Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.07.2015, Az. IV ZR 9/13

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 7743

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IV ZR 9/13

Verkündet am:

22. Juli 2015

Heinekamp

Amtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

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Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.],
die Richter Dr.
Karczewski,
Lehmann
und
die Richterin Dr.
Brockmöller
im schriftli-chen Verfahren
gemäß §
128 Abs.
2 ZPO mit Schriftsatzfrist
bis zum 6.
Juli
2015

für Recht erkannt:

Die Revision der Klägerseite gegen das Urteil des 7. Zi-vilsenats des [X.]s
Frankfurt am [X.] vom 14. Dezember 2012 wird auf deren Kosten zurückgewie-sen.

Der Streitwert wird auf 11.054,26 festgesetzt.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerseite (Versicherungsnehmer: im Folgenden d.
[X.]) be-gehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rück-zahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer Lebensversicherung.

Diese wurde aufgrund
Antrags d.
[X.] mit
Versicherungsbeginn zum 1.
April 1997
nach dem so genannten Policenmodell des §
5a [X.] in der seinerzeit
gültigen Fassung (im Folgenden §
5a [X.] a.F.) abgeschlos-sen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt d.
[X.] mit Schreiben vom 10. Juli 1996 mit dem Versicherungsschein die Versiche-1
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rungsbedingungen, eine Verbraucherinformation nach §
10a des Versi-cherungsaufsichtsgesetzes ([X.]) und eine schriftliche Belehrung über sein Widerspruchsrecht gemäß §
5a Abs.
2 Satz
1 [X.] a.F.

D. [X.] zahlte bereits ab 1. Oktober 1996 und in der Folge
die Prä-mien. Mit Schreiben vom 26. April 2000 erklärte er die Kündigung
des Versicherungsvertrages. Der Versicherer akzeptierte diese
und zahlte den Rückkaufswert aus. Mit Schreiben vom Januar 2011
erklärte d.
[X.] den Widerspruch nach §
5a [X.] a.F., § 8 [X.] und den Widerruf nach § 355 BGB.

Mit der Klage verlangt d.
[X.] insbesondere Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten Beiträge zuzüglich 7% Anlagezinsen nebst Zin-sen abzüglich des bereits gezahlten [X.].

Nach Auffassung d. [X.] ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen. Auch nach Ablauf der Frist des
gegen Gemein-schaftsrecht verstoßenden

§
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. habe der [X.] noch erklärt werden können.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen, das [X.] die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision ver-folgt d.
[X.] das Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg.

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I. Das Berufungsgericht hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung verneint. D. [X.] habe die Prämien mit Rechtsgrund geleistet. Der Versicherungsvertrag sei wirksam zu-stande gekommen. Die Widerspruchsfrist
sei als Folge der Übersendung des Versicherungsscheins nebst allen Unterlagen in Gang gesetzt [X.]. Die erteilte [X.] sei drucktechnisch deutlich her-vorgehoben und umfasse Beginn und Dauer der Widerspruchsfrist sowie die Form des Widerspruchs. Innerhalb der 14-tägigen Widerspruchsfrist des § 5a Abs. 1 Satz 1 [X.] a.F. habe d. [X.] den Widerspruch nicht er-klärt. Die Regelung des [X.] verstoße nicht gegen die Zweite und Dritte Richtlinie Lebensversicherung.

II. Das hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

D.
[X.]
kann nicht gemäß §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB Rückzah-lung aller
Prämien verlangen.

1. Die Voraussetzungen für ein Zustandekommen des [X.] sind hier erfüllt.
Nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt d.
[X.] mit dem Versiche-rungsschein die Versicherungsbedingungen, eine Verbraucherinforma-tion und entgegen der Ansicht der Revision auch eine ordnungsgemäße [X.]
in drucktechnisch deutlicher Form. Die Revision beanstandet ohne Erfolg,
dass der Adressat des Widerspruchs nicht klar erkennbar sei. Dieser steht mit vollständiger Anschrift deutlich sichtbar im Kopf des Policenbegleitschreibens. Die Benennung der Bezirksdirek-tion als Teil der Beklagten verwirrt nicht. D. [X.] weiß, dass Vertrags-partner der Versicherer
ist.
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2. Ob solchermaßen nach dem Policenmodell geschlossene Versi-cherungsverträge wegen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des §
5a [X.] a.F. Wirksamkeitszweifeln
unterliegen
(vgl. dazu Senatsurteil vom 16.
Juli 2014 -
IV ZR 73/13, [X.], 102 Rn.
16
ff.; BVerfG
WM 2015, 514 Rn.
30
ff.), kann im Streitfall dahinstehen.
Die von der Revision be-gehrte Vorlage an den [X.] scheidet be-reits deshalb aus, weil es auf die Frage, ob das Policenmodell mit den genannten Richtlinien unvereinbar ist, hier nicht entscheidungserheblich ankommt. D.
[X.] ist es auch im Falle einer unterstellten Gemeinschafts-rechtswidrigkeit des [X.] nach [X.] und Glauben wegen wi-dersprüchlicher Rechtsausübung verwehrt, sich nach jahrelanger [X.] auf dessen angebliche Unwirksamkeit zu berufen und daraus Bereicherungsansprüche herzuleiten. Die [X.]widrigkeit liegt darin, dass d.
[X.] nach ordnungsgemäßer Belehrung über die [X.], den Vertrag ohne Nachteile nicht zustande kommen zu lassen, die-sen jahrelang unter regelmäßiger Prämienzahlung durchführte und erst dann von dem Versicherer, der auf den Bestand des [X.] durfte, unter Berufung auf die behauptete Unwirksamkeit des Vertrages Rückzahlung aller Prämien verlangte (vgl. im Einzelnen zu den [X.] Senatsurteil vom 16.
Juli 2014 aaO Rn.
32-42; BVerfG
aaO Rn.
42
ff.).
D. [X.] verhielt sich objektiv widersprüchlich. Die zumindest vertraglich eingeräumte und bekannt gemachte Widerspruchsfrist blieb bei Vertragsschluss
1996 ungenutzt. D. [X.] zahlte über dreieinhalb Jahre
die Versicherungsprämien. Erst Ende April 2000 erfolgte die Kündigung, wobei
bis zur Erklärung des Widerspruchs nochmals fast 11 Jahre vergingen. Dieses
Verhalten
des bereits 1996 über die
Möglichkeit, den Vertrag nicht zustande kommen zu lassen, belehrten [X.] haben bei dem 12
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Versicherer ein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand des Vertrages begründet, was für d. [X.] auch erkennbar war.

[X.] [X.]

Dr.
Karczewski

Lehmann Dr. Brockmöller

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 12.06.2012 -
3 O 394/11 -

OLG Frankfurt am [X.], Entscheidung vom 14.12.2012 -
7 [X.] -

Meta

IV ZR 9/13

22.07.2015

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.07.2015, Az. IV ZR 9/13 (REWIS RS 2015, 7743)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 7743

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