Bundespatentgericht, Beschluss vom 12.10.2017, Az. 30 W (pat) 701/17

30. Senat | REWIS RS 2017, 4026

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Gegenstand

Designbeschwerdeverfahren – "medaillonartige Münzen" (Sammelanmeldung) – zur missbräuchlichen Benutzung eines Hoheitszeichens – Zahlungsmittel – unvollständige Wiedergabe der Münzen – Einbettung in einen metallischen Ring – medaillonartig ausgestalteter von einem Hoheitszeichen wegführender Gebrauchsgegenstand - Eintragungsfähigkeit


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Designanmeldung 40 2016 201 675.4

hat der 30. Senat (Marken- und [X.]) des [X.] in der Sitzung vom 12. Oktober 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.]s Prof. Dr. Hacker sowie der [X.] [X.] und Dr. Meiser

beschlossen:

Der Beschluss der [X.] des [X.] vom 22. Dezember 2016 wird aufgehoben.

Gründe

I.

1

Die Anmelderin hat am 26. April 2016 beim [X.] ([X.]) einen Antrag auf Eintragung von zehn Mustern als Sammelanmeldung mit der fortlaufenden Nummerierung von 1 bis 10 eingereicht mit der Angabe der Erzeugnisse „11-03 Medaillen“. Im Anlageblatt zum Antrag sind die zehn Muster wie folgt wiedergegeben:

AbbildungAbbildung

2

 01 02

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3

03 04

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05 06

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07 08

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6

09 10

7

Die [X.] des [X.]s hat nach vorherigem Zwischenbescheid mit Beschluss vom 22. Dezember 2016 die Sammelanmeldung zurückgewiesen, weil die Designs vom Designschutz ausgeschlossen seien (§§ 18, 3 Abs. 1 Nr. 4 [X.], Art. 6

8

Die Wiedergaben der hier angemeldeten Designs zeigten jeweils eine Münze, welche von einem metallischen Ring umfasst sei. Bei Münzen handele es sich um Hoheitszeichen i. S. d. § 3 Abs. 1 Nr. 4 [X.], Art. 6

9

Vielmehr seien diese in ihrer konkreten Gestaltung geeignet, in ihrem Gesamteindruck einen amtlichen Anschein zu erwecken. Durch die Einbettung der Münzen in einen Ring werde kein genügender Abstand zu den entsprechenden Hoheitszeichen hergestellt, da der metallisch glänzende Ring über keine weitere besondere Ausgestaltung verfüge. Der Gesamteindruck des angemeldeten Designs werde allein durch die jeweiligen Münzen bestimmt, welche nicht lediglich rein dekorative Elemente einer insgesamt keinen amtlichen Eindruck erweckenden Gesamtgestaltung darstellten. Dies gelte erst recht vor dem Hintergrund, dass nach den Angaben der Anmelderin hier nicht etwa Nachahmungen von Münzen, sondern echte Münzen verwendet würden.

Soweit die angemeldeten Designs durch die Verbindung der Münzen mit dem Ring eine medaillenartige Ausgestaltung aufwiesen, verstärke dies den amtlichen Anschein der angemeldeten Designs, da Medaillen, welche mit hoheitlichen Elementen und Symbolen versehen seien, vornehmlich durch Hoheitsträger verliehen würden. Die von der Anmelderin gewählte Erzeugnisangabe „11-03 Medaillen“ untermauere diesen Eindruck zusätzlich.

Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt. Einen Ausschluss der angemeldeten Designs vom Designschutz nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 [X.], Art. 6

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

1. den Beschluss der [X.] des [X.]s vom 22. Dezember 2016 aufzuheben,

2. die [X.] zurückzuzahlen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig und begründet. Die Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 4 [X.] steht dem Schutz der angemeldeten Designs nicht entgegen. Die [X.] hat die Eintragung daher zu Unrecht gemäß § 18 [X.] versagt.

1. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 [X.] sind Designs vom Designschutz ausgeschlossen, die eine missbräuchliche Benutzung eines der in Artikel 6

a. Zu den Hoheitszeichen i.S. von § 3 Abs. 1 Nr. 4 [X.] i. V. m. Art. 6

b. Dies kann allerdings entgegen der Auffassung des Anmelders nicht allein damit begründet werden, dass die angemeldeten Designs „echte“ Münzen enthielten, und die Verwendung einer echten Münze als Hoheitszeichen grundsätzlich keine missbräuchliche Verwendung eines Hoheitszeichens darstellen könne.

So kann ein angemeldetes Design nach § 37 Abs. 1 [X.] Schutz nur für diejenigen Merkmale der Erscheinungsform, die in der Anmeldung sichtbar wiedergegeben sind, Schutz beanspruchen. Den angemeldeten Designs kann aber nicht entnommen werden, ob es sich bei den in den metallischen Ring eingebetteten Münzen jeweils um „echte“, durch den Ring umfasste Münzen handelt oder nur um Nachahmungen bzw. Abbildungen solcher Münzen, welche mit dem Ring zu einem einheitlichen Gegenstand verbunden sind. Für eine Nachahmung bzw. Abbildung spricht vorliegend, dass bei den einzelnen Designs die jeweils in den Ring integrierten Münzen insoweit undeutlich bzw. unvollständig wiedergegeben sind, als zwar die jeweiligen bildlichen Motive der Münzen in Form von Abbildungen historischer Persönlichkeiten wie z. B. des früheren [X.] [X.] deutlich erkennbar sind, nicht jedoch die übrigen Bestandteile der Münze wie z. B. Umschrift oder deren Nennwert.

Ferner können gerade mit gesetzlichen Zahlungsmitteln und deren Nachahmungen im heraldischen Sinne versehene Designs dem [X.] unterfallen. Sofern die Anmelderin sich zum Beleg ihrer gegenteiligen Auffassung auf die zum früheren Geschmacksmusterrecht ergangene Rechtsprechung des [X.] sowie des Bundespatentgerichts zur dekorativen Abbildung von Zahlungsmitteln auf Gebrauchsgegenständen beruft (vgl. [X.] 2003, 707 - [X.]; GRUR 2003, 705 - [X.] sowie [X.], 10 W (pat) 703/02 v. 31. Juli 2003, veröffentlicht in juris), ist zu beachten, dass es nach der nach der dort anwendbaren, bis zum 31. Mai 2004 geltenden Fassung des § 7 Abs. 2 [X.] auf einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung ankam, der voraussetzte, dass durch das Muster die Grundlagen des staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens oder die tragenden Grundsätze der Rechtsordnung in Frage gestellt werden ([X.] a. a. O.). Diese hohen Hürden finden sich im Ausschlusstatbestand des § 3 Abs. 1 Nr. 4 [X.] bzw. der bis zum Inkrafttreten des Gesetzes über den rechtlichen Schutz von Design (Designgesetz - [X.]) am 1. Januar 2014 geltenden identischen Vorläuferregelung des § 3 Abs. 1 Nr. 4 [X.] jedoch nicht. Vielmehr soll die Bestimmung des § 3 Abs. 1 Nr. 4 [X.] bzw. § 3 Abs. 1 Nr. 4 [X.], mit welcher die fakultative Vorgabe des Art. 11 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 98/71/[X.] und des Rates über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen vom 13. Oktober 1998 ([X.]) in [X.] Recht umgesetzt wurde, es erleichtern, Zeichen von öffentlichem Interesse von einer Monopolisierung durch ein Geschmacksmuster bzw. Design auszuschließen (vgl. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Geschmacksmusterrechts [X.] 2004, 222, 229 re. Sp.).

Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 [X.] i. V. m. Art. 6

c. Eine solche ist anzunehmen, wenn der irreführende Anschein eines Bezugs der Designs zu staatlichen Stellen bzw. der betreffenden Organisation erweckt wird (in Anlehnung an Art. 6

2. Ausgehend davon liegen die Voraussetzungen für den Ausschluss vom Designschutz gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 [X.] i. V. m. Art. 6

Insoweit kann zwar nicht auf die im [X.] enthaltene Erzeugnisangabe „11-03 Medaillen“ zurückgegriffen werden, da eine solche Erzeugnisangabe nach § 11 Abs. 6 [X.] keinen Einfluss auf den Schutzumfang hat. Entscheidend ist - wie bereits erwähnt - allein das Design, wie es durch § 37 Abs. 1 [X.] geschützt ist, demnach nur hinsichtlich der Erscheinungsmerkmale, die in der Anmeldung sichtbar wiedergegeben sind.

Charakteristisches Merkmal der angemeldeten Designs ist neben der jeweiligen in das Design integrierten, wenngleich undeutlichen Wiedergabe [X.])Münze der die jeweilige Münzabbildung umgebende Ring, welcher ein metallisches Erscheinungsbild aufweist. Auch wenn dieser Ring darüber hinaus über keine weiteren Gestaltungsmerkmale verfügt, so bestimmt er aufgrund seines Erscheinungsbildes sowie vor allem auch durch seine Größe und seinen Umfang den Gesamteindruck der jeweils angemeldeten Designs mit. Der Verkehr wird diesen nicht der jeweils integrierten oder abgebildeten (Kurs)Münze zuordnen, sondern darin ein von der jeweiligen Münze bzw. deren Abbildung unabhängiges und vom Hoheitszeichen wegführendes Gestaltungselement erkennen, welches der Aufnahme bzw. der Umrahmung der Münze dienen kann und den angemeldeten Designs den Eindruck medaillonartig ausgestalteter Schmuckstücke mit integrierter Münze verleiht.

Demgegenüber sind Ausgestaltungen gesetzlicher Zahlungsmittel in einer den angemeldeten Designs vergleichbaren Form nicht bekannt, insbesondere auch nicht in Form von Sonder- und/oder Gedenkprägungen, welche sich von Kursmünzen in aller Regel nur dadurch unterscheiden, dass eine oder auch beide Seiten durch eine spezielle [X.] ersetzt werden.

Die angemeldeten Designs weisen danach aber einen hinreichend deutlichen Abstand zu der [X.] der designgegenständlichen (in [X.] stehenden) Kursmünzen auf. Es handelt es sich um eine dekorative Verwendung von Münzen in einem medaillonartig ausgestalteten Gebrauchsgegenstand zu dessen ästhetischer Gestaltung, welche aber keine missbräuchliche gesetzwidrige Verwendung darstellen kann. Solche Verwendungen sind seit langem üblich und dem Verkehr z. B. aus der Trachtenkultur bekannt. Weder wird der irreführende Anschein eines Bezugs zu staatlichen Stellen oder einer Ausgabe durch staatliche Stellen erweckt, noch ist ein Verstoß gegen eine sonstige Norm feststellbar.

3. Der angefochtene Beschluss der [X.] war damit aufzuheben.

4. Eine Rückzahlung der [X.] ist nicht veranlasst.

Zwar kann nach § 23 Abs. 4 Satz 4 [X.] i. V. m. § 80 Abs. 3 [X.] die Rückzahlung der [X.] angeordnet werden, wenn dies der Billigkeit entspricht. Die Rückzahlungsgründe sind dabei nicht auf Verfahrensfehler des [X.]es beschränkt. Vielmehr sind auch die materiell-rechtliche Vertretbarkeit und die Begründung der angefochtenen Entscheidung in die Prüfung einzubeziehen (vgl. [X.], Patentgesetz, 10. Aufl., § 80 Rdnr. 115 i. V. m. § 73 Rdnr. 140)

Meta

30 W (pat) 701/17

12.10.2017

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 12.10.2017, Az. 30 W (pat) 701/17 (REWIS RS 2017, 4026)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 4026

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