Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 29.06.2017, Az. 2 B 77/16

2. Senat | REWIS RS 2017, 8846

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Gegenstand

Zum Geltungsanspruch von § 19 Abs. 1 EZulV


Gründe

1

1. Der Kläger steht als Hauptlokomotivführer im Dienst des [X.]. Mit Schreiben vom 3. August 2013 bat er um Nachzahlung von [X.]eträgen einer Schichtzulage, die ihm für Abwesenheitszeiten wegen Urlaubs, Freistellung vom Dienst u.Ä. verwehrt worden sei. Der [X.]eklagte lehnte dies ab.

2

Der daraufhin erhobenen Klage mit dem Antrag, ihm eine Schichtzulage hinsichtlich der urlaubs- und krankheitsbedingten Unterbrechungen der zulageberechtigenden Tätigkeit für die [X.] vom 16. Dezember 2010 bis einschließlich 31. Juli 2013 nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen [X.]asiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu gewähren, hat das Verwaltungsgericht stattgegeben. Das Oberverwaltungsgericht hat die [X.]erufung des [X.] zurückgewiesen und zur [X.]egründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe gemäß der in seinem Fall maßgeblichen Vorschrift der Erschwerniszulagenverordnung einen Anspruch auf Zahlung einer weiteren Schichtzulage, der sich aus der [X.]erücksichtigung von Unterbrechungen seiner zulageberechtigenden Tätigkeit wegen Urlaubs oder Krankheit im streitgegenständlichen [X.]raum ergebe. Dies folge auf der Grundlage des Urteils des [X.] vom 27. Oktober 2011 - 2 C 73.10 - ([X.] 240 § 47 [X.] Nr. 13) aus einer am Wortlaut, der Systematik sowie am Sinn und Zweck orientierten Auslegung des Gesetzes.

3

2. Die hiergegen gerichtete [X.]eschwerde des [X.] ist unbegründet.

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a) Der Rechtssache kommt weder die ihr von der [X.]eschwerde beigemessene grundsätzliche [X.]edeutung zu noch liegt der geltend gemachte [X.] der Divergenz vor.

5

Eine Rechtssache hat grundsätzliche [X.]edeutung i.S.v. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender [X.]edeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist oder auf der Grundlage der bestehenden bundesgerichtlichen Rechtsprechung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregeln auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens eindeutig beantwortet werden kann. Die Prüfung des [X.] ist dabei auf die mit der [X.]eschwerde dargelegten (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO) Rechtsfragen beschränkt (stRspr, vgl. etwa [X.]eschluss vom 9. April 2014 - 2 [X.] 107.13 - [X.] 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 9).

6

Eine Divergenz i.S.v. § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass die Entscheidung des [X.]erufungsgerichts auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der im Widerspruch zu einem Rechtssatz steht, den das [X.] oder ein anderes divergenzfähiges Gericht i.S.v. § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. Zwischen den Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den [X.]edeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen (stRspr, vgl. [X.]eschlüsse vom 19. August 1997 - 7 [X.] 261.97 - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14 f. und vom 25. Mai 2012 - 2 [X.] 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 5). Die [X.]ehauptung einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das [X.] oder ein anderes divergenzfähiges Gericht i.S.v. § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt den Zulässigkeitsanforderungen einer [X.] dagegen nicht (stRspr, vgl. etwa [X.]eschluss vom 17. Januar 1995 - 6 [X.] - [X.] 421.0 Prüfungswesen Nr. 342 S. 55).

7

b) Hieran gemessen führen weder die Grundsatz- noch die [X.] zur Zulassung der Revision.

8

Maßgebliche Rechtsgrundlage für das Klagebegehren sind § 20 Abs. 5 Satz 1 und 2 der Erschwerniszulagenverordnung in der im Streitfall noch anwendbaren, bis zum 30. September 2013 geltenden Fassung von Art. 3 Nr. 9 [X.]uchst. d) der Verordnung zur Umstellung dienstrechtlicher Vorschriften auf [X.] vom 8. August 2002, [X.] I S. 3177, sowie § 19 der Erschwerniszulagenverordnung in der hier einschlägigen, ebenfalls bis zum 30. September 2013 geltenden Fassung von Art. 17 Nr. 3 des Versorgungsänderungsgesetzes vom 20. Dezember 2001, [X.] I S. 3926 (im Folgenden: [X.]).

9

aa) Die hierzu von der [X.]eschwerde als rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig aufgeworfene Frage,

ob die Zulage nach § 20 Abs. 5 Satz 1 und 2 [X.] während der [X.] einer Unterbrechung des den Anspruch auf die Zulage begründenden Dienstes durch Urlaub oder Krankheit nach Maßgabe von § 19 Abs. 1 [X.] weiter zu gewähren ist,

lässt sich auf der Grundlage der bestehenden bundesgerichtlichen Rechtsprechung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregeln auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens im Sinne des [X.]erufungsurteils beantworten.

Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 [X.] wird die Zulage bei einer Unterbrechung der zulagenberechtigenden Tätigkeit unter anderem [X.] im Falle eines Erholungsurlaubs (Nr. 1), einer Erkrankung (Nr. 3) oder einer Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen (Nr. 5), soweit in den §§ 20 bis 26 nichts anderes bestimmt ist. Nach Satz 2 wird die Zulage in den Fällen der Nummern 2 bis 6 nur bis zum Ende des Monats [X.], der auf den Eintritt der Unterbrechung folgt. Die in Satz 1 gebrauchte Formulierung, die Zulage werde bei einer Unterbrechung "[X.]", kann nur im Sinne von Weiterzahlen verstanden werden. Ansonsten käme der Unterbrechungsregelung des § 19 Abs. 1 [X.] neben den einzelnen Zulagentatbeständen der §§ 20 bis 26 [X.] keine [X.]edeutung zu. Diese Regelung soll verhindern, dass das berechtigte Fernbleiben vom Dienst aus einem der in § 19 Abs. 1 Satz 1 [X.] genannten Gründe Nachteile für die Gewährung der Zulage zur Folge hat. Der [X.]eamte soll die Zulage trotz der Unterbrechung der dienstlichen Tätigkeit erhalten. Diesem Verschlechterungsverbot kann nur Rechnung getragen werden, wenn er in [X.]ezug auf die Zulage so gestellt wird, als habe er während der [X.] geleistet. Diese [X.]en müssen nach dem Sinn und Zweck der Regelung in den Grenzen des § 19 Abs. 1 Satz 2 [X.] wie absolvierte Dienstzeiten behandelt werden ([X.]VerwG, Urteil vom 27. Oktober 2011 - 2 C 73.10 - [X.] 240 § 47 [X.] Nr. 13 Rn. 16).

Die von der [X.]eschwerde aufgeworfene Frage ist daher der Sache nach durch das vorbezeichnete Urteil des [X.] vom 27. Oktober 2011 bereits beantwortet. Zwar ist - worauf die [X.]eschwerde abhebt - das besagte Urteil zu einer Zulage nach § 20 Abs. 1 [X.] ergangen und nicht zu einer hier streitgegenständlichen Zulage nach Abs. 5 der Vorschrift. Richtig ist auch, dass Letztgenannte sich von der erstgenannten Zulage dadurch unterscheidet, dass sie nicht in festen Monatsbeträgen gezahlt wird; vielmehr hängt ihre Höhe allein von der Zahl der zwischen 20 Uhr und 6 Uhr sowie zwischen 0 Uhr und 4 Uhr in einem Monat geleisteten Stunden ab. Ungeachtet dessen enthält das vorbezeichnete Urteil - wie das [X.]erufungsgericht zutreffend erkannt hat - grundsätzliche Aussagen, die über die seinerzeit streitgegenständliche Zulage hinaus Geltung für alle Zulagentatbestände der §§ 20 bis 26 [X.] beanspruchen. So hat das [X.] in gesetzessystematischer Hinsicht darauf hingewiesen, dass sich die [X.]edeutung der Vorschrift als allgemeine Regelung u.a. aus ihrer Stellung am [X.]eginn des 3. Abschnitts der Erschwerniszulagenverordnung (a.F.) ergibt; sie ist den einzelnen [X.] dieses Abschnitts (§§ 20 bis 26 [X.]) vorangestellt und bezieht sich inhaltlich auf diese, indem sie deren jeweilige Tatbestandsvoraussetzungen um eine Regelung für [X.]en der Unterbrechung der zulageberechtigenden dienstlichen Tätigkeit ergänzt. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass § 19 [X.] für die anderen, nicht im 3. Abschnitt aufgeführten Erschwerniszulagen nicht gilt (vgl. [X.]VerwG, Urteil vom 27. Oktober 2011 - 2 C 73.10 - [X.] 240 § 47 [X.] Nr. 13 Rn. 18). Der von der [X.]eschwerde hervorgehobene Unterschied zwischen den Zulagen nach § 20 Abs. 1 [X.] einerseits und Abs. 5 andererseits ändert nichts daran, dass der Verordnungsgeber die letztgenannte Zulage gleichwohl unter die im 3. Abschnitt der Verordnung (a.F.) geregelten Zulagen in festen Monatsbeträgen aufgenommen hat.

Der umfassende Geltungsanspruch des § 19 Abs. 1 [X.] für die Zulagentatbestände der §§ 20 bis 26 [X.] wird ferner durch § 22a Abs. 3 Satz 3 sowie § 23f Abs. 3 Satz 3 [X.] belegt: Danach findet § 19 [X.] auf die Erschwerniszulage für den in diesen Vorschriften bezeichneten Personenkreis (Polizeivollzugsbeamte als fliegendes Personal und fliegendes Personal der [X.] und anderer Einrichtungen des [X.]) keine Anwendung. Daraus kann geschlossen werden, dass es einer ausdrücklichen Anordnung - wie dort ("§ 19 ist nicht anzuwenden") - bedarf, um die Anwendung des § 19 [X.] auf einen Zulagentatbestand der §§ 20 bis 26 [X.] auszuschließen ([X.]VerwG, Urteil vom 27. Oktober 2011 - 2 C 73.10 - [X.] 240 § 47 [X.] Nr. 13 Rn. 19).

bb) Aus dem Vorstehenden folgt zugleich, dass eine Zulassung der Revision wegen einer von der [X.]eschwerde geltend gemachten Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) ebenfalls ausscheidet. Eine Divergenz in diesem Sinne ist u.a. dann zu verneinen, wenn das [X.] an der in [X.]ezug genommenen Rechtsprechung in späteren Entscheidungen selbst nicht mehr festhält (stRspr, vgl. etwa [X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 2. Februar 1994 - 1 [X.] 208.93 - [X.] 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 1 S. 1, vom 6. Mai 2014 - 2 [X.] 90.13 - [X.] 239.1 § 12 [X.]eamtVG Nr. 22 Rn. 15 und vom 7. Dezember 2015 - 2 [X.] 79.14 - [X.] 239.1 § 4 [X.]eamtVG Nr. 3 Rn. 13). So verhält es sich hier: Der von der [X.]eschwerde angeführte [X.]eschluss des Senats vom 3. August 2006 - 2 [X.] 22.06 - mit seiner nicht weiter begründeten Aussage, dass eine Unterbrechung der zulageberechtigenden Tätigkeit zum Verlust der Zulage führe (ebenda juris Rn. 1), ist durch das spätere Revisionsurteil vom 27. Oktober 2011 mit seinen grundsätzlichen Aussagen zur [X.]edeutung des § 19 Abs. 1 [X.] überholt (vgl. auch den [X.]eschluss vom 12. Dezember 2011 - 2 [X.] 9.11 - NVwZ-RR 2012, 245 Rn. 6). Dem entsprechend hat der Senat jüngst in gleich gelagerten [X.] des [X.] zu (vom [X.]erufungsgericht zitierten) Urteilen des [X.]ayerischen Verwaltungsgerichtshofs zurückgewiesen (vgl. [X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 10. April 2017 - 2 [X.] 14.16 - Rn. 8 ff. und vom 26. April 2017 - 2 [X.] 15.16 - Rn. 8 ff.).

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Werts des Streitgegenstandes beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 sowie § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

Meta

2 B 77/16

29.06.2017

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 25. August 2016, Az: 1 A 590/15, Urteil

§ 19 Abs 1 EZulV vom 20.12.2001, § 19 EZulV vom 20.12.2001, § 20 Abs 5 S 2 EZulV vom 20.12.2001, § 20 Abs 5 S 1 EZulV vom 20.12.2001, § 21 EZulV vom 20.12.2001, § 22 EZulV vom 20.12.2001, § 23 EZulV vom 20.12.2001, § 24 EZulV vom 20.12.2001, § 25 EZulV vom 20.12.2001, § 26 EZulV vom 20.12.2001

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 29.06.2017, Az. 2 B 77/16 (REWIS RS 2017, 8846)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 8846

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