Bundespatentgericht, Beschluss vom 22.01.2015, Az. 30 W (pat) 703/13

30. Senat | REWIS RS 2015, 16750

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Gegenstand

Designbeschwerdeverfahren – „DE-Flagge“ - zur missbräuchlichen Benutzung von Nachahmungen im heraldischen Sinn


Leitsatz

DE-Flagge

1. Der in Art. 6ter Abs. 1 PVÜ verwendete Begriff der „Nachahmung im heraldischen Sinn“ ist im Hinblick auf die relative Unbestimmtheit der dort genannten Zeichen nicht zu eng auszulegen.

2. Eine missbräuchliche Benutzung eines Hoheitszeichens oder dessen Nachahmung kann ausgeschlossen sein, wenn das Design selbst das Hoheitszeichen oder dessen Nachahmung zusammen mit weiteren Merkmalen zeigt, die jeden amtlichen Anschein zerstreuen (im Anschluss an BGH GRUR 2003, 705-706 – Euro-Billy -I ZB 29/01, 20.03.2003; GRUR 2003, 707-808 – DM-Tassen I ZB 27/01, 20.03.2003; GRUR 2003, 708-710 – Schlüsselanhänger I ZB 1/02, 20.03.2003). Erschöpft sich dagegen ein Design in der Wiedergabe eines Hoheitszeichens oder einer Nachahmung hiervon, ist auch von einer missbräuchlichen Benutzung auszugehen; unbedenkliche Gebrauchszwecke des Designs können nur berücksichtigt werden, wenn sie im Design selbst Niederschlag gefunden haben.

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Designanmeldung 40 2010 004 664.1

hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des [X.] in der Sitzung vom 22. Januar 2015 durch [X.] und die Richterinnen Winter und Uhlmann

beschlossen:

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

[X.] Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Der Anmelder hat am 2. September 2010 beim [X.] ([X.]) einen Antrag auf Eintragung von acht Mustern als Sammelanmeldung mit der fortlaufenden Nummerierung von 1 bis 8 eingereicht mit der Angabe der Erzeugnisse "Fahnen, Festdekorationsartikel, Flaggen, Banner, Aufkleber, Drucksachen". In Feld 2 des Antragsformulars sowie im Anlageblatt zum Antrag ist das Zeichen des Anmelders mit "[X.]" benannt. Auf dem anstelle von [X.] eingereichten Datenträger sind die acht Muster wie folgt wiedergegeben:

Abbildung

2

Das [X.] hat nach vorherigem Zwischenbescheid mit Beschluss vom 23. März 2011 die Sammelanmeldung hinsichtlich der Muster Nr. 2 bis [X.] zurückgewiesen, weil diese vom Geschmacksmusterschutz ausgeschlossen seien (§§ 18, 3 Abs. 1 Nr. 4 [X.], Art. 6

3

Entsprechendes gelte für die heraldischen Merkmale des Kennzeichens des [X.]es, welches gemäß Art. 6

4

Der Anmelder hat Beschwerde eingelegt. In den Mustern fänden sich zwar die [X.] wieder; jedoch sei die Deutschlandflagge dadurch charakterisiert, dass die Farbanteile gedrittelt seien. Hieran fehle es bei der angemeldeten Gestaltung. Eher werde durch den erheblichen Schwung in der Gestaltung der Eindruck eines Balles bzw. eines [X.] vermittelt, als eine Assoziation an eine Flagge. Es handele sich zwar um ein Merkmal, das Assoziationen zur [X.] hervorrufe, jedoch nicht um eine Nutzung im heraldischen Sinn. Es gehe bei der Benutzung des Musters für Dekoration für Produkte nur um ein geographisch herkunftshinweisendes und dekoratives Mittel. Ein hoheitlicher Bezug bzw. der Eindruck eines solchen werde nicht erweckt. Im Patentamtsverfahren hat er ferner darauf hingewiesen, dass der [X.] [X.] von seinem blauen Hintergrund gelöst sei, die Kombination würde von keinem Staat in einem Hoheitszeichen benutzt. Ferner hat er auf eingetragene Geschmacksmuster mit [X.]-Flaggengestaltungen und [X.] hingewiesen.

5

Der Anmelder beantragt sinngemäß,

6

den Beschluss der Geschmacksmusterstelle des [X.]s vom 23. März 2011 aufzuheben und die mit der Sammelanmeldung angemeldeten Muster Nr. 2 bis 8 einzutragen.

7

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

8

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

9

1. Auf den am 2. September 2010 eingegangenen Antrag auf Eintragung eines Geschmacksmusters als Sammelanmeldung von 8 Mustern fand zunächst das Gesetz über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen (Geschmacksmustergesetz - [X.]) Anwendung. Mit dem am 1. Januar 2014 in [X.] getretenen Gesetz über den rechtlichen Schutz von Design (Designgesetz - [X.]) sind u. a. der Name des [X.] sowie der Name des [X.] geändert worden. Nach der Übergangsvorschrift in § 74 Abs. 1 [X.] werden Geschmacksmuster, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes vom 10. Oktober 2013 ([X.] I S. 3799) am 1. Januar 2014 angemeldet oder eingetragen worden sind, ab diesem Zeitpunkt als eingetragene Designs bezeichnet. Übergangsvorschriften für anzuwendendes Recht auf angemeldete Designs fehlen (vgl. § 72 [X.]), so dass für das weitere Verfahren das Designgesetz in der zum 1. Januar 2014 in [X.] getretenen Fassung Anwendung findet, ergänzt durch die Bestimmungen der Verordnung zur Ausführung des Designgesetzes (Designverordnung - [X.]) vom 2. Januar 2014 (zuvor Verordnung zur Ausführung des [X.]).

2. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 [X.] (wie auch § 3 Abs. 1 Nr. 4 [X.]) sind vom Designschutz ausgeschlossene Designs, die eine missbräuchliche Benutzung eines der in Artikel 6

Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 [X.] i. V. m. Art. 6

Nach Art. 6

In Art. 6

3. Nach diesen Vorschriften liegen die Voraussetzungen für den Ausschuss vom Designschutz bei den Designs Nr. 2 bis [X.] vor. Diese Designs stellen bezüglich eines staatlichen [X.] (Art. 6

a) Die zur Eintragung angemeldeten Designs Nr. 2, 4 und 8 sind Nachahmungen im heraldischen Sinn eines staatlichen [X.] (Art. 6

Nach Art. 22 Abs. 2 GG ist die Bundesflagge "schwarz-rot-gold". In der Anordnung über die [X.] Flaggen vom 7. Juni 1950 ([X.] I 1950, [X.]) wurde geregelt, dass die Bundesflagge aus drei gleich großen Querstreifen besteht, oben schwarz, in der Mitte rot, unten goldfarben, und dass das Verhältnis der Höhe zur Länge des [X.] wie 3 zu 5 beträgt. In der [X.] vom 13. November 1996 ([X.] I, [X.]) ist ferner festgelegt, dass die Bundesflagge auch in Form eines Banners geführt werden kann, das aus drei gleich breiten Längsstreifen besteht, links schwarz, in der Mitte rot, rechts goldfarben.

In der [X.] vom 13. November 1996 ([X.] I, [X.]) ist die Bundesflagge wie folgt wiedergegeben:

Abbildung

Im "Protokoll Inland der Bundesregierung" vom 1. März 2009 ([X.]) erscheint die Reproduktion der Flagge der [X.] wie folgt:

Abbildung

Die genauen Farbtöne der [X.] Flagge sind nicht festgelegt. Auf der Grundlage des Beschlusses des [X.] vom 2. Juni 1999 wurde aber das "Corporate Design" der Bundesregierung entwickelt. Für [X.] soll für das Gold das sogenannte Melonengelb ([X.] 1028) genommen werden. Im Übrigen können danach die Farbwerte der Farbsysteme [X.], [X.], [X.] und RGB eingesetzt werden (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Flagge_Deutschlands).

Im "Protokoll Inland der Bundesregierung" vom 18. Juni 2008 (http://www.protokoll-inland.de/PI/DE/Beflaggung/Flaggen/Bundesfarben/bundesfarben_node.html) heißt es u. a.: "Je nach Art und Verwendung (z. B. Polyester / Baumwolle / Metall / Papier / Kunststoff; [X.]ageslicht / Kunstlicht; Inneneinsatz / Außeneinsatz) eines Produktes mit der Darstellung der Bundesflagge ist es möglich, dass unterschiedliche Farbkennzahlen gängiger Normen der Vorgabe des Grundgesetzes entsprechen. Gerade die Einflussfaktoren Sonnenstand, Bewölkung und Wetterlage lassen - zusätzlich zur subjektiven Wahrnehmung des Betrachters - dieselbe Flagge unterschiedlich aussehen".

In einer anderen Reproduktion erscheint die Bundesflagge beispielsweise wie folgt (http://www.flaggenkunde.de/deutscheflaggen/d-bund.htm):

Abbildung

Die bei Reproduktionen der [X.] Bundesflagge übliche Darstellung ist bei den Designs Nr. 2, 4 und 8 allerdings nicht identisch übernommen. Wie oben ausgeführt, dürfen aber auch Nachahmungen im heraldischen Sinn nicht als Designs geschützt werden.

Nachahmungen im heraldischen Sinn sind solche, die die charakteristischen heraldischen Merkmale aufweisen, die das Hoheitszeichen von anderen Zeichen unterscheidet (vgl. [X.] GRUR Int. 2010, 45 [[X.]0-55] - Ahornblatt; [X.], 773 [Nr. 41] - Bildmarke [X.]). Dabei kommt einer etwaigen offiziellen heraldischen Beschreibung des [X.] besondere Bedeutung zu; nicht relevant ist dagegen die geometrische Beschreibung (vgl. [X.], 773 [Nr. 44] - Bildmarke [X.]). Solche heraldischen Beschreibungen enthalten in der Regel aber nur die Angabe bestimmter Elemente und keine näheren Details zu deren künstlerischer Interpretation. Insoweit können anhand einer heraldischen Beschreibung mehrere künstlerische Sichtweisen desselben Zeichens möglich sein. Anders als etwa bei einer Farbmarke ist daher der Schutzgegenstand des Art. 6

Die durch Art. 22 Abs. 2 GG bestimmten Farben "schwarz-rot-gold" der Bundesflagge sind in den Designs Nr. 2, 4 und 8, wie in der Anordnung über die [X.] Flaggen vom 7. Juni 1950 ([X.] I 1950, [X.]) ergänzend geregelt, oben schwarz, in der Mitte rot, unten goldfarben und querverlaufend wiedergegeben. Die Wiedergaben als flaggengleiche rechteckige Designs entspricht der üblichen Darstellung von Flaggen als querformatige Hissflagge (vgl. [X.]) und greift die rechteckige Form des [X.]uchs auf. Dass bei diesen Designs die Streifen nicht gerade und gleich breit, sondern in unterschiedlichen Breiten gebogen wiedergegeben sind, führt nicht von einer Nachahmung der Bundesflagge im heraldischen Sinn weg. Dadurch wird der unmittelbare Bezug zur Bundesflagge nicht so stark verfremdet, dass dieser aufgehoben wird; vielmehr bleibt der Eindruck der [X.] Bundesflagge, die den Staat und seine durch Gesetze legitimierte öffentliche Gewalt repräsentiert, in ihren charakteristischen Merkmalen mit der [X.] schwarz-rot-gold erhalten. So verwenden auch Bundesministerien bei der Wiedergabe die Bundesflagge verschiedene Variationen. Die vom [X.] angebotene Postkarte der Bundesflagge ist z. B. wie folgt gestaltet (http://www.bmi.bund.de/DE/[X.]hemen/Gesellschaft-Verfassung/Staatssymbole/Bundesflagge/bundesflagge_node.html):

Abbildung

Das [X.] verwendet folgende Stilisierung der Bundesflagge (http://www.bmvg.de/portal/a/bmvg/!ut/p/c4/DcrLDYAgDADQWVygvXtzC_VWsIEGLI[X.]yWV_zrg9v_ClNCdSlKGU88fKyuwXunQFMfOQWWbrVkqVLAjf0YVscGygPGtb-04cGrOnYPha7rVM!/):

Abbildung

Die Designs Nr. 2, 4 und 8 sind nach alledem so eng an die Flagge der [X.] angelehnt, dass sie im Verkehr einen amtlichen Eindruck erwecken können. Damit handelt es sich um Nachahmungen im heraldischen Sinn.

Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Einfügung eines goldenen [X.]es in den Designs Nr. 4 und [X.], der als Nachahmung des Emblems des [X.] und seiner Flagge ebenfalls vom Designschutz ausgeschlossen ist (dazu unten unter b) und zudem auf eine Verbindung von [X.] und [X.] schließen lässt. Verwendungen nebeneinander liegen nahe, etwa bei gemeinsamen Veranstaltungen und Projekten.

b) Die zur Eintragung angemeldeten Designs Nr. 3 bis [X.] sind Nachahmungen im heraldischen Sinn von Flagge und Kennzeichen einer internationalen zwischenstaatlichen Organisation (Art. 6

aa) Der [X.] ist eine europäische internationale Organisation; alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaft sind Mitglieder des [X.] und auch Verbandsländer der PVÜ; die in Art. 6

bb) Das Ministerkomitee des [X.] beschloss das Emblem und die Flagge des [X.] und die heraldische Beschreibung am 9. Dezember 1955 mit der Resolution (55)32 (vgl. http://www.coe.int/t/dgal/dit/ilcd/archives/selection/flags/Res(55)32_en.pdf) wie folgt: "Auf blauem Grund ein Kreis von zwölf fünfzackigen Sternen, deren Spitzen sich nicht berühren”. Die Embleme des [X.] mit den Kennnummern [X.] und [X.] sind den Verbandsländern durch Vermittlung des Internationalen Büros durch "communication" C. No. 3556 – 551 vom 4. Oktober 1979 mitgeteilt worden (Art. 6

Kennnummer [X.] ([X.]; vgl. auch [X.], [X.] - 413/11 – [X.] DRIVESHAF[X.] SERVICES; [X.] – 3/12 – euro experts; [X.] - 430/13 - European Network Rapid Manufacturing):

Abbildung

Kennnummer [X.] (http://www.wipo.int/cgi-6te/guest/ifetch5?ENG+SIX[X.]ER+15-00+41420495-KEY+256+0+1376+F-ENG+23+24+1+25+SEP-0/HI[X.]NUM,B+OR%2feurope+):

Abbildung

Das flaggenförmige Emblem [X.] in der Ausführung mit zwölf goldenen, fünfzackigen, sich nicht berührenden Sternen auf blauem Grund ist Mittelpunkt der rechteckigen Flagge des [X.] (Europaflagge), die vom [X.] 1955 eingeführt wurde und seit 1986 auch von der [X.] bzw. der [X.] benutzt wird. Soweit das Emblem als Flagge der [X.] als supranationales staatliches Hoheitszeichen im Sinn von Art. 6

Die Wiedergabe "normal" ist von der [X.] wie folgt dargestellt (vgl. http://europa.eu/about-eu/basic-information/symbols/flag/index_de.htm):

Abbildung

Für die Reproduktion schwarz-weiß bzw. weiß-blau sind folgende Wiedergaben vorgeschlagen:

Abbildung

In der vom Patentamt herangezogenen Bekanntmachung zu § 4 des [X.] vom 29. Oktober 1979 ([X.], S. 1800 f. = [X.] 1980, 1) ist bei dem Kennzeichen der [X.] auf schwarzem Grund dargestellt wie folgt:

Abbildung

Ausführungen zur Farbgebung sind nicht enthalten.

cc) [X.] von zwölf goldenen fünfzackigen Sternen, deren Spitzen sich nicht berühren, auf blauem Hintergrund und angeordnet und ausgerichtet wie im Emblem mit der Kennnummer [X.] und in der Flagge des [X.], ist bei den Designs Nr. 6 und [X.] als Bestandteil enthalten. Zwar weisen der Blauton und wohl auch der Goldton Nuancen gegenüber der den Verbandsländern mitgeteilten Darstellung auf; auch verläuft der blaue Hintergrund an seinem unteren Rand kurvenförmig. Diese Gestaltungen der Designs erfüllen indessen die Voraussetzungen einer Nachahmung im heraldischen Sinn, wie sie oben zur Bundesflagge genannt sind. Denn die geschilderten charakteristischen heraldischen Merkmale des Emblems sind wiedergegeben, wobei Kern- und wesensbestimmendes Element der geschlossene Kranz von zwölf fünfzackigen, besonders angeordneten und ausgerichteten Sternen gleicher Größe ist, deren Spitzen sich nicht berühren. Wie oben zur Bundesflagge schon ausgeführt, sind bei der Reproduktion nicht immer gleichbleibende Farben gewährleistet; sie können nach Art der Materialbeschaffenheit auch bei Anwendung desselben Farbsystems variieren. Die genaue farbliche Gestaltung ist daher heraldisch ebenso zweitrangig wie die zentrale Anordnung des Kranzes. Die Hinzufügung eines roten und gelben Streifens in der insgesamt als Flaggendarstellung erscheinenden Wiedergabe der Designs ändert hieran nichts; diese Abweichungen sind zwar nicht gänzlich unerheblich, lassen aber gerade wegen ihrer insoweit gegebenen Anspielung auf die Bundesflagge Raum für Missverständnisse im Sinne einer Deutung als amtliches Zeichen und sind deshalb nicht geeignet, von einer Nachahmung im heraldischen Sinn wegzuführen.

Auch bei den Designs Nr. 3, 4, 5 und 8 handelt es sich um Nachahmungen im heraldischen Sinn des Emblems [X.] des [X.], das in seiner Flagge und auch der Flagge der [X.] verwendet wird.

In den Designs Nr. 3 und 5 ist der [X.] in der Flaggendarstellung zwar je weiß auf schwarzem, gebogenem Streifen wiedergegeben und zwei gebogene Streifen in unterschiedlichen Grautönen sind jeweils hinzugefügt; in den Designs Nr. 4 und 8 ist der [X.] goldfarbig auf dem schwarzen Streifen der oben beschriebenen Nachahmung der [X.] Bundesflagge dargestellt.

Der Gesamteindruck der Gestaltungen dieser Designs ruft indessen den Eindruck einer Nachahmung des Emblems [X.] im heraldischen Sinn hervor. Denn das kern- und wesensbestimmende Element des Emblems, nämlich der geschlossene Kranz von zwölf fünfzackigen, besonders angeordneten und ausgerichteten Sternen gleicher Größe, deren Spitzen sich nicht berühren, ist als das wesensbestimmende grafisch-heraldische Element des Kennzeichens des [X.] und der [X.] auch hier erkennbar wiedergegeben. Die weiteren Bildelemente vermögen hieran nichts zu ändern; sie schließen eine Nachahmung im heraldischen Sinne nicht aus, weil sie einerseits – soweit es um die [X.] Nr. 3 und [X.] geht – eher unauffällig sind, andererseits – bezüglich Nr. 4 und [X.] – wegen ihrer gleichzeitigen Übernahme der Bundesflagge einen amtlichen Anschein nicht nur nicht vermindern, sondern im Gegenteil verstärken.

c) Die Designs Nr. 2 bis [X.] stellen auch eine missbräuchliche Benutzung der in Art. 6

Maßgebend für die Beurteilung, ob eine missbräuchliche Benutzung in dem genannten Sinne vorliegt, sind die konkrete Gestaltung des angemeldeten Designs und seine denkbare Wirkung auf das allgemeine Publikum. Insoweit ist es z. B. nicht ausgeschlossen, dass eine Darstellung, die ein Hoheitszeichen oder dessen Nachahmung im Zusammenhang mit einem alltäglichen Gebrauchsgegenstand wie einem Schlüsselanhänger oder einer [X.]asse zeigt, jeden amtlichen Anschein zerstreut und insgesamt unbedenklich erscheint (vgl. [X.], 705 - [X.]; [X.], 707 – DM-[X.]assen; [X.], 708 - Schlüsselanhänger, jeweils zu § 7 Abs. 2 [X.] a. F., dem im geltenden Recht § 3 Abs. 1 Nr. 3 [X.] entspricht). Im vorliegenden Fall ist dieser Weg jedoch nicht gangbar, weil sich sämtliche beschwerdegegenständlichen Designs in der Wiedergabe von Nachahmungen geschützter Hoheitszeichen erschöpfen. Anders als in den vom [X.] entschiedenen Fällen weisen sie keine weiteren Merkmale auf. Der Beschwerdeführer weist allerdings im Ausgangspunkt zutreffend darauf hin, dass insoweit neben missbräuchlichen auch unbedenkliche Verwendungen, etwa für die Dekoration von Produkten, in Betracht kommen. Das ergibt sich schon daraus, dass nach § 11 Abs. 6 [X.] die Angabe der Erzeugnisse (hier u. a. "Flaggen") keinen Einfluss auf den Schutzumfang des eingetragenen Designs hat. Vor diesem Hintergrund wäre es denkbar, den Ausschlussgrund des § 3 Abs. 1 Nr. 4 [X.] auf Fälle zu beschränken, in denen das Design selbst eine konkrete missbräuchliche Verwendung zum Gegenstand hat. Dem steht jedoch entgegen, dass bei dieser Lesart § 3 Abs. 1 Nr. 4 [X.] keinen eigenständigen Anwendungsbereich neben § 3 Abs. 1 Nr. 3 [X.] mehr hätte. Eine konkret missbräuchliche Gestaltung verstößt immer auch gegen die öffentliche Ordnung im Sinne dieser letzteren Bestimmung. Demgegenüber war es gerade Sinn der Einführung des weiteren Schutzhindernisses des § 3 Abs. 1 Nr. 4 [X.], den Schutz von Hoheitszeichen und deren Nachahmungen vor einer Monopolisierung über die durch § 3 Abs. 1 Nr. 3 [X.] gegebene Handhabe hinaus zu verbessern (s. Begründung zum GeschmMRefG, [X.] 2004, [X.]). Demzufolge ist von einer missbräuchlichen Benutzung schon dann auszugehen, wenn sich das Design – wie vorliegend – in der Darstellung der in Art. 6

d) Eine Erlaubnis zur Führung der Zeichen (Art. 6

4. [X.] auf die vom Anmelder genannten Voreintragungen war weder seitens des Patentamts noch des Senats veranlasst (vgl. [X.], 276, 277 [Nr. 18] - Institut der Nord[X.] Wirtschaft e. V. m. w. N.). Für die Entscheidung, ob ein angemeldetes Design vom Schutz ausgeschlossen ist, kommt es allein darauf an, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Ausschluss vom Designschutz hinsichtlich der gesetzlich geregelten Schutzhindernisse gegeben sind. Der Umstand, dass identische oder ähnliche Designs eingetragen worden sind, ist demgegenüber nicht maßgebend.

5. Die Rechtsbeschwerde wird gemäß § 23 Abs. 5 [X.] i. V. m. § 100 Abs. 2 [X.] zugelassen, da zur Auslegung von § 3 Abs. 1 Nr. 4 [X.] noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung ergangen ist.

Meta

30 W (pat) 703/13

22.01.2015

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 22.01.2015, Az. 30 W (pat) 703/13 (REWIS RS 2015, 16750)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 16750

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