Bundesfinanzhof, Urteil vom 06.09.2017, Az. IV R 1/16

4. Senat | REWIS RS 2017, 5710

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Gegenstand

Fehlendes Feststellungsinteresse der Gesellschafter für eine Nichtigkeitsfeststellungsklage gegen Betriebssteuerbescheide einer Personengesellschaft


Leitsatz

1. NV: Dem vermeintlichen Gesellschafter einer nicht existenten Personengesellschaft fehlt das Feststellungsinteresse für eine Nichtigkeitsfeststellungsklage gegen Gewerbesteuer-, Gewerbesteuermess- und Umsatzsteuerbescheide, welche an die Personengesellschaft gerichtet sind .

2. NV: Zu der von einem vermeintlichen Gesellschafter erhobenen Nichtigkeitsfeststellungsklage gegen einen Gewinnfeststellungsbescheid, mit dem Einkünfte an einer nicht existenten Gesellschaft festgestellt werden, sind alle in dem Gewinnfeststellungsbescheid aufgeführten vermeintlichen Gesellschafter notwendig beizuladen .

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 16. September 2014 2 K 9037/06 B wegen [X.] 2000 und 2004 aufgehoben.

Die Sache wird insoweit an das [X.] zurückverwiesen.

Im Übrigen wird die Revision des [X.] als unbegründet zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass die Klage wegen Gewerbesteuer (jeweils einschließlich Gewerbesteuermessbetrag) 2000 und 2004 sowie Umsatzsteuer 2001 bis 2004 als unzulässig abgewiesen wird.

Dem [X.] wird die Entscheidung über die Kosten des gesamten Verfahrens übertragen.

Tatbestand

I.

1

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des [X.] erwarb im Jahr 1997 gemeinschaftlich bzw. in gesellschaftlicher Verbundenheit mit [X.] drei bebaute Grundstücke jeweils zu hälftigem Eigentum. Nachdem [X.] und [X.] zunächst davon ausgingen, dass die Objekte in drei verschiedenen Objektgesellschaften gehalten wurden, vertrat der [X.]eklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --F[X.]--) auch nach entsprechender Äußerung des [X.] und einer durchgeführten [X.]ußenprüfung die [X.]uffassung, dass die drei Objekte in einer [X.], die einen gewerblichen Grundstückshandel betreibe, zusammengefasst worden seien. Entsprechend ermittelte das F[X.] für die Gesamt-GbR "zusammengefasste" Einkünfte aus gewerblichem Grundstückshandel und erließ in der Folgezeit verschiedene (teilweise geänderte) [X.]escheide, die als Inhaltsadressaten [X.] und [X.] als Gesellschafter der Gesamt-GbR bzw. die Gesamt-GbR auswiesen. Die [X.]escheide wurden [X.] und [X.] jeweils einzeln bekanntgegeben. Im Einzelnen handelt es sich um folgende [X.]escheide:

2

[X.]escheid vom 29. September 2005 über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte (im weiteren [X.]) für 2000;
Gewerbesteuermessbescheid für 2000 und Gewerbesteuerbescheid für 2000 vom 4. März 2005 in der geänderten Fassung vom 17. November 2005;
Umsatzsteuerbescheid für 2001 vom 10. Februar 2006;
Umsatzsteuerbescheid für 2002 vom 10. Februar 2006;
Umsatzsteuerbescheid für 2003 vom 10. Februar 2006;
Umsatzsteuerbescheid für 2004 vom 10. Februar 2006;
[X.] für 2004 vom 10. Februar 2006;
Gewerbesteuermessbescheid für 2004 und Gewerbesteuerbescheid für 2004 vom 10. Februar 2006.

3

Gegen sämtliche [X.]escheide legten [X.] und [X.] jeweils Einsprüche ein.

4

Vor [X.]bschluss des [X.] erhob [X.] Klage, mit der er die Feststellung der Nichtigkeit der zuvor aufgeführten [X.]escheide, wörtlich bezeichnet als "Grundlagenbescheide", begehrte.

5

Daneben hatte [X.], nachdem seine Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 5. Mai 2006 als unbegründet zurückgewiesen worden waren, beim Finanzgericht ([X.]) unter dem [X.]ktenzeichen 2 K ... [X.]nfechtungsklage gegen den [X.], den Umsatzsteuerbescheid für 2000 und den Gewerbesteuermessbescheid für 2000 erhoben. Mit der Klage wandte er sich sowohl gegen die Höhe der festgestellten Einkünfte als auch in [X.]bkehr von bisherigen Äußerungen im Verwaltungsverfahren gegen das [X.]estehen einer [X.] Zu dem Klageverfahren lud das [X.] den Kläger als Insolvenzverwalter des [X.] gemäß § 60 [X.]bs. 3 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) bei. Das [X.] gab der Klage mit Urteil vom 16. September 2014 insoweit statt, als es den [X.] für die "Gesamt-GbR" für 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung aufhob. Dabei ging es davon aus, dass eine übergeordnete "Gesamt-GbR" nicht existiert habe, [X.] und [X.] vielmehr in drei steuerlich selbständig zu beurteilenden Objektgesellschaften tätig gewesen seien. Die Zusammenfassung der steuerlichen Ergebnisse in einem [X.] sei daher rechtswidrig. [X.]ezüglich des [X.] für 2000 und des Gewerbesteuermessbescheids für 2000 wies das [X.] die Klage mangels [X.] als unzulässig ab.

6

Während des hier zu beurteilenden Klageverfahrens des [X.] ist das Insolvenzverfahren über dessen Vermögen eröffnet und der Kläger als Insolvenzverwalter bestellt worden. Der Kläger hat das Klageverfahren aufgenommen.
[X.]uf Nachfrage des [X.]erichterstatters des [X.] hatte der damalige Prozessbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 10. März 2006 mitgeteilt, dass die vorgenannten [X.]escheide den Streitgegenstand des finanzgerichtlichen Verfahrens bilden. In der mündlichen Verhandlung vom 16. September 2014 hat die jetzige Prozessbevollmächtigte des [X.] beantragt, die Nichtigkeit der für die Gesamt-GbR ergangenen Grundlagenbescheide festzustellen.

7

Das [X.] hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Im Streitfall sei die [X.]nnahme der Existenz der Gesamt-GbR jedenfalls möglich gewesen. Deshalb seien die angegriffenen [X.] und 2004, auch wenn die Gesamt-GbR tatsächlich nicht existiert haben sollte, nicht nichtig, sondern allenfalls rechtswidrig. Dies gelte gleichermaßen für die jedenfalls vor der mündlichen Verhandlung von dem Klagebegehren mitumfassten Gewerbesteuerbescheide und die Umsatzsteuerbescheide. Zudem seien diese Klagen mangels [X.] unzulässig.

8

Die Klage könne auch nicht in eine [X.]nfechtungsklage umgedeutet werden. Soweit sie auf die Feststellung einer [X.]mtspflichtverletzung gerichtet sei, sei sie unzulässig.

9

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts, insbesondere des § 125 der [X.]bgabenordnung ([X.]). Zu Unrecht habe das [X.] die Nichtigkeit der streitgegenständlichen [X.]escheide verneint. Zur [X.]egründung bezieht sich der Kläger im Wesentlichen auf seine [X.]usführungen in dem Verfahren 2 K ... und die Feststellungen, die dem in diesem Verfahren ergangenen [X.]-Urteil zu Grunde liegen. Zudem rügt er eine [X.]bweichung von dem Urteil des [X.] München vom 28. Januar 2004  9 K 5400/01, wonach ein gegen eine nicht existierende Mitunternehmerschaft gerichteter [X.] stets nichtig sei.

[X.]ußerdem rügt der Kläger, das [X.] habe verfahrensfehlerhaft die Klage, soweit sie auf die Feststellung des Nichtbestehens der Gesamt-GbR gerichtet gewesen sei, unter Hinweis auf die Vorrangigkeit einer Gestaltungs- und Leistungsklage (§ 41 [X.]bs. 2 Satz 1 [X.]O) als unzulässig angesehen. Das [X.] habe insoweit verkannt, dass § 41 [X.]bs. 2 Satz 1 [X.]O nicht anwendbar sei, wenn, wie im Streitfall, die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes begehrt werde. Darüber hinaus liege ein weiterer Verfahrensfehler vor, weil das [X.] eine klar feststehende Tatsache, hier das Nichtbestehen einer GbR, nicht berücksichtigt habe. Das [X.] hätte die von ihm in dem Verfahren 2 K ... festgestellte Nichtexistenz der Gesamt-GbR auch in dem vorliegenden Verfahren berücksichtigen müssen.

Schließlich habe das [X.] die Klage hinsichtlich der damit ebenfalls begehrten Feststellung des Vorliegens einer [X.]mtspflichtverletzung des F[X.] zu Unrecht ebenfalls als unzulässig abgewiesen. Die Klage sei jedenfalls mittlerweile in die Zulässigkeit hineingewachsen, nachdem ein Rechtsanwalt mit der Geltendmachung etwaiger Schadensersatzansprüche beauftragt worden sei.

Der Kläger beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben und die Nichtigkeit folgender [X.]escheide auf Grund der Nichtexistenz der Gesamt-GbR festzustellen:
[X.] vom 29. September 2005 für 2000;
Gewerbesteuermessbescheid für 2000 und Gewerbesteuerbescheid für 2000 vom 4. März 2005;
Umsatzsteuerbescheid für 2001 vom 10. Februar 2006;
Umsatzsteuerbescheid für 2002 vom 10. Februar 2006;
Umsatzsteuerbescheid für 2003 vom 10. Februar 2006;
Umsatzsteuerbescheid für 2004 vom 10. Februar 2006;
[X.] für 2004 vom 10. Februar 2006;
Gewerbesteuermessbescheid für 2004 und Gewerbesteuerbescheid für 2004 vom 10. Februar 2006.

Das F[X.] beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Zur [X.]egründung verweist es im Wesentlichen auf die [X.]usführungen des [X.]. [X.]uch lägen die gerügten Verfahrensfehler nicht vor.

Entscheidungsgründe

II.

Der [X.] legt das Klagebegehren des [X.] dahin aus, dass dieser die Feststellung der Nichtigkeit hinsichtlich aller von ihm in seinem [X.] vom 10. März 2006 aufgeführten Steuerbescheide beantragt hat. Zwar hat die Prozessbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] beantragt, die Nichtigkeit der für die Gesamt-GbR ergangenen "Grundlagenbescheide" festzustellen. Angesichts des gesamten Klagevorbringens hat der [X.], der an eine etwaige andere Auslegung des [X.] nicht gebunden wäre (vgl. dazu u.a. Urteil des [X.] --[X.]-- vom 20. August 2015 IV R 41/12, Rz 20), keinen Zweifel daran, dass von dem Antrag ungeachtet der etwas missverständlichen Formulierung sämtliche in dem o.g. Schriftsatz aufgeführten Steuerbescheide erfasst werden sollten. Für eine darüber hinausgehende Auslegung des in der mündlichen Verhandlung gestellten Klageantrags dahin, dass dieser neben der Feststellung der Nichtigkeit der Steuerbescheide auch die Feststellung einer Amtspflichtverletzung und/oder die Feststellung des Nichtbestehens einer Gesamt-GbR umfassen sollte, sieht der [X.] keinen Raum. Dies auch deshalb nicht, weil die damit im Zusammenhang stehenden schriftsätzlichen Ausführungen des prozesskundig vertretenen [X.] in erster Linie als [X.]egründung für die geltend gemachte Nichtigkeit der streitgegenständlichen Steuerbescheide anzusehen sind.

Ebenso legt der [X.] das Revisionsbegehren dahin aus, dass dieses sich ebenfalls auf die Aufhebung der Vorentscheidung und die Feststellung der Nichtigkeit sämtlicher o.a. Steuerbescheide bezieht. Soweit der Kläger den Umsatzsteuerbescheid 2004 nicht ausdrücklich aufgeführt hat, dürfte es sich dabei nur um ein redaktionelles Versehen handeln.

Die so auszulegende Revision ist wegen Gewerbesteuer (jeweils einschließlich Gewerbesteuermessbetrag) 2000 und 2004 sowie Umsatzsteuer 2001 bis 2004 unbegründet und daher insoweit zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 [X.]O). Dies jedoch mit der Maßgabe, dass die Klage unzulässig war (dazu unter 1.). Im Übrigen, wegen [X.] 2000 und 2004, ist die Revision begründet. Sie führt insoweit gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.]O zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (dazu unter 2.).

1. Das [X.] hat die Klage wegen Gewerbesteuer 2000 und 2004 sowie wegen Umsatzsteuer 2001 bis 2004 im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Klage ist jedoch nicht unbegründet, sondern unzulässig, da der Kläger durch diese Steuerbescheide nicht in seinen Rechten verletzt ist und es ihm damit an dem erforderlichen Feststellungsinteresse fehlt (§ 41 Abs. 1 [X.]O).

a) Das [X.] hat die Nichtigkeitsfeststellungsklage im Ergebnis zutreffend abgewiesen, weil der Kläger durch die [X.] und die Gewerbesteuermessbescheide sowie die Umsatzsteuerbescheide nicht in seinen Rechten verletzt ist und ihm deshalb das berechtigte Interesse an der Feststellung (Feststellungsinteresse gemäß § 41 Abs. 1 [X.]O) der Nichtigkeit dieser Steuerbescheide fehlt.

aa) Wird das Gewerbe durch eine Personengesellschaft betrieben, ist Steuerschuldner der Gewerbesteuer und der Umsatzsteuer jeweils die Personengesellschaft (§ 5 Abs. 1 Satz 3 des Gewerbesteuergesetzes und § 13a [X.]. § 2 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes). Ein gegen die Personengesellschaft gerichteter [X.] und Gewerbesteuermessbescheid sowie Umsatzsteuerbescheid kann deshalb grundsätzlich nur von der [X.] angefochten werden. Rechte der [X.]er können durch die an die [X.] als Steuerschuldner gerichteten [X.]escheide nicht verletzt sein. Insbesondere kann eine Vollstreckung aus diesen [X.]escheiden nur in das [X.]svermögen erfolgen.

Daher fehlt den (wirklichen oder vermeintlichen) [X.]ern die Klagebefugnis (§ 40 Abs. 2 [X.]O) für die im eigenen Namen erhobene Klage gegen die an die [X.] gerichteten Steuerbescheide (vgl. [X.]-Urteil vom 19. März 2009 IV R 78/06, [X.], 428, [X.], 803, unter [X.]; [X.] vom 5. März 2010 V [X.] 56/09, und vom 31. Januar 2008 IV [X.] 151/06). Zu einer die Klagebefugnis begründenden [X.]eschwer (§ 40 Abs. 2 [X.]O) der vermeintlichen [X.]er kann es erst dann kommen, wenn das [X.] ihnen gegenüber wegen der Steuer- oder Haftungsschuld der [X.] einen Haftungsbescheid erlässt. Im Rahmen dieses Verfahrens gegen den Haftungsbescheid kann der wirkliche oder vermeintliche [X.]er den Einwand erheben, dass es wegen Nichtbestehens der [X.] zu keiner die Haftung begründenden Primärschuld der [X.] gekommen ist. Mit diesem Einwand ist er auch nicht wegen der sog. Drittwirkung der Steuerfestsetzung (§ [X.]) ausgeschlossen, denn diese gilt nicht gegenüber dem [X.]er einer [X.], der für Steuerschulden der [X.] als Haftungsschuldner in Anspruch genommen worden ist, wenn er rechtlich nicht dazu in der Lage war, selbst die Festsetzung der steuerlichen Primärschuld der [X.] anzugreifen ([X.] vom 10. April 2001 V [X.] 116/00, [X.] 2001, 1220; [X.]-Urteil vom 16. Dezember 1997 VII R 30/97, [X.], 105, [X.] 1998, 319). Eine hierfür erforderliche Alleinvertretungsbefugnis stand dem Kläger für die GbR jedenfalls nicht zu (s. unter bb).

Auch zur [X.]eseitigung des Rechtsscheins eines gegen eine angebliche Personengesellschaft gerichteten Steuerbescheids können nur die (angeblichen) [X.]er im Namen der Personengesellschaft Klage erheben ([X.] vom 5. März 2010 V [X.] 56/09).

Diese Grundsätze gelten ebenso für die hier vorliegende Nichtigkeitsfeststellungsklage. Auch insoweit fehlt den einzelnen vermeintlichen [X.]ern mangels eigener Rechtsbetroffenheit das Feststellungsinteresse für die im eigenen Namen erhobene Klage auf Feststellung der Nichtigkeit der gegen die vermeintlich existente Personengesellschaft gerichteten Steuerbescheide. Einer Geltendmachung der Nichtigkeit der Festsetzung der steuerlichen Primärschuld steht § [X.] schon deshalb nicht entgegen, weil die hierfür erforderliche Unanfechtbarkeit des Steuerbescheids mangels Wirksamkeit (§ 124 Abs. [X.]) ausscheidet (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/[X.] --[X.]--, § [X.] Rz 6).

bb) [X.]ei Anwendung dieser Grundsätze ist die im Namen des [X.] erhobene Nichtigkeitsfeststellungsklage unzulässig.

Die Klage ist ausdrücklich im Namen des [X.] und nicht namens der Gesamt-GbR erhoben worden. Die Klage kann auch nicht rechtsschutzgewährend als eine solche der Gesamt-GbR ausgelegt werden, da, ausgehend von der hier nur in [X.]etracht kommenden gesetzlich geregelten Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis der GbR, dem Kläger keine Alleinvertretungsbefugnis für die Gesamt-GbR zustand. Die GbR wird im Klageverfahren durch die zu ihrer Geschäftsführung befugten Personen vertreten (vgl. § 58 Abs. 2 [X.]O). Mangels entgegenstehender besonderer gesellschaftsvertraglicher Vereinbarungen, die im Streitfall auf Grund der behaupteten Nichtexistenz der Gesamt-GbR denknotwendig nicht bestehen können, steht die Geschäftsführung einer GbR den [X.]ern gemäß § 709 Abs. 1 des [X.]ürgerlichen Gesetzbuchs ([X.]G[X.]) nur gemeinschaftlich zu, und die [X.]er sind nur gemeinschaftlich gemäß § 714 [X.]G[X.] zur Vertretung der [X.] nach außen berechtigt. Eine wirksame Klageerhebung durch den Kläger namens der Gesamt-GbR käme daher nicht in [X.]etracht; dies steht mithin einer entsprechenden rechtsschutzgewährenden Auslegung entgegen.

b) Angesichts der besonderen verfahrensrechtlichen Situation im Streitfall sieht sich der [X.] zu folgendem rechtlichen Hinweis veranlasst:

aa) Das [X.] hat die Klage wegen Gewerbesteuer 2000 und 2004 sowie wegen Umsatzsteuer 2001 bis 2004 auch als unbegründet abgewiesen. Insoweit hat es [X.]ezug genommen auf seine Ausführungen zu der Klage betreffend die [X.]sbescheide 2000 und 2004. Danach seien die [X.], [X.] sowie die Umsatzsteuerbescheide allenfalls rechtswidrig und nicht nichtig, wenn sie an eine nicht existente Personengesellschaft gerichtet seien. Die ausschließlich auf die Feststellung der Nichtigkeit der [X.]escheide gerichtete Feststellungsklage sei daher jedenfalls unbegründet.

bb) Zu Unrecht hat das [X.], wie der Kläger zu Recht rügt, seine Rechtsausführungen betreffend die [X.]sbescheide (dazu unter 3.) auf die Umsatzsteuer-, [X.] und Gewerbesteuermessbescheide übertragen. Letztere [X.]escheide sind vielmehr stets unwirksam, wenn sie an eine nicht existente Personengesellschaft gerichtet sind.

Ein Verwaltungsakt leidet an schweren und offenkundigen Mängeln und ist deshalb nichtig (§ 125 Abs. 1 [X.]), wenn er inhaltlich nicht so bestimmt ist, dass ihm hinreichend sicher entnommen werden kann, was von wem verlangt wird. Konstituierender [X.]estandteil jedes Verwaltungsakts ist daher die Angabe des [X.]en, d.h. desjenigen, dem gegenüber der Einzelfall geregelt werden soll ([X.]-Urteil vom 13. Oktober 2005 IV R 55/04, [X.], 387, [X.] 2006, 404, unter I.1., m.w.N.). [X.] des [X.] sowie des Gewerbesteuermessbescheids und ebenso des [X.] ist der Steuerschuldner. Wie bereits dargelegt, ist die Personengesellschaft Steuerschuldner der Gewerbesteuer und der Umsatzsteuer. Ein [X.] und Gewerbesteuermessbescheid sowie ein Umsatzsteuerbescheid, der an einen nicht oder nicht mehr existenten Steuerschuldner gerichtet ist, ist unwirksam (ständige Rechtsprechung, u.a. [X.]-Urteile vom 18. September 1980 V R 175/74, [X.], 348, [X.] 1981, 293; vom 10. April 1987 III R 202/83, [X.], 1, [X.] 1988, 165; vom 13. Dezember 2007 IV R 91/05, [X.] 2008, 1289, und vom 15. April 2010 IV R 67/07, Rz 16 ff.). Sollte die Gesamt-GbR daher zu keinem Zeitpunkt existent gewesen sein, wären die an sie als [X.]en gerichteten [X.]escheide unwirksam. Das [X.] hätte daher die Nichtigkeitsfeststellungsklage nicht mit der [X.]egründung als unbegründet abweisen dürfen, dass die Existenz der Gesamt-GbR dahinstehen könne, da die vorgenannten [X.]escheide im Falle ihrer Nichtexistenz allenfalls rechtswidrig gewesen seien.

2. Die Revision des [X.] wegen [X.] 2000 und 2004 ist begründet. Sie führt insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.]O).

Das [X.] hat es verfahrensfehlerhaft unterlassen, den --vermeintlichen-- (Mit-)[X.]er [X.] nach § 60 Abs. 3 [X.]O (notwendig) beizuladen. Eine unterbliebene notwendige [X.]eiladung stellt einen vom Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfenden Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens dar ([X.]-Urteile vom 12. Mai 2016 IV R 27/13, Rz 17, m.w.N., und vom 19. Januar 2017 IV R 50/13, Rz 12).

a) Nach § 60 Abs. 3 Satz 1 [X.]O sind Dritte (notwendig) beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Dies gilt nicht für [X.], die nach § 48 [X.]O nicht klagebefugt sind. Klagen nicht alle von mehreren nach § 48 [X.]O Klagebefugten, müssen deshalb die übrigen Klagebefugten mit Ausnahme solcher, die unter keinem denkbaren Gesichtspunkt von dem Ausgang des Rechtsstreits betroffen sind, zum Verfahren beigeladen werden ([X.]-Urteil vom 19. Januar 2017 IV R 50/13, Rz 13). § 48 [X.]O unterfällt neben der Anfechtungsklage auch die Feststellungklage, die auf die Feststellung der Nichtigkeit des [X.]sbescheids gerichtet ist ([X.] in Tipke/[X.], Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 48 [X.]O Rz 6; [X.] in [X.], § 48 [X.]O Rz 32).

b) Gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 2 [X.]O ist jeder [X.]er, gegen den der [X.]sbescheid ergangen ist, klagebefugt, wenn zur Vertretung berufene Geschäftsführer i.S. des § 48 Abs. 1 Nr. 1 [X.]O nicht vorhanden sind.

c) [X.]ei Anwendung dieser Grundsätze ist im [X.] als vermeintlicher [X.]er der Gesamt-GbR notwendig zum Klageverfahren des [X.] beizuladen. Da der Kläger die Existenz der Gesamt-GbR als Grundvoraussetzung der streitgegenständlichen gesonderten und einheitlichen [X.] nach § 179 Abs. 2 Satz 2 [X.]. § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.]uchst. [X.] mangels ausdrücklich bzw. konkludent vereinbarten [X.]sverhältnisses bestreitet, fehlt es an einem zur Vertretung der vermeintlichen Gesamt-GbR berufenen Geschäftsführer. Neben dem Kläger war daher auch [X.] als (vermeintlicher) [X.]er der (angeblich) existenten GbR klagebefugt und deshalb notwendig beizuladen.

d) § 123 Abs. 1 Satz 2 [X.]O eröffnet dem [X.] die Möglichkeit, eine notwendige [X.]eiladung im Revisionsverfahren nachzuholen (ständige Rechtsprechung, z.[X.]. [X.]-Urteil vom 4. September 2014 IV R 44/13, Rz 14, m.w.N.).

Der [X.] übt dieses Ermessen dahingehend aus, die unterbliebene [X.]eiladung nicht nachzuholen und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen. Dies ist im Streitfall zweckmäßig und ermessensgerecht. Der [X.] vermag nicht zu überblicken, ob [X.] nicht seinerseits beim [X.] ein entsprechendes Klageverfahren für 2004 anhängig gemacht hat und die notwendige [X.]eiladung durch eine Verbindung der Verfahren zu ersetzen wäre (§ 73 Abs. 1 und Abs. 2 [X.]O). Dies ist jedenfalls nicht fernliegend, da [X.] auch gegen den [X.]sbescheid 2000 beim selben [X.] Anfechtungsklage erhoben hat, der Kläger zu diesem Verfahren beigeladen und dieses Verfahren, was dem [X.] erst während des Revisionsverfahrens zur Kenntnis gelangt ist, mit rechtskräftigem Urteil vom selben Tag beendet worden ist (s. dazu auch unter II.3.b).

3. Zur Verfahrensbeschleunigung wegen [X.] 2000 und 2004 weist der [X.] --allerdings ohne [X.]indungswirkung für den zweiten Rechtsgang-- auf Folgendes hin:

a) Das [X.] hat die Feststellung der Nichtigkeit der [X.]sbescheide 2000 und 2004 zu Recht abgelehnt, da diese, soweit sie zu Unrecht an den Kläger und [X.] als [X.]er einer Gesamt-GbR gerichtet waren, allenfalls rechtswidrig sind.

aa) Gemäß § 122 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist ein Verwaltungsakt demjenigen bekanntzugeben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Steuerbescheide sind daher gegenüber dem Steuerschuldner bekanntzugeben.

bb) Ein Steuerbescheid, der sich an einen materiell-rechtlich falschen, aber existenten Steuerpflichtigen richtet, ist nicht mangels inhaltlicher Unbestimmtheit gemäß § 125 Abs. 1 [X.] nichtig, sondern nur rechtswidrig ([X.] vom 14. Februar 2006 II [X.] 2/05, [X.] 2006, 1245, unter II.1.b).

cc) Da in [X.]sbescheiden nur die [X.]esteuerungsgrundlagen festgestellt werden und nicht eine Steuerschuld festgesetzt wird, führt die in § 181 Abs. 1 Satz 1 [X.] angeordnete sinngemäße Anwendung der Vorschriften über Steuerbescheide auf [X.]sbescheide dazu, dass an die Stelle des [X.] § 157 Abs. 1 Satz 2 [X.] der [X.] als der [X.] tritt ([X.]-Urteil vom 10. Mai 2012 IV R 34/09, [X.]E 239, 485, [X.] 2013, 471, Rz 27). Richtet sich der [X.]sbescheid daher an existente [X.]en, ist dieser [X.]escheid, auch wenn die [X.], deren Einkünfte und mit ihnen im Zusammenhang stehende andere [X.]esteuerungsgrundlagen festgestellt worden sind, tatsächlich nicht existieren sollte, nur rechtswidrig (vgl. [X.] vom 27. März 1986 I S 16/85, [X.] 1986, 632, unter 1.b, und vom 6. März 2013 X [X.] 14/13; anderer Ansicht [X.] München, Urteil vom 28. Januar 2004  9 K 5400/01, unter 1.b).

[X.]) [X.]ei Anwendung dieser Grundsätze sind die [X.]sbescheide 2000 und 2004 allenfalls rechtswidrig, sollte die Gesamt-GbR, wie von dem Kläger behauptet und so auch von dem [X.] mit Urteil im Parallelverfahren 2 K ... gegen den nämlichen [X.]sbescheid für 2000 festgestellt, nicht existent gewesen sein. In diesem Zusammenhang weist der [X.] darauf hin, dass grundsätzlich verschiedene Feststellungsverfahren durchzuführen sind, auch wenn an mehreren, jeweils ein Objekt betreffenden Personengesellschaften quotengleich dieselben [X.]er beteiligt sind ([X.] vom 29. September 2005 VIII [X.] 301/04, [X.] 2006, 14).

b) Die Klage wegen [X.] 2000 ist zudem zwischenzeitlich unzulässig geworden, da das Rechtsschutzbedürfnis jedenfalls während des Revisionsverfahrens weggefallen ist.

aa) Das Rechtsschutzinteresse an einer Klage muss auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung durch den [X.] über die Revision vorliegen. Ob die Sachurteilsvoraussetzungen gegeben sind, muss der [X.] von Amts wegen prüfen ([X.]-Urteil vom 18. August 2015 V R 39/14, [X.]E 251, 125, [X.] 2017, 755, Rz 21). Fällt das Rechtsschutzinteresse während des Revisionsverfahrens weg, entfällt diese Sachentscheidungsvoraussetzung auch für die Klage ([X.]-Urteile vom 8. März 1996 VIII R 92/89, [X.] 1996, 776, und in [X.]E 251, 125, [X.] 2017, 755, Rz 21).

bb) Die Feststellungsklage ist nach § 41 Abs. 1 [X.]O nur zulässig, wenn ein berechtigtes Interesse an der Feststellung besteht (Rechtsschutzinteresse). Dieses ist jedenfalls dann nicht gegeben, wenn über die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts (hier [X.]sbescheid für die Gesamt-GbR für 2000 vom 29. September 2005), dessen Nichtigkeit festgestellt werden soll, bereits rechtskräftig und die [X.]eteiligten gemäß § 110 Abs. 1 [X.]O bindend entschieden worden ist ([X.] vom 5. Dezember 1995 VII S 19/95, [X.] 1996, 499, und [X.] [X.]aden-Württemberg, Urteil vom 17. August 2015  9 K 3319/13, unter 3.b, m.w.N.).

cc) So verhält es sich vorliegend. Das [X.] hat mit Urteil vom 16. September 2014  2 K ... den [X.]sbescheid für die Gesamt-GbR für 2000 vom 29. September 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. Mai 2006 aufgehoben. Zu diesem Verfahren war der Kläger gemäß § 60 Abs. 3 [X.]O beigeladen und damit [X.]eteiligter i.S. des § 57 Nr. 3 [X.]O. Da gegen das Urteil kein Rechtsmittel eingelegt worden ist, ist es rechtskräftig. Es bindet daher, soweit über den Streitgegenstand (hier den [X.]sbescheid der Gesamt-GbR für 2000) entschieden worden ist, die [X.]eteiligten. Das Rechtsschutzinteresse an der Feststellung der Nichtigkeit des hier streitgegenständlichen [X.]sbescheids 2000 ist deshalb als Folge dessen bestandskräftiger Aufhebung spätestens während des Revisionsverfahrens entfallen.

4. [X.] beruht auf § 143 Abs. 2 [X.]O. Die teilweise Aufhebung der Vorentscheidung schließt die Aufhebung der Kostenentscheidung mit ein, da sie nicht geteilt werden kann. [X.]ei teilweiser Zurückverweisung der Sache muss das [X.] im zweiten Rechtszug erneut über die gesamten Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens entscheiden (Einheitlichkeit der Kostenentscheidung, vgl. [X.]-Urteil vom 17. November 2011 IV R 2/09, Rz 50).

Meta

IV R 1/16

06.09.2017

Bundesfinanzhof 4. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 16. September 2014, Az: 2 K 9037/06 B, Urteil

§ 48 Abs 1 Nr 1 FGO, § 48 Abs 1 Nr 2 FGO, § 60 Abs 3 FGO, § 40 Abs 2 FGO, § 179 Abs 2 S 2 AO, § 180 Abs 1 S 1 Nr 2 Buchst a AO, § 125 Abs 1 AO, § 181 Abs 1 S 1 AO, § 157 Abs 1 S 2 AO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 06.09.2017, Az. IV R 1/16 (REWIS RS 2017, 5710)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 5710

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