Bundespatentgericht, Beschluss vom 21.01.2015, Az. 18 W (pat) 4/14

18. Senat | REWIS RS 2015, 16874

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Gegenstand

Patentbeschwerdeverfahren – „Vorrichtung und Verfahren zum Regeln des Luftvolumens während des Leerlaufbetriebs“ – zur Patentfähigkeit -  zur Klarheit einer technischen Lehre bei der Verwendung einer „Schätzeinrichtung“ – Verallgemeinerung des Anspruchsgegenstands


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 10 2004 030 611.7-26

hat der 18. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 21. Januar 2015 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.], des Richters [X.], der Richterin Dipl.-Phys. [X.] und des Richters Dr.-Ing. Flaschke

beschlossen:

1. Der Beschluss der Prüfungsstelle für [X.] des [X.] vom 27. Oktober 2008 wird aufgehoben.

2. Die Sache wird zur Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Gründe

I.

1

Die am 24. Juni 2004 unter Inanspruchnahme einer [X.] Priorität vom 26. Juni 2003 beim [X.] eingereichte Patentanmeldung 10 2004 030 611.7 mit der Bezeichnung

2

„Vorrichtung und Verfahren zum Regeln des Luftvolumens

3

während des Leerlaufbetriebs“

4

wurde durch die Prüfungsstelle für [X.] mit Beschluss vom 27. Oktober 2008 mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Anforderungen des § 34 [X.] und des § 38 [X.] nicht erfüllt seien. Im Einzelnen wurde angeführt, dass der geltende Patentanspruch 1 unzulässig erweitert sei. Darüber hinaus sei die im Patentanspruch 1 offenbarte technische Lehre für den Fachmann nicht so klar und deutlich offenbart, dass er sie in Verbindung mit der Beschreibung ausführen könne. Zudem genüge der geltende Patentanspruch 1 der vorliegenden Patentanmeldung durch die Verwendung von Begriffen und Formulierungen, die dem [X.] auch in Verbindung mit der Beschreibung nicht eindeutig verständlich seien, nicht den in § 9 Abs. 4 [X.] bzw. § 34 [X.] genannten Voraussetzungen. Andererseits sei der gewünschte Schutzbereich allein durch den Patentanspruch 1 nicht klar definiert, so dass der Fachmann nicht in die Lage versetzt werde, zu erkennen, was er tun dürfte und was er zu lassen hätte (mit Verweis auf [X.], 8. Aufl., § 34 [X.], [X.]. 116-118 u. 125-128). Zudem verbiete das Gebot der Rechtssicherheit, Schutzrechte mit diffusem Inhalt und unbestimmtem Schutzgegenstand zu erteilen (mit Verweis auf [X.], 8. Aufl., § 14 [X.], [X.]. 17 u. § 34 [X.], [X.]. 78).

5

Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde der Anmelderin gerichtet.

6

Im Prüfungsverfahren hat die Prüfungsstelle, ohne dass sich der Beschluss darauf stützte, die von der Anmelderin in den Anmeldeunterlagen gewürdigte Druckschrift

7

[X.] JP [X.]-197828 A

8

als Stand der Technik genannt.

9

Mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2014 hat der Senat die Druckschriften

[X.]: [X.] 35 04 195 A1

und

[X.]: [X.] einschließlich der englischsprachigen Maschinenübersetzung

ins Verfahren eingeführt und darauf hingewiesen, dass die Gegenstände der nebengeordneten Ansprüche 1 und 13 gegenüber Druckschrift [X.] nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen dürften.

Zur Auslegung einzelner in der Anmeldung verwendeter Begriffe wurden vom Senat in der Verhandlung noch Auszüge aus dem Lehrbuch

[X.]: [X.], J.: Experimentelle Prozeßanalyse, 1. Aufl., [X.], [X.], 1989 - [X.]-341-00676-1, Seiten 7-12, 189

genannt.

Die Beschwerdeführerin beantragt,

den Beschluss der Prüfungsstelle für [X.] des [X.]s vom 27. Oktober 2008 aufzuheben und das Patent auf der Grundlage der folgenden Unterlagen zu erteilen:

- Patentansprüche 1 bis 22, eingegangen am 28. Februar 2011,

 hilfsweise Patentansprüche 1 bis 16, eingereicht in der mündlichen Verhandlung,

- Beschreibung Seiten 1 bis 38,

- [X.]uren 1 bis 4,

jeweils eingegangen am 20. September 2004.

Patentanspruch 1 nach Hauptantrag lautet:

M „Vorrichtung zum Regeln einer Ansaugluftmenge während eines Leerlaufbetriebs eines Verbrennungsmotors,  mit:

M1 einer ersten Schätzeinrichtung (10; 100) zum Schätzen eines einer momentanen Ansaugluftmenge des Verbrennungsmotors während des Leerlaufbetriebs des Verbrennungsmotors entsprechenden [X.]es;

[X.] einer zweiten Schätzeinrichtung (20; 200) zum Schätzen eines einer Differenz zwischen einer [X.] und einer [X.] des Verbrennungsmotors entsprechenden [X.]-Korrelationswert-[X.]s;

[X.] einer dritten Schätzeinrichtung (30; 300) zum Schätzen eines [X.] auf einer Basis des von der ersten Schätzeinrichtung (10; 100) geschätzten [X.]es und des von der zweiten Schätzeinrichtung (20; 200) geschätzten [X.]; und

[X.] einer [X.] (60) zum Regeln der Ansaugluftmenge mit einem Ansaugluftmengen-Einstellsystem (50) des Verbrennungsmotors zum Stellen einer Ansaugluftmenge, welche dem von der dritten Schätzeinrichtung (30; 300) geschätzten [X.] entspricht.“

Patentanspruch 13 nach Hauptantrag lautet:

„Verfahren zum Regeln einer Luftmenge während eines Leerlaufbetriebs eines Verbrennungsmotors, mit:

einem ersten Schritt ([X.]; [X.]0) zum Schätzen eines einer momentanen Ansaugluftmenge des Verbrennungsmotors während des Leerlaufbetriebs des Verbrennungsmotors entsprechenden [X.]es;

einem zweiten Schritt ([X.]; [X.]0) zum Schätzen eines einer Differenz zwischen einer [X.] und einer [X.] des Verbrennungsmotors entsprechenden [X.]-Korrelationswert-[X.]s;

einem dritten Schritt ([X.]; [X.]0) zum Schätzen eines [X.] auf einer Basis des im ersten Schritt ([X.]; [X.]0) geschätzten [X.]es und des in dem zweiten Schritt ([X.]; [X.]0) geschätzten [X.]; und

einem vierten Schritt ([X.], [X.]) zum Regeln der Ansaugluftmenge mit einem Ansaugluftmengen-Einstellsystem des Verbrennungsmotors um eine Ansaugluftmenge zu erreichen, welche dem in dem dritten Schritt ([X.]; [X.]0) geschätzten [X.] entspricht.“

Wegen der [X.] 2 bis 12 und 14 bis 22 nach Hauptantrag wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Anspruch 1 nach Hilfsantrag lautet (Änderungen gegenüber dem Anspruch 1 nach  Hauptantrag hervorgehoben):

M „Vorrichtung zum Regeln einer Ansaugluftmenge während eines Leerlaufbetriebs eines Verbrennungsmotors, mit:

M1* einer ersten Schätzeinrichtung (10; 100) zum Schätzen eines einer momentanen Ansaugluftmenge des Verbrennungsmotors während des Leerlaufbetriebs des Verbrennungsmotors entsprechenden [X.][X.]s -Korrelationswertes;

[X.]* einer zweiten Schätzeinrichtung (20; 200) zum Schätzen eines einer Differenz zwischen einer [X.] und einer [X.] des Verbrennungsmotors entsprechenden [X.]-Korrelationswert-[X.]s;

[X.]* einer dritten Schätzeinrichtung (30; 300) zum Schätzen eines [X.][X.]s -Korrelationswertes auf einer Basis des von der ersten Schätzeinrichtung (10; 100) geschätzten [X.][X.]s -Korrelationswertes und des von der zweiten Schätzeinrichtung (20; 200) geschätzten [X.]-Korrelationswert-[X.]es,

[X.]a indem ein Produkt des [X.] mit einem Verstärkungsfaktor auf das geschätzte [X.][X.] addiert wird, und wobei der Verstärkungsfaktor gemäß einem Verhältnis eines Druckes abstromseitig von einer Drosselklappe zu einem Druck anstromseitig von der Drosselklappe geschätzt wird; und

[X.]* einer [X.] (60) zum Regeln der Ansaugluftmenge mit einem Ansaugluftmengen-Einstellsystem (50) des Verbrennungsmotors zum Stellen einer Ansaugluftmenge, welche dem von der dritten Schätzeinrichtung (30; 300) geschätzten [X.][X.]-Korrelationswert entspricht.“

Patentanspruch 9 nach Hilfsantrag lautet (Änderungen gegenüber dem Anspruch 13 nach  Hauptantrag hervorgehoben):

„Verfahren zum Regeln einer Luftmenge während eines Leerlaufbetriebs eines Verbrennungsmotors, mit:

s -Korrelationswertes;

Korrelationswert-[X.]s;

s -Korrelationswertes auf einer Basis des im ersten Schritt ([X.]; [X.]0) geschätzten [X.][X.]s -Korrelationswertes und des in dem zweiten Schritt ([X.]; [X.]0) geschätzten [X.]-Korrelationswert-[X.]es

indem ein Produkt des [X.] mit einem Verstärkungsfaktor auf das geschätzte [X.][X.] addiert wird, und wobei der Verstärkungsfaktor gemäß einem Verhältnis eines Druckes abstromseitig von einer Drosselklappe zu einem Druck anstromseitig von der Drosselklappe geschätzt wird; und

-Korrelationswert entspricht.“

Wegen der [X.] 2 bis 8 und 10 bis 16 nach Hilfsantrag wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Die Beschwerdeführerin macht hierzu geltend, dass die geänderten Anspruchsfassungen zulässig seien, die verwendeten Begriffe klar seien und die Gegenstände der Ansprüche neu und erfinderisch seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.] gemäß § 79 Abs. 3 Nr. 1 und 3 [X.].

1. Die Anmeldung betrifft eine Vorrichtung und ein Verfahren zum Regeln eines Luftvolumens während eines Leerlaufbetriebs eines Verbrennungsmotors in der Weise, dass ein Ansaugluftvolumen des Verbrennungsmotors eingestellt werden könne, um eine Motordrehzahl des Verbrennungsmotors während des Leerlaufbetriebs zu stabilisieren ([X.] Anmeldeunterlagen, S. 1, erster Abs.). Bei einer herkömmlichen Leerlauf-Drehzahlregelung eines Verbrennungsmotors eines Fahrzeugs werde zum Stabilisieren einer Motordrehzahl während des Leerlaufbetriebs, damit der Motor unter [X.] laufe, ein Drosselklappenventil oder Nebenschlussventil (z. B. ein ISC-Ventil) betätigt, um ein Ansaugluftvolumen des Verbrennungsmotors einzustellen. Bei der Durchführung der Leerlauf-Drehzahlregelung werde üblicherweise eine [X.] angewandt ([X.] Anmeldeunterlagen, S. 1, [X.] 16 - 30). Es sei jedoch schwierig, optimale Werte für die einzelnen Verstärkungsfaktoren zu erzielen, da diese im Allgemeinen bei der Entwicklung des Verbrennungsmotors ermittelt würden. Ferner sei es nicht ersichtlich, wie diese Verstärkungsfaktoren zu verändern seien, wenn sich die Lastbedingung und Atmosphärenbedingungen veränderten ([X.] Anmeldeunterlagen, [X.], [X.] 6 - 12).

Aufgabe zugrunde, eine Vorrichtung und ein Verfahren zum Regeln eines Luftvolumens während eines Leerlaufbetriebs bereitzustellen, um eine leichte und angemessene Einstellung eines Verstärkungsfaktors für die sicherere Stabilisierung einer Leerlaufdrehzahl zu ermöglichen.

Fachmann, der mit der Lösung dieser Aufgabenstellung betraut wird, sieht der Senat einen Ingenieur der Fahrzeugtechnik an, der Erfahrungen in der Entwicklung von Motorsteuergeräten hat und auf dem Gebiet der Regelungstechnik über zusätzliches Wissen verfügt.

Gelöst werden soll die Aufgabe durch eine Vorrichtung gemäß Anspruch 1 nach Haupt- und Hilfsantrag und durch ein Verfahren gemäß Anspruch 13 nach Hauptantrag bzw. Anspruch 9 nach Hilfsantrag.

Als Lösung ist im Wesentlichen vorgesehen, die Ansaugluftmenge während des Leerlaufbetriebs eines Verbrennungsmotors momentengeführt zu regeln: Es wird ein [X.] geschätzt, der einer momentanen Ansaugluftmenge zugeordnet ist, sowie ein [X.] für den [X.] basierend auf der Differenz zwischen [X.] und [X.]. Auf Basis dieser beiden geschätzten Werte wird ein [X.][X.] geschätzt. Dieser [X.][X.] dient der Einstellung der Ansaugluftmenge in einer [X.] zum Regeln der Ansaugluftmenge eines Ansaugluftmengen-Einstellsystems des Verbrennungsmotors.

2. Zum Hauptantrag

Der Hauptantrag ist nicht gewährbar, weil der Gegenstand seines Patentanspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (§ 4 Satz 1 [X.]).

Die Fragen der Zulässigkeit des Anspruchs 1 sowie der Neuheit des Gegenstandes des Anspruchs 1 nach Hauptantrag können somit dahinstehen (vgl. [X.], Urteil vom 18. September 1990 – [X.], [X.], 120, 121 li. [X.]. Abs. 3 – Elastische Bandage).

2.1. Einige Merkmale des Patentanspruchs 1 bedürfen der Auslegung.

Der Fachmann legt den im Anspruch verwendeten Begriffen folgendes Verständnis zugrunde:

[X.]“ und „[X.]“ (vgl. Merkmale M1, [X.] und [X.]) sind im Sinne der Beschreibung der Anmeldung als Größen zu verstehen, die mit dem [X.] bzw. [X.] in einer kausalen, korrelierenden Beziehung stehen (vgl. geltende Beschreibung, S. 5, [X.] 7 - 11, [X.], [X.] 10 - 14, [X.], [X.] 4 - 8 u. S. 35, [X.] 29 - S. 36, [X.] 5). Dabei kann der Korrelationswert das Moment selbst (vgl. geltender Anspruch 3) oder auch eine mit dem Moment physikalisch verbundene Ersatzgröße sein, wie beispielsweise die [X.] (vgl. geltender Anspruch 12). Dies gilt analog für den Begriff „[X.]-Korrelationswert-[X.]“ (vgl. Merkmale [X.] und [X.]), der einen Korrekturwert für die mit dem [X.] korrelierende Größe darstellt (vgl. geltende Beschreibung, S. 4, [X.] 5 - 12).

Schätzen“ (vgl. Merkmale M1, [X.] und [X.]) versteht der Fachmann als Fachbegriff aus der Mess- und Regelungstechnik. Im Gegensatz zur Auffassung der Prüfungsstelle sind Schätzmethoden in der Mess- und Regelungstechnik übliche Werkzeuge bei der Lösung von Messaufgaben (vgl. hierzu beispielsweise das Inhaltsverzeichnis aus dem Lehrbuch [X.], S. 10 u. 11) und gehören daher zum Grundlagenwissen des Fachmanns. Beim Schätzen einer Messgröße wird auf der Grundlage von gemessenen Größen und a priori-Informationen ein Modell so an ein gegebenes System angepasst, dass eine gewählte Zielfunktion minimal wird. Neben physikalischen Modellen können dabei auch rein numerische Verfahren eingesetzt werden, die einen näherungsweise gültigen Zusammenhang zwischen der gesuchten Messgröße und einer Kalibrierfunktion beschreiben. Die Güte einer Schätzung hängt dabei u. a. von der gewählten Zielfunktion ab (vgl. hierzu insb. den Auszug aus dem Lehrbuch [X.], [X.]). Mit den Schätzeinrichtungen (10, 20, 30) (vgl. Merkmale M1, [X.] und [X.])  erfolgt daher eine Parameterschätzung von Parametern, die für die Regelung der Ansaugluftmenge erforderlich sind, messtechnisch aber nicht oder nur mit erheblichem Aufwand ermittelbar sind. Ihre Ermittlung erfolgt mit Hilfe mathematischer Methoden und a priori-Wissen aus gemessenen Werten eindeutig reproduzierbar derart, dass der geschätzte Parameter dem tatsächlichen Wert so nahe wie möglich kommt. Als erste, zweite und dritte „Schätzeinrichtung“ versteht der Fachmann daher einzelne Recheneinheiten, in welchen in Abhängigkeit von einer Eingangsgröße oder mehreren Eingangsgrößen die jeweilige Ausgangsgröße berechnet wird. Dem Fachmann ist bekannt, dass die Berechnung z. B. mit Hilfe von Kennlinien, Modellen, oder Interpolations- oder Approximationsverfahren erfolgen kann. Der Fachmann liest mit, dass die Schätzeinheiten zentral im Motorsteuergerät oder dezentral in der Schaltung einer Sensor- oder Aktoreinheit integriert sein können, und auch ein Sensor selbst, der an seinem Eingang die Messgröße aufnimmt und an seinem Ausgang ein konditioniertes Messsignal liefert, als Schätzeinrichtung verstanden werden kann.

Merkmal M1 vorgenommenen Schätzen eines einer Ansaugluftmenge entsprechenden [X.]es ist dem Fachmann klar, dass mit „entsprechend“ nicht eine mathematische Gleichheit zweier Größen gemeint sein kann, sondern eine funktionale Abhängigkeit.

auf der Basis des […] [X.]es und des […] [X.]“ (vgl. Merkmal [X.]) als funktionale Verknüpfung zwischen diesen drei Größen sehen.

2.2. Die Vorrichtung des Anspruchs 1 beruht gegenüber dem Stand der Technik gemäß Druckschrift [X.] i. V. m. Druckschrift [X.] nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

[X.] offenbart eine Vorrichtung zur Regelung der Ansaugluftmenge eines Verbrennungsmotors (vgl. [X.]: Oberbegriff des Anspruchs 4; teilweise Merkmal M, ohne dass die Vorrichtung speziell die Luftmenge während des Leerlaufbetriebs regelt). Die Vorrichtung umfasst mehrere, als Schätzeinrichtungen anzusehende, „arithmetische Einrichtungen“ (vgl. [X.], [X.] 34 - S. 10, [X.] 22), wobei eine der arithmetischen Einrichtungen einen Korrekturwert, der einen [X.]-Korrelationswert-[X.] darstellt, berechnet (vgl. S. 10, [X.] 15 - 22; teilweise Merkmal [X.], ohne dass der [X.] einer Differenz zwischen einer [X.] und einer [X.]Drehzahl entspricht). Die Berechnung des dem [X.] entsprechenden Sollwertes für das [X.] erfolgt auf Basis dieses mit einer der arithmetischen Einrichtungen berechneten [X.]s und eines dem [X.] entsprechenden tatsächlichem [X.] (vgl. Anspruch 1 u. [X.], [X.] 34 - S. 10, [X.] 22; Merkmal [X.]), welcher von einem Drehmomentsensor als ein für das augenblickliche Drehmoment repräsentativer Signalwert geschätzt wird (vgl. [X.], [X.] 12-14 u. S. 18, [X.] 23; teilweise Merkmal M1). Das Schätzen eines [X.]es speziell während des Leerlaufbetriebs wird in Druckschrift [X.] explizit nicht beschrieben. Das Regeln der Ansaugluftmenge erfolgt mit einem Stellglied zum Stellen der Luftmenge über ein dem [X.] entsprechendes Rückkopplungs-Steuersignal zum Einstellen der Winkelstellung der Drosselklappe ([X.], [X.] 16 - 27; Merkmal [X.]).

[X.] offenbarten technischen Lehre ist die Regelung der Ansaugluftmenge bei unterschiedlichen, vom Fahrer gewählten, Betriebsarten ([X.]ar-, Normal- oder Leistungs-Betriebsart; vgl. [X.]. 16, [X.] 4122). Als Stellglied zum Stellen der an die Betriebsart angepassten Luftmenge wird eine elektronisch geregelte Drosselklappe (E-Gas) momentengeführt angesteuert (vgl. Ansprüche 2, 6). Der Leerlaufbetrieb steht hierbei nicht im Vordergrund, wird aber explizit beschrieben. Für den Betrieb im Leerlauf ist der in Druckschrift [X.] beschriebene Verbrennungsmotor zusätzlich mit einem zweiten Stellglied (

Merkmals M); mit Blick auf das Merkmal [X.] kann dabei dahingestellt bleiben, ob die Ansaugluftmenge während des [X.] aktiv über die Drosselklappe oder aber - bei nahezu geschlossener Drosselklappe - über das Leerlaufventil geregelt wird.

Merkmal M1), da dieser nicht über die [X.] bestimmt wird, sondern mittels eines Gebers an der Kurbelwelle abgegriffen wird (vgl. S. 18, [X.] 5 - 10).

Damit unterscheidet sich der beanspruchte Gegenstand von der Lehre der Druckschrift [X.] nur in der konkreten Vorgehensweise bei der Bestimmung des [X.]s gemäß Merkmal [X.]. Während die in Druckschrift [X.] beschriebene Regelung den [X.] basierend auf einer Differenz zwischen dem [X.] und Istwert des [X.]s berechnet (vgl. Anspruch 1 u. [X.]. 13, Schritt 4140), wird im vorliegenden Anspruch eine Differenz zwischen der [X.] und [X.] ermittelt.

[X.] beschreibt eine Vorrichtung zum Regeln einer Luftmenge (Merkmal M). Druckschrift [X.] offenbart ferner eine momentengeführte Regelung, bei der u. a. die Ansaugluftmenge (Merkmal [X.]). Zur Bestimmung des [X.]s wird ein unter Verwendung von betriebsartenabhängigen Parametersätzen für einen Schicht- oder Homogenbetrieb erforderliches Basismoment (Merkmal [X.]).

[X.] in der Vorgehensweise bei der Bestimmung eines [X.]s für den [X.]. Zum Stellen der dem [X.] entsprechenden Ansaugluftmenge verfügt die Vorrichtung gemäß Druckschrift [X.] über zwei Stellglieder. Wie diese im Leerlaufbetrieb im Einzelnen anzusteuern sind, lässt Druckschrift [X.] offen. Sie gibt allerdings vor, dass die Drosselklappe im Leerlaufbetrieb derart angesteuert werden sollte, dass die Drehzahl der Brennkraftmaschine

[X.] berücksichtigen, die eine momentenorientierte Leerlaufregelung beschreibt, bei der in Abhängigkeit von einem geschätzten [X.] (

[X.] bekannte Modellierung des [X.]s auf die aus Druckschrift [X.] bekannte Vorrichtung zum Regeln der Ansaugluftmenge an, in dem er die aus Druckschrift [X.] bekannte Signalverarbeitung in die [X.] der Druckschrift [X.] integriert, so ergibt sich eine momentengeführte Regelung der Ansaugluftmenge, dessen Übertragungsverhalten auch die besonderen Bedingungen im Leerlaufbetrieb berücksichtigt, und bei der zum Schätzen des [X.]s  die externen Lastbedingungen in Form der Differenz zwischen der [X.] und der [X.] berücksichtigt werden (restlicher Teil von Merkmal [X.]).

Die Vorrichtung gemäß vorliegendem Anspruch 1 ergibt sich damit für den zuständigen Fachmann in naheliegender Weise aus der Lehre der Druckschriften [X.] und [X.], ohne erfinderisch tätig werden zu müssen.

[X.] beschäftige sich nur mit der Regelung der Ansaugluftmenge im Fahrbetrieb, die Leerlaufregelung spiele keine Rolle. Dieser Auffassung kann seitens des Senats nicht zugestimmt werden, da Druckschrift [X.] - wie oben erläutert - explizit den [X.] abhandelt. So wird auf Seite 35, zweiter und dritter Absatz beschrieben, wie die Drosselklappe bei der Regelung der Ansaugluftmenge bei verschiedenen Betriebsarten im Fahrbetrieb anzusteuern ist. Im darauffolgenden Abschnitt auf Seite 36 wird darauf hingewiesen, dass die Drosselklappe so zu steuern ist, dass die Drehzahl der Brennkraftmaschine im Leerlauf konstant bleibt. Zusätzlich zur Drosselklappe steht dem Steuergerät hierzu ein weiteres Stellglied zur Verfügung (vgl. [X.]3, [X.] 14 - 22).

[X.] das [X.]Moment nicht geschätzt, sondern mit einem Sensor direkt gemessen wird, kann der Senat ebenfalls nicht folgen. Auch ein Sensor, der mit seinem Sensorelement eine physikalische Messgröße aufnimmt und in ein digitales Signalformat umsetzt und verarbeitet, stellt eine Schätzeinrichtung dar. Zudem wird auf Seite 60 im zweiten Absatz unmittelbar offenbart, dass der Drehmomentsensor einen „repräsentativen Signalwert“ für das tatsächliche [X.] erzeugt, der als Schätzwert anzusehen ist.

[X.] i. V. m. Druckschrift [X.] nahegelegt. Die Vorrichtung des Anspruchs 1 beruht somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Der Anspruch 1 nach Hauptantrag ist daher nicht patentfähig.

2.3.  Mit dem nicht patentfähigem Anspruch 1 sind auch der nebengeordnete Anspruch 13 und die auf diese Ansprüche direkt oder indirekt rückbezogenen Unteransprüche nicht schutzfähig, da auf diese Ansprüche kein eigenständiges Patentbegehren gerichtet war und über einen Antrag nur einheitlich entschieden werden kann (vgl. [X.], Beschluss vom 27. Juni 2007 – [X.],  [X.], 862, Abschnitt [X.]) aa) – Informationsübermittlungsverfahren II).

3. Zum Hilfsantrag

Merkmal [X.]a eingefügt, wonach das [X.][X.] geschätzt wird,

„indem ein Produkt des [X.] mit einem Verstärkungsfaktor auf das geschätzte [X.][X.] addiert wird, und wobei der Verstärkungsfaktor gemäß einem Verhältnis eines Druckes abstromseitig von einer Drosselklappe zu einem Druck anstromseitig von der Drosselklappe geschätzt wird“.

3.1. Die Ansprüche 1 bis 16 nach Hilfsantrag sind zulässig

Die Merkmale des Patentanspruchs 1 finden sich im ursprünglichen Anspruch 1 sowie den ursprünglichen abhängigen Ansprüchen 3, 10 und 11.

Das im ursprünglichen Anspruch verwendete Merkmal „Ansaugluftvolumen“ wurde in den nun geltenden Ansprüchen durch „Ansaugluftmenge“ ersetzt. Dieses Merkmal lässt sich zum einen den [X.]n Anmeldeunterlagen auf der Seite 12, Zeilen 23 bis 27 entnehmen, zum anderen ergibt es sich durch Übersetzung des in den ursprünglichen, englischsprachigen Anmeldeunterlagen verwendeten [X.] Begriffs „air volume“.

Die Merkmale des nebengeordneten Patentanspruchs 9 sind ursprünglich offenbart in den Patentansprüchen 13 und 15 sowie in den verfahrensgeprägten [X.] 10 und 11.

Die geltenden Patentansprüche 2 bis 8 und 10 bis 16 basieren auf den ursprünglichen Patentansprüchen 2, 4 bis 9 und 14, 16 bis 21 und sind daher ebenfalls zulässig.

3.2. Die Patentansprüche 1 bis 16 nach Hilfsantrag genügen auch den Vorschriften gemäß § 34 Abs. 3 u. 4 [X.] sowie § 9 Abs. 4 [X.].

Mit dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag liegt unstrittig ein Anspruch in [X.], nachvollziehbarer [X.]rache vor, der eine Vielzahl von Merkmalen aufweist. Die im Anspruch verwendeten Begriffe mögen zum Teil umgangssprachlich nicht üblich sein, dennoch ist für den Fachmann erkennbar angegeben, was als patentfähig unter Schutz gestellt werden soll (§ 34 Abs. 3 Nr. 3 [X.], § 9 Abs. 4 [X.]). Insbesondere der Begriff „Schätzeinrichtung“ stellt nach Auffassung des Senats nicht die Klarheit der technischen Lehre des Anspruchs in Frage, sondern die Forderung der Verwendung solcher in der Mess- und Regelungstechnik bekannten Einrichtungen führt vorliegend lediglich dazu, dass unter den Anspruch eine große Anzahl von Gegenständen fällt. Dies gilt ebenso für die von der Prüfungsstelle als unklar bewerteten Begriffe des „Entsprechens“ von Werten oder des Schätzens auf „Basis von“ Werten. Der Anspruch lässt zwar teilweise offen, wie die einzelnen Schätzeinrichtungen ausgestaltet sind, und wie die genannten Größen im Einzelnen messtechnisch zusammenwirken, dies führt aber nicht zur Unklarheit oder mangelnden Ausführbarkeit, sondern zur Verallgemeinerung des Anspruchsgegenstands. Es ist dem Anmelder grundsätzlich unbenommen, den beanspruchten Schutz nicht auf einzelne Ausführungsformen zu beschränken, die in den ursprünglich eingereichten Unterlagen ausdrücklich beschrieben werden, sondern gewisse Verallgemeinerungen vorzunehmen ([X.], Beschluss vom 11. September 2013 – [X.], [X.], 1210, Amtlicher Leitsatz – Dipeptidyl-Peptidase-Inhibitoren). Insbesondere müssen die Angaben, die der Fachmann zur Ausführung benötigt, nicht im Patentanspruch enthalten sein, sondern es genügt, wenn sie sich aus dem Inhalt der Anmeldung insgesamt ergeben (vgl. [X.], Urteil vom 1. Oktober 2002 – [X.], [X.], 235, Amtlicher Leitsatz – [X.]). Ein breit gefasster Anspruch ist für sich kein Grund zur Beanstandung ([X.], 9. Aufl., § 34 [X.], [X.]. 140). Vielmehr ist gemäß [X.], Urteil vom 29. November 2013 – [X.], [X.], Seiten 510-512 im Interesse der Rechtssuchenden der Gehalt der Erfindung mit möglichst weitreichend zu formulierenden Patentansprüchen zu schützen. Ein solcher breit gefasster Anspruch muss dann für jeden seiner umfassten Gegenstände die Voraussetzungen für eine Patentierung erfüllen, d. h. er muss u. a. neu und erfinderisch sein ([X.], 9. Aufl., § 34 [X.], [X.]. 141).

3.3. Die Vorrichtung nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag ist bei Berücksichtigung des im Verfahren befindlichen Stands der Technik neu und beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Merkmal [X.]a beansprucht – bestimmt wird, indem ein mit einem [X.]-[X.] multiplizierter Verstärkungsfaktor, der gemäß einem Verhältnis eines Druckes abstromseitig von einer Drosselklappe zu einem Druck anstromseitig von der Drosselklappe geschätzt wird, zur Bestimmung eines resultierenden [X.]s auf ein geschätztes [X.][X.] addiert wird.

[X.] beschreibt eine Vorrichtung zum Regeln einer Leerlaufdrehzahl (vgl. Bezeichnung:

Im Gegensatz zum Anspruch 1 nach Hilfsantrag offenbart Druckschrift [X.] keine Regelung der Ansaugluftmenge, bei der ein [X.]-[X.] mit einem Verstärkungsfaktor multipliziert wird, welcher sich aus dem [X.] im Ansaugtrakt ergibt.

[X.] nicht beschrieben. Zwar wird für die Regelstrecke zur Ansteuerung der Drosselklappe eine [X.] eingesetzt, in der die Verstärkungsfaktoren bzw. Übertragungsbeiwerte der P-, I- und [X.] abgestimmt werden müssen (vgl. [X.]. 15), eine Parametrisierung in Abhängigkeit vom Verhältnis des Druckes vor und nach der Drosselklappe wird allerdings nicht offenbart.

[X.] werden die externen Lastbedingungen und die daraus resultierenden Schwankungen der Leerlaufdrehzahl in Form der Differenz zwischen der [X.] und der [X.] berücksichtigt. Weder die [X.] noch das daraus modellierte [X.] werden allerdings mit einem Verstärkungsfaktor multipliziert, der gemäß einem Verhältnis eines Druckes abstromseitig von einer Drosselklappe zu einem Druck anstromseitig von der Drosselklappe geschätzt wird.

Merkmal [X.]a nicht aus dem bekannten Stand der Technik zu entnehmen.

[X.], [X.] und [X.].

Die Ausführungen zum Anspruch 1 gelten sinngemäß auch für den unabhängigen Verfahrensanspruch 9.

Somit sind die Gegenstände der nebengeordneten Ansprüche 1 und 9 gemäß Hilfsantrag im Lichte der im Verfahren befindlichen Druckschriften neu und beruhen auf einer erfinderischen Tätigkeit.

3.4. Der Senat hat nach § 79 Abs. 3 Satz 1 Nr. u. 3 [X.] davon abgesehen, in der Sache selbst zu entscheiden und ein Patent zu erteilen.

Wie aus der [X.] ersichtlich, hat die Prüfungsstelle zu dem in dem geltenden Anspruch 1 nach Hilfsantrag genannten Gegenstand nicht recherchiert.

Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass insbesondere unter dem Gesichtspunkt der §§ 3 und 4 [X.] ein einer Patenterteilung möglicherweise entgegenstehender Stand der Technik existiert. Zu deren Ermittlung sind aufgrund der ihnen zur Verfügung stehenden Recherchemöglichkeiten in erster Linie die Prüfungsstellen des Patentamts berufen. Da eine sachgerechte Entscheidung nur aufgrund einer vollständigen Recherche des relevanten Standes der Technik ergehen kann, war die Sache – auch um der Anmelderin keine Tatsacheninstanz zu nehmen – zur weiteren Prüfung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen.

Meta

18 W (pat) 4/14

21.01.2015

Bundespatentgericht 18. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 21.01.2015, Az. 18 W (pat) 4/14 (REWIS RS 2015, 16874)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 16874

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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