Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.04.2009, Az. XII ZB 12/07

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 4189

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.][X.]/07
vom 1. April 2009 in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1; RVG [X.] Nrn. 3200, 3201 Nr. 1 Wird der Antrag auf Zurückweisung eines Rechtsmittels vor Zustellung der [X.] gestellt, das Rechtsmittel dann aber begründet und in der Sache entschieden, ist eine 1,6-fache Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 [X.] RVG erstat-tungsfähig (Abgrenzung zu [X.] Beschluss vom 3. Juli 2007 - [X.] - [X.], 1735 = NJW 2007, 3723). [X.], Beschluss vom 1. April 2009 - [X.] 12/07 - [X.]

AG [X.] i.d. Pfalz - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 1. April 2009 durch die [X.] Richterin [X.], die Richterinnen [X.] und [X.] sowie [X.] und [X.] beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 5. Zivilsenats des [X.] als [X.] vom 13. Dezember 2006 wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen. [X.]: bis 300 • Gründe: [X.] Das Amtsgericht - Familiengericht - hat das Begehren der Antragstellerin auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge für die gemeinsame Tochter der [X.]en zurückgewiesen. Hiergegen hat die Antragstellerin am 2. August 2006 ohne Begründung befristete Beschwerde beim [X.] einge-legt. Darauf hat sich der Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners am 23. August 2006 beim [X.] für das Beschwerdeverfahren legiti-miert und die Zurückweisung des Rechtsmittels beantragt. Am 5. September 2006 ist die Beschwerdebegründung der Antragstellerin beim Oberlandesge-richt eingegangen und dem Antragsgegner zur Stellungnahme bis 10. Oktober 2006 zugestellt worden. Das [X.] hat die Beschwerde vor Ablauf 1 - 3 - der Stellungnahmefrist zurückgewiesen und die Kosten des Rechtsmittelverfah-rens der Antragstellerin auferlegt. 2 Der Antragsgegner hat beantragt, die ihm zu erstattenden Kosten gemäß § 104 ZPO mit einer 1,6-fachen Verfahrensgebühr (Nr. 3200 [X.] RVG) aus ei-nem Gegenstandswert von 3.000 • festzusetzen (302,40 • [X.] MWSt.). Das Amtsgericht hat dem entsprochen. Die hiergegen erhobene sofortige Be-schwerde der Antragstellerin hat das [X.] zurückgewiesen. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde möchte die An-tragstellerin erreichen, dass dem festzusetzenden Erstattungsanspruch nur eine 1,1-fache (ermäßigte) Verfahrensgebühr wegen vorzeitiger Beendigung des Auftrags (Nr. 3201 [X.] RVG) zugrunde gelegt wird. I[X.] Die nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde der Antragstellerin hat in der Sache keinen Erfolg. Der [X.] kann nach §§ 2, 13 RVG i.V.m. Nr. 3201 [X.] die Festsetzung einer 1,6-fachen Verfahrensgebühr verlangen. 3 1. Das [X.], dessen Entscheidung in [X.], 846 f. veröffentlicht ist, hat den Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts nicht beanstandet und hierzu ausgeführt: Ein die 1,6-fache Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 [X.] RVG auslösender Antrag auf Zurückweisung eines Rechtsmittels sei dann nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung erforderlich, wenn und solange die Gegenseite das eingelegte Rechtsmittel nicht begründet habe. Vorliegend sei der Zurückweisungsantrag des Antragsgegners zwar vor der Begründung des Rechtsmittels gestellt worden, die Beschwerdebegründung der 4 - 4 - Antragstellerin sei jedoch später tatsächlich eingegangen. Bei dieser Konstella-tion sei die 1,6-fache Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 [X.] RVG erstattungsfä-hig. Ob eine Tätigkeit des Rechtsanwalts zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung notwendig gewesen sei, beurteile sich nämlich nach den Erkenntnissen zum Zeitpunkt der Entscheidung über diese Frage. Der verfrühte Antrag auf Zurückweisung der sofortigen Beschwerde ha-be sich aber nach Eingang der Beschwerdebegründung als sachdienlich und insofern als zu einer zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig [X.]. Es wäre eine unangebrachte [X.], von dem Rechtsanwalt, der ei-nen verfrühten Antrag gestellt habe, die Wiederholung des Antrags zu verlan-gen, wenn sich dessen Erforderlichkeit später eingestellt habe. 2. Dies hält rechtlicher Nachprüfung stand. Auch wenn der [X.] vor Zustellung der Rechtsmittelbegründung die Zurückweisung des Rechtsmittels beantragt, können die dadurch entstehenden Anwaltsgebühren im Einzelfall zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendige Kosten im Sinne von § 91 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 ZPO darstellen. 5 a) Durch die Einreichung des Schriftsatzes, mit dem die Zurückweisung der Beschwerde beantragt wurde, ist grundsätzlich nach §§ 2, 13 RVG i.V.m. Nr. 3200 [X.] RVG eine nach dem Gegenstandswert von 3.000 • zu [X.] 1,6-fache Verfahrensgebühr entstanden. 6 Die 1,6-fache Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 [X.] RVG entsteht für das Betreiben des Geschäfts, wozu auch das Einreichen von Schriftsätzen bei [X.] gehört. Die Verfahrensgebühr ermäßigt sich zwar bei einer vorzeitigen Be-endigung des Auftrags nach Nr. 3201 Nr. 1 [X.] RVG auf eine 1,1-fache Gebühr. Hat aber der Rechtsanwalt bereits einen Schriftsatz eingereicht, der die Sach-anträge oder einen Sachvortrag enthält, kommt - wie sich aus Nr. 3201 Satz 1 7 - 5 - Nr. 1 [X.] RVG ergibt - eine vorzeitige Beendigung des Auftrags und damit eine Ermäßigung der Gebühr nicht mehr in Betracht ([X.] Beschluss vom 2. Oktober 2008 - [X.]/07 - FamRZ 2009, 113). 8 b) Hiervon ist jedoch die Frage zu unterscheiden, ob der Antragsgegner diese Kosten von der Antragstellerin als der unterliegenden Beschwerdeführerin erstattet verlangen kann. Dies setzt nach § 91 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 ZPO [X.], dass der Antrag auf Zurückweisung des Rechtsmittels zur [X.] Rechtsverteidigung notwendig war. Die Erstattung der aufgewendeten Kosten kann eine [X.] dabei nur insoweit erwarten, als sie der ihr aus dem Prozessrechtsverhältnis obliegenden Pflicht nachgekommen ist, die Kosten möglichst niedrig zu halten ([X.] Beschluss vom 3. Juli 2007 - [X.] - NJW 2007, 3723). [X.]) Die mit einem Rechtsmittel überzogene [X.] darf bereits vor des-sen Begründung einen Rechtsanwalt beauftragen und die entstandenen Kosten im Falle ihres Obsiegens nach § 91 Abs. 1 ZPO vom Gegner erstattet verlan-gen (vgl. [X.] Beschluss vom 17. Dezember 2002 - [X.] - FamRZ 2003, 522). Nach der Rechtsprechung des [X.] ist allerdings ein die 1,6-fache Verfahrensgebühr auslösender Antrag auf Zurückweisung des Rechtsmittels im erstattungsrechtlichen Sinne grundsätzlich nicht notwendig, sofern der Rechtsmittelführer noch keinen Antrag und keine Rechtsmittelbe-gründung eingereicht hat. Im Normalfall besteht nämlich kein Anlass für den [X.], mit der Verteidigungsanzeige seines [X.] zugleich den Sachantrag auf Zurückweisung des Rechtsmittels anzukün-digen. Der [X.] kann sich erst nach Vorliegen der [X.] mit Inhalt und Umfang des Angriffs auf die Entscheidung der [X.] sachlich auseinandersetzen und durch einen entsprechenden Gegenan-trag sowie dessen Begründung das Verfahren fördern. Es ist nicht ersichtlich, 9 - 6 - welche Prozessförderung von einem Antrag auf Zurückweisung des Rechtsmit-tels ausgehen könnte, solange mangels einer Rechtsmittelbegründung eine sachgerechte Prüfung des Rechtsmittels nicht möglich ist. Das gilt unabhängig davon, ob das Rechtsmittel ausdrücklich nur zur Fristwahrung eingelegt wurde oder nicht ([X.] Beschluss vom 3. Juli 2007 - [X.] - [X.], 1735 = NJW 2007, 3723; vgl. auch Beschlüsse vom 2. Oktober 2008 - [X.]/07 - FamRZ 2009, 113 und vom 3. Juni 2003 - [X.] - FamRZ 2003, 1461). [X.]) Vorliegend ist eine andere Beurteilung aber deshalb geboten, weil die Antragstellerin ihre Beschwerde nach dem verfrühten Zurückweisungsan-trag des Antragsgegners noch begründet und das Beschwerdegericht in der Sache entschieden hat (ebenso [X.], 208, 209; [X.] [X.] 2007, 36; [X.] [X.]R 2006, 814, 816 und [X.], 1318, 1319; [X.]/Müller-Rabe RVG 18. Aufl. [X.] 3200 Rdn. 64; AnwKomm/[X.] RVG 4. Aufl. [X.] 3201 Rdn. 51; a.A. [X.] Mün-chen FamRZ 2006, 221, 222; [X.] Düsseldorf [X.]R 2003, 478). 10 Zwar beurteilt sich die Frage, ob aufgewendete Prozesskosten zu einer zweckentsprechenden Rechtsverteidigung im Sinne von § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO notwendig waren, grundsätzlich danach, ob eine verständige und wirt-schaftlich vernünftige [X.] die die Kosten auslösende Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Veranlassung als sachdienlich ansehen durfte ([X.] 166, 117, 124; [X.] Beschlüsse vom 20. Oktober 2005 - [X.] - NJW 2006, 446, 447; vom 11. November 2003 - [X.]/03 - NJW-RR 2004, 430 und vom 16. Oktober 2002 - [X.]/02 - FamRZ 2003, 441, 443). Nach Einreichung der [X.] kann dem [X.] aber ein berechtigtes Interesse nicht abgesprochen werden, mit anwaltlicher Hilfe eine Zurückweisung des Rechtsmittels anzustreben und einen entsprechenden Antrag anzukündigen. In diesem Zeitpunkt, auf den der verfrühte Zurückweisungsantrag fortwirkt ([X.] 11 - 7 - [X.] 2007, 36), war eine Verteidigung somit notwendig und wäre mit Kosten in der geltend gemachten Höhe verbunden gewesen. Diese wären bei einer Antragstellung nach Eingang der Rechtsmittelbegründung zweifellos auch erstattungsfähig gewesen. 12 Unter solchen Umständen kann es für die Frage der Erstattungsfähigkeit aber nicht auf die zeitliche Reihenfolge der jeweiligen Anträge ankommen. Vielmehr muss bei wertender Betrachtung davon ausgegangen werden, dass die dem [X.] tatsächlich entstandenen Anwaltskosten als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung erforderlich geworden sind. Es [X.] - wie das Beschwerdegericht zu Recht angenommen hat - auf eine unnötige [X.] hinauslaufen, von dem [X.] zu erwarten, dass er nach Eingang der Rechtsmittelbegründung nochmals einen Schriftsatz mit einem Gegenantrag bei Gericht einreicht, um die Erstattungsfähigkeit der vollen [X.] herbeizuführen. Dieser Beurteilung steht die Entscheidung des V[X.] Zivilsenats (Beschluss vom 3. Juli 2007 - [X.] - [X.], 1735 = NJW 2007, 3723) nicht entgegen, da sie einen Fall betraf, in dem der Auftrag - 8 - vorzeitig beendet worden ist, so dass sich der verfrüht gestellte Antrag nicht nachträglich als notwendig erweisen konnte. [X.] [X.] [X.]Dose Klinkhammer Vorinstanzen: AG [X.] i.d. Pfalz, Entscheidung vom 08.11.2006 - 2 F 20/06 - [X.], Entscheidung vom 13.12.2006 - 5 [X.]/06 -

Meta

XII ZB 12/07

01.04.2009

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.04.2009, Az. XII ZB 12/07 (REWIS RS 2009, 4189)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 4189

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

V ZB 143/12 (Bundesgerichtshof)

Rechtsanwaltskosten des Rechtsmittelgegners: Höhe der zu erstattenden Verfahrensgebühr bei Antrag auf Zurückweisung des Rechtsmittels vor …


V ZB 143/12 (Bundesgerichtshof)


V ZB 54/09 (Bundesgerichtshof)


VI ZB 61/09 (Bundesgerichtshof)


VI ZB 61/09 (Bundesgerichtshof)

Berufungsverwerfung nach Berufungsbegründung: Erstattungsfähige Rechtsanwaltskosten des Rechtsmittelgegners bei verfrühtem Berufungszurückweisungantrag


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.