Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.07.2009, Az. V ZB 54/09

V. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 2716

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BUNDESGERICHTSHOF [X.]/09vom 2. Juli 2009 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: [X.] § 91 Abs. 1; [X.] § 13 i.V.m. Nr. 3200 [X.] VV Weist das Gericht nach der Einlegung der Berufung, aber vor der Begründung auf seine vermutliche Unzuständigkeit hin und beantragt der [X.] die [X.] des Rechtsmittels als unzulässig, gehört die hierdurch entstehende 1,6-fache Verfahrensgebühr nach § 13 [X.] i.V.m. Nr. 3200 VV [X.] auch dann zu den notwendigen Kosten der Rechtsverteidigung, wenn der Berufungskläger später das Rechtsmittel zurücknimmt, ohne es begründet zu haben. [X.], [X.]uss vom 2. Juli 2009 - [X.]/09 - [X.] - 2 - Der V. Zivilsenat des [X.] hat am 2. Juli 2009 durch den [X.], [X.] Lemke und [X.], die Richterin [X.] und [X.] [X.] beschlossen: [X.] gegen den [X.]uss der 11. Zivilkammer des [X.] vom 3. März 2009 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen. Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 360,57 •. Gründe: [X.] Der Kläger hat am 22. September 2008 (Montag) bei dem [X.] gegen das ihm am 21. August 2008 zugestellte Urteil des [X.] Berufung eingelegt. Mit Verfügung vom 23. September 2008 hat das [X.] den [X.]en folgenden Hinweis erteilt: 1 "Soweit ohne vollständige Kenntnis des Urteils erster Instanz und ohne Kenntnis der erstinstanzlichen Akten ersichtlich handelt es sich um eine Berufung in einer Wohnungseigentumssache im Sin-ne des § 43 Nr. 1-4 WEG. Gemäß § 72 Abs. 2 S. 1 [X.] ist das [X.] Karlsruhe alleiniges Berufungsgericht für derartige Verfahren" - 3 - und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 14. Oktober 2008 gegeben. Mit am 2. Oktober 2008 bei dem [X.] eingegangenen Schriftsatz vom 1. Oktober 2008 hat sich die Prozessbevollmächtigte der Beklagten für diese gemeldet, die Verwerfung der Berufung als unzulässig beantragt und hierfür eine Begründung abgegeben. Der Kläger hat mit am 6. Oktober 2008 einge-gangenem Schriftsatz die Abgabe, hilfsweise die Verweisung des Rechtsstreits an das [X.] Karlsruhe beantragt. Das [X.] hat mit Verfügung vom 21. Oktober 2008 die [X.]en darüber unterrichtet, dass es die Verweisung des Berufungsverfahrens an das [X.] Karlsruhe beabsichti-ge. Dem hat die Prozessbevollmächtigte der Beklagten mit Schriftsatz vom 27. Oktober 2008 widersprochen und hierfür eine Begründung abgegeben. Das [X.] hat die Sache mit [X.]uss vom 29. Oktober 2008 nach § 281 ZPO an das [X.] Karlsruhe verwiesen. Am 20. November 2008 hat der Kläger die Berufung zurückgenommen, ohne das Rechtsmittel begründet zu haben. Mit [X.]uss vom 21. November 2008 sind dem Kläger die durch die Berufung entstandenen Kosten nach einem Streitwert von 18.978,35 • auferlegt worden. 2 Auf Antrag der Prozessbevollmächtigten der Beklagten hat das Amtsge-richt u.a. eine 1,6-fache Verfahrensgebühr nach § 13 [X.] i.V.m. Nr. 3200 VV [X.] in Höhe von 969,60 • zuzüglich 19 % Umsatzsteuer festgesetzt. Die sofor-tige Beschwerde, mit welcher der Kläger die Herabsetzung auf eine 1,1-fache Verfahrensgebühr erstrebt hat, ist erfolglos geblieben. 3 Mit der von dem [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Kläger sein Ziel weiter. 4 - 4 - I[X.] 5 Nach Ansicht des [X.] hat das Amtsgericht zu Recht ei-ne 1,6-fache Verfahrensgebühr festgesetzt; denn die Prozessbevollmächtigte der Beklagten habe den Antrag auf Verwerfung der Berufung als unzulässig gestellt und ihn auch begründet, was zur zweckentsprechenden Rechtsverteidi-gung notwendig gewesen sei. Ferner folge die Erstattungsfähigkeit der 1,6-fachen Verfahrensgebühr daraus, dass die Prozessbevollmächtigte der Beklag-ten der Verweisung der Sache an das [X.] Karlsruhe widersprochen und hierfür ebenfalls eine Begründung abgegeben habe. Auch dies sei zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen. Dem stehe die Entscheidung des [X.] vom 3. Juli 2007 ([X.] 21/06, NJW 2007, 3723) nicht entgegen, weil sie nicht eine Fallkonstellation wie die vorlie-gende im Auge habe, in welcher es um die Zulässigkeit der Berufung bzw. der Verweisung der Sache an ein anderes (Berufungs-)Gericht gehe. Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand. 6 II[X.] [X.] ist zwar infolge der Zulassung durch das Be-schwerdegericht statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig (§ 575 ZPO). Aber sie ist nicht begründet, weil die Vorinstanzen zu Recht für die Vertretung der Beklagten in dem Berufungsverfahren die 1,6-fache Verfahrensgebühr nach § 13 [X.] i.V.m. Nr. 3200 VV [X.] als erstat-tungsfähig angesehen haben. 7 1. Die 1,6-fache Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV [X.] entsteht im Berufungsverfahren für das Betreiben des Geschäfts; hierzu gehört u.a. das Einreichen von Schriftsätzen bei Gericht. Die Verfahrensgebühr ermäßigt sich 8 - 5 - jedoch nach Nr. 3201 VV [X.] auf das 1,1-fache bei einer vorzeitigen [X.]; diese liegt u.a. dann vor, wenn der Auftrag endigt, bevor der Rechtsanwalt einen [X.] oder Sachvortrag enthaltenden Schriftsatz eingereicht hat (Nr. 3201 Satz 1 Nr. 1 VV [X.]). Danach ist hier die 1,6-fache Verfahrensgebühr entstanden. 9 2. Hiervon ist jedoch die Frage zu unterscheiden, ob die Beklagten diese Kosten von dem Kläger erstattet verlangen können, obwohl er die Berufung vor der Ankündigung eines [X.] und vor der Begründung des Rechtsmittels zurückgenommen hat. Denn die Erstattungsfähigkeit setzt nach § 91 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 ZPO voraus, dass die den Antrag auf Verwerfung der Berufung und den Widerspruch gegen die beabsichtigte Verweisung der Sache an das [X.] Karlsruhe enthaltenden Schriftsätze der [X.] zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Erstattung der aufgewendeten Kosten kann eine [X.] nämlich nur insoweit beanspruchen, als sie der ihr aus dem Prozessrechtsver-hältnis obliegenden Pflicht nachgekommen ist, die Kosten möglichst niedrig zu halten ([X.], [X.]uss vom 3. Juli 2007, [X.] 21/06, NJW 2007, 3723). a) Nach der Rechtsprechung des [X.] (siehe nur [X.]. v. 1. April 2009, [X.], [X.]. 9 m.w.N. - zur Veröffentlichung bestimmt) darf der [X.] bereits vor Begründung des Rechtsmittels einen Rechtsanwalt beauftragen und die entstandenen Kosten im Fall seines Obsie-gens nach § 91 Abs. 1 ZPO von dem Rechtsmittelführer erstattet verlangen. Allerdings ist ein die 1,6-fache Verfahrensgebühr auslösender Antrag auf Zu-rückweisung des Rechtsmittels im erstattungsrechtlichen Sinn grundsätzlich nicht notwendig, sofern der Rechtsmittelführer noch keinen Antrag und keine Rechtsmittelbegründung eingereicht hat. Im Normalfall besteht nämlich kein Anlass für den [X.], mit der Verteidigungsanzeige seines [X.] - 6 - zessbevollmächtigten zugleich den Sachantrag auf Zurückweisung des Rechtsmittels anzukündigen. Der [X.] kann sich erst nach [X.] der Rechtsmittelbegründung mit Inhalt und Umfang des Angriffs auf die Entscheidung der Vorinstanz sachlich auseinandersetzen und durch einen ent-sprechenden Gegenantrag sowie dessen Begründung das Verfahren fördern. Es ist nicht ersichtlich, welche Prozessförderung von einem Antrag auf Zurück-weisung des Rechtsmittels ausgehen könnte, solange mangels einer [X.] eine sachgerechte Prüfung des Rechtsmittels nicht möglich ist. Das gilt unabhängig davon, ob das Rechtsmittel ausdrücklich nur zur Frist-wahrung eingelegt wurde oder nicht. b) Hier ist indes eine andere Beurteilung geboten, weil es ausschließlich um die Zulässigkeit der Berufung ging und die Prozessbevollmächtigte der [X.] mit Hinweis auf die versäumte Berufungsfrist den Sachantrag gestellt hat, die Berufung zu verwerfen (vgl. [X.] JurBüro 2005, 366 f.; [X.] NJW-RR 2006, 1004, 1005). Dies erfolgte nicht, wie der Kläger meint, ausschließlich aus dem Grund, einen Kostentatbestand zu schaffen. Vielmehr haben die Beklagten mit dieser Vorgehensweise ihrer Prozessbevoll-mächtigten ihre berechtigten Interessen an einem schnellen Abschluss des Be-rufungsverfahrens wahrgenommen, nachdem das Rechtsmittel am letzten Tag der Berufungsfrist bei dem unzuständigen Gericht eingegangen war. Bei dieser Sachlage kommt es - entgegen der Ansicht des [X.] - nicht darauf an, dass bis dahin nicht feststand, ob das Rechtsmittel durchgeführt wird. Denn die Pro-zessbevollmächtigte der Beklagten hat sich in dem Schriftsatz vom 1. Oktober 2008 mit der in diesem Zeitpunkt allein maßgeblichen Frage der Zulässigkeit der Berufung auseinandergesetzt. Diese Frage war - anders als in dem Fall, welcher der von dem Kläger für seine Ansicht herangezogenen Entscheidung des [X.] vom 20. September 2000 ([X.] 2001, 76) zugrunde lag - streitig, was sich daraus ergibt, dass das [X.] 11 - 7 - [X.] das Rechtsmittel nicht sogleich als unzulässig verworfen, sondern die [X.]en auf seine wahrscheinliche Unzuständigkeit hingewiesen hat. Die Einreichung des Schriftsatzes vom 1. Oktober 2008 war somit eine zur zweck-entsprechenden Rechtsverteidigung erforderliche Maßnahme, auf den [X.] hinzuwirken (KG Rpfleger 2005, 632, 633), mit der Folge, dass der Kläger die dadurch ausgelöste 1,6-fache Verfahrensgebühr zu erstatten hat. c) Die Einreichung des Schriftsatzes vom 27. Oktober 2008 war ebenfalls zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig. Denn darin hat sich die Prozessbevollmächtigte der Beklagten mit der Absicht des [X.]s [X.] auseinandergesetzt, die Sache an das [X.] Karlsruhe zu verweisen. Sie hat auf den Ablauf der Berufungsfrist, die daraus folgende Unzu-lässigkeit des Rechtsmittels und - unter Heranziehung der Entscheidung des [X.] vom 10. Juli 1996 ([X.], NJW-RR 1997, 55) - die Unzulässigkeit einer Verweisung in entsprechender Anwendung von § 281 Abs. 1 Satz 1 ZPO hingewiesen. Dies geschah wiederum im Interesse der [X.], den Verwerfungsbeschluss nach § 522 Abs. 1 Satz 3 ZPO durch eige-ne zusätzliche Argumente herbeizuführen. Hieran hatten die Beklagten wegen der damit verbundenen [X.]eunigung ein besonderes Interesse. Auch diese Vorgehensweise rechtfertigt es, die 1,6-fache Verfahrensgebühr als erstat-tungsfähig anzusehen (vgl. [X.], [X.]. v. 9. Oktober 2003, [X.], [X.], 73). Für seine gegenteilige Ansicht kann sich der Kläger nicht auf die von ihm herangezogene Entscheidung des [X.] vom 30. Mai 2006 ([X.], 1695) berufen. Denn darin ist - zu Recht - le-diglich ausgeführt, dass [X.], die das Verfahren nicht fördern können, nicht zur Erstattung einer vollen Verfahrensgebühr führen. Hier zielten die Schriftsätze der Beklagten jedoch - wie ausgeführt - auf die Herbeiführung ei-nes [X.] nach § 522 Abs. 1 Satz 3 ZPO; sie waren wegen 12 - 8 - der von dem [X.] nicht beseitigten Unsicherheit über die Zu-lässigkeit der Berufung auch notwendig. [X.] 13 [X.] beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann [X.] Vorinstanzen: AG [X.], Entscheidung vom 11.12.2008 - 4 C 1028/08 - [X.], Entscheidung vom 03.03.2009 - 11 T 82/09 -

Meta

V ZB 54/09

02.07.2009

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.07.2009, Az. V ZB 54/09 (REWIS RS 2009, 2716)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 2716

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