Bundespatentgericht, Beschluss vom 10.04.2013, Az. 30 W (pat) 104/11

30. Senat | REWIS RS 2013, 6835

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Multased/MULTABEN (Wort-Bild-Marke)/MULTABEN" – zur Kennzeichnungskraft – zur rechtserhaltenden Benutzung – zur Warenidentität und -ähnlichkeit – teilweise klangliche Verwechslungsgefahr


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2009 059 700

hat der 30. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 10. April 2013 13. Dezember 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Hacker, der Richterin Winter und des [X.] am [X.]

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 5 des [X.] vom 2. September 2011 aufgehoben, soweit darin die Widersprüche aus den Marken 303 54 520 und 2 022 224 im Hinblick auf folgende von der angegriffenen Marke 30 2009 059 700 erfassten Waren zurückgewiesen worden sind:

„05: diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke, insbesondere Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke zur Unterstützung einer Diät; diätetische Nahrungsmittel für medizinische Zwecke; [X.] für medizinische Zwecke; alle vorgenannten Waren, soweit in Klasse 05 enthalten;

29: diätetische Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke auf der Basis von Eiweißen oder Fetten, insbesondere unter Beigabe von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination, soweit in Klasse 29 enthalten;

30: diätetische Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke auf der Basis von Ballaststoffen oder Kohlenhydraten, insbesondere unter Beigabe von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination, soweit in Klasse 30 enthalten“

und soweit darüber hinaus der Widerspruch aus der Marke 303 54 520 für folgende weitere von der angegriffenen Marke 30 2009 059 700 erfassten Waren zurückgewiesen worden ist:

„05: diätetische Getränke für medizinische Zwecke; Diätgetränke für medizinische Zwecke; Getränke für medizinische Zwecke; Präparate für die Zubereitung von Getränken für medizinische Zwecke; alle vorgenannten Waren, soweit in Klasse 05 enthalten;

29: Milch und Milchprodukte; Milchpulver, Milchpulver zur Herstellung von Misch-Eiweiß-Kost, insbesondere für diätetische Zwecke; alle vorgenannten Waren, soweit in Klasse 29 enthalten;

32: diätetische Getränke; Präparate, insbesondere diätetische Präparate für die Zubereitung von Getränken; alle vorgenannten Waren, soweit in Klasse 32 enthalten; andere alkoholfreie Getränke; [X.] und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken; alle vorgenannten Waren, soweit in Klasse 32 enthalten.“

In dem genannten Umfang wird die Löschung der Marke 30 2009 059 700 angeordnet.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die am 9. Oktober 2009 angemeldete Wortmarke

2

Multased

3

ist am 18. November 2009 unter der Nummer 30 2009 059 700 für folgende Waren der Klassen 5, 29, 30 und 32 in das beim [X.] geführte Register eingetragen worden:

4

„05: pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse; Arzneimittel für humanmedizinische Zwecke; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke, insbesondere Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke zur Unterstützung einer Diät; diätetische Nahrungsmittel für medizinische Zwecke; [X.] für medizinische Zwecke; diätetische Getränke für medizinische Zwecke; Diätgetränke für medizinische Zwecke; Getränke für medizinische Zwecke; Präparate für die Zubereitung von Getränken für medizinische Zwecke; alle vorgenannten Waren, soweit in Klasse 05 enthalten;

5

29: diätetische Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke auf der Basis von Eiweißen oder Fetten, insbesondere unter Beigabe von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination, soweit in [X.] enthalten; Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte; konserviertes, getrocknetes, gekochtes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees), Konfitüren, Kompotte; Eier, Milch und Milchprodukte; Milchpulver, Milchpulver zur Herstellung von Misch-Eiweiß-Kost, insbesondere für diätetische Zwecke; Speiseöle und –fette; alle vorgenannten Waren, soweit in [X.] enthalten;

6

30: diätetische Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke auf der Basis von Ballaststoffen oder Kohlehydraten, insbesondere unter Beigabe von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination, soweit in Klasse 30 enthalten; Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, [X.], Tapioka, Sago, Kaffeeersatzmittel; Mehle und Getreidepräparate; Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis; Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver; Salz, Senf, Essig, Soßen (Würzmittel); Gewürze; Kühleis; alle vorgenannten Waren, soweit in Klasse 30 enthalten;

7

32: diätetische Getränke; Präparate, insbesondere diätetische Präparate für die Zubereitung von Getränken; alle vorgenannten Waren, soweit in [X.] enthalten; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; [X.] und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken; alle vorgenannten Waren, soweit in [X.] enthalten.“

8

Die Eintragung ist am 18. Dezember 2009 veröffentlicht worden.

9

Hiergegen ist seitens der Beschwerdeführerin Widerspruch erhoben

1. aus der farbigen Wort-/Bildmarke 303 54 520

Abbildung

die seit 6. Februar 2004 für folgende Waren der Klassen 5, 29, 30 und 32 eingetragen ist:

„pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Milch und Milchprodukte; Mehle und Getreidepräparate; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; [X.] und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken“;

2. aus der Wortmarke 2 022 224

MULTABEN

die am 14. Oktober 1992 eingetragen worden ist und deren Warenverzeichnis wie folgt lautet:

„diätetische Lebensmittel für nichtmedizinische Zwecke zur Gewichtsreduktion in Pulverform und als Konzentrate, auch auf pflanzlicher Grundlage, bestehend überwiegend aus Eiweiß, Kohlenhydraten, Fett, Vitaminen und Mineralstoffen, kalorienarme Fertiggerichte, auch in Trockenform, auf pflanzlicher, Fleisch-, Milch- und Kohlenhydrat- Grundlage, Nährstoffkonzentrate in Pulver- und Riegelform, als Fertiggetränke und Fertignahrungsmittel, überwiegend bestehend aus Milchprodukten, pflanzlichen und tierischen Eiweißstoffen, Pflanzenfasern, Getreide, getrocknetes Obst, Zucker, unter Zusatz von Vitaminen und Mineralstoffen, auch in kalorienreduzierter Form.“

Der Markeninhaber hat die rechtserhaltende Benutzung beider Widerspruchsmarken bestritten. Die Widersprechende hat daraufhin Verpackungsmuster für verschiedene Diätprodukte und Fitness-Riegel vorgelegt, die mit der ersten Widerspruchsmarke gekennzeichnet sind. Ferner hat sie Kopien von Rechnungen aus dem Zeitraum 2005 bis 2009 sowie eine eidesstattliche Versicherung ihres [X.] vom 7. Juli 2010 zur Akte ge- reicht.

Die mit einer Beamtin des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für [X.] des [X.]s hat die Widersprüche mit Beschluss vom 2. September 2011 wegen nicht ausreichender Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung zurückgewiesen. Der eidesstattlichen Versicherung des L… sei zwar zu entnehmen, dass beide Marken seit 2005 in [X.] eingesetzt worden seien. Eine Kennzeichnung der aufgeführten Produkte mit der Wortmarke 2 022 224 ergebe sich jedoch aus den vorgelegten Verpackungsmustern nicht. Diese seien allein mit der Wort-/Bildmarke 303 54 520 gekennzeichnet und enthielten das Wort „MULTABEN“ nur im Rahmen der Produktbeschreibung. Zudem seien nur die mit „MULTABEN“-Waren erzielten Gesamtumsätze, nicht aber den einzelnen Waren zuzuordnende Einzelumsätze dargetan und glaubhaft gemacht worden. Es sei deshalb nicht festzustellen, welche Umsätze mit welchen Waren erzielt worden seien. Dasselbe gelte hinsichtlich der versicherten Marketing- und Werbeaufwendungen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie bezieht sich auf den bisherigen Vortrag und ergänzt diesen um die eidesstattliche Versicherung ihres Leiters Kundenservice und Demandplanners [X.] vom 5. Dezember 2012, die eine Aufstellung von Umsatz- und Absatzzahlen für die Jahre 2007 bis 2012 enthält, die auf einzelne Waren aus der Produktpalette der Widersprechenden aufgeschlüsselt ist. Sie ist der Auffassung, dass in der Benutzung der Wort-/Bildmarke 303 54 520 gleichzeitig die Benutzung der Wortmarke 2 022 224 liege.

Die Widersprechende beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für [X.] des [X.]s vom 2. September 2011 aufzuheben und die angegriffene Marke 30 2009 059 700 aufgrund der Widersprüche aus den Marken 2 022 224 und 303 54 520 zu löschen.

Der Markeninhaber beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er verteidigt den angegriffenen Beschluss und bestreitet weiterhin die rechtserhaltende Benutzung beider Widerspruchsmarken. Im Übrigen sei die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken wegen ihrer für den Verkehr erkennbaren Bedeutung „viel gut“ bzw. „sehr gut“ unterdurchschnittlich. Aufgrund der Unterschiede der Endsilben „-BEN“ und „-SED“ bestehe keine Gefahr von Verwechslungen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache im tenorierten Umfang Erfolg. Zwischen den Vergleichsmarken besteht insoweit die Gefahr von Verwechslungen (§ 42 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.]).

A. Widerspruch aus der Wort-/Bildmarke 303 54 520:

1. Der Markeninhaber hat die Benutzung der Widerspruchsmarke in zulässiger Weise bestritten. Da die Marke am [X.] der angegriffenen Marke (18. Dezember 2009) seit mehr als fünf Jahren, nämlich seit 6. Februar 2004, eingetragen war, sind beide Benutzungszeiträume gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 [X.] betroffen. Deshalb oblag es der Widersprechenden, die rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke in den beiden Benutzungszeiträumen vom 18. Dezember 2004 bis zum 18. Dezember 2009 und vom 13. Dezember 2007 bis 13. Dezember 2012 darzulegen und glaubhaft zu machen. Das ist ihr mittels der vorgelegten [X.] und den beiden eidesstattlichen Versicherungen hinsichtlich der Waren „Präparate für die Zubereitung von Getränken“, „diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke“ und „Molkeprodukte“ gelungen. Die Benutzung der vorgelegten Verpackungen ist mit der eidesstattlichen Versicherung des L… vom 7. Juli 2010 für den Zeitraum von 2005 bis Juli 2010 glaubhaft gemacht worden. Die auf die einzelnen Produkte entfallenden Jahresumsätze sind der eidesstattlichen Versicherung des [X.] vom 5. Dezember 2012 zu entnehmen. Aufgrund seiner Tätigkeit als Demandplaner und in der Leitung Kundenservice der Widersprechenden kann er kraft eigener Wahrnehmung Aussagen zu diesen Tatsachen treffen. [X.] und glaubhaft gemacht ist die Markenbenutzung für die folgenden Waren:

Mit „[X.]“ – Benutzungsbeispiel: „DRINK ANANAS [X.]“ – wurde ausweislich der eidesstattlichen Versicherung [X.] …im Zeitraum von 2007 bis 2012 ein jährlich kontinuierlich steigender Umsatz zwischen [X.] und [X.] erzielt. [X.] unterfallen dem im Verzeichnis der ersten Widerspruchsmarke enthaltenen Warenbegriff „Präparate für die Zubereitung von Getränken“.

„MULTABEN Diät-Riegel“ – Benutzungsbeispiel: „[X.] [X.] [X.]“ – erbrachten im Zeitraum 2007 bis 2012 jährlich kontinuierlich steigende Umsätze von [X.] bis [X.], für „[X.]“ – Benutzungsbeispiel: „[X.]“ – wurde für den Zeitraum 2007 bis 2012 ein jährlicher Mindestumsatz von [X.], für „[X.]“ – Benutzungsbeispiel: „[X.]“ – im gleichen Zeitraum ein jährlicher Mindestumsatz von [X.] glaubhaft gemacht. Die genannten Waren sowie das oben genannte „[X.]“ unterfallen den im Verzeichnis der ersten Widerspruchsmarke enthaltenen Waren „diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke“, da sie auch bei medizinischer Indikation einer bestimmten Ernährung eingesetzt werden können.

Für „MULTABEN Molke-Riegel“ schließlich – Benutzungsbeispiel: „Molke-Riegel VANILLE –[X.]“ – wurde für den Zeitraum 2007 bis 2012 ein jährlicher Mindestumsatz von [X.] glaubhaft gemacht. Die genannten Riegel unterfallen den im Verzeichnis der ersten Widerspruchsmarke enthaltenen Waren „Milch- und Milchprodukte“, wobei dieser Oberbegriff nicht vollständig abgedeckt wird. Nach der erweiterten Minimallösung ist vielmehr von einer Benutzung nur für „Molkeprodukte“ auszugehen.

Der Zeitraum 2004 bis 2009 ist im Rahmen der Glaubhaftmachung jeweils nicht vollständig, aber für mehrere Jahre und damit in hinreichendem Umfang erfasst. Der Zeitraum Dezember 2007 bis Dezember 2012 ist hinsichtlich der Einzelumsätze bis November / Dezember 2012, hinsichtlich der [X.] bis Juli 2010 und damit ebenfalls hinreichend erfasst.

Nicht ausreichend dargetan ist die Benutzung für „[X.]“, da insoweit nur Umsätze für den Zeitraum 2010 bis 2012, nicht aber für den Zeitraum 2004 bis 2009 glaubhaft gemacht worden sind, und für „[X.]“, da insoweit kein Benutzungsbeispiel vorliegt und deshalb die Art der Benutzung der Marke nicht zu erkennen ist. Die in der eidesstattlichen Versicherung [X.] weiterhin erwähnten „MULTABEN Fitness-Riegel“ schließlich unterfallen nicht den von der ersten Widerspruchsmarke geschützten Waren.

Im Ergebnis ist nach alledem von einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke 303 54 520 für die Waren „diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Molkeprodukte; Präparate für die Zubereitung von Getränken“ auszugehen. Hiervon ausgehend kommt die angegriffene Marke der Widerspruchsmarke 303 54 520 in dem im Tenor genannten Umfang verwechselbar nahe. Im Einzelnen:

2. Ob Verwechslungsgefahr vorliegt, ist nach der Rechtsprechung sowohl des [X.] als auch des [X.] unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (vgl. z. B. [X.] [X.], 1098 Nr. 44 - [X.]/[X.]; [X.], 933 Nr. 32 - [X.]; GRUR 2011, 915 Nr. 45 - [X.]; [X.], 1040 Nr. 25 - pjur/pure; [X.], 930 Nr. 22 - [X.]/[X.]; [X.], 64 Nr. 9 - Maalox/[X.]; [X.], 235 Nr. 15 - [X.]/[X.]). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von diesen erfassten Waren oder Dienstleistungen. Darüber hinaus ist die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und - davon abhängig - der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dabei impliziert der Begriff der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (st. Rspr., z. B. [X.], 1040 Nr. 25 - pjur/pure; [X.], 930 Nr. 22 - [X.]/[X.]; [X.], 64 Nr. 9 - Maalox/[X.]; [X.], 1103 Nr. 37 - Pralinenform II; [X.] GRUR 2008, 343 Nr. 48 - [X.]/[X.]).

Die im Verzeichnis der angegriffenen Marke zu [X.] enthaltenen Waren „Präparate, insbesondere diätetische Präparate für die Zubereitung von Getränken“ und „andere Präparate für die Zubereitung von Getränken“ sind mit den als benutzt anzuerkennenden „Präparaten für die Zubereitung von Getränken“ der Widerspruchsmarke identisch. Zumindest hochgradige Ähnlichkeit liegt bezüglich der in [X.] enthaltenen Waren „Präparate für die Zubereitung von Getränken für medizinische Zwecke“ vor. Aufgrund der wirtschaftlichen Nähe besteht des weiteren hochgradige Ähnlichkeit bezüglich der im Verzeichnis der angegriffenen Marke in [X.] enthaltenen Waren „diätetische Getränke“ und „andere alkoholfreie Getränke; [X.] und Fruchtsäfte; Sirupe“ (vgl. Richter/Stoppel, [X.], 15. Aufl., [X.] zu „Getränkepulver“). Dasselbe gilt für die im Verzeichnis der angegriffenen Marke in [X.] genannten Getränke.

Die des weiteren als benutzt anzuerkennenden „diätetischen Erzeugnisse für medizinische Zwecke“ sind identisch bzw. hochgradig ähnlich mit den im Warenverzeichnis der angegriffenen Marke zu [X.] enthaltenen Waren „diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke, insbesondere Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke zur Unterstützung einer Diät; diätetische Nahrungsmittel für medizinische Zwecke; [X.] für medizinische Zwecke“, sowie ebenfalls hochgradig ähnlich zu den in [X.] enthaltenen Waren „diätetische Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke auf der Basis von Eiweißen oder Fetten, insbesondere unter Beigabe von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination, soweit in [X.] enthalten“ und den in Klasse 30 enthaltenen Waren „diätetische Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke auf der Basis von Ballaststoffen oder Kohlenhydraten, insbesondere unter Beigabe von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination, soweit in Klasse 30 enthalten“.

Die „Molkeprodukte“ der Widersprechenden schließlich sind identisch zu der im Warenverzeichnis der angegriffenen Marke zu [X.] enthaltenen Ware „Milchprodukte“. Ähnlichkeit besteht im Hinblick auf „Milch; Milchpulver, Milchpulver zur Herstellung von Misch-Eiweiß-Kost, insbesondere für diätetische Zwecke“.

Die Kennzeichnungskraft der ersten Widerspruchsmarke und - davon abhängig – der ihr zukommende Schutzumfang ist von Hause aus leicht unterdurchschnittlich. Der Wortbestandteil „[X.]“ ist der auf dem vorliegenden Warengebiet überaus häufig und in beschreibendem Sinne benutzten Vorsilbe „MULTI-“ (z. B. Multivitaminsaft, [X.]) angenähert und in dieser Form nicht selten anzutreffen, z. B. „MULTAN“ – Diätprodukte und „[X.]TEE“- Fastentee (vgl. Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 13. Dezember 2012). Der Wortbestandteil „-BEN“ wird zumindest von Fachkreisen des Handels im Sinne von „gut“ (lat. „bene“ = Adverb „gut“) verstanden und weist deshalb ebenfalls eine die Kennzeichnungskraft schwächende, beschreibende Komponente auf. Diese leicht schwächenden Momente sind jedoch durch die glaubhaft gemachte, nicht unerhebliche Markenbenutzung kompensiert, so dass im Ergebnis von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft auszugehen ist.

Bei dieser Ausgangslage hält die angegriffene Marke den zur Vermeidung von Verwechslungen erforderlichen Abstand zur ersten Widerspruchsmarke nicht ein, soweit Warenidentität oder enge [X.] vorliegen.

Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist grundsätzlich vom jeweiligen Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen auszugehen (z. B. [X.], 1040 Nr. 25 - pjur/pure; [X.], 930 Nr. 22 - [X.]/[X.]; [X.], 64 Nr. 15 - Maalox/[X.]; [X.], 729 Nr. 23 - [X.]). Das schließt es indessen nicht aus, dass ein oder mehrere Bestandteile eines zusammengesetzten Zeichens für den Gesamteindruck prägend sein und insoweit eine rechtlich relevante Verwechslungsgefahr begründen können. Voraussetzung hierfür ist, dass die anderen Bestandteile weitgehend in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck der Marke nicht mitbestimmen (vgl. [X.], 64 Nr. 15 - Maalox/[X.]; [X.], 729 Nr. 31 - [X.]; GRUR 2009, 1055 Nr. 23 - airdsl).

Prägender Bestandteil der ersten [X.] ist in klanglicher Hinsicht das Wort „MULTABEN“. Es stehen sich folglich die Worte „MULTABEN“ und „[X.]“ gegenüber. Die ersten beiden Silben der jeweils dreisilbigen Wörter sind identisch. Die Endsilben „-BEN“ und „-SED“ werden klanglich von dem Vokal „E“ beherrscht, die ihn umgebenden Konsonanten sind jeweils [X.] und [X.]. Sie treten deshalb in der klanglichen Wahrnehmung nicht besonders hervor, die jeweils von der identischen Vokalfolge „-U-A-E-“ beherrscht wird. Es gibt keine Veranlassung für den Verkehr, seine Wahrnehmung der ersten Widerspruchsmarke allein auf deren Endsilbe „-BEN“ zu richten. Dasselbe gilt für die angegriffene Marke und deren Endsilbe „-SED“.

Die Aufmerksamkeit des angesprochenen Verkehrs – insbesondere die der Durchschnittsverbraucher – steht der Annahme klanglicher Ähnlichkeit nicht entgegen. Es handelt sich bei den jeweils beanspruchten Waren im Wesentlichen um frei verkäufliche Lebens- und Nahrungsergänzungsmittel. Diesen begegnet der Verkehr im Gegensatz zu apothekenpflichtigen Medikamenten nicht mit erhöhter Aufmerksamkeit (vgl. [X.], 826 Nr. 27 – [X.]/[X.]). In der Gesamtabwägung kann daher im Umfang der im Tenor genannten Waren eine Verwechslungsgefahr nicht verneint werden.

B. Widerspruch aus der Marke 2 022 224:

1. Der Markeninhaber hat auch die Benutzung der zweiten Widerspruchsmarke in zulässiger Weise bestritten. Das Bestreiten betrifft ebenfalls beide Benutzungszeiträume gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 [X.]. [X.] wie zur ersten Widerspruchsmarke.

Entgegen der Auffassung der Markeninhaberin reicht es für die Glaubhaftmachung der Benutzung der zweiten Widerspruchsmarke aus, dass ihre Benutzung in der Form der ersten Widerspruchsmarke glaubhaft gemacht worden ist. Nach § 26 Abs. 3 Satz 1 [X.] ist die Benutzung einer Marke in einer von der Eintragung abweichenden Form als rechtserhaltend anzuerkennen, wenn die Abweichungen den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändern. Diese Voraussetzung ist nach der Rechtsprechung des [X.] erfüllt, wenn der angesprochene Verkehr unter Berücksichtigung der branchenüblichen Verwendung von Marken die eingetragene und die benutzte Form trotz und gerade bei Wahrnehmung der Unterschiede dem Gesamteindruck nach als dieselbe Marke ansieht (vgl. etwa BGH [X.], 729 Nr. 17 – [X.]; GRUR 2009, 772 Nr. 39 – [X.]; [X.], 592 Nr. 12 – bodo Blue Night). Das kann hier ohne weiteres bejaht werden. Der Unterschied besteht lediglich in einer farbigen Umrandung der Wortes „MULTABEN“, das im Gegensatz zur Wortmarke in [X.] auf rotem Grund geschrieben ist. Die graphische Gestaltung wirkt im Verhältnis zu dem Wort „MULTABEN“ rein dekorativ. Dass die abweichende Form selbst als Marke eingetragen ist, ändert an dieser Beurteilung nichts (§ 26 Abs. 3 Satz 2 [X.]). Insbesondere verwehrt die Eintragung es der Widersprechenden nicht, sich auf die Benutzung der Wort-/Bildmarke als rechtserhaltende Benutzung der Wortmarke zu berufen (vgl. [X.] [X.], 1257 Nr. 30 – PROTI).

Wie zur ersten Widerspruchsmarke ausgeführt, ist die Benutzung für folgende Waren dargelegt und glaubhaft gemacht worden: „MULTABEN Diät-Riegel“, „[X.]“, „[X.]“ und „MULTABEN Molke-Riegel“. Demzufolge ist von einer Benutzung für die im Verzeichnis der zweiten [X.] enthaltenen Waren „diätetische Lebensmittel für nichtmedizinische Zwecke zur Gewichtsreduktion in Pulverform und als Konzentrate, auch auf pflanzlicher Grundlage, bestehend überwiegend aus Eiweiß, Kohlenhydraten, Fett, Vitaminen und Mineralstoffen“ auszugehen. Diese besitzen mindestens hochgradige Ähnlichkeit zu den im Verzeichnis der angegriffenen Marke enthaltenen Waren in [X.] „diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke, insbesondere Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke zur Unterstützung einer Diät; diätetische Nahrungsmittel für medizinische Zwecke; [X.] für medizinische Zwecke“, zu den in [X.] enthaltenen Waren „diätetische Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke auf der Basis von Eiweißen oder Fetten, insbesondere unter Beigabe von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination, soweit in [X.] enthalten“ und zu den in Klasse 30 enthaltenen Waren „diätetische Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke auf der Basis von Ballaststoffen oder Kohlehydraten, insbesondere unter Beigabe von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination, soweit in Klasse 30 enthalten“.

Die Glaubhaftmachung für „[X.]“ genügt zudem zur Glaubhaftmachung der Markenbenutzung für die im Verzeichnis der zweiten Widerspruchsmarke enthaltenen Waren „kalorienarme Fertiggerichte, auch in Trockenform, auf pflanzlicher Grundlage“. Diese sind mindestens hochgradig ähnlich zu den oben genannten Waren der Klassen 5, 29 und 30 im Verzeichnis der angegriffenen Marke.

Hinzu kommen die „MULTABEN Fitness-Riegel“ – Benutzungsbeispiel: Fitness-Riegel BANANEN-[X.] –, mit denen aus weislich der eidesstattlichen Versicherung [X.] im Zeitraum 2007 bis 2012 mit ein jährlicher Mindestumsatz von [X.] erzielt wurde. Damit ist die Benutzung der zweiten [X.] auch für „Nährstoffkonzentrate in Riegelform“ glaubhaft gemacht. Diese sind ebenfalls hochgradig ähnlich zu den oben genannten Waren der Klassen 29 und 30 im Verzeichnis der angegriffenen Marke.

Zu den übrigen Waren im Verzeichnis der angegriffenen Marke besteht keine bzw. nur geringe Ähnlichkeit.

Zur Kennzeichnungskraft der zweiten Widerspruchsmarke wird auf das oben Gesagte verwiesen. Zur Zeichenähnlichkeit und zur klanglichen Verwechslungsgefahr zwischen den Marken gilt ebenfalls das oben bezüglich der ersten Widerspruchsmarke Gesagte mit Ausnahme der Ausführungen zur grafischen Gestaltung. Eine solche weist die zweite Widerspruchsmarke als Wortmarke nicht auf.

Nach alledem war die angegriffene Marke im Umfang der Waren „diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke, insbesondere Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke zur Unterstützung einer Diät; diätetische Nahrungsmittel für medizinische Zwecke; [X.] für medizinische Zwecke; diätetische Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke auf der Basis von Eiweißen oder Fetten, insbesondere unter Beigabe von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination, soweit in [X.] enthalten; diätetische Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke auf der Basis von Ballaststoffen oder Kohlenhydraten, insbesondere unter Beigabe von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination, soweit in Klasse 30 enthalten“ auch wegen des Widerspruchs aus der Marke 2 022 224 zu löschen.

3. Die weitergehende Beschwerde war dagegen zurückzuweisen.

Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 Satz 2 [X.], da [X.] für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich sind.

Meta

30 W (pat) 104/11

10.04.2013

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 10.04.2013, Az. 30 W (pat) 104/11 (REWIS RS 2013, 6835)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6835

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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