestehende Zustand wiederhergestellt worden und ein Ersatzanspruch ausge-schlossen. Ein anderes Ergebnis folge auch nicht aus § 254 Abs. 2 [X.]. Nach dieser Vorschrift sei der Kläger jedenfalls nicht über die anzurechnenden 17.000 DM hinaus gehalten gewesen, einen Deckungskauf vorzunehmen, auch wenn ihm dies finanziell ohne weiteres möglich gewesen sei. I[X.] Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis zwar zum Grund des Anspruchs, nicht aber bezüglich dessen Höhe stand. 8 1. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts standen die von der [X.] verkauften 466 [X.] im Allein-eigentum des [X.]. Ob die Beklagte dies positiv wusste und sie darum, wie das Berufungsgericht annimmt und die Revision der [X.] bekämpft, dem 9 - 7 - Kläger wegen angemaßter Eigengeschäftsführung nach § 687 Abs. 2, § 678 [X.] haftet, mag dahinstehen. Die Beklagte hat jedenfalls mit der Veräußerung dieses [X.] das Eigentum des [X.] verletzt und ist ihm deshalb nach § 823 Abs. 1 [X.], auf den das Berufungsgericht auch hilfsweise verweist, zum Schadensersatz verpflichtet. Dabei genügt jede Fahrlässigkeit. 2. Der mit dem [X.] an den Aktien zunächst eingetretene Schaden des [X.] ist jedoch gegenständlich durch die von ihm lediglich eine Woche später durchgeführte und entgegen der Meinung des Berufungsgerichts in vollem Umfang anzurechnende Ersatzbeschaffung von exakt derselben [X.] anderer [X.] ausgeglichen worden. Insoweit hat der Klä-ger eine Naturalrestitution (§ 249 Abs. 1 [X.]) selbst vorgenommen. [X.] beschränkt sich die Leistungspflicht der [X.] nun auf Geldersatz und auf Erstattung der Differenz zwischen den Aufwendungen des [X.] für den [X.] in Höhe von 74.769,49 DM und dem ihm aus dem Verkauf der [X.] zugeflossenen, zur Glattstellung des [X.]s verwendeten Betrag von 17.000 DM, demzufolge auf 57.749,49 DM oder umgerechnet 29.526,85 •. 10 Bei dem Verlust vertretbarer Sachen hat der Geschädigte nach § 249 [X.] zwar grundsätzlich ein Wahlrecht zwischen Naturalrestitution und Geld-entschädigung (vgl. [X.], [X.], 5. Aufl., § 249 Rn. 308 ff.). Er ist ferner auch im Rahmen der ihm nach § 254 Abs. 2 Satz 1 [X.] obliegenden Schadensminderungspflicht nicht stets gehalten, ein Deckungsgeschäft vorzu-nehmen. Nur wenn es im Einzelfall von der Sache her geboten und ihm auch zumutbar ist, hat er diesen Weg der Schadensbegrenzung zu beschreiten ([X.] vom 26. Mai 1988 - [X.] - NJW 1989, 290, 291; [X.], Urteil vom 29. Januar 1993 - [X.] - NJW-RR 1993, 626, 627 = [X.], 11 - 8 - 1155, 1156; siehe auch [X.], Urteile vom 24. Juli 2001 - [X.]/00 - NJW 2001, 3257, 3258; vom 18. Februar 2002 - II ZR 355/00 - NJW 2002, 2553, 2555 und vom 28. Mai 2002 - [X.] - NJW-RR 2002, 1272 = [X.], 1502, 1503). Darum geht es hier aber nicht. Wenn der Geschädigte tatsächlich eine Ersatzbeschaffung vornimmt, kann, sofern es sich nicht ausnahmsweise um eine ganz überobligationsmäßige Leistung handelt, nicht zweifelhaft sein, dass der Erwerb den Vermögensverlust, zu dessen Deckung er bestimmt ist, grundsätzlich mindert (vgl. zum [X.] [X.] 136, 52, 53). Der Ge-schädigte hat es dann auch nicht in der Hand, den Zweck des [X.]s zu beschränken und nur für sich selbst den früheren Zustand gegenständlich wie-derherzustellen, während eine Entlastung des Schädigers durch denselben Vorgang ausgeschlossen sein soll. Der Umfang des zu leistenden [X.] bestimmt sich objektiv nach rechtlichen Kriterien und unterliegt in der Zurechnung oder Nichtzurechnung adäquat verursachter Folgen nicht der [X.] des Verletzten. Im Streitfall hat sich das Berufungsgericht tatrichterlich davon überzeugt, dass der Kläger mit dem Kauf derselben Anzahl von [X.] sie-ben Tage nach der Verfügung der [X.] den Umfang seines Aktiendepots wiederherstellen und nicht etwa aus anderen Gründen seinen Bestand an [X.] um zufällig dieselbe Zahl aufstocken wollte. Die Parteien grei-fen dies nicht mit Verfahrensrügen an; auch finanzielle oder sonstige Unzumut-barkeit einer Ersatzbeschaffung hat der Kläger nicht eingewandt. Es ist daher davon auszugehen, dass der Kläger hiernach einen auf den Schaden anre-chenbaren Deckungskauf vorgenommen hat. 12 - 9 - 3. Auf dieser Grundlage ist die Beklagte dem Kläger lediglich zur Erstattung der für die Ersatzbeschaffung angefallenen Mehrkosten in Höhe von 29.526,85 • nebst anteiligen Zinsen, beginnend mit dem im Berufungsurteil be-stimmten Zeitpunkt (§ 288 [X.]), verpflichtet. Im Übrigen, auch hinsichtlich der mit den [X.] zu 3 und 4 geforderten Erstattung künftiger Dividenden, erweist sich die Klage - und somit auch die Revision der Kläger - als unbegrün-det. Da der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif ist, kann der Senat hierüber abschließend selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). 13 [X.] [X.] [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 01.12.2000 - 309 O 328/92 - [X.], Entscheidung vom 29.05.2007 - 2 U 4/01 -

Meta

III ZR 170/07

15.05.2008

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.05.2008, Az. III ZR 170/07 (REWIS RS 2008, 3956)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 3956

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XI ZR 164/00 (Bundesgerichtshof)


II ZR 85/02 (Bundesgerichtshof)


VI ZR 40/18 (Bundesgerichtshof)

Abrechnung eines Verkehrsunfallschadens auf Gutachtenbasis: Ersatzfähigkeit der im Rahmen einer Ersatzbeschaffung angefallenen Umsatzsteuer bei fiktiver …


II ZR 270/08 (Bundesgerichtshof)


II ZR 270/08 (Bundesgerichtshof)

Abfindung außenstehender Aktionäre bei Eingliederung einer Aktiengesellschaft: Bestimmung der Zahl der Aktien der Hauptgesellschaft bei …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.