Bundessozialgericht, Urteil vom 14.03.2012, Az. B 14 AS 18/11 R

14. Senat | REWIS RS 2012, 8177

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Gegenstand

Grundsicherung für Arbeitsuchende - Einkommensberücksichtigung - Absetzung des Freibetrags bei Erwerbstätigkeit - Berücksichtigung des Kurzarbeitergeldes beim Bruttoarbeitsentgelt


Leitsatz

Kurzarbeitergeld ist Einkommen aus Erwerbstätigkeit und deshalb bei der Berechnung von Freibeträgen beim Bruttoarbeitsentgelt zu berücksichtigen.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 29. November 2010 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat dem Kläger die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt höhere Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem [X.] ([X.]), im jetzigen Verfahrensstadium allein noch für den Monat Juni 2009. Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob bei der Berechnung eines Freibetrags nach § 30 [X.] in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung für diesen Monat Kurzarbeitergeld ([X.]) zu berücksichtigen ist.

2

Der 1968 geborene Kläger geht einer Erwerbstätigkeit als Stanzer nach und bezieht ergänzend Leistungen nach dem [X.]. Der Arbeitgeber des [X.] beantragte für die Monate April und Mai 2009 wegen einer aus konjunkturellen Gründen mangelnden Auslastung der Betriebskapazitäten Kurzarbeit. Das dem Kläger im Juni 2009 zugeflossene Bruttoentgelt für Mai 2009 in Höhe von insgesamt 979,11 [X.] umfasste ein [X.] in Höhe von 108,07 [X.].

3

Auf Antrag des [X.] bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 19.5.2009 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende für den Zeitraum vom 5.5. bis 31.5.2009 und sodann weiter für den Zeitraum vom 1.6. bis [X.] Mit einem Änderungsbescheid vom 30.6.2009 erfolgte eine Änderung der Bewilligung ua für den Zeitraum vom 1.6. bis 30.6.2009. Der Widerspruch des [X.], der sich auch dagegen richtete, dass im Juni 2009 zugeflossenes [X.] in Höhe von 108,07 [X.] bei der Einkommensbereinigung nach § 30 [X.] nicht berücksichtigt worden war, wurde mit Widerspruchsbescheid vom [X.] zurückgewiesen. Der Beklagte vertrat die Auffassung, das [X.] könne nicht für die Ermittlung der Freibeträge nach § 30 [X.] mitberücksichtigt werden, da es nicht auf einer Erwerbstätigkeit des [X.] beruhe, sondern dafür gezahlt werde, dass dieser zu Hause bleibe.

4

Der dagegen erhobenen Klage hat das Sozialgericht ([X.]) mit Urteil vom [X.] zu einem Teil, nämlich für den Monat Juni 2009, stattgegeben. Dem Gesamtbedarf in Höhe von 631 [X.] stehe [X.] Einkommen von 361,13 [X.] gegenüber, was einen Leistungsanspruch von 269,87 [X.] ergebe, der auf 270 [X.] aufzurunden sei. Mit Änderungsbescheid vom 30.6.2009 seien dem Kläger nur 253,30 [X.] bewilligt worden, sodass dieser für den Monat Juni 2009 Anspruch auf weitere Leistungen von 16,70 [X.] habe. Bei der Berechnung sei von den Gesamtbruttobezügen laut Gehaltsabrechnung in Höhe von 979,11 [X.] auszugehen, in dieser Summe sei das [X.] in Höhe von 108,07 [X.] enthalten gewesen. Von dieser Summe sei auch die Bereinigung nach § 30 [X.] vorzunehmen. Ob [X.] Einkommen aus Erwerbstätigkeit sei, sei nicht abschließend geklärt. Der kausale Zusammenhang zwischen der Zahlung des [X.] und der Arbeitskraft des [X.] und damit die Nähe zum [X.] legten nahe, dass dieses auch bei der Berechnung der Freibeträge zu berücksichtigen sei, denn ohne bestehendes Arbeitsverhältnis würde der Kläger kein [X.] beziehen. Auch die Motive des Gesetzgebers, die dahin gingen, den in Kurzarbeit befindlichen Arbeitnehmer durch das [X.] davon abzuhalten, den Arbeitsplatz aufzugeben, sprächen dafür, einen Arbeitnehmer in der Lage, die für ihn ohnehin mit Einkommensverlusten verbunden sei, nicht noch schlechter zu stellen. Es sei sinnwidrig, wenn der Staat konjunkturelle Mittel bereitstelle, um einen Verlust des Arbeitsplatzes zu verhindern, den Leistungsempfänger bei Betroffenheit von dieser staatlichen Konjunkturmaßnahme trotz fortdauernder Erwerbstätigkeit durch Verringerung seines Freibetrags aber gleichzeitig zu bestrafen.

5

Der Beklagte hat die vom [X.] zugelassene Sprungrevision eingelegt und zur Begründung vorgetragen, aus der Gesetzesbegründung zu § 30 [X.] ergebe sich der Wille des Gesetzgebers, dass mit dem Anrechnungssystem dem Grundsatz Rechnung getragen werden solle, dass derjenige, der arbeite, mehr Geld zur Verfügung haben solle als derjenige, der trotz Erwerbsfähigkeit nicht arbeite. Damit werde zum Ausdruck gebracht, dass nur Einkünfte aus "mühevoller" Tätigkeit unter § 30 [X.] fielen. Dies sei beim [X.] gerade nicht der Fall, denn das [X.] sei keine Gegenleistung für erbrachte Arbeit, sondern der Ausgleich dafür, dass nicht gearbeitet werden könne. Das [X.] trete - anders als [X.] das Insolvenzgeld ([X.]) - nicht in rechtlicher und wirtschaftlicher Weise an die Stellung des Anspruchs auf Entlohnung. Das [X.] habe fehlerhaft das neben dem Arbeitsentgelt zugeflossene [X.] in die Einkommensbereinigung einbezogen.

6

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des [X.] vom 29. November 2010 zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Der Kläger, der selbst keine Revision eingelegt hat, schließt sich der Auffassung des [X.] an.

Entscheidungsgründe

9

Die Sprungrevision des Beklagten ist zulässig (§§ 161, 164 Sozialgerichtsgesetz <[X.]G>). Die Revision ist jedoch unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 [X.]G). Das [X.] hat den Beklagten zutreffend zur Zahlung eines weiteren Leistungsbetrags in Höhe von 16,70 [X.] verurteilt, denn der Kläger hat einen Anspruch auf Berücksichtigung eines Freibetrags nach § 30 [X.]B II in der vom 1.10.2005 bis 31.12.2010 geltenden Fassung aus seinem Bruttoarbeitsentgelt unter Einschluss des [X.].

1. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 19.5.2009 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 30.6.2009, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.1.2010. Es geht vorliegend nur noch um die Höhe der Leistungen nach dem [X.]B II vom 1.6. bis zum 30.6.2009, denn nur insoweit ist der Beklagte, der allein die Sprungrevision eingelegt hat, beschwert.

2. Nach den Feststellungen des [X.] (§ 163 [X.]G) gehört der Kläger zum anspruchsberechtigten Personenkreis nach § 7 Abs 1 [X.]B II. Seinen Bedarf hat das [X.] für den Monat Juni 2009 mit 631 [X.] zutreffend ermittelt. Diesem Bedarf ist das bereinigte Einkommen in Höhe von 361,13 [X.] gegenüberzustellen. [X.] angegriffen werden die Berechnungen seitens des Beklagten insofern, als er selbst einen Bruttolohn von 871,04 [X.] zugrunde gelegt hat, von dem er dann die Freibeträge nach § 30 [X.]B II errechnet hat, während das [X.] das im Juni 2009 ausgezahlte [X.] für Mai 2009 in Höhe von 108,07 [X.] mitberücksichtigt hat und so von dem ausgewiesenen Bruttolohn von [X.] ausgegangen ist.

3. Bei der Berechnung des zu berücksichtigenden Einkommens ist das [X.] zu Recht von einem Anspruch auf einen Freibetrag nach § 30 [X.]B II unter Zugrundelegung eines monatlichen Gesamtbruttoeinkommens, das auch das gezahlte [X.] enthält, ausgegangen. Nach § 30 [X.]B II in der hier maßgeblichen Fassung ist bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die erwerbstätig sind, von dem monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit ein weiterer Betrag abzusetzen.

a) Eine Definition des Tatbestandsmerkmals "Einkommen aus Erwerbstätigkeit" bietet das [X.]B II selbst nicht. Es kann insoweit auch nicht - auch nicht als Indiz, wie das [X.] meint - auf § 14 Abs 1 [X.] ([X.]B IV) zurückgegriffen werden. Nach § 14 Abs 1 Satz 1 [X.]B IV sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Die weite Begriffsbestimmung des Arbeitsentgelts erfasst auch solche Einnahmen, die dem Versicherten (lediglich) in ursächlichem Zusammenhang mit einer Beschäftigung zufließen, insbesondere auch Zahlungen, denen ein Anspruch des Arbeitgebers auf eine Arbeitsleistung nicht gegenübersteht, wie die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und das Urlaubsgeld (vgl nur B[X.]E 83, 266, 267 = [X.]-2400 § 14 [X.] mwN). Dieser für die Sozialversicherung und die Arbeitsförderung einheitliche Entgeltbegriff ist vor dem Hintergrund seiner Funktion als Voraussetzung für die Versicherungspflicht und als Grundlage für die Bemessung von Beiträgen und Leistungen zu verstehen (vgl nur von Koppenfels-Spies in [X.]/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 2. Aufl 2011, § 14 [X.]B IV Rd[X.] 1 mwN). Zur Ausfüllung des Tatbestandsmerkmals "Einkommen aus Erwerbstätigkeit" iS des § 30 [X.]B II ist § 14 [X.]B IV dagegen nicht geeignet. Schon der Wortlaut des § 30 Halbs 1 [X.]B II knüpft den Freibetrag an Einkommen, das aus der Ausübung einer Erwerbstätigkeit gezogen wird. Insoweit genügt gerade nicht, dass überhaupt ein Arbeitsverhältnis besteht oder bestanden hat (vgl bereits B[X.] Urteil vom 27.9.2011 - B 4 [X.]/10 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] Rd[X.] 17 f).

b) Das Merkmal "Einkommen aus Erwerbstätigkeit" in § 30 [X.]B II ist unter dem vorgenannten Aspekt deshalb dahingehend zu fassen, dass der Freibetrag nur vom Erwerbseinkommen im engeren Sinne abzusetzen ist. Diese Auslegung entspricht der Zielsetzung des Gesetzes, wonach der Einkommensfreibetrag dem Grundsatz Rechnung tragen soll, dass der Erwerbstätige mehr Geld zur Verfügung haben soll als derjenige, der trotz Erwerbsfähigkeit nicht arbeitet (vgl BT-Drucks 15/1516, [X.]). Dem [X.] kommt demgegenüber eine "Zwitterstellung" zu. Es fungiert zwar als Entgeltersatzleistung (aa). Aus dem Gesamtzusammenhang nach Sinn und Zweck des [X.] ergibt sich jedoch, dass der Schwerpunkt bei der Einordnung auf der [X.] liegt ([X.]). Dies wird durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (B[X.]) zu anderen Leistungen, die an die Stelle des Arbeitsentgelts treten, bestätigt (cc).

aa) Nach seiner systematischen Stellung im Rahmen der [X.] ([X.]B III) wird das [X.] als Entgeltersatzleistung eingestuft. Im 8. Abschnitt des [X.]B III unter der Überschrift "Entgeltersatzleistung" und dort wiederum unter dem Unterabschnitt "Leistungsübersicht" in § 116 [X.] 4 [X.]B III wird das [X.] ausdrücklich genannt (vgl zB Mutschler in [X.]B III Arbeitsförderung Großkommentar, 3. Aufl 2008, § 169 Rd[X.] 2 und 3). Das [X.] wird für Arbeitnehmer gezahlt, die infolge eines [X.] einen Entgeltausfall haben. Es kompensiert den Arbeitsentgeltausfall, der bei vorübergehender Kürzung der betriebsüblichen normalen Arbeitszeit aufgrund [X.] entsteht (vgl [X.] in [X.]/Brand, [X.]B III, 5. Aufl 2010, § 169 Rd[X.] 4; [X.], [X.], 14. Aufl 2011, § 47 Rd[X.] 1). Die Bemessung des [X.] errechnet sich nicht nach dem vor Einführung der Kurzarbeit erzielten Arbeitsentgelt, sondern nach dem wegen der Kurzarbeit im Kalendermonat aktuell ausgefallenen Arbeitsentgelt (vgl [X.] in [X.]/Brand, [X.]B III, § 169 Rd[X.] 2; vgl §§ 178, 179 [X.]B III). Auch muss der Arbeitnehmer gemäß § 172 Abs 3 [X.]B III im Prinzip Vermittlungsbemühungen der [X.] zur Verfügung stehen.

Diese Aspekte, die gegen eine Einordnung des [X.] als Einkommen aus Erwerbstätigkeit sprechen, stehen jedoch nicht im Vordergrund. Vielmehr liegt der Schwerpunkt des [X.] auf seiner Funktion als Arbeitsentgelt. Diese Einordnung für den hier maßgeblichen Zeitraum wird letztlich bestätigt durch die Neufassung des [X.]B III durch das Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt ([X.], 2881), wonach ab dem 1.4.2012 das [X.] zwar weiterhin im Rahmen der Entgeltersatzleistungen aufgeführt wird, jedoch unter dem neuen Abschnitt "Verbleib in Beschäftigung" geregelt ist.

[X.]) Dieser letztgenannte Gesichtspunkt des Verbleibs in Beschäftigung war aber schon der Hauptzweck des [X.] gemäß §§ 169 ff [X.]B III in der hier anzuwendenden Fassung. Es sollte bei konjunkturell bedingten Arbeitsausfällen zur Verhinderung von Arbeitslosigkeit und zur Stabilisierung bestehender Beschäftigungsverhältnisse dienen (vgl [X.] in [X.]/Brand, [X.]B III, § 169 Rd[X.] 5). Die persönlichen Voraussetzungen für den Bezug von [X.] stellen gemäß § 172 Abs 1 [X.] 1a bzw [X.] 2 [X.]B III ausdrücklich darauf ab, dass [X.] nur bezogen werden kann, wenn eine versicherungspflichtige Beschäftigung fortgesetzt wird und das Arbeitsverhältnis nicht gekündigt oder durch Aufhebungsvertrag aufgelöst ist.

Damit korrespondiert der Gesetzeszweck des § 30 [X.]B II. Der [X.] soll Anreize zur Aufnahme oder Beibehaltung auch einer nicht bedarfsdeckenden Erwerbstätigkeit geben (BT-Drucks 15/1516, [X.]). Die [X.] ist das entscheidende Bindeglied zwischen dem Instrument des [X.] und § 30 [X.]B II, der keine systematische Ergänzung des § 11 Abs 2 [X.]B II darstellt, sondern ein Förderinstrument eigener Art ist (B[X.] Urteil vom 27.9.2011 - B 4 [X.]/10 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] Rd[X.] 19). Während bei echten Entgeltersatzleistungen die Zielsetzung der Aufnahme oder Weiterführung einer Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ins Leere geht, wird durch das [X.] genau dieser - wie bei § 30 [X.]B II - unterstützende Anreiz geschaffen, trotz vorübergehend nicht bedarfsdeckenden Einkommens aufgrund des [X.] in dem Beschäftigungsverhältnis zu verbleiben. Das [X.] dient dazu, die Lücke zwischen dem Arbeitsentgelt, das bei normaler vollzeitiger Arbeit erzielt werden würde, und dem aufgrund des konjunkturell bedingten [X.] tatsächlich erzielten Arbeitsentgelts zu verringern, um es so zu ermöglichen, dass der monatliche Verlust des Arbeitnehmers in Grenzen gehalten wird. Der Leistungsberechtigte geht also tatsächlich einer Erwerbstätigkeit nach und ist durch eigenes Erwerbseinkommen in der Lage, jedenfalls zu einem Teil für seine Lebensgrundlage aus eigenen Kräften zu sorgen, sodass die Absetzbeträge nach § 30 [X.]B II ihren Sinn und Zweck erfüllen können, einen Anreiz zur Stärkung des Arbeits- und Selbsthilfewillens zu bieten (B[X.] Urteil vom 27.9.2011 - B 4 [X.]/10 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] Rd[X.] 21 mit Bezug auf die Rechtsprechung des [X.] § 76 Abs 2a [X.]).

cc) Dementsprechend ist in der genannten Entscheidung des B[X.] die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach § 3 Abs 1 Satz 1 Entgeltfortzahlungsgesetz als Anspruch auf Arbeitsentgelt qualifiziert worden, von dem der [X.] abgesetzt werden kann, weil auch hier die [X.] dergestalt greift, die Erwerbstätigkeit so bald wie möglich fortzusetzen, um nicht anschließend auf die niedrigere Entgeltersatzleistung in Form von Krankengeld, bei dem die Absetzmöglichkeit entfällt, verwiesen zu werden. Diese getroffene Unterscheidung zwischen der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und dem anschließenden Bezug von Krankengeld findet ihre Entsprechung in § 172 Abs 1a bzw Abs 2 [X.]B III. Danach erfüllt der Arbeitnehmer die persönlichen Voraussetzungen für den Bezug von [X.], solange der Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfalle besteht. Ausgeschlossen vom [X.] ist er dagegen ausdrücklich während des Bezugs von Krankengeld. Der [X.] sieht keinen Anlass, von der genannten Rechtsprechung, die im Gesetz ihre Bestätigung findet, abzuweichen, sodass auch unter diesem Blickwinkel der Aspekt des Arbeitsentgelts beim [X.] im Vordergrund steht.

Dafür spricht auch die Parallele zwischen [X.] und [X.] nach § 183 [X.]B III, das zwar innerhalb des [X.] des [X.]B III ebenfalls - wie das [X.] - unter die Entgeltersatzleistungen fällt. Es tritt aber in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht an die Stelle des [X.], ist daher auch hinsichtlich der Einkommensbereinigung wie der [X.] zu behandeln. Das [X.] soll gewährleisten, dass die Arbeitnehmer ungeachtet des Umstands, dass der in Zahlungsschwierigkeiten befindliche Arbeitgeber das Arbeitsentgelt nicht oder nicht vollständig zahlt, zunächst weiterarbeiten können (B[X.] Urteil vom [X.] - B 4 AS 29/08 R - [X.] 4-4200 § 11 [X.] 22). Beim [X.] besteht ebenfalls die aus der Ausgestaltung der Zielrichtung der Leistung abzuleitende "Nähe" zum [X.], es besteht eine Parallelität der Zielrichtungen. Das [X.] ist daher auch hinsichtlich der Einkommensbereinigung wie der [X.] zu behandeln.

4. Der somit nach § 30 [X.]B II vorzunehmenden Einkommensbereinigung ist das Bruttoarbeitsentgelt zugrunde zu legen. Zutreffend ist das [X.] unter Bezugnahme auf die Lohnabrechnung für den Monat Mai 2009 von einem Gesamtbruttoentgelt von [X.] ausgegangen, in dieser Summe ist das [X.] von 108,07 [X.] enthalten. [X.] davon sind nach § 11 Abs 2 [X.]B II die Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 183,14 [X.] und die Unterhaltszahlungen in Höhe von 177 [X.] sowie der Grundfreibetrag von 100 [X.]. Die Absetzung der Freibeträge nach § 30 [X.]B II folgt in einer ersten Stufe gemäß Ziffer 1 für das Einkommen von über 100 [X.] bis 800 [X.] in Höhe von 20 Prozent (= 140 [X.]) und sodann gemäß Ziffer 2 für die weiteren 179,11 [X.] in Höhe von 10 Prozent (= 17,91 [X.]). Die Berechnung hat das [X.] zutreffend vorgenommen, eine rechnerische Unschärfe bezüglich des anzurechnenden Einkommens, das tatsächlich statt 361,13 [X.] lediglich 361,06 [X.] beträgt, ist wegen der gemäß § 41 Abs 2 [X.]B II vorzunehmenden Aufrundung ohne Bedeutung. Von dem festgestellten Bedarf von 631 [X.] sind 361,06 [X.] anzurechnendes Einkommen abzuziehen, sodass 269,87 [X.] gerundet 270 [X.] verbleiben. Abzüglich der bereits geleisteten 253,30 [X.] ergibt sich der ausgeurteilte Betrag von 16,70 [X.].

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 [X.]G.

Meta

B 14 AS 18/11 R

14.03.2012

Bundessozialgericht 14. Senat

Urteil

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Chemnitz, 29. November 2010, Az: S 3 AS 827/10, Urteil

§ 11 Abs 1 S 1 SGB 2 vom 05.12.2006, § 11 Abs 2 S 1 Nr 6 SGB 2 vom 05.12.2006, § 30 S 1 SGB 2 vom 14.08.2005, § 14 Abs 1 S 1 SGB 4, § 116 Nr 4 SGB 3 vom 24.04.2006, § 169 S 1 SGB 3 vom 24.04.2006, § 172 Abs 1 Nr 1 Buchst a SGB 3 vom 24.04.2006, § 172 Abs 1 Nr 2 SGB 3 vom 24.04.2006, § 172 Abs 1a SGB 3 vom 24.04.2006, § 172 Abs 2 SGB 3 vom 24.04.2006, § 183 SGB 3 vom 02.12.2006, § 3 Abs 1 S 1 EntgFG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 14.03.2012, Az. B 14 AS 18/11 R (REWIS RS 2012, 8177)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 8177

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