Bundespatentgericht, Beschluss vom 10.01.2018, Az. 18 W (pat) 10/15

18. Senat | REWIS RS 2018, 15870

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Gegenstand

Patentbeschwerdeverfahren – "Verfahren zur fälschungssicheren Identifikation individueller elektronischer Baugruppen" – zur Sachdienlichkeit der Durchführung einer zweiten Anhörung im Prüfungsverfahren


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 10 2005 031 378.7

hat der 18. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 10. Januar 2018 durch die Vorsitzende Richterin [X.] sowie [X.], Dipl.-Phys. Dr. [X.] und Dipl.-Ing. Altvater

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des [X.] vom 14. Juli 2015 aufgehoben und das Patent auf der Grundlage der folgenden Unterlagen erteilt:

- Patentansprüche 1 bis 16, eingereicht in der mündlichen Verhandlung,

- Beschreibung, Seiten 1, 1a, 2, eingereicht in der mündlichen Verhandlung, Beschreibung, Seiten 3 bis 17, eingegangen am 5. Juli 2005,

- Figuren 1 und 2, eingegangen am 26. Oktober 2005, Figur 3, eingegangen am 27. Dezember 2017.

2. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die am 5. Juli 2005 beim [X.] eingereichte Patentanmeldung 10 2005 031 378.7 mit der geltenden Bezeichnung

2

„Verfahren zur fälschungssicheren Identifikation individueller elektronischer Baugruppen“

3

wurde mit Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des [X.]s in der Anhörung vom 14. Juli 2015 zurückgewiesen, weil die Erfindung in der Anmeldung nicht so deutlich und vollständig offenbart sei, dass ein Fachmann sie ausführen könne.

4

Gegen den vorstehend genannten Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

5

Die Anmelderin beantragt,

6

1. den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des [X.]s vom 14. Juli 2015 aufzuheben und das Patent auf der Grundlage der folgenden Unterlagen zu erteilen:

7

- Patentansprüche 1 bis 16, eingereicht in der mündlichen Verhandlung,

8

- Beschreibung, Seiten 1, 1a, 2, eingereicht in der mündlichen Verhandlung,  Beschreibung, Seiten 3 bis 17, eingegangen am 5. Juli 2005,

9

- [X.]uren 1 und 2, eingegangen am 26. Oktober 2005,  [X.]ur 3, eingegangen am 27. Dezember 2017,

2. die Rückzahlung der [X.] anzuordnen.

Patentanspruch 1 lautet:

M1 „Verfahren zur fälschungssicheren Identifikation individueller elektronischer Baugruppen, die einen flüchtigen Halbleiterspeicher (2) aufweisen,

M2a indem die aus einem gezielten Ausfall einer oder mehrerer Hilfsfunktionen des Speichers (2), wie ein kurzzeitiges Ausschalten einer Versorgungsspannung, ein kurzzeitiges Entfernen eines [X.] oder ein kurzzeitiges Aussetzen der Auffrischzyklen des flüchtigen Speichers (2), für eine bestimmte Dauer einer individuellen elektronischen Baugruppe (1) resultierenden Zustandsänderungen bestimmter Speicherzellen des Speichers (2)

[X.] mit vorab ermittelten, aus dem gezielten Ausfall der Hilfsfunktion des Speichers (2) der elektronischen Baugruppe (1) resultierenden speichercharakteristischen Referenz-Zustandsänderungen bestimmter Speicherzellen des Speichers (2) hinsichtlich Identität verglichen werden,

[X.] wobei die individuelle elektronische Baugruppe (1) identifiziert wird, wenn die Anzahl ermittelter Zustandsänderungen von bestimmten Speicherzellen des Speichers (2) der individuellen elektronischen Baugruppe (1) einen bestimmten oberen Grenzwert nicht überschreitet und eine zumindest teilweise Übereinstimmung der Zustandsänderungen mit den vorab ermittelten speichercharakteristischen Referenz-Zustandsänderungen vorliegt, und

[X.] wobei die individuelle elektronische Baugruppe (1) nicht identifiziert wird, wenn die Anzahl ermittelter Zustandsänderungen von bestimmten Speicherzellen des Speichers (2) der individuellen elektronischen Baugruppe (1) einen bestimmten unteren Grenzwert überschreitet und kleiner als eine bestimmte Teilmenge der vorab ermittelten speichercharakteristischen Referenz-Zustandsänderungen ist.“

Wegen des Wortlauts der abhängigen Ansprüche 2 bis 16 wird auf die Akte verwiesen.

Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass die geänderten Anspruchsfassung zulässig und die Gegenstände der geltenden Ansprüche im Lichte des Standes der Technik neu seien und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhten.

Im Prüfungsverfahren wurden als Stand der Technik die folgenden Druckschriften genannt:

[X.] [X.] 6 446 017 B1,

[X.] [X.] 2005 / 0 001 306 [X.],

[X.] [X.] 5 185 717 A,

[X.] EP 1 341 214 [X.],

[X.] [X.] 10 2004 009 629 [X.].

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Erteilung des nachgesuchten Patents.

1. Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur fälschungssicheren Identifikation individueller elektronischer Baugruppen (vgl. geltende Beschreibung, Seite 1, erster Abs.).

Die Anmeldung geht davon aus, dass es neben der typspezifischen Identifikation von elektronischen Baugruppen immer mehr Anwendungen gebe, in denen eine individuelle Identifikation von elektronischen Baugruppen erwünscht sei. Die Identifikation der individuellen elektronischen Baugruppe werde über Identifikationsdaten realisiert, die entweder in speziellen [X.] oder in schreibgeschützten Speicherbereichen von Standardspeichern abgelegt seien. In der von der Anmelderin beispielgebend genannten [X.] 195 23 654 [X.] werde die individuelle Identifikation eines Transponders in einem als [X.] realisierten Kennungsgeber abgespeichert. Durch einfaches Beschreiben der Speicherzellen des Kennungsgebers mit einer veränderten Identifikation oder durch Austausch des Kennungsgebers mit einem identischen Kennungsgeber, in dem eine veränderte Identifikation abgespeichert sei, könne die individuelle Identifikation der elektronischen Baugruppe vergleichsweise einfach manipuliert werden. Eine fälschungssichere Identifikation der individuellen elektronischen Baugruppe sei damit nicht gewährleistet (vgl. geltende Beschreibung S. 1, zweiter Absatz bis Seite 2, erster Abs.).

Aufgabe, ein Verfahren zur Identifikation individueller elektronischer Baugruppen zu schaffen, bei der die Identifikation der individuellen elektronischen Baugruppe fälschungssicher über die Lebensdauer der individuellen elektronischen Baugruppe erhalten bleibt (vgl. geltende Beschreibung S. 2, zweiter Abs.).

Fachmann weist eine abgeschlossene Hochschulausbildung der Elektrotechnik auf und verfügt über mehrjährige Erfahrung auf dem Gebiet der Identifikation individueller elektronischer Baugruppen oder Bauelemente sowie auf dem Gebiet der flüchtigen dynamischen Speicher (DRAM).

Patentanspruch 1 gelöst werden.

Die individuellen elektronischen Baugruppen weisen nach Anspruch 1 einen flüchtigen Halbleiterspeicher auf (vgl. Merkmal M1). Zur Identifikation der Baugruppen werden die resultierenden Zustandsänderungen bestimmter Speicherzellen des Speichers bestimmt, die aus einem gezielten Ausfall einer oder mehrerer Hilfsfunktionen des Speichers resultieren, wobei der Ausfall gezielt für eine bestimmte Dauer erfolgt. Bei den Hilfsfunktionen handelt es sich beispielsweise um ein kurzzeitiges Ausschalten der Versorgungsspannung, ein kurzzeitiges Entfernen des [X.] oder ein kurzzeitiges Aussetzen der [X.]. Die Größenordnung der Dauer des gezielten Abschaltens erschließt sich dem Fachmann dabei aus den beispielgebend als Hilfsfunktion genannten Auffrischzyklen des betrachteten flüchtigen Halbleiterspeichers, die im Normalbetrieb eines flüchtigen Halbleiterspeichers den vorliegend betrachteten Zustandsänderungen im Speicher entgegenwirken (Merkmal M2a). Die resultierenden Änderungen werden mit vorab ermittelten, aus dem gezielten Ausfall der Hilfsfunktion resultierenden speichercharakteristischen [X.] bestimmter Speicherzellen hinsichtlich Identität, also im Hinblick auf ein Übereinstimmen verglichen (Merkmal [X.]). Wegen des späteren Vergleichs der Zustandsänderungen mit speichercharakteristischen [X.] zur Identifizierung der Baugruppe liest der Fachmann mit, dass eine dauerhafte Speicherung der speichercharakteristischen Referenzwerte erfolgt ist.

Um die Baugruppe zu identifizieren, soll die Anzahl der Änderungen einen bestimmten oberen Grenzwert nicht überschreiten. Sie wird identifiziert, wenn dabei eine zumindest teilweise Übereinstimmung der Zustandsänderungen mit den vorab ermittelten speichercharakteristischen [X.] vorliegt (Merkmal [X.]). Die Baugruppe wird dagegen als nicht identifiziert angesehen, wenn die Anzahl ermittelter Zustandsänderungen einen bestimmten unteren Grenzwert überschreitet und die Übereinstimmungen mit den vorab ermittelten speichercharakteristischen [X.] kleiner als eine bestimmte Teilmenge sind (Merkmal [X.]).

Die oberen und unteren Grenzwerte bilden hierbei Randbedingungen, die eine ausreichende Anzahl von Zustandsänderungen zum Vergleich mit den speichercharakteristischen [X.] sicherstellen sollen und beispielsweise eine Anpassung der Ausfallzeit ermöglichen (vgl. Ansprüche 2 und 3). Der zur Identifikation vorausgesetzte Teilbereich der Übereinstimmung kann beispielsweise durch eine statistische Auswertung der auftretenden Zustandsänderungen bestimmt werden (vgl. Ansprüche 4 und 5). Die [X.] sollen jeweils in vergleichbarer Weise bestimmt werden (vgl. Ansprüche 6 und 7), wozu die Ansprüche 8 bis 11 weitere Ausgestaltungen beinhalten. Die Ansprüche 12 bis 16 sehen als ergänzende Sicherheitsmaßnahme eine verschlüsselte Speicherung der vorab ermittelten [X.] vor.

2. Die Patentansprüche 1 bis 16 sowie die Beschreibungsunterlagen mitsamt [X.]uren sind zulässig (§ 38 [X.]).

Die Änderungen in den Ansprüchen 1 bis 16 gegenüber den Anmeldeunterlagen liegen im Rahmen der ursprünglichen Offenbarung.

Der Patentanspruch 1 basiert auf den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 4 bis 7 sowie der Beschreibung der physikalischen Gegebenheiten, die der Erfindung gemäß den Seiten 2 bis 3 (seitenüberbrückender Absatz) der Anmeldeunterlagen zugrunde liegen. Die Patentansprüche 2 bis 16 stimmen inhaltlich mit den ursprünglichen Patentansprüchen 8 bis 22 überein und wurden in ihrer Nummerierung und ihren Rückbezügen angepasst.

Die Beschreibungseinleitung wurde an die geltenden Patentansprüche angepasst und eine Würdigung des Standes der Technik ergänzt. Die [X.]uren 1 bis 3 entsprechen inhaltlich den zum Anmeldetag eingereichten [X.]uren.

3. Der Gegenstand des unabhängigen Patentanspruchs 1 ist gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik neu (§ 3 [X.]).

Druckschrift [X.] befasst sich mit dem Identifizieren individueller elektronischer Baugruppen („Merkmal M1). Als Identifizierungsinformation wird die unterschiedliche Zeitdauer ermittelt, welche einzelne Speicherbausteine (bspw. „teilweise Merkmal M2a). Dabei wird die mittels eines Zählers bestimmte Zeitdauer mit einem vorher beim Laden der parasitären Kapazität mittels eines Oszillators bestimmten Zählerstand verglichen (vgl. [X.]. 8 und Abs. [0060]-[0062] / teilweise Merkmal [X.]).

Druckschrift [X.] unterscheidet sich vom Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1 darin, dass die Zustandsänderung nicht durch den gezielten Ausfall einer Hilfsfunktion ausgelöst wird (vgl. Merkmale M2a, [X.]), und insbesondere, dass nicht die Zustandsänderungen selbst zur Identifikation herangezogen werden, sondern eine Zeitmessung zum Charakterisieren der Zustandsänderung erfolgt (vgl. Merkmale [X.], [X.]).

Druckschrift [X.] ist ein Verfahren zur Identifikation individueller elektronischer Bauelemente oder Baugruppen („Merkmal M1). Dabei wird unter anderem vorgeschlagen, die Haltezeiten mehrerer Speicherzellen eines dynamischen Speichers zu ermitteln und zur Identifikation des Bauelements zu verwenden (vgl. Abs. [0344]), wobei der Fachmann als Voraussetzung zum Ermitteln von Haltezeiten das gezielte Ausschalten einer oder mehrere Hilfsfunktionen des Speichers mitliest (Merkmal M2a). Zur Auswertung der mit der Haltezeit beschriebenen Zustandsänderungen und dem Identifizieren des Speichers sind Druckschrift [X.] keine weiteren Angaben zu entnehmen.

Druckschrift [X.] unterscheidet sich somit vom Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1 insbesondere darin, dass weder speichercharakteristische [X.] vorgesehen sind (vgl. Merkmal [X.]) noch eine Identifizierung anhand einer Auswertung der Zustandsänderungen der Speicherzellen selbst entnehmbar ist (vgl. Merkmale [X.], [X.]).

Die [X.], [X.] und [X.] sind zur Beurteilung der Patentfähigkeit des Patentanspruchs 1 nicht relevant.

Druckschrift [X.] betrifft das Bereitstellen einer Datenbank zum Identifizieren von individuellen integrierten Schaltkreisen innerhalb eines Fertigungsprozesses, wozu Identifizierungsdaten in einem nicht-flüchtigen Teil des [X.] gespeichert werden. Eine Auswertung charakteristischer Eigenschaften von Speicherzellen eines flüchtigen Speichers zur Identifizierung des integrierten [X.] ist dagegen nicht entnehmbar.

Druckschrift [X.] betrifft ein fälschungssicheres Speichermodul. Druckschrift [X.] befasst sich nicht mit speicherspezifischen Zustandsänderungen beim (gezielten) Ausfall von Hilfsfunktionen des Speichers.

Druckschrift [X.] betrifft weder die Identifikation einer Baugruppe noch eines flüchtigen Halbleiterspeichers, sondern Maßnahmen zur Verbesserung der technischen Eigenschaften bestimmter Arten von flüchtigen Speichern.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist daher neu gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik.

4. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 beruht gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik auch auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 [X.]).

Keine der im Verfahren befindlichen Druckschriften sieht vor, eine elektronische Baugruppe durch Vergleich von Zustandsänderungen mit [X.] zu identifizieren und dann als identifiziert anzusehen, wenn die Anzahl ermittelter Zustandsänderungen von bestimmten Speicherzellen des Speichers der individuellen elektronischen Baugruppe einen bestimmten oberen Grenzwert nicht überschreitet und eine zumindest teilweise Übereinstimmung der Zustandsänderungen mit den vorab ermittelten speichercharakteristischen [X.] vorliegt (vgl. Merkmal [X.]) bzw. sie als nicht identifiziert zu betrachten, wenn die Anzahl ermittelter Zustandsänderungen von bestimmten Speicherzellen des Speichers der individuellen elektronischen Baugruppe einen bestimmten unteren Grenzwert überschreitet und kleiner als eine bestimmte Teilmenge der vorab ermittelten speichercharakteristischen [X.] ist (vgl. Merkmal [X.]).

Druckschrift [X.] ein Identifizieren anhand von Zustandsänderungen des Speichers vor, wobei mit der Ladedauer für das Erreichen einer bestimmten Spannung eine speichercharakteristische Referenzgröße bestimmt wird. Zur Identifikation erfolgt jedoch kein Vergleich der Zustandsänderungen der einzelnen Speicherzellen unter Berücksichtigung der Gesamtzahl der Zustandsänderungen gemäß den Merkmalen [X.] und [X.], sondern eine Zeitmessung. Aufgrund dieser in grundlegenden Schritten abweichenden Vorgehensweise gibt Druckschrift [X.] dem Fachmann keine Hinweise, mit denen er – auch unter Einbeziehung seines Fachwissens – zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangen würde.

Druckschrift [X.] weist den Fachmann ebenfalls in Richtung einer Zeitbestimmung zur Charakterisierung des Speichers und liefert keinen Hinweis darauf, die in einer vorgegebenen Zeit auftretenden Zustandsänderungen der einzelnen Speicherzellen unter Berücksichtigung der Gesamtzahl der Zustandsänderungen gemäß den Merkmalen [X.] und [X.] zur Identifikation zu verwenden.

Daher erhält der Fachmann auch aus einer Zusammenschau der Druckschriften [X.] und [X.] keinen Hinweis auf eine Identifizierung von Baugruppen anhand von Zustandsänderungen des Speichers entsprechend den Merkmalen [X.] und [X.]. Eine gemeinsame Betrachtung mit den weiteren im Verfahren befindlichen Druckschriften führt aufgrund des dort jeweils fehlenden Bezugs zur Identifizierung oder zu Zustandsänderungen von flüchtigen Speichern zu keinem anderen Ergebnis.

Es ist daher anzuerkennen, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht und patentfähig ist.

5. Gleichfalls patentfähig sind die über das Selbstverständliche hinausgehenden Ausführungsformen gemäß den Ansprüchen 2 bis 16, die auf Anspruch 1 rückbezogen sind.

6. Da die vorgelegten geltenden Unterlagen auch den weiteren Voraussetzungen zur Patenterteilung (§§ 1, 2, 5, 34 [X.]) genügen, war auf die Beschwerde des Anmelders der [X.] der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des [X.]s aufzuheben und ein Patent gemäß Hauptantrag zu erteilen.

[X.]

Dem Antrag auf Rückzahlung der [X.] nach § 80 Abs. 3 [X.] war nicht zu folgen.

Nach dieser Vorschrift kann die Rückzahlung der [X.] angeordnet werden, wenn dies der Billigkeit entspricht. Dies kommt insbesondere bei Verfahrensfehlern oder unsachgemäßer Sachbehandlung durch das [X.] in Betracht, wenn sie für die Erhebung der Beschwerde ursächlich sind (vgl. [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 80 Rn. 113 ff. und § 73 Rn. 134 ff.; Busse/[X.], [X.], 8. Aufl., § 80 Rn 92 ff.). Eine sachliche Fehlbeurteilung allein, sei es hinsichtlich der Würdigung des Standes der Technik oder der Beurteilung der Ausführbarkeit der Erfindung, stellt dagegen keinen Billigkeitsgrund zur Rückzahlung der [X.] dar (vgl. auch Busse/[X.], a. a. O., § 80 Rn. 127; [X.]/[X.], a. a. O., § 73 Rn. 140).

Entgegen der Auffassung der Anmelderin stellt die Nichtdurchführung einer nochmaligen Anhörung durch die Prüfungsstelle im vorliegenden Verfahren keinen die Rückzahlung der [X.] rechtfertigenden Verfahrensmangel dar. Eine erneute Anhörung ist nur dann geboten, wenn diese aufgrund einer geänderten Verfahrenslage sachdienlich erscheint (vgl. Busse/Keukenschrijver, [X.], 8. Aufl., § 46 Rn. 12, 13, 15; Busse/[X.], a. a. O., § 80 Rn. 104; [X.]/[X.], [X.], 11. Auflage, § 46 Rn. 8, 8a, 8b). Dies war hier nicht der Fall. Die Durchführung einer weiteren, zweiten Anhörung sieht der [X.] auch im Hinblick auf die ab 1. April 2014 geltende Fassung des § 46 [X.] als nicht sachdienlich an, weil sich die Verfahrenslage nicht geändert hat.

Im Prüfungsverfahren führte die Prüfungsstelle in den Bescheiden vom 20. Dezember 2012 und 26. Februar 2015 aus, dass und warum sie die Anmeldung, insbesondere im Hinblick auf einen gezielten Ausfall von Hilfsfunktionen des flüchtigen Speichers, nicht für so ausreichend klar und deutlich offenbart ansah, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Die Frage der Ausführbarkeit der Erfindung war ausweislich der Niederschrift hinsichtlich des damaligen [X.] Gegenstand der Anhörung vom 25. Februar 2015. Die Ausführbarkeit des [X.] war im [X.] an die Anhörung Gegenstand des [X.]s vom 3. März 2015 und den Schriftsätzen der Anmelderin vom 5. März 2015 und 6. Juli 2015. Die Anmelderin hat im Schriftsatz vom 6. Juli 2015 die Anberaumung einer weiteren Anhörung beantragt.

Die Prüfungsstelle hat im [X.] vom 3. März 2015 die mangelnde Ausführbarkeit nicht nur in Bezug auf die beispielgebend für eine der als Alternativen beanspruchten Hilfsfunktionen genannte und erstmalig mit dem genannten [X.] in das Verfahren eingeführte Druckschrift [X.] beanstandet, sondern stellte vielmehr, wie auch in den vorausgegangenen [X.]en, allgemein auf den gezielten Ausfall einer oder mehrerer dieser Hilfsfunktionen ab. Es ergab sich somit keine neue Sachlage, aufgrund derer die Durchführung einer weiteren Anhörung sachdienlich gewesen wäre. Die im [X.] begründete Ablehnung der Durchführung dieser zweiten Anhörung ist daher nicht zu beanstanden.

Da die mangelnde Ausführbarkeit bereits in den [X.]en hinsichtlich aller beanspruchten alternativen Hilfsfunktionen festgestellt und im Beschluss entsprechend wiederholt wurde, enthält dieser keine neue Argumentation zur Ausführbarkeit der Erfindung, die eine Verletzung des rechtlichen Gehörs darstellen würde.

Auch mangelt es damit nicht an einer Begründung hinsichtlich des [X.], der den [X.] auf nur eine der alternativen Hilfsfunktionen einschränkt.

Die Prüfungsstelle hat außerdem den Antrag auf Inaugenscheinnahme abgelehnt und ebenfalls inhaltlich begründet (vgl. [X.], Abschnitt IV.). Ein [X.] liegt im [X.] somit ebenfalls nicht vor.

Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs oder ein [X.] des angefochtenen Beschlusses, welche die Rückzahlung der [X.] rechtfertigen könnten, ist daher vorliegend nicht erkennbar (vgl. Busse/[X.], a. a. O., § 80 Rn. 97, 98, 100).

Meta

18 W (pat) 10/15

10.01.2018

Bundespatentgericht 18. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 10.01.2018, Az. 18 W (pat) 10/15 (REWIS RS 2018, 15870)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 15870

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