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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
XII [X.] 138/13
vom
7. Mai 2014
in der
Betreuungssache
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB §
1908
b Abs.
1; FamFG §
303 Abs.
2 Nr.
1
Die Beschwerdebefugnis naher Angehöriger nach §
303 Abs.
2 Nr.
1 FamFG erstreckt sich auch auf eine betreuungsgerichtliche Entscheidung, mit der die Entlassung eines Betreuers nach §
1908
b BGB abgelehnt worden ist (Abgren-zung zu Senatsbeschluss [X.], 157 =
FamRZ 1996, 607).
BGH, Beschluss vom 7. Mai 2014 -
XII [X.] 138/13 -
LG [X.]
[X.]
-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am
7.
Mai 2014 durch den
Vor-sitzenden Richter
Dose
und [X.]
Klinkhammer, Dr.
Günter, Dr.
Botur
und Guhling
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der
weiteren Beteiligten zu
3
wird
der Beschluss der 8.
Zivilkammer des [X.]s [X.]
vom 6.
Feb-ruar 2013
aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Land-gericht zurückverwiesen.
[X.]: 3.000
Gründe:
I.
Die Beteiligte zu
3
ist die Schwester der Betroffenen. Sie begehrt einen [X.] bei unverändert fortbestehender Betreuung.
Die Betroffene steht seit 1995 unter Betreuung. Nach dem Tod ihrer
Eltern wurde die Beteiligte zu
1 (eine langjährige Freundin der Familie) im Dezember 2010 als Betreuerin bestellt.
Mit Schreiben vom 10.
Dezember 2011 hat die [X.] zu
3 beantragt, die bisherige Betreuerin zu entlassen und ihren In-stanzanwalt als Betreuer zu bestellen.
1
2
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3
-
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 21.
Januar 2012 einen [X.] abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das [X.] mangels Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu
3 verworfen.
Gegen diese Ent-scheidung
wendet sich die Beteiligte zu
3 mit der vom
[X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist begründet und führt zur Aufhebung der ange-griffenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdege-richt.
1. Das Beschwerdegericht hat eine
Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu
3 im Wesentlichen mit folgender
Begründung verneint:
Nahe Angehörige eines Betreuten seien auch dann nicht nach §
303 Abs.
2 Nr.
1 FamFG zur Beschwerde gegen die Ablehnung ihrer Anregung, den Betreuer nach §
1908
b Abs.
1 BGB zu entlassen, berechtigt, wenn sie formell
am Verfahren beteiligt gewesen seien. §
303 Abs.
1 FamFG lege den Gegen-stand der Beschwerdebefugnis der nach §
303
Abs.
2 Nr.
1
FamFG zusätzlich Beschwerdeberechtigten
fest. Dabei seien die bislang in §
69
b Abs.
1
[X.] auf-geführten Katalogentscheidungen übernommen worden. Nach der Reform gelte
daher nichts anderes als nach früherem
Recht. Deshalb sei von
den
Regelungen
in §
303 Abs.
2 Nr.
1 und Nr.
2 FamFG wie nach früherem Recht lediglich der Fall erfasst, dass das Amtsgericht einen Betreuer von Amts wegen aus wichtigem Grund entlässt
und bei der Neubestellung einen nahen Angehörigen nach §
1897 Abs.
5 BGB übergeht. Nur die tatsächlich erfolgte Entlassung eines Betreuers berechtige zur
Beschwerde, nicht aber die Ablehnung der
Entlassung selbst. Le-3
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5
6
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4
-
diglich für den Fall der erstmaligen Betreuerbestellung stehe formell am [X.] beteiligten nahen Angehörigen ein Beschwerderecht nach §
303 Abs.
2 Nr.
1
FamFG
zu.
Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu
3 bestimme
sich daher allein nach §
59 Abs.
1
FamFG.
In
eigenen Rechten sei die Beteiligte zu
3 jedoch durch den abgelehnten [X.] nicht betroffen.
2. Diese
Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Die Annahme des [X.], der Beteiligten zu
3 fehle im vorliegenden Fall die Beschwerdebefugnis, ist nicht frei von Rechtsfehlern.
a) Nach §
303 Abs.
2 Nr.
1 FamFG steht unter anderem den Geschwistern des Betroffenen das Recht der Beschwerde gegen eine von Amts wegen ergan-gene Entscheidung im Interesse des Betroffenen zu, wenn sie im ersten [X.] an dem Verfahren beteiligt wurden. Eine ausdrückliche Beschränkung der Beschwerdebefugnis naher Angehöriger auf bestimmte Arten von betreuungs-rechtlichen Entscheidungen ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift nicht. Der enge systematische Zusammenhang der Regelung mit §
303 Abs.
1 FamFG, der die möglichen Verfahrensgegenstände von Entscheidungen bestimmt, in denen eine Beschwerdebefugnis der zuständigen Behörde gegeben ist, deutet jedoch darauf hin, dass sich die Beschwerdebefugnis des in §
303 Abs.
2 Nr.
1 FamFG genannten Personenkreises auch auf diese Verfahren bezieht (vgl. [X.]/
[X.] FamFG 18.
Aufl. §
303 Rn.
19; MünchKommFamFG/[X.] 2.
Aufl. §
303 Rn.
4). Dafür spricht auch, dass die Beschwerdebefugnis der
privi-legierten Angehörigen
nach §
303 Abs.
2 Nr.
2 FamFG von deren
formeller
Betei-ligung im erstinstanzlichen Verfahren abhängig ist
(vgl. Senatsbeschluss vom 30.
März 2011
XII
[X.]
692/10
FamRZ 2011,
966 Rn.
9; [X.]/[X.] FamFG 18.
Aufl. §
303 Rn.
26). Eine Beteiligung naher Angehöriger eines Betroffenen ist 7
8
9
-
5
-
nach §
274
Abs.
4 Nr.
1 FamFG nur in den betreuungsrechtlichen Verfahren möglich, in denen nach §
274 Abs.
3 Nr.
1 und 2 FamFG die Betreuungsbehörde auf ihren Antrag beteiligt werden muss. Dieser [X.], dass die Beschwerdeberechtigung naher Angehöriger in den betreuungs-rechtlichen Verfahren besteht, auf die sich auch das Beteiligungsrecht der [X.] und deren Beschwerdeberechtigung erstreckt ([X.]/[X.] FamFG 18.
Aufl. §
303 Rn.
19). Hierzu
zählt das Verfahren über die Entlassung eines Betreuers bei fortbestehender Betreuung nach §
1908
b Abs.
1 BGB, weil es sich hierbei um ein Verfahren über den Bestand einer Betreuerbestellung nach §
274 Abs.
3 Nr.
2 FamFG handelt ([X.]/[X.] FamFG 18.
Aufl. §
274 Rn.
11; [X.]/[X.] Betreuungsrecht 5.
Aufl. §
274 FamFG Rn.
10; vgl. auch BT-Drucks. 16/6308
S.
265).
Folglich steht den in §
303 Abs.
2 Nr.
1 FamFG ge-nannten Personen eine Beschwerdeberechtigung zu, wenn ein von ihnen ange-regter [X.] vom Amtsgericht abgelehnt worden ist
([X.]/[X.] FamFG 18.
Aufl. §
303
Rn.
19; [X.]/[X.] Betreuungsrecht 5.
Aufl. §
303 FamFG Rn.
3; Prütting/[X.]/[X.] FamFG 3.
Aufl. §
303 Rn.
24).
b) Unzutreffend
ist daher die Annahme des [X.], dass mit der Neuregelung in §
303 Abs.
2 FamFG die Beschwerdebefugnis naher [X.] gegenüber dem früheren Recht keine Veränderung erfahren habe und folglich nur dann bestehe, wenn das Betreuungsgericht einen Betreuer aus wich-tigem Grund entlassen
und einen nahen Angehörigen bei der Auswahl des [X.] nach §
1897 Abs.
5 BGB übergangen habe. Diese Auffassung ent-spricht zwar der vor dem Inkrafttreten des Gesetzes über das Verfahren in Fami-liensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ergange-nen Rechtsprechung des Senats
zur Beschwerdebefugnis naher Angehöriger des Betreuten bei der Auswahl des Betreuers (Senatsbeschluss [X.], 157, 160 =
FamRZ 1996, 607, 608). Diese Rechtsprechung beruhte jedoch maßgeb-lich auf der Erwägung, dass durch die Verweisung in §
69
i Abs.
8 [X.], der aus-10
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drücklich die Bestellung eines neuen Betreuers nach §
1908
c BGB
anführte, auf die Vorschrift über die Beschwerde in [X.] (§
69
g Abs.
1 [X.]) ein Beschwerderecht naher Angehöriger nur begründet worden ist, wenn das [X.] die Entlassung eines bestellten Betreuers
ausgesprochen hat. §
1908
b BGB, der die Voraussetzungen einer Entlassung des Betreuers regelt, wurde
in §
69
i Abs.
7 [X.] genannt, ohne dass dort
ausdrücklich oder durch eine Verwei-sung die Beschwerdebefugnis geregelt wurde. Daraus hatte der [X.], dass sich die Beschwerdeberechtigung gegen die Ablehnung einer Entlas-sung des Betreuers allein nach §
20 [X.] richtete (Senatsbeschluss [X.], 157, 160 =
FamRZ 1996, 607, 608).
Diese Rechtsprechung
kann nach
der Neuregelung der Beschwerdebe-rechtigung naher Angehöriger in §
303 Abs.
2 Nr.
1 FamFG nicht mehr aufrecht-erhalten werden. Der Kreis der Entscheidungen, die Gegenstand einer Be-schwerde des durch §
303 Abs.
2 Nr.
1 FamFG privilegierten Personenkreises sein können, hat durch die Neuregelung in gleichem Umfang eine Erweiterung erfahren wie das Beteiligungs-
und Beschwerderecht der Betreuungsbehörde durch die Regelungen in §
303 Abs.
1 FamFG und §
274 Abs.
3 FamFG
([X.]/[X.] FamFG 18.
Aufl. §
303 Rn.
19).
Deshalb erstreckt sich die Beschwerdebe-fugnis naher
Angehöriger nach §
303 Abs.
2 Nr.
1 FamFG auch auf eine betreu-ungsgerichtliche Entscheidung, mit der die Entlassung eines Betreuers nach §
1908
b BGB
abgelehnt worden
ist (vgl. auch BT-Drucks. 16/6308 S.
265).
11
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7
-
3.
Danach kann die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben. Eine eigene Sachentscheidung ist dem Senat verwehrt, weil mangels hinreichen-der Tatsachenfeststellungen
die Sache noch nicht entscheidungsreif
ist (vgl. §
74 Abs.
6 Satz
1 und 2 FamFG).
Die Sache war deshalb an das [X.] zu-rückzuverweisen.
Dose
Klinkhammer
Günter
Botur
Guhling
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 21.11.2012 -
6 [X.] -
LG [X.], Entscheidung vom 06.02.2013 -
8 [X.] -
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Meta
07.05.2014
Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat
Sachgebiet: ZB
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.05.2014, Az. XII ZB 138/13 (REWIS RS 2014, 5813)
Papierfundstellen: REWIS RS 2014, 5813
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
XII ZB 138/13 (Bundesgerichtshof)
Betreuungsverfahren: Beschwerdebefugnis naher Angehöriger gegen Ablehnung der Betreuerentlassung
XII ZB 471/17 (Bundesgerichtshof)
XII ZB 213/16 (Bundesgerichtshof)
Betreuungssache: Bewirkung einer Beteiligung durch Bekanntgabe der erstinstanzlichen Entscheidung; Beschwerdeeinlegung im Namen des Betroffenen durch …
XII ZB 410/19 (Bundesgerichtshof)
Betreuungssache: Beschwerdebefugnis naher Angehöriger gegen die Ablehnung eines Betreuerwechsels
XII ZB 292/14 (Bundesgerichtshof)